Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545
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TEIL 7
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ZU KAPITEL XII. | TEIL 1 | Dan 11,36-39
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6 | Über die Methoden des Papstes, sich über Recht, Obrigkeit und die heilige Schrift hinwegzusetzen |
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11 | Luthers Fazit über die Bedeutung des der ersten Verse des Kapitels XII (Dan 11,36-39) |
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DAS xij. Cap. wie es alle Lerer eintrechtig auslegen / gehet gantz vnd gar / vnter Antiochus namen auff den Endechriſt / vnd auff dieſe letzte zeit / da wir innen leben. Darumb iſt hie keine Hiſtorien mehr zu ſuchen / Sondern das helle Euangelium zeigt vnd ſagt jtzt einem jedern wol / Wer der rechte Antiochus ſey / der ſich vber alle Götter erhaben hat / vnd Frawenliebe / das iſt / den Eheſtand nicht geacht / ſondern verboten / Vnd dafur / die Welt mit ſeines Gottes
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Vorrede vber den
Abgötterey / dazu mit fleiſchlicher vnzucht / erfüllet hat / vnd die Schetze vnd Güter auff Erden austeilet etc. Denn Frawenliebe / heiſſt hie nicht die vnzüchtige liebe / ſondern mus die ehrliche / züchtige Liebe zu weibern heiſſen / die Gott geſchaffen vnd geboten hat / nemlich / die Eheliche / weil der Prophet alhie / das fur der fürnemeſten Laſter eines des Endechriſts rechnet / das er die liebe zun Frawen nicht achtet.
Frawenliebe
WIR hetten aber wol gern geſehen / das jemand anders ſich des Capitels hette angenomen / vnd durch aus verkleret / zu ſtercken vnſern Glauben / vnd zu erwecken die Hoffnung gegen dem ſeligen Tage vnſer Erlöſung / der nu mehr gewislich fur der Thür iſt / als dieſer Text gibt. Weil das nicht geſchehen / wöllen wir hie mit andern vrſach geben weiter vnd beſſer nach zu dencken.
ERſtlich / ſtehen da die hellen wort am ende des xj. Cap. Das nach dem Antiocho / ſey noch ein andere zeit / Das man dis xij. Cap. nicht kan von Antiocho verſtehen / weil es ein andere zeit ſein ſol. Vnd was in der ſelben andern zeit geſchehen ſol / verkündigt der Engel / vnd ſpricht.
DER König wird thun was er wil.
DAS iſt / Er wird keinem Recht noch Lere vnterworffen ſein / Sondern er wird ſelbs das Recht ſein / vnd was er wil / das wird müſſen recht heiſſen. Nu iſt in allen Königreichen ſolcher König ein vnleidlicher Tyrann / Aber im Reich Chriſti (dauon er jtzt redet) da man Chriſto durch den glauben mus gehorſam ſein / ſol ſolcher Tyrann zu grund nichts ſein.
HIe iſt klerlich der Bapſt abgemalet / der in ſeinen Drecketen vnuerſchampt brüllet / Das alle Kirchen vnd Thronen von jm gerichtet / Er aber von niemand könne gerichtet werden. Vnd Cap. Solite / Wie die Sonne vber den Mond / So iſt der Bapſt vber den Keiſer. Wo aber die Oberkeit iſt / da iſt gewalt zu gebieten / Die ander ſind ſchüldig gehorſam zu ſein.
DA her rhümen ſeine Heuchler / Scrinium pectoris / Das alle Rechte in der Laden ſeines Hertzen liegen. Vnd / ſic volo / ſic iubeo / ſit pro ratione voluntas. Vnd Cap. Si Papa / Wenn der Bapſt vnzeliche Seelen zur Hellen verfürte / Noch ſol niemand ſagen / Was thuſtu?
DIs alles iſt nicht allein alſo geleret / ſondern auch im werck geübet vnd getrieben / Denn der Keiſer iſt nicht Keiſer / ſondern der Bapſt / dem er vnterthan als ein Knecht / auch die Füſſe küſſen mus mit allen ſeinen Rechten. Solchs hat auch S. Petrus verkündiget / Das komen würden / die nach jren eigen Lüſten oder willen leben würden. Da mit er dis wort Danielis (was er wil) verkleret. Zum andern.
ER wird ſich erheben vnd auffwerffen / wider alles was Gott iſt / vnd wider den Gott aller Götter wird er grewlich reden / Vnd wird jm gelingen / Bis der zorn aus ſey.
