Dr. Martin Luther

Vorrede zum Buch des Propheten Daniel, Abschnitt 7

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Die Lutherbibel von 1545

 

Die Texte der Lutherbibel von 1545 in Frakturschrift

Das Alte Testament

Die Bücher der Propheten

 

Biblia
 

Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545

Der Prophet Daniel

Dr. Martin Luthers Vorrede

 

Teil 7 von 10

 
 

 

 

 

 

D. Mart. Luth.

 

Vórrede vber den Própheten
Daniel D. Mart. Luther.

 

 

 

 

[107a]

 

 

TEIL 7 VON 10

 

 

ZU KAPITEL XII. | TEIL 1
→Dan 11,36-39

 

 

Das Kapitel XII erklärt die Zusammenhänge mit der Gegenwart

 

DAS xij. Cap. wie es alle Lerer ein­trech­tig auslegen / ge­het gantz vnd gar / vn­ter Antiochus namen auff den En­de­chriſt / vnd auff die­ſe letzte zeit / da wir innen leben. Da­r­umb iſt hie keine Hiſtorien mehr zu ſu­chen / Son­dern das helle Euan­ge­li­um zeigt vnd ſagt jtzt einem jedern wol / Wer der rechte Antiochus ſey / der ſich vber alle Götter erhaben hat / vnd Frawenliebe / das iſt / den Eheſtand nicht geacht / ſon­dern verboten / Vnd dafur / die Welt mit ſei­nes Gottes

 

 

 

 

[107a | 107b]

 

 

Vorrede vber den

 

 

Abgötterey / dazu mit fleiſchlicher vnzucht / erfüllet hat / vnd die Schetze vnd Güter auff Erden austeilet etc. Denn Frawenliebe / heiſſt hie nicht die vnzüchtige lie­be / ſon­dern mus die ehrliche / züchtige Liebe zu weibern hei­ſſen / die Gott geſchaffen vnd geboten hat / nem­lich / die Eheliche / weil der Prophet alhie / das fur der fürnemeſten Laſter eines des En­de­chriſts rechnet / das er die lie­be zun Frawen nicht achtet.

 

 

 

Frawenliebe

 

 

Luther sieht sich wi­der Willen in der Pflicht, in seiner Auslegung dieses Kapitels heikle Themen anzusprechen

 

WIR het­ten aber wol gern geſehen / das jemand anders ſich des Capitels het­te angenomen / vnd durch aus verkleret / zu ſtercken vn­ſern Glauben / vnd zu erwecken die Hoffnung gegen dem ſe­ligen Tage vn­ſer Erlöſung / der nu mehr gewiſlich fur der Thür iſt / als die­ſer Text gibt. Weil das nicht ge­ſche­hen / wöl­len wir hie mit andern vrſach geben weiter vnd beſ­ſer nach zu dencken.

 

ERſtlich / ſtehen da die hellen wort am ende des xj. Cap. Das nach dem Antiocho / ſey noch ein andere zeit / Das man dis xij. Cap. nicht kan von Antiocho verſtehen / weil es ein andere zeit ſein ſol. Vnd was in der ſelben andern zeit ge­ſche­hen ſol / verkündigt der Engel / vnd ſpricht.

 

 

Über die Willkür des Königs

 

DER König wird thun was er wil.

→Dan 11,36a

DAS iſt / Er wird keinem Recht noch Lere vn­ter­worf­fen ſein / Son­dern er wird ſelbs das Recht ſein / vnd was er wil / das wird müſſen recht hei­ſſen. Nu iſt in allen Königreichen ſolcher König ein vnleidlicher Tyrann / Aber im Reich Chri­ſti (dauon er jtzt redet) da man Chri­ſto durch den glauben mus gehorſam ſein / ſol ſolcher Tyrann zu grund nichts ſein.

 

 

Luther bezieht den Text auf den Papst und das Papsttum

 

HIe iſt klerlich der Bapſt abgemalet / der in ſei­nen Drecketen vnuerſchampt brüllet / Das alle Kirchen vnd Thro­nen von jm gerichtet / Er aber von niemand könne gerichtet wer­den. Vnd Cap. Solite / Wie die Sonne vber den Mond / So iſt der Bapſt vber den Keiſer. Wo aber die Oberkeit iſt / da iſt gewalt zu gebieten / Die ander ſind ſchüldig gehorſam zu ſein.

Brüllen des Bapſt in ſei­nen Drecketen.

