Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545
Der Text in 52 Kapiteln
Nr. | Textstelle | Abschnitt | Link zum Text |
Kapitel I. | ||
A |
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1 - 25 |
ERSTER TEIL:
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1 | 1,1-3 | |
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1,4-19 |
I. DIE BERUFUNG DES PROPHETEN
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2 | 1,4-19 | |
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2,1 - 6,30 |
II. Gottes Anklage gegen das Volk
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3 | 2,1-3 |
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Kapiteleinteilung nach der Ausgabe von 1545,
Angabe der Textstelle nach heutiger Zählweise.
Im folgenden Text sind die bezeichneten Verse hervorgehoben.
[35b]
Kapitel 1 - 25
DIs ẛind die Geſcĥicĥte
Jeremia / des ſons Hilkia / aus den Prieſtern zu Anathoth / im lande BenJamin. 2Zu welchem geſchach das wort des HERRN / Zur zeit Joſia / des ſons Amon / des königes Juda / im dreizehenden jar ſeines Königreichs. 3Vnd hernach zur zeit des königes Juda Joiakim / des ſons Joſia / Bis ans ende des eilfften jars Zedekia / des ſons Joſia des königes Juda / bis auffs Gefengnis Jeruſalem / im fünfften monden.
1,4 - 2,3
VND des HERRN wort geſchach zu mir / vnd ſprach / 5Ich kandte dich ehe denn ich dich in Mutterleibe bereitet / vnd ſonderte dich aus / ehe denn du von der Mutter geborn wurdeſt / vnd ſtellet dich zum Propheten vnter die Völcker.
6ICH aber ſprach / Ah HErr HERR / Ich taug nicht zu predigen / Denn ich bin zu jung. 7Der HERR ſprach aber zu mir / Sage nicht / ich bin zu jung / Sondern du ſolt gehen / wo hin ich dich ſende / vnd predigen / was ich dich heiſſe. 8Fürcht dich nicht fur jnen / Denn ich bin bey dir / vnd wil dich erretten / ſpricht der HERR. 9Vnd der HERR recket ſeine Hand aus / vnd rüret meinen Mund / vnd ſprach zu mir / Sihe / Ich lege meine wort in deinen mund. 10Sihe / Ich ſetze dich heute dieſes tages vber Völcker vnd Königreiche / Das du ausreiſſen / zubrechen / verſtören / vnd verderben ſolt / vnd bawen vnd pflantzen.
(Verſtören)
Nicht durch krieg / Sondern mit predigen vnd weiſſagen.
VND es geſchach des HERRN wort zu mir / vnd ſprach / Jeremia / was ſiheſtu? Ich ſprach / ich ſehe einen wackern Stab. 12Vnd der HERR ſprach zu mir / Du haſt recht geſehen / Denn ich wil wacker ſein vber mein wort / das ichs thue. 13Vnd es geſchach des HERRN wort zum andern mal zu mir / vnd ſprach / Was ſiheſtu? Ich ſprach / ich ſehe ein heis
[35b | 36a]
ſiedend Töpffen von Mitternacht her. 14Vnd der HERR ſprach zu mir / Von Mitternacht wird das Vnglück ausbrechen vber alle die im Lande wonen. 15Denn ſihe / Ich wil ruffen alle Fürſten in den Königreichen gegen Mitternacht ſpricht der HERR / Das ſie komen ſollen / vnd jre Stüele ſetzen fur den Thoren zu Jeruſalem / vnd rings vmb die mauren her / vnd fur alle ſtedte Juda. 16Vnd ich wil das Recht laſſen vber ſie gehen / vmb aller jre bosheit willen / Das ſie mich verlaſſen / vnd reuchern andern Göttern / vnd beten an jrer hende werck.
