Dr. Martin Luther

Vorrede zum Buch des Propheten Jeremia

Symbol Biblia 1545

Die Lutherbibel von 1545

 

Die Texte der Lutherbibel von 1545 in Frakturschrift

Das Alte Testament

Die Bücher der Propheten

 

Biblia
 

Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545

Der Prophet Jeremia

Dr. Martin Luthers Vorrede

 

 

Zum Text in 52 Kapiteln

 

 

 

 

 

D. Mart. Luth.

 

 

 

 

 

[34b]

 

Vórrede vber den Própheten
Jeremia.

 

 

Zum Verständnis im historischen Umfeld

 

DEn Propheten Jeremia

zuuerſtehen / darffs nicht viel gloſens / Wo man nur die Geſchicht anſi­het / die ſich begeben haben / vn­ter den Königen / zu welcher zeiten er gepredigt hat / Denn wie es da zu mal im Lande geſtanden iſt / ſo gehen auch ſei­ne Predigt.

 

 

Jeremias Reden sind Klagen über die Bos­heit des Volks

 

ERſtlich / war das Land voller Laſter vnd Abgötterey / Erwürgeten die Propheten / vnd wolten jre Laſter vnd Abgötterey vngeſtrafft haben. Da­r­umb iſt auch das erſte Teil / faſt eitel ſtraffe vnd klage vber die bos­heit der Jü­den / bis an das. xx. Cap. hinan.

 

 

Jeremia tritt als Bote auf, der Strafe und Zorn, aber auch die Erlösung verkündet

 

ZVm andern / Weiſſagt er auch die ſtraffe / ſo furhanden war / nem­lich / die ver­ſtö­runge Je­ru­ſa­lem vnd des gan­tzen Landes / vnd das Babyloniſche ge­feng­nis / Ja auch aller Heiden ſtraffe / Vnd doch daneben tröſtet vnd ver­hei­ſſet er auff ge­wi­ſſe beſtimpte zeit / nach ergangener ſolcher ſtraffe / die Erlöſung vnd heimfart wi­der ins Land / vnd gen Je­ru­ſa­lem etc. Vnd dis ſtück iſt das furnemeſt in Jeremia / Denn vmb deſſelbigen willen / iſt Jeremias erweckt / Wie im. j. Cap. das Geſicht anzeigt / von der wacker Ruten / vnd ſiedendem Töpffen / ſo von Mitternacht komen.

 

VND das war auch hoch von nöten / Denn weil ſolch grewliche Plage ſolte vber das Volck gehen / das es gar zuriſſen vnd weggefürt würde aus ſei­nem lande / het­ten die fromen Her­tzen / als Daniel vnd ander viel, verzweiuelen müſſen / an Gott vnd an allen ſei­nen Ver­hei­ſſun­gen / Als die nicht anders het­ten mügen dencken / denn als we­re es gar aus mit jnen / vnd ſie von Gott aller dinge verſtoſſen we­ren / das kein Chri­ſtus nimer mehr komen würde / Son­dern Gott het­te ſei­ne Ver­hei­ſſung / vmb des Volcks ſun­de willen / in gro­ſſem grim / zu rücke gezogen.

 

DArumb muſte Jeremias da ſein / vnd die ſtraffe vnd den zorn al­ſo verkündigen / das ſie nicht ewig / ſon­dern eine beſtimpte zeit / als. 1xx. jar we­ren ſolten / Vnd dar­nach ſie wi­der­umb zu gnaden komen. Welcher Ver­hei­ſſun­ge er ſich ſelbs auch hat müſſen tröſten / vnd ſich damit erhalten / Hat ſonſt nicht viel

 

 

 

 

[34b | 35a]

 

 

Vorrede.

XXXV.

 

 

troſtes noch guter ta­ge gehabt. Denn er ein elender / betrübter Prophet geweſt iſt / zu jemerlichen bö­ſen zeiten gelebt / Dazu ein trefflich ſchweer Predigampt ge­fü­ret / Als der vber vierzig jar bis zum Ge­feng­nis / ſich mit bö­ſen halſtarrigen Leu­ten hat müſſen ſchelten / vnd doch wenig nutz ſchaffen / Son­dern zuſehen / das ſie je lenger je erger wurden / vnd jmer jn töd­ten wolten / vnd jm viel Plage anlegten.

 

ZV dem / Hat er erleben vnd mit augen ſe­hen müſſen / die ver­ſtö­rung des Lands vnd Ge­feng­nis des Volcks / vnd viel gro­ſſen jamer vnd Blutuergieſſung. On was er dar­nach in Egyp­ten hat müſſen predigen vnd leiden / Denn man helts dafur / das er von den Jü­den ſey geſteinigt in Egyp­ten.

