Dr. Martin Luther

Vorrede zum Buch des Propheten Daniel, Abschnitt 9

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Die Lutherbibel von 1545

 

Die Texte der Lutherbibel von 1545 in Frakturschrift

Das Alte Testament

Die Bücher der Propheten

Biblia
 

Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545

Der Prophet Daniel

Dr. Martin Luthers Vorrede

 

Teil 9 von 10

 

 

Gliederung in Luthers Vorrede zum Buch des Propheten Daniel, Teil 9

 

Abschnitt

Überschrift | Link zum Text

 

 

TEIL 9

 

 

 

ZU KAPITEL XII. | TEIL 3 | Dan 11,44 - 12,12

 

 

 

 

 

 

D. Mart. Luth.

 

Vórrede vber den Própheten
Daniel D. Mart. Luther.

 

 

 

 

[111a]

 

 

TEIL 9 VON 10

 

 

ZU KAPITEL XII. | TEIL 3
→Dan 11,44 - 12,12

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

→2.Theſſ.2.

VND ein Geſchrey wird jn erſchrecken von Morgen vnd von Mitternacht etc.

→Dan 11,44

HIe wils (Gott lob) ein mal gar böſe werden mit dem Bapſt / Denn die Stöſſe haben jn nicht fellen können / wie wol ſie angeklopfft / vnd jn zur Buſſe vermanet / Aber es iſt verloren vnd vmbſonſt geweſt. Nu aber kompt vber jn kein Rüſtung / kein Heer / kein Kriegsuolck / kein Stöſſer / Sondern ſchlecht ein Stimme oder Geſchrey / da fur erſchrickt er vnd gehet drüber zu boden. O du wünderlicher Gott in deinen wercken / Dieſer Grewel / der alle Könige mit füſſen getretten / vnd Gott ſelbs vberpocht hat / der mus verzagen vnd fallen / fur einer armen Stimme. Wie biſtu ſchreckliche groſſe Macht / auff ſo loſem Grund geſtanden / das du von einem Odem vmbgeblaſen wirſt? Solche wort Danielis verkleret S. Paulus alſo. Der HErr Jheſus wird jn tödten mit dem odem ſeines Mundes.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Geſchrey fellet den Bapſt / das zuuor kein Stos kund tun.

 

DAS iſt nu dieſe letzte vnd vnſere zeit / da das Euangelium erſchollen iſt / vnd ſchreiet wider den Bapſt / das er verzweiuelt / weis nicht wie vnd was er thun ſol. Er kan vnd wil kein Concilium leiden / Er wil nirgend am liecht dauon laſſen handeln noch reden / Allein denckt er das geſchrey mit gewalt zu dempffen. Zeucht aus mit groſſem Grim / ſpricht Daniel / durch ſeine Rüſtung / durch ſeine Geiſtlichen / durch Legaten / durch Bullen / Schrifften vnd viel böſer Bücher / wil viel verderben vnd vmbbringen / hetzet Keiſer / Könige / alle Teufel / vnd alle böſe Men­ſchen / vnd was er kan erregen / Es feilet am willen nicht / man thets gern. Aber es iſt ſein ende komen / Niemand kan jm helffen / ſpricht Daniel / das Geſchrey iſt zu mech­tig / Denn in den vorigen Stand kompt der Bapſt nicht wider / die ſeinen leidens nu mehr ſelbs nicht / wie Apoc. xv. ſagt / Mus alſo on Hand vnd ſchwertſchlag zubrochen werden / Dani. ix. wie ſein Furbilde der Antiochus.

Letzte vnd vnſer zeit etc.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rüſtung des Bapſts.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

→Jeſa. 65.

DAS aber ſolch Geſchrey vom Morgen vnd Mitternacht ge­hö­ret wird / Iſt das / Das ſolch Euangelium kompt von oben her / vom rechten Morgen oder Auffgang / Denn es kan niemand mit warheit ſagen noch rhümen / das aus ſeinem Kopff oder vorbedachtem Rat oder willen / ſolche Lere ſey erfur bracht / Wir ſind alle vngefehr vnd plumbs weiſe dazu komen. Vnd iſt vns geſchehen / wie Jeſaias ſagt / Ich bin funden von denen / die mich nicht ſuch­ten / vnd erſchienen denen / die nach mir nicht fragten. Denn auch ich / der ich einer bin von den Erſten / gar viel ein anders ſucht vnd dacht im anfang meines ſchreibens / nem­lich / allein des Ablas misbrauch / nicht das Ablas ſelber / viel weniger den Bapſt oder ein har am Bapſt / verſtund weder Chri­ſtum noch den Bapſt recht. Doch iſt ſolch Geſchrey auch von Mitternacht komen (ſpricht er) das iſt / aus des Bapſts eigen Reich / Denn wir ſind ſelber zu der zeit auch Papiſten vnd En­de­chriſtiſch geweſt / viel hefftiger weder ſie waren.