 

→*1)

 

DA her rhümen ſei­ne Heuchler / Scrinium pectoris / Das alle Rechte in der Laden ſei­nes Her­tzen liegen. Vnd / ſic volo / ſic iubeo / ſit pro ratione voluntas. Vnd Cap. Si Papa / Wenn der Bapſt vnzeliche Seelen zur Hellen verfürte / Noch ſol niemand ſa­gen / Was thuſtu?

Scrinium pectoris etc. Cap. Si papa.

→*2)

→*3)

→*4)

 

 

 

 

 

 

→2. Pet. 2.

DIs alles iſt nicht allein al­ſo geleret / ſon­dern auch im werck geübet vnd getrieben / Denn der Keiſer iſt nicht Keiſer / ſon­dern der Bapſt / dem er vn­ter­than als ein Knecht / auch die Füſſe küſſen mus mit allen ſei­nen Rechten. Solchs hat auch S. Petrus verkündiget / Das komen würden / die nach jren eigen Lüſten oder willen leben würden. Da mit er dis wort Danielis (was er wil) verkleret. Zum andern.

 

ER wird ſich erheben vnd auffwerffen / wi­der alles was Gott iſt / vnd wi­der den Gott aller Götter wird er grewlich reden / Vnd wird jm gelingen / Bis der zorn aus ſey.

→Dan 11,36b

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

→2.Theſſ. 2.

ALſo malet der Babſt auch ſich ſelbs / da er in ſei­nen Drecketen rhümet / Er ſey vber die heilige Schrifft / vnd die ſelbige müſſe von ſei­nem Stuel beſtettiget vnd jr werd emp­fa­hen. Aber viel ſtercker treibt er ſolchs mit der that / Denn alle die jemals wi­der jn / aus der Schrifft ge­redt haben / die hat er verflucht / verdampt / verbrand / als Ketzer vnd Teu­fels­kin­der / thuts auch noch teg­lich. Vnd die ſei­nen ſchrei­en noch jtzt vnd jmerdar / Das die Kirche (des Bapſts) vber die Schrifft ſey / Das heiſſt hie Daniel grewlich reden / wi­der den Gott aller Götter. Vnd iſt jm gelungen / vnd hat müſſen recht hei­ſſen / durch Got­tes zorn / vber die vndanckbarn Welt / wie S. Paulus ij. Theſſ. ij. ſagt / Das Gott kreff­ti­ge jrrthum ſchicken würde etc.

Bapſt rhümet / Er ſey vber die hei­lige Schrifft.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Grewlich reden wi­der den Gott al­ler Götter etc.

 

DEnn andere Tyrannen / ſo Got­tes wort verfolget / habens aus vnuerſtand ge­than / Die­ſer thuts wi­ſſentlich / vnd nennet die heilige Schrifft vnd Got­tes wort / da­r­ü­ber er Herr ſein wil / vnd ver­dam­nen als Teufels lere / wo vnd wenn er wil. Da her leſſt er ſich nennen / einen jrdiſchen Gott / Ja Gott aller Götter / Herr aller Herrn / Könige aller Könige. Nicht ein pur Men­ſchen / ſon­dern vermiſſcht mit Gott / oder ein göttern Men­ſchen / Gleich wie Chri­ſtus ſelbs iſt Gott vnd Menſch / des Vicarius er ſein wil / vnd noch ſich drüber erhebt.

 

 

 

 

 

 

 

Leſterliche Na­men vnd Ti­tel / ſo der Bapſt füret.

 

 

 

 

→*5)

ALſo hat S. Paulus ij. Theſſ. ij. die­ſen text Danielis gefürt / Es wird offenbart wer­den der Menſch der ſünden / vnd Kind des verderbens / Der ſich

 

 

 

 

[107b | 108a]

 

 

Propheten Daniel.

CVIII.

 

 

erhebt vnd ſetzet vber vnd wi­der alles / das Gott genennet oder geehret wird. Vnd ſitzt im tempel Got­tes / vnd zeiget ſich als einen Gott. Denn vber Got­tes natürlich we­ſen vnd Maieſtet kan ſich nichts erheben / Son­dern vber den genanten / gepre­dig­ten / geehreten Gott / das iſt / vber Got­tes wort / vnd Got­tes­dienſt oder Sacrament.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

3. Reg. 12.

DEnn Menſch der ſünde vnd Kind des verderbens heiſſt hie nicht allein / der fur ſich ſelbs ein Sünder vnd verloren iſt / priuatus / ein perſönlicher Sünder / Son­dern der ein Publicus / das iſt / der andere mit ſich zur ſünde vnd verderben füret. Wie die Ketzer oder Tirannen Land vnd Leu­te mit ſich verfüren vnd verderben. Solchen beſchreibt die Schrifft den könig Je­ro­be­am / das er habe Iſ­ra­el ſün­di­gen gelert / oder ſün­di­gen gemacht mit ſei­nem newen Gottesdinſt.