ALſo malet der Babſt auch ſich ſelbs / da er in ſeinen Drecketen rhümet / Er ſey vber die heilige Schrifft / vnd die ſelbige müſſe von ſeinem Stuel beſtettiget vnd jr werd empfahen. Aber viel ſtercker treibt er ſolchs mit der that / Denn alle die jemals wider jn / aus der Schrifft geredt haben / die hat er verflucht / verdampt / verbrand / als Ketzer vnd Teufelskinder / thuts auch noch teglich. Vnd die ſeinen ſchreien noch jtzt vnd jmerdar / Das die Kirche (des Bapſts) vber die Schrifft ſey / Das heiſſt hie Daniel grewlich reden / wider den Gott aller Götter. Vnd iſt jm gelungen / vnd hat müſſen recht heiſſen / durch Gottes zorn / vber die vndanckbarn Welt / wie S. Paulus ij. Theſſ. ij. ſagt / Das Gott krefftige jrrthum ſchicken würde etc.
Bapſt rhümet / Er ſey vber die heilige Schrifft.
Grewlich reden wider den Gott aller Götter etc.
DEnn andere Tyrannen / ſo Gottes wort verfolget / habens aus vnuerſtand gethan / Dieſer thuts wiſſentlich / vnd nennet die heilige Schrifft vnd Gottes wort / darüber er Herr ſein wil / vnd verdamnen als Teufels lere / wo vnd wenn er wil. Da her leſſt er ſich nennen / einen jrdiſchen Gott / Ja Gott aller Götter / Herr aller Herrn / Könige aller Könige. Nicht ein pur Menſchen / ſondern vermiſſcht mit Gott / oder ein göttern Menſchen / Gleich wie Chriſtus ſelbs iſt Gott vnd Menſch / des Vicarius er ſein wil / vnd noch ſich drüber erhebt.
ALſo hat S. Paulus ij. Theſſ. ij. dieſen text Danielis gefürt / Es wird offenbart werden der Menſch der ſünden / vnd Kind des verderbens / Der ſich
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Propheten Daniel.
CVIII.
erhebt vnd ſetzet vber vnd wider alles / das Gott genennet oder geehret wird. Vnd ſitzt im tempel Gottes / vnd zeiget ſich als einen Gott. Denn vber Gottes natürlich weſen vnd Maieſtet kan ſich nichts erheben / Sondern vber den genanten / gepredigten / geehreten Gott / das iſt / vber Gottes wort / vnd Gottesdienſt oder Sacrament.
3. Reg. 12.
DEnn Menſch der ſünde vnd Kind des verderbens heiſſt hie nicht allein / der fur ſich ſelbs ein Sünder vnd verloren iſt / priuatus / ein perſönlicher Sünder / Sondern der ein Publicus / das iſt / der andere mit ſich zur ſünde vnd verderben füret. Wie die Ketzer oder Tirannen Land vnd Leute mit ſich verfüren vnd verderben. Solchen beſchreibt die Schrifft den könig Jerobeam / das er habe Iſrael ſündigen gelert / oder ſündigen gemacht mit ſeinem newen Gottesdinſt.
SOlch Sündenampt / hat der Bapſt auff zweierley weiſe getrieben. Erſtlich / das er viel newer Gottesdienſt auffgericht hat / wie hernach folget in ſeinem Maüſim / Als das Ablas / Weywaſſer / Heiligendienſt / Walfarten / Bruderſchafften / Müncherey / Meſſe / Faſten / Feiren etc. Daneben die rechten Gottesdienſt / als Gottes wort / glauben / Sacrament etc. verſtöret vnd zeſchendet.
Sündenampt des Bapſts etc.
ZVM andern / das er die Chriſten mit vnzelichen Geſetzen vnterdrückt / vnd da mit ſünde geſtifftet / da Gott keine haben wil / Vnd ſumma / faſt an alle Creatur Gottes hat er ſünde geſchmirt / nemlich / Wo vnd wenn er hat gewolt / ſo hat Butter / Eier / Keſe / Milch / Fleiſch eſſen / ſünde müſſen ſein / Die vns doch Gott frey / rein vnd on ſünde zu genieſſen gegeben hat. Alſo hat er die Zeit vnd Tage auch mit ſünden beſchmeiſſt / Denn wo vnd wenn er hat gewolt / ſo hat man müſſen faſten vnd feiren / Vnd hat die ſelbigen zeit vber / allerley Speiſe / auch das liebe Brot eſſen / vnd trincken ſünde müſſen ſein.