Rechter Morgen oder Auffgang.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mitternacht.

 

ER wird die Hütten ſeines Pallaſts pflantzen zwiſſchen zweien Meeren / an den werden heiligen Berg.

→Dan 11,45a

 

JEruſalem ligt zwiſſchen dem groſſen Meer vnd dem Tod­tenmeer. Aber viel mehr ligt Rom zwiſſchen zweien groſſen Meeren / Tyrrhenum vnd Adriaticum / Vnd iſt Rom wol ein werder heiliger Berg zu nennen / Denn da­ſelbs viel hundert

 

 

 

 

 

Rom ein heliger Berg.

→*1)

 

 

 

 

[111a | 111b]

 

 

Vorrede vber den

 

 

tau­ſent Marterer ligen / Im anfang auch die aller feineſte Kirchen war vnd gros ding da geſchehen iſt / Bis das der Teuffel ſich da hin geſetzt hat.

 

ES wolt denn jemand dis alles geiſtlich deuten / Das der Bapſt auff dem werden heiligen Berg / das iſt / in der heiligen Chri­ſ­ten­heit / als ein Gott / ſich geſetzt hat / vnd ſein Reich gepflantzt mit ſeinen Drecketen vnd grewlicher Lere. Denn Chri­ſ­tus heiſſt pflantzen / leren / Math. xv. Alle Pflantzen / die mein himeliſcher Vater nicht pflantzt / die werden ausgereut.

 

Heiliger Berg.

 

 

 

 

 

Pflatzen.

 

Zwiſchen zweien Meeren. Dis mag von der Kirchen alſo verſtanden verden / Das dieſer heiliger Berg ligt zwi­ſchen zweien Meeren / das iſt / Die Chri­ſ­ten­heit / lebt zwi­ſchen dieſer Welt leben / vnd der Hellen. Das das Tod­temeer ſey jene Welt / da die Gottloſen zu grund verloren ſind. Das lebendige groſſe Meer ſey dieſe Welt. Die Chri­ſ­ten­heit aber lebt nicht weltlich / vnd ſtirbt dort auch nicht / gehet zwi­ſchen beiden hin / vnd lebt im glauben vnd im geiſt Chriſti. Wo aber die zwey Meer von des Bapſts ſtuel oder Sitz / nicht vom heiligen Berg zuuerſtehen ſind / So iſt dis die meinung / Das der Bapſt vber die Lebendigen vnd Tod­ten mit ſeinen pflantzen oder Drecketen regiert / Denn mit ſeinem Maüſim hilfft er allen Lebendigen in der Welt / vnd allen Tod­ten im Fegfewr.

 

 

 

 

 

 

Tod­temeer etc.

 

ER nennets gepflantzt / Denn der Bapſt hat ein Paradis aller Luſt zu Rom / oder in der Kirchen / gemacht / da er aller Welt / gut / gewalt vnd ehre / frey nach ſeinem willen braucht.

 

ZVR ſelbigen zeit / wird ſich auffmachen der groſſe Fürſt Michael / der fur die kin­der deines Volcks ſtehet / Denn es wird ein ſolche trübſelige zeit ſein als nicht geweſt iſt / ſint das leute geweſt ſind / bis auff dieſe zeit.

→Dan 12,1a

 

 

→Apoc. 12.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

→Mat. 24.