Menſch der Sün­de etc.

 

→*6)

→*7)

 

 

 

 

 

Je­ro­be­am.

 

 

Über das Sündenampt des Papstes: Zerstörung des rechten Gottesdienstes und Unterdrückung der Christen

 

SOlch Sündenampt / hat der Bapſt auff zwei­er­ley weiſe getrieben. Erſtlich / das er viel newer Got­tes­dienſt auffgericht hat / wie hernach folget in ſei­nem Maüſim / Als das Ablas / Weywa­ſſer / Heiligendienſt / Walfarten / Bruderſchafften / Müncherey / Meſſe / Faſten / Feiren etc. Daneben die rechten Got­tes­dienſt / als Got­tes wort / glauben / Sacrament etc. ver­ſtö­ret vnd zeſchendet.

Sündenampt des Bapſts etc.

 

ZVM andern / das er die Chri­ſ­ten mit vnzelichen Ge­ſe­tzen vnterdrückt / vnd da mit ſünde geſtifftet / da Gott keine haben wil / Vnd ſumma / faſt an alle Creatur Got­tes hat er ſünde geſchmirt / nem­lich / Wo vnd wenn er hat gewolt / ſo hat Butter / Eier / Keſe / Milch / Fleiſch eſſen / ſünde müſſen ſein / Die vns doch Gott frey / rein vnd on ſünde zu genieſſen gegeben hat. Al­ſo hat er die Zeit vnd Tage auch mit ſünden beſchmeiſſt / Denn wo vnd wenn er hat gewolt / ſo hat man müſſen faſten vnd feiren / Vnd hat die ſel­bi­gen zeit vber / al­ler­ley Speiſe / auch das lie­be Brot eſſen / vnd trin­cken ſünde müſſen ſein.

Bapſt hat alle Creatur mit ſün­den beſchmeiſſt.

→*8)

 

 

 

 

 

Zeit vnd Tage.

 

ALſo hat er auch die Stete vnd Gerete mit ſünden beſchmeiſſt / Denn die Kirchen vnd geweiheten Stete hat er al­ſo geheiliget / das man weder ſtein noch holtz ſchier hat thüren anrüren / ſon­der­lich die Altar vnd Altars gerete. Schrecklich war es / wenn ein Leie mit bloſſer hand den Kelch / Paten / Corporal / anrüret. Wenn mans waſſchen ſolt / thurſte es auch kein heilige Nonne waſſchen / der Prie­ſter muſte es zuuor waſſchen / So vol Ge­ſe­tze vnd ſünde ſteckt der Kelch / Paten / Corporal / vnd alles was geweihet war. Al­ſo muſte die Hochzeit von Gott frey geſtifft / ſünde ſein / wo ſie in verbundner zeit gehalten ward. Auch muſte das Ehebette in ſünden gefangen ſein / welche zeit er wolte.

Stete vnd Gerete etc.

 

 

 

 

 

 

→*9)

 

 

 

→*9)

 

Hochzeit.

Ehebette.

 

ALſo beſchmeiſſt er auch die Leibe der Prie­ſter / Denn das natürliche gewechſe vnd Got­tes geſchepffe / das arme har auff dem Heubt muſte ſünde ſein / Platten muſten ſie tragen vnd den Bart abſcheren / ſo waren ſie denn heilig. Vnd ſumma / aller Chri­ſ­ten Leib vnd Leben muſte vnheilig hei­ſſen / Seine Geweiheten waren allein heilig. Ich wil ſchwei­gen / wie leichtlich ein Leie ſich an einem geweiheten Men­ſchen / Stete oder Gerete vergreiffen konte etc. Al­ſo beſchmeiſſt er die Kleider auch / Denn welcher Münch oder Nonne nicht jre Kappen vnd ſonderer geſtalt vnd Farbe Kleider trug / der war ein Sünder vnd verloren / Al­ſo die Prie­ſter mit jren Kleidern auch.

Leibe der Prie­ſter.

 

 

 

 

 

 

 

 

Geweiheten des Bapſts etc.

 

 

 

Kleider.