ALſo hat er auch die Stete vnd Gerete mit ſünden beſchmeiſſt / Denn die Kirchen vnd geweiheten Stete hat er alſo geheiliget / das man weder ſtein noch holtz ſchier hat thüren anrüren / ſonderlich die Altar vnd Altars gerete. Schrecklich war es / wenn ein Leie mit bloſſer hand den Kelch / Paten / Corporal / anrüret. Wenn mans waſſchen ſolt / thurſte es auch kein heilige Nonne waſſchen / der Prieſter muſte es zuuor waſſchen / So vol Geſetze vnd ſünde ſteckt der Kelch / Paten / Corporal / vnd alles was geweihet war. Alſo muſte die Hochzeit von Gott frey geſtifft / ſünde ſein / wo ſie in verbundner zeit gehalten ward. Auch muſte das Ehebette in ſünden gefangen ſein / welche zeit er wolte.
ALſo beſchmeiſſt er auch die Leibe der Prieſter / Denn das natürliche gewechſe vnd Gottes geſchepffe / das arme har auff dem Heubt muſte ſünde ſein / Platten muſten ſie tragen vnd den Bart abſcheren / ſo waren ſie denn heilig. Vnd ſumma / aller Chriſten Leib vnd Leben muſte vnheilig heiſſen / Seine Geweiheten waren allein heilig. Ich wil ſchweigen / wie leichtlich ein Leie ſich an einem geweiheten Menſchen / Stete oder Gerete vergreiffen konte etc. Alſo beſchmeiſſt er die Kleider auch / Denn welcher Münch oder Nonne nicht jre Kappen vnd ſonderer geſtalt vnd Farbe Kleider trug / der war ein Sünder vnd verloren / Alſo die Prieſter mit jren Kleidern auch.
Leibe der Prieſter.
Geweiheten des Bapſts etc.
Kleider.
ALſo hat er faſt aller Creatur brauch mit ſünden beſchmeiſſt / Eſſen / Trincken / Kleider / Stete / Zeit / Leib vnd Leben. Vnd ſolt er lenger regiert haben / würde er vieleicht auch verboten haben / huſten / rüſpern / rotzen / vnd den wind vom Leib laſſen. Als ſeſſe er darumb da / das er die Chriſtenheit / mit Geſetze / verbot / ſünden vnd verterben muſte zuplagen / durch aller Creatur brauch / vnd darnach geld draus kauffen mit Diſpenſirn etc. Vnd ſolche ſünde vnd grewel haben dazu müſſen heiligkeit vnd ſonderlicher Gottesdienſt heiſſen / wie die Kelber Jerobeam / Solche ſünde vnd verderben meinet S. Paul in dieſem Spruch.
DAS iſts das Daniel ſagt / Et ſetzt ſich wider vnd vber den Gott aller Götter. Denn Gott hat durch Moſe auch Geſetze gegeben / vnd die Jüden mit vielen ſünden beſchweret / da ſonſt keine ſünde natürlich geweſt were / Aber er war Gott / vnd hatte des macht. Dieſer Teuffelskopff vnd vnfletiger Gottesaffe wils jm nach thun / vnd machts weit vber / dazu auch wider den rechten Gott / dem er ſeinen Gottesdienſt zuſtöret / vnd mit ſo vnzelichen Geſetzen / des er nicht macht hat / vnzelige Sünde / durch aller Creatur brauch / durch alle Welt ſtifftet / vnd zeiget ſich hiemit / als ſey er Gott im tempel Gottes / das iſt / in der Chriſtenheit. Solchs alles beweiſen ſeine Drecketen vnd Dreckentale.
DVrch dieſe zwey ſtücke / hat nu der Bapſt zwo Ierarchien verwüſtet / Durch
[108a | 108b]
Vorrede vber den
das Erſte / das weltlich Reicht / Gehorſam vnd Oberkeit vnter ſich getretten / vnd wo er gewolt hat / auffgehaben vnd verwüſtet. Keiſer / Könige / Fürſten abgeſetzt / verflucht verderbt / die Vnterthanen vnd Kinder vom gehorſam verbannet. Vnd Summa / alles gemacht / was vnd wie er gewolt / oder jn gelüſtet hat / keinem Recht noch Geſetz vnterworffen.
I.