WIE wol Michael eins Engels name iſt / doch verſtehen wir hie / gleich wie auch Apoc. xij. den HErrn Chri­ſtum ſelbs da durch / der hie niden auff Erden mit ſeinen Engeln / das iſt / Predigern / ſtreittet wider den Teuffel / durchs Euangelium / Denn er nennet jn den groſſen Für­ſten. Derſelbige hat ſich nu auffgemacht / vnd ſtehet fur die Chri­ſ­ten / vnd tröſtet ſie / mit dem Wort der gnaden. Denn bis da her / iſt die grewlichſt zeit geweſt / als auff Erden je geweſt iſt / Wie Chri­ſ­tus dieſe wort auch füret / Matth. xxiiij. Vnd wo dieſe Tage nicht verkürtzt weren vnd auff­ge­hö­ret hetten / ſo were kein Menſch ſelig worden / auch die Edomiten / Moabiten / Ammoniten nicht. Denn es ſchon angefangen in Welſchenlanden / zu Rom vnd mehr Orten / das man Epicuriſch aus dem glauben ein geſpött gemacht / vnd die Kinder auch nicht mehr teuffet. Alſo were beide Tauffe / Sacrament / vnd Wort alles aus geweſt / vnd kein Menſch mehr ſelig worden.

Chri­ſ­tus ſtreitet durchs Eu­an­ge­li­um wi­der den Teu­fel etc.

 

 

 

 

 

 

Grewlichſte zeit bis­her vn­term Bap­ſtum etc.

 

DEnn er meinet hie nicht leibliche Trübſal / welche viel gröſſer geweſt iſt / in der zerſtörung Je­ru­ſa­lem / Rom vnd viel andern Landen vnd Stedten / Sondern der Seelen / oder geiſtliche Trübſaln der Kirchen / durch Chri­ſ­tus leiden bedeutet. Denn leibliche Trübſal ſind zeitlich / hören auff mit dem Leibe. Aber hie gilts das die Kirche vntergehe oder bleibe / welche der Teufel durch den En­de­chriſt zweierley weiſe angegriffen hatte. Zu einer ſeiten durch Epicuriſche verachtung der Sacrament vnd Wort Gottes. Zur andern / durch angſt vnd verzweiuelung des Gewiſſens / da kein rechter Troſt der gnaden / ſon­dern eitel jamerlich martern / durch eigen Gnugthun vnd werck die Chri­ſ­ten plagten (dauon die Epicurer vnd Heiden nichts wiſſen) Alſo das hie zeit war / das Michael ſich auffmachet / vnd die Chri­ſ­ten­heit in den letzten Zügen nicht lieſſe zu grund gehen / Sondern wider tröſtet vnd ſamlet / durch ſein heilſames Wort der gnaden. Folget.

 

 

 

 

 

Geiſtliche trüb­ſaln der Kirchen.

 

 

 

 

 

 

Verachtung Got­tes worts etc.

Angſt vnd ver­zwei­ue­lung des Ge­wiſ­ſens.

 

VND viel die in der Erden ſchlaffen / werden auff­wa­chen / Etliche zum ewigen Leben / Etliche zur ewigen ſchmach vnd ſchande. Die Lerer aber werden leuchten / wie des Himels glantz / vnd die ſo viel zur Gerechtigkeit weiſen / wie die Sterne jmer vnd ewiglich.

→Dan 12,2-3

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

→1. Cor. 15.

DEr Engel eilet zum Jüngſten tage / Darumb ob er noch wol mehr zu reden hat von Michaels ampt / feret er doch hinaus zum ende der Welt / vnd ſaget von der Tod­ten auff­er­ſte­hung. Aber bald keret er wider zu rück / vnd ſagt von den Lerern vnd Predigern / wie ſie leuchten ſollen / wie der glantz des Himels vnd Sternen / vnd viel bekeren / ehe die Tod­ten auff­er­ſte­hen. Gleich wie droben Dani. ix. erzelet er zuuor / wie die Stad ſol ver­ſtö­ret werden / ehe er die letzte Wochen beſchreibet / das doch zuuor geſchehen muſte. Etliche aber verſtehen ſolch leuchten der Lerer in jenem Leben / wie j. Cor. xv. Das iſt auch wol war / Aber wir nemens hie zur not vnd dienſt der betrübten Kirchen.

 

 

 

 

 

 

Lerer leuch­ten wie der glantz des Himels etc.

 

 

 

 

[111b | 112a]

 

 

Propheten Dániel.

CXII.

 

 

Viel (ſpricht er) werden aufferwachen.

 

DEnn am Jüng­ſten­ta­ge werden wir nicht alle auff­er­ſte­hen / wie S. Paulus ſaget. j. Cor. xv. Denn die ſo lebendig funden werden des tages / werden weder ſterben noch auff­er­ſte­hen / Sondern im Augenblick verwandelt / vnd Chri­ſ­to entgegen in die Lufft gerafft werden. Doch viel / das iſt / die gröſſeſte Menge wird ſein der Tod­ten oder Schlaffenden / Das Chri­ſ­tus alſo ſey (wie der glaube ſagt) Richter der Lebendigen vnd der Tod­ten.