 

ALſo hat er faſt aller Creatur brauch mit ſünden beſchmeiſſt / Eſſen / Trincken / Kleider / Stete / Zeit / Leib vnd Leben. Vnd ſolt er lenger regiert haben / würde er vieleicht auch verboten haben / huſten / rüſpern / rotzen / vnd den wind vom Leib la­ſſen. Als ſeſſe er da­r­umb da / das er die Chri­ſ­ten­heit / mit Ge­ſe­tze / verbot / ſünden vnd verterben muſte zuplagen / durch aller Creatur brauch / vnd dar­nach geld draus kauffen mit Diſpenſirn etc. Vnd ſolche ſünde vnd grewel haben dazu müſſen heiligkeit vnd ſon­der­licher Got­tes­dienſt hei­ſſen / wie die Kelber Je­ro­be­am / Solche ſünde vnd verderben mei­net S. Paul in die­ſem Spruch.

 

 

 

 

 

 

 

 

→*10)

 

DAS iſts das Daniel ſagt / Et ſetzt ſich wi­der vnd vber den Gott aller Götter. Denn Gott hat durch Moſe auch Ge­ſe­tze gegeben / vnd die Jü­den mit vielen ſünden be­ſchwe­ret / da ſonſt keine ſünde natürlich geweſt we­re / Aber er war Gott / vnd hatte des macht. Die­ſer Teuffelskopff vnd vnfletiger Gottesaffe wils jm nach thun / vnd machts weit vber / dazu auch wi­der den rechten Gott / dem er ſei­nen Got­tes­dienſt zuſtöret / vnd mit ſo vnzelichen Ge­ſe­tzen / des er nicht macht hat / vnzelige Sünde / durch aller Creatur brauch / durch alle Welt ſtifftet / vnd zeiget ſich hiemit / als ſey er Gott im tempel Got­tes / das iſt / in der Chri­ſ­ten­heit. Solchs alles beweiſen ſei­ne Drecketen vnd Dreckentale.

 

 

Über die Methoden des Papstes, sich über Recht, Obrigkeit und die heilige Schrift hinwegzusetzen

 

DVrch die­ſe zwey ſtücke / hat nu der Bapſt zwo Ierarchien ver­wü­ſtet / Durch

 

 

 

 

[108a | 108b]

 

 

Vorrede vber den

 

 

das Erſte / das weltlich Reicht / Gehorſam vnd Oberkeit vn­ter ſich getretten / vnd wo er gewolt hat / auffgehaben vnd ver­wü­ſtet. Keiſer / Könige / Für­ſten abgeſetzt / verflucht verderbt / die Vnterthanen vnd Kinder vom gehorſam verbannet. Vnd Summa / alles gemacht / was vnd wie er gewolt / oder jn gelüſtet hat / keinem Recht noch Ge­ſetz vn­ter­worf­fen.

I.

Weltlich Recht / Gehorſam vnd Oberkeit hat der Bapſt vn­ter ſich getretten.

 

DVrchs ander hat er die Kirchen ver­ſtö­ret / die heilige Schrifft vn­ter ſich geworffen / die Sacrament zuriſſen vnd ver­wü­ſtet ſampt jrem Brauch / das Euan­ge­li­um vnterdrückt / Bis mans nicht mehr gekennet hat / Vnd al­ſo beide Got­tes wort vnd Got­tes­dienſt zu nicht gemacht. Zum dritten.

II.

Kirche durch den Bapſt verſöret etc.

 

 

Über die Missachtung Got­tes durch den Papst

 

SEiner Ve­ter Gott wird er nichts achten / Er wird weder Frawen lie­be noch einiges Got­tes achten.

→Dan 11,37a

 

HIe holet er das wi­der ſo von Gott geſagt iſt / das er mehr dazu thu. Wenn man jm gleich ſagt von ſei­ner Ve­ter Gott / das iſt / von Chri­ſto / den die Apoſtel ſei­ne Vorfaren / gepredigt haben / So iſt er nu ſo feſt geſeſſen / vber den Gott aller Götter / das ers nicht achten / noch dauon et­was wi­ſſen wil / Son­dern hoffertiglich / ſtoltziglich / halsſtarrig vnd verſtockt / alle die töd­tet / die von Chri­ſto reden.

 

 

 

Der Ve­ter Gott.

 

 

Über den Ehestand und die falsche Keuschheit

 

VND auff das er nichts vnuerwü­ſtet laſſe / wird er die dritte Jerarchien Got­tes auch zureiſſen / nem­lich / den Eheſtand / welchen er nicht allein verboten hat den Geiſtlichen / ſon­dern auch durch aus verleſtert / geſchendet / veracht vnd zu nicht gemacht / da mit / das ers ein vnrein / fleiſchlich / vngöttlich we­ſen ſchilt / darin man Gott nicht dienen könne. Vnan­ge­ſe­hen / das Gott den Eheſtand geſegnet / ſei­nen Bund vnd wolgefallen heiſſt. Vnd durch vergebung der Sünden das Ehebette rein vnd ehrlich ſpricht / vnd die bö­ſe luſt des Fleiſches darinnen nicht rechen wil. Al­ſo mus der En­de­chriſt verfluchen / was Gott ſegenet / Zureiſſen / was Gott zu­ſa­men bindet / Schenden was Gott lobet / Summa / alles vber vnd wi­der Gott thun / ver­wü­ſten vnd verderben.