Weltlich Recht / Gehorſam vnd Oberkeit hat der Bapſt vnter ſich getretten.
DVrchs ander hat er die Kirchen verſtöret / die heilige Schrifft vnter ſich geworffen / die Sacrament zuriſſen vnd verwüſtet ſampt jrem Brauch / das Euangelium vnterdrückt / Bis mans nicht mehr gekennet hat / Vnd alſo beide Gottes wort vnd Gottesdienſt zu nicht gemacht. Zum dritten.
II.
Kirche durch den Bapſt verſöret etc.
SEiner Veter Gott wird er nichts achten / Er wird weder Frawen liebe noch einiges Gottes achten.
HIe holet er das wider ſo von Gott geſagt iſt / das er mehr dazu thu. Wenn man jm gleich ſagt von ſeiner Veter Gott / das iſt / von Chriſto / den die Apoſtel ſeine Vorfaren / gepredigt haben / So iſt er nu ſo feſt geſeſſen / vber den Gott aller Götter / das ers nicht achten / noch dauon etwas wiſſen wil / Sondern hoffertiglich / ſtoltziglich / halsſtarrig vnd verſtockt / alle die tödtet / die von Chriſto reden.
Der Veter Gott.
VND auff das er nichts vnuerwüſtet laſſe / wird er die dritte Jerarchien Gottes auch zureiſſen / nemlich / den Eheſtand / welchen er nicht allein verboten hat den Geiſtlichen / ſondern auch durch aus verleſtert / geſchendet / veracht vnd zu nicht gemacht / da mit / das ers ein vnrein / fleiſchlich / vngöttlich weſen ſchilt / darin man Gott nicht dienen könne. Vnangeſehen / das Gott den Eheſtand geſegnet / ſeinen Bund vnd wolgefallen heiſſt. Vnd durch vergebung der Sünden das Ehebette rein vnd ehrlich ſpricht / vnd die böſe luſt des Fleiſches darinnen nicht rechen wil. Alſo mus der Endechriſt verfluchen / was Gott ſegenet / Zureiſſen / was Gott zuſamen bindet / Schenden was Gott lobet / Summa / alles vber vnd wider Gott thun / verwüſten vnd verderben.
III.
Eheſtand vom Bapſt zuriſſen / verboten etc.
Eheſtand von Gott geſegnet.
SOlch Ehe verbieten / wird er nicht thun aus liebe zur Keuſcheit / on allein zum ſchein / Sondern das er frey vngehindert thun müge was er wil / vnd niemand vnterthan noch verbunden ſey. Auch den ſchweis der Naſen vnd andere mühe vnd erbeit ſo Gott auff die drey ſeine Stiffte / als Kirchen / Herrſchafft / Eheſtand gelegt hat / nicht tragen dürffe / Sondern frey ſeines willens leben müge / in aller luſt / friede / ſicherheit / muſſe / ehre vnd gewalt.
Creutz ſo Gott auff ſeine drey Stiffte gelegt hat.
DEnn predigen / leren / Kirchendienen / hat viel mühe / fahre vnd vnluſt. Des gleichen die Regiment / ſo im Recht gefaſſet vnd verbunden ſind. Der Eheſtand auch alſo / mit ſorgen / erbeit / fahr / Weibs / Kinder / Geſinds / Haus vnd Hofes. Alſo ſagt auch S. Paulus j. Timoth. iiij. Das die Eheuerbieter in heucheley Lügen reden / Denn ſie meinen nicht die Keuſcheit / ſondern jr faul / ſanfft / ſtill / eigenwilligs Leben. Wie die Münche auch nicht die Welt fliehen vmb Heiligkeit willen / Sondern das ſie Ruge / Friede vnd gut Gemach haben mügen / fur der Welt.
DAS Daniel ſagt / Er werde wider den Gott aller Götter grewlich reden / Item / Er werde keines Gottes achten / als hielte Daniel mehr denn einen Gott. Iſt zuuerſtehen / Das die Schrifft die Heiligen / ja auch wol die weltlichen Herrn / Götter nennet / Pſal. lxxxij. Joh. x. Vnd ſey die meinung / Das der Bapſt weder den höheſten Gott / noch die ſo Er zu Götter geſetzt hat / achten wird / das iſt / weder die heilige Kirche noch weltliche Herrſchafft.