 

VND hie ſehen wir / das nach dieſer zeit / ſo der Bapſt offenbart / nichts zu hoffen noch zu gewarten iſt / denn der Welt ende vnd auff­er­ſte­hung der Tod­ten. Hie iſt die Schrifft aus vnd hat alle Wei­ſſa­gung ein ende.

Nach offen­ba­rung des Ende­chriſts / iſt die Schrifft aus etc.

 

VND du Daniel verbirge dieſe Rede vnd verſiegle dis Buch / bis auff die letzte Zeit / Viel werden drüber komen / vnd groſſen verſtand finden.

→Dan 12,4

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

→Luc. 24.

HIE ſagt der Engel klerlich / das dis buch Daniel ſolle verſiegelt bleiben / Vnd doch nicht ewiglich / ſon­dern bis zur letzten Zeit / Da ſols geöffenet / vnd groſſer verſtand draus genomen werden. Daran wir jtzt erbeiten / wie droben geſagt / Das die Wei­ſſa­gungen nicht gründlich zuuerſtehen ſind / ehe ſie volendet werden / Darnach wens geſchehen iſt / ſo zeugen ſie als denn das Werck. Gleich wie Chri­ſ­tus Luc. xxiiij. nach ſeinem Tod / aller erſt jnen die ſinne auffthet die Schrifft zuuerſtehen. Vnd zuuor ſprach er / Solchs ſage ich euch / Auff das wens nu geſchicht / das jrs gleubt etc.

 

 

 

 

 

 

 

Daniels Wei­ſſa­gung iſt verſiegelt blieben / bis zur letzten zeit.

 

VND ich Daniel ſahe / vnd ſihe / Es ſtunden Zween andere da / einer an dieſem Vfer des Waſſers / der ander an jenem etc.

→Dan 12,5

 

VON dieſen zweien ſagt er nichts mehr / was ſie ſind / reden oder thun / On das ſie andere / das iſt / nicht der Engel ſind der mit jm redet. Vieleicht ſinds die zween Engel / einer der Perſen / der ander der Griechen Fürſt / dauon er droben Cap. x. ſagt / welche das volck Iſ­ra­el hindern bey den Königen. Die ſtehen vnd bleiben ſolche Hinderer bey den Königen bis zur Welt ende. Einer gegen Morgen der ander gegen Abend / das ja Gottes wort vnd ſeine Kirche nicht eitel glück habe / Sondern wie er ſolchs ſelbs hernach deutet / vnd ſpricht.

 

 

Hinderer bei den Kö­ni­gen in Got­tes ſa­chen.

 

VIel werden gereiniget / geleutert vnd bewert werden / Vnd die Gottloſen werden gottlos weſen füren / vnd kein Gottloſer wirds achten / Aber die Verſtendigen werdens achten.

→Dan 12,10

DEnn wie hell vnd gewaltig das Euangelium gehet / vnd wie ſtarck die Kirche iſt / So müſſen doch Ketzer vnd falſche Lerer ſein / die ſie vben / Auff das die bewerten / offenbar werden / Vnd dieſelbigen Ketzer nemen ſich gern an / vmb die Könige vnd groſſen Herrn. Alſo bleiben Ketzer bis ans ende.

 

 

Ketzer zu allen zei­ten.

 

VND es ſprach zu dem Man in leinen Klei­dern / der oben auff dem Waſſer ſtund / Wenn wils denn ein ende ſein mit Greweln?

→Dan 12,6

 

DEr Man in leinen Kleidern iſt der Engel (Gabriel) der bis da her geredt hat / als droben Cap. x. Wer aber zu jm ſpricht / Wenn wils etc. iſt nicht genennet. Aber es iſt ein ſtimme vnd klage in der perſon der Kirchen / die ſpricht / Hilff Gott / Iſts nicht gnug / das der En­de­chriſt die Kirche ſo grewlich vnd ſchier zu grund verderbt hat? Nu ſie kaum durch Michael wider iſt erquickt / Komen die Ketzer / Rottengeiſter / Sacramenter / Widerteuffer / vnd richten auch noch Grewel an / Wenn wils denn ein mal auffhören?