III.

Eheſtand vom Bapſt zuriſſen / verboten etc.

 

 

 

 

 

 

Eheſtand von Gott geſegnet.

 

SOlch Ehe verbieten / wird er nicht thun aus lie­be zur Keuſcheit / on allein zum ſchein / Son­dern das er frey vngehindert thun müge was er wil / vnd niemand vn­ter­than noch verbunden ſey. Auch den ſchweis der Naſen vnd andere mühe vnd erbeit ſo Gott auff die drey ſei­ne Stiffte / als Kirchen / Herrſchafft / Eheſtand gelegt hat / nicht tragen dürffe / Son­dern frey ſei­nes willens leben müge / in aller luſt / friede / ſicherheit / muſſe / ehre vnd gewalt.

Creutz ſo Gott auff ſei­ne drey Stiffte gelegt hat.

 

 

 

 

 

 

 

 

→1.Tim. 4.

DEnn predigen / leren / Kirchendienen / hat viel mühe / fahre vnd vnluſt. Des gleichen die Regiment / ſo im Recht gefaſſet vnd verbunden ſind. Der Eheſtand auch al­ſo / mit ſorgen / erbeit / fahr / Weibs / Kinder / Geſinds / Haus vnd Hofes. Al­ſo ſagt auch S. Paulus j. Timoth. iiij. Das die Eheuerbieter in heucheley Lügen reden / Denn ſie mei­nen nicht die Keuſcheit / ſon­dern jr faul / ſanfft / ſtill / eigenwilligs Leben. Wie die Münche auch nicht die Welt fliehen vmb Heiligkeit willen / Son­dern das ſie Ruge / Friede vnd gut Gemach haben mügen / fur der Welt.

 

 

Über die Selbstverherrlichung der Kirche

 

 

 

 

 

 

 

 

→Pſal. 82.

→Joh.10.

DAS Daniel ſagt / Er wer­de wi­der den Gott aller Götter grewlich reden / Item / Er wer­de keines Got­tes achten / als hielte Daniel mehr denn einen Gott. Iſt zuuerſtehen / Das die Schrifft die Heiligen / ja auch wol die weltlichen Herrn / Götter nennet / Pſal. lxxxij. Joh. x. Vnd ſey die meinung / Das der Bapſt weder den höheſten Gott / noch die ſo Er zu Götter geſetzt hat / achten wird / das iſt / weder die heilige Kirche noch weltliche Herrſchafft.

 

DAS iſt ein ſtück von des Bapſts oder En­de­chriſts we­ſen vnd Legenden / ſo Daniel beſchreibet / Wie er alles / was Gott geordent / zureiſſen / zurſtören vnd ver­wü­ſten würde. Das ander ſtück iſt / was der En­de­chriſt / Bapſt / dagegen bawen / anrichten / vnd thun wer­de / vnd ſpricht.

 

ABer an des­ſel­ben ſtat / wird er ſei­nen eigen Gott Maüſim ehren. Denn er wird einen Gott / dauon ſei­ne Ve­ter nichts gewuſt / ehren / mit Gold / Silber / Edelſteinen / vnd Kleinoten etc.

→Dan 11,38

 

DAS wort Maüſim iſt biſher vngedeutet blieben / Wir wöl­lens wagen / obs Gott vns wolt treffen la­ſſen. Maos heiſſt eigentlich eine ſtercke oder feſte / wie man die Schlöſſer ſtarck vnd feſte heiſſt / Vnd im Pſalter offt / Gott vn­ſer Maos / ſtercke oder Feſte heiſſt.

 

 

 

Maos.

 

VND wir verſtehen erſtlich dadurch / die ſteinern Heuſer / ſo man Kirchen nennet vnd was dazu ge­hö­ret / Denn ſie ſind köſtlich / feſt vnd herrlich gebawet

Kirchen im Bap­ſtum feſt vnd herr­lich gebawet. etc.

 

 

 

 

[108b | 109a]

 

 

Propheten Daniel.

CIX.