DAS iſt ein ſtück von des Bapſts oder Endechriſts weſen vnd Legenden / ſo Daniel beſchreibet / Wie er alles / was Gott geordent / zureiſſen / zurſtören vnd verwüſten würde. Das ander ſtück iſt / was der Endechriſt / Bapſt / dagegen bawen / anrichten / vnd thun werde / vnd ſpricht.
ABer an desſelben ſtat / wird er ſeinen eigen Gott Maüſim ehren. Denn er wird einen Gott / dauon ſeine Veter nichts gewuſt / ehren / mit Gold / Silber / Edelſteinen / vnd Kleinoten etc.
DAS wort Maüſim iſt biſher vngedeutet blieben / Wir wöllens wagen / obs Gott vns wolt treffen laſſen. Maos heiſſt eigentlich eine ſtercke oder feſte / wie man die Schlöſſer ſtarck vnd feſte heiſſt / Vnd im Pſalter offt / Gott vnſer Maos / ſtercke oder Feſte heiſſt.
Maos.
VND wir verſtehen erſtlich dadurch / die ſteinern Heuſer / ſo man Kirchen nennet vnd was dazu gehöret / Denn ſie ſind köſtlich / feſt vnd herrlich gebawet
Kirchen im Bapſtum feſt vnd herrlich gebawet. etc.
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Propheten Daniel.
CIX.
fur andern Heuſern / wie die Schlöſſer. Das ſind die Stifft vnd Klöſter in aller Welt / Die ſind nicht Gott noch Chriſto zu ehren oder zu dienſt gebawet / Denn er wonet nicht in Heuſern von henden gemacht ſpricht S. Stephanus Act vij. ſondern dem Bapſt. Denn in den ſelben regiert er / vnd treibt ſein Gauckelſpiel mit ſeinem Weywaſſer / Meſſe / Vigilien / Ablas / Fegfewr / vnd des vnzelichen vnzifers viel. Samlet aber drinnen aller Welt / geld / ſilber / edelſtein vnd kleinot / dazu die gantze ſterck vnd macht ſeiner Gottheit / Denn darin leret vnd lebet man nach ſeinem willen vnd Geboten. Vnd er hat ſie auch gar herrlich vnd gewaltig befeſtiget / on harniſch vnd wehre / Allein mit Bullen / Brieuen vnd Siegeln / als ein Zeuberer oder Geugler.
Stiffte vnd Klöſter ſind dem Bapſt / nicht Chriſto gebawet etc.
VND in ſonderheit dienen die Stiffte vnd Klöſter dem Bapſt / Denn in den Pfarrhen hat man ein wenig Gott gedienet / mit Teuffen / Sacrament vnd predigen / Doch iſts auch nicht rein geweſt / Sind dazu noch heutiges tages veracht gegen die Stiffte vnd Klöſter. Aber in Stifften vnd Klöſtern iſts mit aller macht gangen tag vnd nacht / Da ſind nicht Predigheuſer / ſondern Meſſeheuſer / Todten-Heuſer / das iſt / Vigilienheuſer / da mehr fur die Todten geleſen / geplappert / gethan iſt / denn fur die Lebendigen / Item / Löhrheuſer / Heulheuſer / doch auch Goldheuſer / Silberheuſer / Kleinotheuſer.
Stiffte vnd Klöſter dienen dem Bapſt.
Stiffte vnd Klöſter ſind Meſſeheuſer etc.
VND ſonderlich rüret der Engel mit dem wort Maüſim / das gros vnd höchſte ſtück / den ergeſten Kirchengrewel im Bapſtum / die Meſſe / wolt wol gern deutlich ſagen / Seinen Gott der Meſſe / Vnd thut / als verbreche er das wort / Meſſe / im reden williglich / das ers fur groſſem vnwillen nicht mag recht nennen / Meſſe / ſondern ſpricht.
Maüſim.
Meſſe der ergſte grewel im Bapſtum.
MAüſim / Denn was ſind die Stiffte vnd Klöſter anders denn Meſſeheuſer. Vmb der Meſſe willen / als vmbs teglich / heiligſt Opffer ſind ſie gebawet. Vmb der Meſſe willen iſt alles dazu gegeben. Vmb der Meſſe willen ſind alle Ceremonien erdacht. Vmb der Meſſe willen / hat man Schulen gehalten. Auch haben Schüler ſtudirt vmb der Meſſe willen / das ſie Meſſepfaffen würden. Vnd hanget alles Kirchen geprenge an der Meſſe / vnd vmb die Meſſe / wie die Ratten an jrem Könige. Das / wo die Meſſe in der Kirchen nicht iſt (als zur zeit des Interdicts) da ſtehet die Arme Kirche / als were es keine Kirch / ſondern ein wüſter Steinhauff. Solche vmmeſslich Geld vnd vnkoſt iſt auff die Meſſe gangen. Auffs Wort vnd Predigampt hat niemand gedacht noch ſtudirt / Oder je gar wenig / gegen der Meſſe zu rechen / So doch das Wort vnd Predigen ſolt das fürnemeſt vnd faſt gar alles allein ſein.