 

 

Klage der Kir­ch­en zu die­ſer letz­ten zeit.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Lyra.

→*3)

ZV dem iſt der Geitz vnd Mammon ſo eingeriſſen / Das zu beſorgen / man wird das Euangelium aushungern / vnd achten / wie Lot zu Sodom geacht / vnd Noah fur der Sindflut. Denn in der Welt wil jtzt beide Oberman vnd Vnterman nichts hören noch ſehen / denn Geitz / Wucher vnd eigen willen / Das die zeit da iſt / dauon Lyra vnd andere alle ſagen / Das nach des En­de­chriſts fall / die Welt wird frey leben / vnd ſagen / Es ſey kein Gott mehr.

 

Geitz vnd Mam­mon reiſſt mit ge­walt etc.

 

HIE thut der Engel einen Eid / vnd redet mit groſſem ernſt / Das wir nicht ſollen erſchrecken / noch blöde werden fur den Ketzern vnd Bapſt / Vnd ſpricht.

 

ES ſol eine zeit / zwo zeit / vnd eine halbe zeit weren / Vnd wenn die zerſtrewung des heiligen Volcks ein ende hat / ſol ſolchs alles geſchehen.

→Dan 12,7b

 

 

 

 

[112a | 112b]

 

 

Vorrede vber den

 

 

DIS höret Daniel vnd verſtehets nicht / Er bittet vmb verſtand / Aber jm wirds geſagt / Es ſolle verſiegelt bleiben / bis zur letzten zeit / Da ſol er denn ſtehen in ſeinem Teil / das iſt / ſein Buch ſol denn dienen der Kirchen nach ſeiner Gaben. Indes ſol er rugen / dazu ſein Buch vnuerſtanden bleiben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

→Luc. 17.

WEnn nu dieſe zeit / zwo zeit / halbe zeit aus ſein / vnd wenn die Ketzer mit zerſtrewen vnd zertrennen der Kirchen auff hören werden / können wir auch nicht wiſſen / Bis das wirs ſehen werden / wie die Kirche / ein armes Heufflin / eintrechtig am wort bleibet / vnd die Ketzer mit der Welt alle ſat / vberdrüſſig vnd Epicuriſch werden / das ſich niemand der Schrifft mehr annimpt. Wie ſichs ſchon fein anleſſt / als wolten ſie die Schrifft vnd Gottes wort nicht werd achten / das ſie drinnen ſolten Ketzer oder Chri­ſ­ten werden. So iſts denn aus / wie Chri­ſ­tus ſpricht / Wenn des menſchen Son kompt / meinſtu das er auch glauben finden werde auff Erden? Alſo gering mus noch die Kirchen werden / vnd alles eitel Geitz / Wucher / Bauch / Fras vnd Fleiſch werden / wie fur der Sindflut.

Eine zeit / zwo zeit / eine halbe zeit.

 

 

 

Ketzer vnd Welt wie ſie ſich jtzt an­laſſen.

 

VND von der zeit an / wenn das teg­lich Op­ffer abgethan / vnd ein Grewel der Wüſtung dar geſetzt wird / ſind tau­ſent / zwey hundert / vnd neunzig tage. Wol dem / der da erwartet vnd erreicht / Tauſent drey hundert vnd fünff vnd drei­ſſig tage.

→Dan 12,11-12

 

WEnn dis menſchliche gewönliche tage weren / ſo redete der Engel von der letzten Wochen / in welcher mittel das teg­lich Op­ffer auffhöret / durch der Apoſtel Concilium / Act. xv. Vnd der Keiſer Caligula ſeinen Grewel in den Tempel ſetzt. So machen die Mccxc. tage / faſt die vbrige helffte der letzten Wochen / nem­lich / vierdhalb jar. Nach den ſelbigen gieng das Euangelium auch vnter die Heiden / durch S. Paulum vnd Barnabam / Act. xiij. Vnd ſo würde der Engel mit dieſen worten ein Deckel machen vber ſeine Rede / vnd drein verwickeln / das er zu rücke leufft / wider in die zeit der ſie­ben­den Wochen / nach dem er von der künfftigen zeit / bis ans ende der Welt ausgeredt hat.

Teglich Op­ffer wens auff­ge­hö­ret etc.