 

 

fur andern Heuſern / wie die Schlöſſer. Das ſind die Stifft vnd Klöſter in aller Welt / Die ſind nicht Gott noch Chri­ſto zu ehren oder zu dienſt gebawet / Denn er wonet nicht in Heuſern von henden gemacht ſpricht S. Stephanus Act vij. ſon­dern dem Bapſt. Denn in den ſelben regiert er / vnd treibt ſein Gauckelſpiel mit ſei­nem Weywa­ſſer / Meſſe / Vigilien / Ablas / Fegfewr / vnd des vnzelichen vnzifers viel. Samlet aber drinnen aller Welt / geld / ſilber / edelſtein vnd kleinot / dazu die gantze ſterck vnd macht ſei­ner Gottheit / Denn darin leret vnd lebet man nach ſei­nem willen vnd Geboten. Vnd er hat ſie auch gar herrlich vnd gewaltig befeſtiget / on har­niſch vnd wehre / Allein mit Bullen / Brieuen vnd Siegeln / als ein Zeuberer oder Geugler.

 

Stiffte vnd Klö­ſter ſind dem Bapſt / nicht Chri­ſto gebawet etc.

 

VND in ſonderheit dienen die Stiffte vnd Klöſter dem Bapſt / Denn in den Pfarrhen hat man ein wenig Gott gedienet / mit Teuffen / Sacrament vnd predigen / Doch iſts auch nicht rein geweſt / Sind dazu noch heutiges ta­ges veracht gegen die Stiffte vnd Klöſter. Aber in Stifften vnd Klöſtern iſts mit aller macht gangen tag vnd nacht / Da ſind nicht Predigheuſer / ſon­dern Meſſeheuſer / Tod­ten-Heuſer / das iſt / Vigilienheuſer / da mehr fur die Tod­ten geleſen / geplappert / ge­than iſt / denn fur die Lebendigen / Item / Löhrheuſer / Heulheuſer / doch auch Goldheuſer / Silberheuſer / Kleinotheuſer.

Stiffte vnd Klö­ſter dienen dem Bapſt.

 

 

Stiffte vnd Klö­ſter ſind Meſſe­heuſer etc.

 

 

Über die Messe als das größte Übel im Papsttum

 

VND ſon­der­lich rü­ret der Engel mit dem wort Maüſim / das gros vnd höchſte ſtück / den ergeſten Kirchengrewel im Bapſtum / die Meſſe / wolt wol gern deutlich ſa­gen / Seinen Gott der Meſſe / Vnd thut / als verbreche er das wort / Meſſe / im reden wil­lig­lich / das ers fur gro­ſſem vnwillen nicht mag recht nennen / Meſſe / ſon­dern ſpricht.

Maüſim.

Meſſe der ergſte grewel im Bap­ſtum.

 

MAüſim / Denn was ſind die Stiffte vnd Klöſter anders denn Meſſeheuſer. Vmb der Meſſe willen / als vmbs teg­lich / heiligſt Opf­fer ſind ſie gebawet. Vmb der Meſſe willen iſt alles dazu gegeben. Vmb der Meſſe willen ſind alle Ceremonien erdacht. Vmb der Meſſe willen / hat man Schulen gehalten. Auch haben Schüler ſtudirt vmb der Meſſe willen / das ſie Meſſepfaffen würden. Vnd hanget alles Kirchen geprenge an der Meſſe / vnd vmb die Meſſe / wie die Ratten an jrem Könige. Das / wo die Meſſe in der Kirchen nicht iſt (als zur zeit des Interdicts) da ſtehet die Arme Kirche / als we­re es keine Kirch / ſon­dern ein wü­ſter Steinhauff. Solche vmmeſſlich Geld vnd vnkoſt iſt auff die Meſſe gangen. Auffs Wort vnd Predigampt hat niemand gedacht noch ſtudirt / Oder je gar wenig / gegen der Meſſe zu rechen / So doch das Wort vnd Predigen ſolt das fürnemeſt vnd faſt gar alles allein ſein.

 

 

 

 

 

Stiffte vnd Klö­ſter vmb der Meſ­ſe willen gebawet etc.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vnkoſt vnd Geld ſo auff die Meſſe gegangen etc.

 

WAs iſt denn nu des Bapſts Kirchengott / Meſſegott / oder Gott Maüſim? Es iſt kein Gott / vnd kan kein Gott ſein / Denn dem einigen rechten Gott dienet man mit der Meſſe nicht / ſon­dern leſtert vnd ſchendet damit vn­ſern HErrn Jhe­ſum Chriſt (das iſt / Gott den Va­ter ſelbſt) auff das allergrewlichſt vnd ſchrecklichſt / Als da durch der Glaube vertilget / vnd die Werckheiligkeit an ſei­ne ſtet iſt auffgericht. Aber weil die Schrifft ge­ſche­hen leſſt / das die Götzen auch Götter hei­ſſen / vnd ein Gott nicht anders iſt / denn das / darauff ſich das menſchlich Hertz verleſſt / vertrawet / gleubt / hoffet vnd lie­bet / Iſt nu die zuuerſicht recht / ſo iſt der Gott auch recht / Iſt die zuuerſicht falſch / ſo iſt der Gott auch nichts.