17SO begürte nu deine Lenden / vnd mache dich auff / vnd predige jnen / alles was ich dich heiſſe. Fürchte dich nicht fur jnen / als ſolt ich dich abſchrecken / 18Denn ich wil dich heute zur feſten Stad / zur eiſern Seule / zur ehernen Mauren machen im gantzen Lande / wider die Könige Juda / wider jre Fürſten / wider jre Prieſter / wider das Volck im Lande / 19Das / wenn ſie gleich wider dich ſtreiten / dennoch nicht ſollen wider dich ſiegen / Denn ich bin bey dir / ſpricht der HERR / das ich dich errette.
(Abſchrecken)
Vnter Gottes namen ſchreckt man die rechten Prediger. Ey du biſt ein Ketzer / Du predigeſt wider Gott vnd ſeine Kirche / etc. Da darffs wol dieſes Troſts / das man wiſſe / Gott thue es nicht.
2,1 - 6,30
2
Beginn des Kapitels 2 nach heutiger Zählweise!
VND des HERRN wort geſchach zu mir / vnd ſprach / 2Gehe hin vnd predige öffentlich zu Jeruſalem / vnd ſprich / ſo ſpricht der HERR / Ich gedencke da du ein freundliche junge Dirne / vnd ein liebe Braut wareſt / da du mir folgeteſt in der wüſten / im Lande / da man nichts ſeet / 3Da Iſrael des HERRN eigen war / vnd ſeine erſte Frucht / wer ſie freſſen wolt / muſte ſchuld haben / vnd vnglück vber jn komen / ſpricht der HERR.
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1) Beim Satz der Seitenzahl hat sich der Schriftsetzer vertan.
Korrekt ist: XXXVI.
2) Eine sehr persönliche Anmerkung Luthers., aus der hervorgeht, dass er durchaus Parallelen in der Berufung Jeremias zu seinem eigenen Werdegang zum Prediger sah. Insbesondere der Abschnitt Jer 1,17-19 war wohl für ihn selbst zugleich Berufung und Trost. Hier fand Luther die Zuversicht, dass sein Vorgehen entgegen der Vorwürfe des Papstes und des Kaisers richtig war, dass er auf Beistand von Gott vertrauen durfte, und dass seine Gegner ihn daher nicht besiegen könnten.
Dafür sprechen auch Luthers Verweise zu Jer 1,17 auf Lk 12,35 und 1Petr 1,13, die in neueren Ausgaben nicht mehr genannt sind, aber sehr wohl die Berufungstheologie des Neuen Testaments in der Berufung Jeremias (und damit in der Tradition des Alten Testamenst) begründen.
Holzschnitt im Buch des Propheten Jeremia, Kapitel I.
»Der Prophet Jeremia«
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Kürzel | Bezeichnung in Luthers Biblia 1545 | Moderne Bibel | Kürzel |
Jer. | Der Prophet Jeremia.Biblia Vulgata: | Der Prophet Jeremia Das Buch Jeremia | Jer Jer Jer |
Luce. | Euangelium S. Lucas.Biblia Vulgata: | Das Evangelium nach Lukas Lukasevangelium | Lk Lk Lk |
1.Pe. | Die j. Epiſtel S. Peters.Biblia Vulgata: | Der erste Brief des Petrus 1. Petrusbrief | 1. Petr 1 Petr 1Petr |
Erläuterungen siehe Liste der Abkürzungen und Namen biblischer Bücher | |||
Der Text aus der Lutherbibel ist auf unseren Seiten in Anlehnung an das Druckbild des Originals von 1545 wiedergegeben.
Den Seitenaufbau, die verwendeten Schriften, die Schreibregeln der Frakturschrift und Luthers Intentionen, mit der Typografie Lesehilfen bereitzustellen, erläutert dem interessierten Leser unser Artikel »Satz und Typografie der Lutherbibel von 1545«.
AT
IV
Luther widmet den Prophetenbüchern eine umfangreiche Vorrede. Diese Bücher seien reich an Predigten und Beispielen für christliches Leben, und sie weissagen die Ankunft Christi.
Luther erklärt die Bedeutung des Alten Testaments und der Gesetze Mose. Diese Schriften seien für Christen sehr nützlich zu lesen, nicht zuletzt deshalb, weil Jesus, Petrus und Paulus mehrfach daraus zitieren.