 

K. Caligula.

 

 

 

→*5)

 

SInds aber Engeliſche tage / das iſt / ein tag ein jar / wie droben Cap. ix. So lauffen die Mccxc. tage / bis an das xiiij. jar des Keiſers / Ludwig / der vom Bapſt verbannet. Vnd die Mcccxxxv. tage / bis an das xxiij. jar Caroli iiij. faſt vij. jar vor dem Schiſma der dreier Bepſte / oder xlij. jar vor dem Coſtnitzer Concilio.

 

 

 

 

→*6)

 

ICH wolt aber wol gerne / das teg­li­che Op­ffer dahin deuten / geiſtlicher weiſe / das es ſey das heilige Euangelium / welchs bis an der Welt ende ſampt dem Glauben vnd der Kirchen bleiben mus. Aber gleichwol kan das geſchehen / Das die welt ſo gar Epicuriſch werden wird / das man in aller Welt wird keinen öffentlichen Predigtſtuel haben / vnd eitel Epicuriſche grewel die öffentliche Rede ſein wird / vnd das Euangelium allein in Heuſern / durch die Hausueter erhalten werde.

Euangelium vnd Kir­chen blei­ben bis an der Welt en­de / Ob gleich die Welt Epi­cur­iſch wird.

 

VND dis werde die zeit ſein / ſo zwiſſchen dem wort Chriſti am Creutz / Conſummatum eſt, vnd Pater in manus tuas commendo ſpiritum meum. Denn gleich wie Chri­ſ­tus nach ſolchem Conſummatum noch ein wenig lebt / Alſo kan auch die Kirche nach öffentlichem ſchweigen des Euangelij ein wenig bleiben. Vnd wie der Jüden teg­lich Op­ffer wol ward in der ſie­ben­den Wochen abgethan / durch der Apoſtel Concilium / vnd doch hernach / bis zu der ver­ſtö­rung Je­ru­ſa­lem bleib / auch von den Apoſteln ſelbs / wo ſie wolten (doch on not) gehalten ward. Alſo kan auch wol das Euangelium öffentlich ligen vnd ſchweigen auff dem Predigſtuel / vnd doch durch frome Chri­ſ­ten in Heuſern erhalten werden.

 

→*4)

 

SOlcher jamer ſol aber nicht lenger wehren / denn M. ccxc. tage / das iſt bey vierdhalb jar / Denn on öffentliche predigt kan der Glaube nicht lang ſtehen / weil zu dieſer zeit auch in einem jar die Welt böſer wird. Die letzten Mcccxxxv. tage werden gar endlich böſe ſein / Das auch in Heuſern fort mehr wenig Glauben ſein wird. Darumb er ſpricht / Selig iſt / der bis auff den tag beſtehet / Als ſolt er ſagen / wie Chri­ſ­tus ſpricht / Wenn des Men­ſchen Son kompt / Meinſtu er werde Glauben finden auff Erden?

Mccxc. Tage.

→*5)

 

 

 

 

Mccxxxv, Tage.

→*6)

 

ES haben von ſolchen vierdhalb jaren faſt alle Lerer geredt / vnd alle Bücher ſind dauon vol / On das ſie es haben auff des En­de­chriſts Regiment gedeut / Welchs / nach ordnung des texts Daniel nicht leidet / welcher weiſſagt weiter / was nach des En­de­chriſts fall geſchehen ſol / vnd ſetzt dieſe vierdhalb jar nach Michael / vnd nach dem eide des Engels auffm waſſer.

 

 

 

 

[112b | 113a]

 

 

Propheten Dániel.

CXIII.

 

 

VND wiewol dieſe Deutung ſcheinet / als ſolt man des Jüngſten tages gewis ſein / welchs tags oder jars er komen ſolle / das doch Chri­ſ­tus verbeut zu wiſſen / Act. j. vnd im Euangelio / So feilets doch weit. Erſtlich / das / wenn ſchon das Op­ffer des Euangelij öffentlich abgethan wird / So wird doch niemand können das jar noch tag ſo eben mercken / wenn es anfehet / Sin­te­mal es nicht kan auff einen tag an allen Orten auffhören.

Gewis kan man nicht ſein / wenn der Jüngſtetag komen ſoll.

 

ZVM andern / Ob man ſchon wüſſte wenn es ſolt anfahen / So ſind doch vber die Mccxc. die Mcccxxxv. tage geſetzt / die niemand mercken würde in aller Welt. Vnd Summa / Ich dencke / das dieſe Mcccxxxv. tage nicht werden öffentlich in gemein verſtanden werden / ſie ſeien denn erfüllet am Jüngſten tage. Es were denn das Gott etwa einen Noah würde erwecken / der die ſelbigen Tage künde abrechnen vnd gewis treffen.