 

Maüſim.

des Bapſts.

 

Gott dienet man nicht mit der Me­ſſe etc.

 

DArumb ſo iſt der Gott Maüſim nichts anders / denn ein falſcher dünckel vnd zuuerſicht des Bapſts vnd der ſei­nen / Das die Meſſe vnd Kirchenwe­ſen oder Stiffte ſey ein ſolch gro­ſſer Got­tes­dienſt / ſolch gros Werck / ſolch gros Opf­fer / des gleichen nicht iſt noch ſein könne. Auff die­ſen dünckel la­ſſen ſie ſich / vnd tröſten ſich ſein / als we­re es der rechte Gott ſelbs / vnd ſtehen darauff / das Gott al­ſo ſey geſinnet / wie die­ſer dünckel ſie nerret. Da hilfft der Teufel ſtercken vnd treiben / vnd ſamlen damit aller Welt geld vnd gut zu ſich / vnd endlich das helliſche fewr / mitten in der Helle. Aus die­ſem iſt nu leicht zuuerſtehen / das da folget.

Gott Maü

ſim.

 

VND er wird denen ſo jm helf­fen ſtercken Maüſim / mit dem frembden Gott / den er erwelet hat / gro­ſſe Ehre thun / Sie zu Herrn machen vber gro­ſſe Güter / vnd das Land zu lohn austeilen.

→Dan 11,39

 

AVff Deudſch würde Daniel faſt al­ſo ſa­gen / Der Bapſt thut al­ſo / Alle die jm helf­fen ſein Kirchenwe­ſen / eigen heiligkeit / Got­tes­dienſt vnd Meſſe ſtercken vnd mehren / die wird er zu gro­ſſen reichen Cardineln / Biſſchouen / Ebten / Pröbſten / Cortiſanen / Thumherrn / Pfaffen / München machen / vnd ſie hoch heben / ſegenen / befreien / vber vnd wi­der den Leienſtand / vnd al­ſo der Kirchen güter vnd

 

 

 

 

[109a | 109b]

 

 

Vorrede vber den

 

 

Land vn­ter ſie teilen zu lohn. Da zu jnen allein das Hi­mel­reich ver­hei­ſſen / von denen es die andern Chri­ſ­ten müſſen mit gold / ſilber vnd kleinoten / ſei­nem Meſſegott vnd Kirchengott zu ehren vnd zu mehren / abkeuffen.

 

 

Luthers Fazit über die Bedeutung des der ersten Verse des Kapitels XII (Dan 11,36-39)

 

Das iſt des Bapſts Legenden von Daniel kurtz / Aber mit rechten wor­ten abgemalet / wie es in ſei­nen rechten krefften im ſchwang gangen vnd geſtanden iſt.

 

 

 

 

1) lat.:solite.

dt.: »Gewohnheiten «

Und Cap. solite /

»Und Gebrauch (der) Gewohnheiten:«

 

 

2) lat.: Scrinium pectoris

dt.: »Schrein des Herzens« oder »Schrank des Herzens« oder »Kasten des Herzens«

Scrinium pectoris war ein Ausdruck des Kirchenrechts der römisch-katholischen Kirche. Dem Papst stand das Recht zu, anders zu entscheiden als es das geistliche Recht forderte. Begründet wurde es in der Annahme eines exklusiven Geschehens: Das Herz des Papstes wurde vom heiligen Geist gelenkt. Es konnten demnach in scrinio pectoris, »im Kasten seines Herzens« (wie Luther sagen würde) Beweggründe für Entscheidungen verborgen sein, die über alle kirchliche und geistliche Rechtsprechsprechung erhaben sind.

Der Begriff wurde auch als Redensart gebraucht, um auszudrücken, dass der Papst in seinem Kopf oder Herz et­was verborgen und aufgeschoben habe, um es bekannt zu geben oder umzusetzen, wenn ihm danach ist.

Durch dieses Willkürrecht wurde nicht selten das Recht verdreht: aus Recht wurde Unrecht, aus Unrecht wurde Recht durch päpstliche Entscheidung.