Stiffte vnd Klöſter vmb der Meſſe willen gebawet etc.
Vnkoſt vnd Geld ſo auff die Meſſe gegangen etc.
WAs iſt denn nu des Bapſts Kirchengott / Meſſegott / oder Gott Maüſim? Es iſt kein Gott / vnd kan kein Gott ſein / Denn dem einigen rechten Gott dienet man mit der Meſſe nicht / ſondern leſtert vnd ſchendet damit vnſern HErrn Jheſum Chriſt (das iſt / Gott den Vater ſelbſt) auff das allergrewlichſt vnd ſchrecklichſt / Als da durch der Glaube vertilget / vnd die Werckheiligkeit an ſeine ſtet iſt auffgericht. Aber weil die Schrifft geſchehen leſſt / das die Götzen auch Götter heiſſen / vnd ein Gott nicht anders iſt / denn das / darauff ſich das menſchlich Hertz verleſſt / vertrawet / gleubt / hoffet vnd liebet / Iſt nu die zuuerſicht recht / ſo iſt der Gott auch recht / Iſt die zuuerſicht falſch / ſo iſt der Gott auch nichts.
Maüſim.
des Bapſts.
Gott dienet man nicht mit der Meſſe etc.
DArumb ſo iſt der Gott Maüſim nichts anders / denn ein falſcher dünckel vnd zuuerſicht des Bapſts vnd der ſeinen / Das die Meſſe vnd Kirchenweſen oder Stiffte ſey ein ſolch groſſer Gottesdienſt / ſolch gros Werck / ſolch gros Opffer / des gleichen nicht iſt noch ſein könne. Auff dieſen dünckel laſſen ſie ſich / vnd tröſten ſich ſein / als were es der rechte Gott ſelbs / vnd ſtehen darauff / das Gott alſo ſey geſinnet / wie dieſer dünckel ſie nerret. Da hilfft der Teufel ſtercken vnd treiben / vnd ſamlen damit aller Welt geld vnd gut zu ſich / vnd endlich das helliſche fewr / mitten in der Helle. Aus dieſem iſt nu leicht zuuerſtehen / das da folget.
Gott Maü
ſim.
VND er wird denen ſo jm helffen ſtercken Maüſim / mit dem frembden Gott / den er erwelet hat / groſſe Ehre thun / Sie zu Herrn machen vber groſſe Güter / vnd das Land zu lohn austeilen.
AVff Deudſch würde Daniel faſt alſo ſagen / Der Bapſt thut alſo / Alle die jm helffen ſein Kirchenweſen / eigen heiligkeit / Gottesdienſt vnd Meſſe ſtercken vnd mehren / die wird er zu groſſen reichen Cardineln / Biſſchouen / Ebten / Pröbſten / Cortiſanen / Thumherrn / Pfaffen / München machen / vnd ſie hoch heben / ſegenen / befreien / vber vnd wider den Leienſtand / vnd alſo der Kirchen güter vnd
[109a | 109b]
Vorrede vber den
Land vnter ſie teilen zu lohn. Da zu jnen allein das Himelreich verheiſſen / von denen es die andern Chriſten müſſen mit gold / ſilber vnd kleinoten / ſeinem Meſſegott vnd Kirchengott zu ehren vnd zu mehren / abkeuffen.
Das iſt des Bapſts Legenden von Daniel kurtz / Aber mit rechten worten abgemalet / wie es in ſeinen rechten krefften im ſchwang gangen vnd geſtanden iſt.