 

 

Jeremia weissagt über Christus, den Erlöser

 

ZVM dritten / Thut er auch / wie ander Pro­phe­ten / vnd weiſſagt von Chri­ſto vnd ſei­nem Reich / ſon­der­lich im xxiij. vnd xxxj. Cap. Da er gar klerlich von der Perſon Chri­ſti / von ſei­nem Reich / vom newen Teſtament / vnd vom ende des alten Teſtaments weiſſagt. Aber die­ſe drey ſtück / gehen nicht in Ordnung nach einander / vnd ſind nicht von einander geteilet im Buch / wie ſie in der that vnd we­ſen nach einander gangen ſind. Ja im erſten ſtück / ſtehet offt im folgenden Ca. et­was / das doch ehe ge­ſche­hen iſt / weder das im vorigen Cap. Das ſichs anſi­het / als habe Jeremias ſolche Bücher nicht ſelbs geſtellet / Son­dern ſeien ſtücklich aus ſei­ner Rede gefaſſet / vnd auffs Buch verzeichent Da­r­umb mus man ſich an die Ordnung nicht keren / vnd die vnordnung nicht hindern la­ſſen.

 

 

Ein Lehrstück: Je mehr von Gott gepredigt wird, desto verächtlicher reagiern die Leu­te

 

WIR lernen aber aus Jeremia vn­ter andern das / wie gemeiniglich je neher die ſtraffe iſt / je erger die Leu­te wer­den / Vnd je mehr man jnen pre­digt / je höher ſie es verachten. Das man greifft / wenn Gott ſtraffen wil / das er die Leu­te verſtocken leſſt / Auff das ſie ja on alle barm­her­tzig­keit vn­ter­ge­hen / vnd mit keiner Buſſe Got­tes zorn verſünen. Al­ſo muſten die zu Sodom vorhin den fromen Lot nicht allein verachten / ſon­dern da er ſie leret / auch plagen / vnd war doch jr plage fur der thür. Pharao / da er ſchier ſolte im Roten meer erſauffen / muſte er die kin­der Iſ­ra­el / zwifeltig martern mehr denn vor. Vnd Je­ru­ſa­lem muſte Got­tes Son auch creutzigen / da jr endlich ver­ſtö­rung daher gieng.

 

 

Die Zustände haben sich seit Jeremia nicht geändert

 

ALſo ge­hets auch jtzt al­lent­hal­ben / Nu das Ende der Welt herzu trit / wüten vnd toben die Leu­te wi­der Gott auffs aller grewlichſt / leſtern vnd ver­dam­nen Got­tes wort / das ſie wi­ſſentlich erkennen / das es Got­tes wort vnd die war­heit ſey. Daneben ſo viel grewlicher Zei­chen vnd Wunder erſcheinen / beide am Hi­mel vnd faſt an allen Creaturen / die jnen ſchrecklich drewen / vnd iſt auch wol ſo eine bö­ſe jemerliche zeit / vnd noch erger / denn Jeremias zeit.

 

Aber es wil vnd mus ſo ſein / das ſie ſicher wer­den / vnd ſingen / Pax / Es hat nicht not / Vnd nur verfolgt alles / was Gott haben wil / vnd alles drewen der Zei­chen in wind ge­ſchla­gen / Bis ſie (wie S. Paulus ſagt) plötzlich das verterben vbereilet / vnd ver­ſtö­ret / ehe ſie es gewar wer­den.

 

→*1)

 

 

Trost in Christus, Lobpreis Gottes

 

Doch wird Chri­ſtus die ſei­nen wi­ſſen zubehalten / vmb welcher willen er ſein Wort leuchten leſſt / in die­ſer ſchendlichen zeit / Wie er zu Babel Daniel /

vnd ſei­ne gleichen behielt / vmb welcher willen
Jeremias weiſſagung leuchten muſte. Dem
ſelben lie­ben HER­RN / ſey Lob vnd
Danck / ſampt dem Va­ter vnd
heiligem Geiſt / einigem Gott
vber alles vnd in ewigkeit /
AMEN.

 

 

❦❧

 

 

1) Lat: pax; dt.: »Frieden« bzw. »Friede! «

Luther erklärt, dass sich die Leu­te in Frieden sicher fühlen und dabei einerseits jede Warnung in den Wind schlagen, anderseits Got­tes Willen ignorieren.

 

 

 
 

 

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