 

 

3) lat.:sic volo, sic iubeo, sit pro ratione voluntas.

dt.: »So will ich es, so befehle ich es, als Grund genügt (mein) Wille. «

Die ist ein Zitat aus den Schriften des römischen Satirikers Juvenal (58-140 n. Chr.) (Satiren VI, 223). Oft in der Kurzform: sic volo, sic iubeo (»So will ich es, so befehle ich es!«)

Luther nutzt dieses Zitat, um die Willkür der Vorgehensweise des Papstes zu unterstreichen, der nach Gutdünken entscheidet und handelt.

 

 

4) lat.:si papa

dt.: »wenn der Papst«

Vnd Cap. Si Papa /

»Und "Handhabe, wenn der Papst [es so bestimmt]":« (päpstliche Verordnung).

 

 

5) lat.:Vicarius

dt.: »Stellvertreter «

 

 

6) lat.:privatus

dt.: »persönlich «

 

 

7) lat.:Publicus

dt.: »öffentliche Person«, »Beamter«

 

 

8) lat.:summa

dt.: »der Hauptpunkt«, »die Hauptsache«

 

 

9) Kirchenbegriffe.:Kelch / Paten / Corporal

Die Ausstattung für die Eucharistiefeier (Abendmahl) in der katholischen Kirche. Kelch und Patene ( Paten; Hostienschale) wer­den auf die Korporale (Corporal; kleines, weißes Leinentuch) gestellt.

 

 

10) Kirchenbegriff.:Diſpenſirn

Die Dispens ist im Kirchenrecht die Befreiung von einem Verbot oder Gebot.

Luther beklagt hier, dass den Menschen viele Gebote und Verbote auferlegt wer­den, gegen die sie aus der Natur der Sache heraus zwangsläufig verstossen müssen, um ihnen dann gegen Geld Dispens zu erteilen.

 

 

 
 

 

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Namen und Abkürzungen biblischer Bücher

Luthers Verweise auf biblische Bücher

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 Bezeichnung in Luthers Biblia 1545

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Dan.
Dani.
Der Prophet Daniel.

Biblia Vulgata:
Danihel

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Der Prophet Daniel

Das Buch Daniel

Dan

Dan

Dan

3. Reg.
1. Buch von den Königen.
Regum iij.

Biblia Vulgata:
Malachim seu Regum,
III Regum

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Das erste Buch der Könige

Das 1. Buch der Könige

1. Kön

1 Kön

1Kon

Pſal.
Der Pſalter.

Biblia Vulgata:
Psalmi

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Der Psalter

Die Psalmen

Das Buch der Psalmen

Ps

Ps

Ps

Joh.
Joha.
Johan.
Joan.
Euangelium S. Johannis.

Biblia Vulgata:
Evangelium secundum Iohannem

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Das Evangelium nach Johannes

Johannesevangelium

Joh

Joh

Joh

Ac.
Act.
Acto.
Der Apoſteln Geſchicht / beſchrieben von S. Lucas.

Biblia Vulgata:
Actus Apostolorum

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Die Apostelgeschichte des Lukas

Apostelgeschichte

Apg

Apg

Apg

2.Theſ.
2.Theſſ.
Die ander Epiſtel S. Pauli: An die Theſſalonicher.

Biblia Vulgata:
Epistula Pauli ad Thessalonicenses II

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Der zweite Brief des Paulus an die Thessalonicher

2. Thessalonicherbrief

2. Thess

2 Thess

2Thess

1.Tim.
1.Thimoth.
Die erſte Epiſtel S. Pauli: An Timotheum.

Biblia Vulgata:
Epistula Pauli ad Timotheum I

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Der erste Brief des Paulus an Timotheus

1. Timotheusbrief

1. Tim

1 Tim

1Tim

Erläuterungen siehe →Liste der Abkürzungen und Namen biblischer Bücher

 

 

 

 

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Hinweise zur Stilkunst.de-Ausgabe

Erläuterungen zum Satz und zur Typografie des Bibeltextes

Der Text aus der Luther­bi­bel ist auf un­se­ren Sei­ten in An­leh­nung an das Druck­bild des Ori­gi­nals von 1545 wie­der­ge­ge­ben.

Den Sei­ten­auf­bau, die ver­wen­de­ten Schrif­ten, die Schreib­re­geln der Frak­tur­schrift und Luthers In­ten­tio­nen, mit der Ty­po­gra­fie Le­se­hil­fen be­reit­zu­stel­len, er­läu­tert dem in­ter­es­sier­ten Le­ser un­ser Ar­ti­kel »Satz und Ty­po­gra­fie der Luther­bi­bel von 1545«.

 
 
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Sabrina

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