 

ICH aber fur mich laſſe mir daran genügen / das der Jüngſte tag fur der Thür ſein mus / Denn die Zeichen / ſo Chri­ſ­tus verkündigt / vnd die Apoſtel Petrus vnd Paulus / ſind nu faſt alle geſchehen. Vnd die Bewme ſchlahen aus / die Schrifft grunet vnd blüet. Ob wir den Tag nicht ſo eben wiſſen können / ligt nicht dran / Ein ander mache es beſſer / Es iſt gewislich alles am ende.

Jüngſtetag iſt fur der Thür.

 

 

 

 

1) Druckfehler: heliger; Korrektur: heiliger

 

 

2) Vermutlich ein Übertragungsfehler des Setzers aus dem Manuskript: 1. Cor 11. Gemeint ist sicher 2Kor 11, wo Paulus in Vers 13-15 erklärt, dass sich gerade auch in den Führungspositionen der Gemeinden und der Kirche falsche Lehrer finden müssen. Wir haben entsprechend verlinkt.

 

 

3) Lyra

Nikolaus von Lyra (* um 1270/75 in Lyra (Lyre) bei Évreux in der Normandie; † 1349 in Paris), biblischer Theologe des Mittelalters. Seinen umfangreichen Bibelkommentar nutzte Luther während der Übesetzung der Bibeltexte.

 

 

4) a) lat.: Consummatum est

b) lat.: Pater in manus tuas commendo spiritum meum.

dt.: a) »Es ist vollbracht! «

dt.: b) »Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist.«

 

 

5) M. ccxc. tage / das iſt bey vierdhalb jar

a) MCCXC Tage: 1290 Tage

b) vierdhalb jar meint: »ein halbes Jahr weniger als vier Jahre«, also dreieinhalb Jahre.
Solche Zahlenagben sind heute unüblich, doch ein ähnliches Konstrukt verwenden wir heute beispielsweise noch bei Zeitangaben: »Halbvier« meint:» eine Halbe Stunde weniger als 4 Uhr«, also 7 Uhr 30.

 

 

6) M. cccxxxv. Tage

a) MCCCXXXV. Tage: 1335 Tage

 

 

 
 

 

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Dan.
Dani.
Der Prophet Daniel.

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Dan

Dan

Jeſa.
Jeſai.
Jſa.
Iſai.
Eſa.

 

Der Prophet Jeſaja.

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Isaias

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Der Prophet Jesaja

Das Buch Jesaja

Jes

Jes

Jes

Is

Matth.
Matt.
Mat.
Math.
Euangelium S. Mattheus.

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Evangelium secundum Mattheum

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Matthäusevangelium

Mt

Mt

Mt

Luce.
Luc.
Euangelium S. Lucas.

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Evangelium secundum Lucam

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Das Evangelium nach Lukas

Lukasevangelium

Lk

Lk

Lk

Ac.
Act.
Acto.
Der Apoſteln Geſchicht / beſchrieben von S. Lucas.

Biblia Vulgata:
Actus Apostolorum

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Die Apostelgeschichte des Lukas

Apostelgeschichte

Apg

Apg

Apg

1.Cor.
1. Corin.
1. Corinth.
Die j. Epiſtel S. Paul an die Corinther.

Biblia Vulgata:
Epistula Pauli ad Corinthios I

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Der erste Brief des Paulus an die Korinther

1. Korintherbrief

1. Kor

1 Kor

1Kor

2.Theſ.
2.Theſſ.
Die ander Epiſtel S. Pauli: An die Theſſalonicher.

Biblia Vulgata:
Epistula Pauli ad Thessalonicenses II

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Der zweite Brief des Paulus an die Thessalonicher

2. Thessalonicherbrief

2. Thess

2 Thess

2Thess

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Den Sei­ten­auf­bau, die ver­wen­de­ten Schrif­ten, die Schreib­re­geln der Frak­tur­schrift und Luthers In­ten­tio­nen, mit der Ty­po­gra­fie Le­se­hil­fen be­reit­zu­stel­len, er­läu­tert dem in­ter­es­sier­ten Le­ser un­ser Ar­ti­kel »Satz und Ty­po­gra­fie der Luther­bi­bel von 1545«.

 
 
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Sabrina

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A9