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1) lat.:solite.
dt.: »Gewohnheiten «
Und Cap. solite /
»Und Gebrauch (der) Gewohnheiten:«
2) lat.: Scrinium pectoris
dt.: »Schrein des Herzens« oder »Schrank des Herzens« oder »Kasten des Herzens«
Scrinium pectoris war ein Ausdruck des Kirchenrechts der römisch-katholischen Kirche. Dem Papst stand das Recht zu, anders zu entscheiden als es das geistliche Recht forderte. Begründet wurde es in der Annahme eines exklusiven Geschehens: Das Herz des Papstes wurde vom heiligen Geist gelenkt. Es konnten demnach in scrinio pectoris, »im Kasten seines Herzens« (wie Luther sagen würde) Beweggründe für Entscheidungen verborgen sein, die über alle kirchliche und geistliche Rechtsprechsprechung erhaben sind.
Der Begriff wurde auch als Redensart gebraucht, um auszudrücken, dass der Papst in seinem Kopf oder Herz etwas verborgen und aufgeschoben habe, um es bekannt zu geben oder umzusetzen, wenn ihm danach ist.
Durch dieses Willkürrecht wurde nicht selten das Recht verdreht: aus Recht wurde Unrecht, aus Unrecht wurde Recht durch päpstliche Entscheidung.
3) lat.:sic volo, sic iubeo, sit pro ratione voluntas.
dt.: »So will ich es, so befehle ich es, als Grund genügt (mein) Wille. «
Die ist ein Zitat aus den Schriften des römischen Satirikers Juvenal (58-140 n. Chr.) (Satiren VI, 223). Oft in der Kurzform: sic volo, sic iubeo (»So will ich es, so befehle ich es!«)
Luther nutzt dieses Zitat, um die Willkür der Vorgehensweise des Papstes zu unterstreichen, der nach Gutdünken entscheidet und handelt.
4) lat.:si papa
dt.: »wenn der Papst«
Vnd Cap. Si Papa /
»Und "Handhabe, wenn der Papst [es so bestimmt]":« (päpstliche Verordnung).
5) lat.:Vicarius
dt.: »Stellvertreter «
6) lat.:privatus
dt.: »persönlich «
7) lat.:Publicus
dt.: »öffentliche Person«, »Beamter«
8) lat.:summa
dt.: »der Hauptpunkt«, »die Hauptsache«
9) Kirchenbegriffe.:Kelch / Paten / Corporal
Die Ausstattung für die Eucharistiefeier (Abendmahl) in der katholischen Kirche. Kelch und Patene ( Paten; Hostienschale) werden auf die Korporale (Corporal; kleines, weißes Leinentuch) gestellt.
10) Kirchenbegriff.:Diſpenſirn
Die Dispens ist im Kirchenrecht die Befreiung von einem Verbot oder Gebot.
Luther beklagt hier, dass den Menschen viele Gebote und Verbote auferlegt werden, gegen die sie aus der Natur der Sache heraus zwangsläufig verstossen müssen, um ihnen dann gegen Geld Dispens zu erteilen.
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Kürzel | Bezeichnung in Luthers Biblia 1545 | Moderne Bibel | Kürzel |
Dan. | Der Prophet Daniel.Biblia Vulgata: | Der Prophet Daniel Das Buch Daniel | Dan Dan Dan |
3. Reg. | 1. Buch von den Königen. | Das erste Buch der Könige Das 1. Buch der Könige | 1. Kön 1 Kön 1Kon |
Pſal. | Der Pſalter.Biblia Vulgata: | Der Psalter Die Psalmen Das Buch der Psalmen | Ps Ps Ps |
Joh. | Euangelium S. Johannis.Biblia Vulgata: | Das Evangelium nach Johannes Johannesevangelium | Joh Joh Joh |
Ac. | Der Apoſteln Geſchicht / beſchrieben von S. Lucas.Biblia Vulgata: | Die Apostelgeschichte des Lukas Apostelgeschichte | Apg Apg Apg |
2.Theſ. | Die ander Epiſtel S. Pauli: An die Theſſalonicher.Biblia Vulgata: | Der zweite Brief des Paulus an die Thessalonicher 2. Thessalonicherbrief | 2. Thess 2 Thess 2Thess |
1.Tim. | Die erſte Epiſtel S. Pauli: An Timotheum.Biblia Vulgata: | Der erste Brief des Paulus an Timotheus 1. Timotheusbrief | 1. Tim 1 Tim 1Tim |
Erläuterungen siehe Liste der Abkürzungen und Namen biblischer Bücher | |||
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Luther widmet den Prophetenbüchern eine umfangreiche Vorrede. Diese Bücher seien reich an Predigten und Beispielen für christliches Leben, und sie weissagen die Ankunft Christi.