Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545
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TEIL 6
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ZU KAPITEL XI. | Dan 11,1-35
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B1 |
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[105b]
IM xj. Cap. Weiſſaget Daniel ſeinem Volck den Jüden faſt des gleichen / wie er im viij. Cap. thut / von dem groſſen Alexandro / vnd den zweien Königreichen / Syria vnd Egypten / Allermeiſt vmb des Antiochus willen (der Edel heiſſt) der die Jüden plagen ſolt. Aber
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Propheten Daniel.
CVI.
er malet den ſelben alſo / das er ſeine wort / endlich da hin lendet / das er vnter der Perſon Antiochi / den Endechriſt beſchreibt / vnd alſo dieſe vnſer letzte zeit trifft / hart vor dem Jüngſtentag. Denn auch alle Lerer eintrechtig / ſolche Weiſſagung von Antiocho auff den Endechriſt deuten. Vnd die wort gebens vnd zwingens auch / das er nicht gar vnd allein den Eddelen meine / ſondern menget den Eddelen vnd Endechriſt vnternander / vnd verwirret alſo williglich ſeine helle liechte wort.
NOch drey Könige (ſpricht er) werden in Perſen ſtehen. Das meinet er nicht alſo / das Perſen ſo wenig Könige haben ſolte / als die Jüden deuten / Denn ſie haben zum wenigſten / zehen Könige gehabt. Aber dieſe vier / heiſſen darumb in Perſen ſtehend / das ſie etwas ſonderlichs fur den andern geweſt ſind / Als nach Cores / iſt komen Cambyſes / Darius / Xerxes / das ſind die vier fürnemeſten. Vnd dieſer Xerxes / war der reicheſt / vnd ſtreit mit vnzelichem Volck wider die Griechen / Aber ſchendlich verlor er / vnd kam ſelbs kaum dauon. Darnach kompt Alexander / vnd ſeine vier Nachkomen / nicht ſeines ſtammes noch geblüts. Dani. 11.
DA gehen nu an / die zwey Königreich Syria vnd Egypten / wie ſich die ſelbigen mit einander kratzen vnd reuffen. Hie mus man die namen der Könige auff ein Blat ſetzen / Das man nicht jrre werde in der Hiſtorien vnd im Text.
NAch dem Alexander / iſt das Königreich in Egypten ſeer mechtig worden / von dem Daniel ſaget. Des gleichen das Königreich in Syria auch / das keins das ander hat mügen vberwinden / noch vnter ſich bringen / wie ſie offt verſucht vnd gern gethan hetten.
DER erſte Krieg hub ſich zwiſſchen Antiochus Theos / vnd Ptolemeus Philadelphus / Aber da ſie lange kriegten / vertrugen ſie ſich. Vnd Ptolemeus Philadelphus war ſonderlich ein feiner König / der zu Frieden vnd allerley Kunſt luſt hatte / vnd viel gelerter Leute enthielt / eine ſchöne Librarey aus aller Welt verſamlet / viel guts den Jüden thet / den Tempel vnd Gottesdienſt zu Jeruſalem herrlich zieret / Das ich acht / er ſey auch der heiligen Könige einer.
DER ſelbige gab ſeine einige tochter Bernice genant / dem Antiocho Theo / das der Friede deſte feſter hielte / vnd ſtarb darnach. Sie aber / die Bernice / als eines mechtigen Königs tochter / vnd nu auch ſelbs eine mechtige Königin vnd
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Vorrede vber den
Fraw zu Hofe / trachtet / das jr Son ſolt erben im Künigreich Syria. Aber es feilete / Denn Laodicea die vorige Königin Antiochi Thei / ſampt jren zween ſönen Seleuco Gallinico vnd Antiocho Hierax / waren jr vnd jrem Son feind / vnd wolten das Königreich ſelbs erben. Vnd ſie gab jrem Herrn / Antiocho Theo vergifft / vnd darnach hetzet ſie die zween Söne an Bernice jre Stieffmutter / welche verjagten ſie / vnd endlich tödten ſie / mit Kind vnd mit allem Hofegeſinde.
DAS meinet hie Daniel / da er ſagt / Sie wird nicht bleiben bey der macht des Arms / dazu jr Same auch nicht ſtehen / ſondern wird mit Kinde / Geſinde / ja auch mit jrem Herrn Könige / vnd dem ſie ſo mechtig war worden / vbergeben werden in Tod.
SOlche vntugent ſtrafft vnd rechent Bernice Bruder / Ptolemeus Euergetes / bekriegt die zween brüder Seleucum vnd Antiochum / veriagte ſie auch / vnd plündert jr Königreich / vnd zoch wider heim. Vnd endlich kurtz darnach / kamen dieſe zween Brüder (als Muttermördern gebürt) jemerlich vnd elendiglich vmb. Dauon ſaget hie Daniel / Das der König gegen Mittage mit Heerskrafft den König gegen Mitternacht vberziehen / vnd ſiegen werde.
NAch Ptolemeus Euergetis tode / rüſteten ſich widerumb des verſtorben Seleuci Gallinici ſöne / nemlich / Seleucus Keraunus vnd der Groſſe Antiochus. Aber Seleucus Keraunus ſtarb in der rüſtung / Das Antiochus muſte von Babylon eilend komen vnd den ſtreit volfüren wider Ptolemeum Euergetis ſon / genant Ptolemeus Philopator. Aber Ptolemeus Philopator legt den groſſen Antiochum mit ſeinem Heer darnider. Das ſagt hie Daniel / Das die ſöne Gallinici zornig würden ſein / vnd den Ptolemeum Philopator vberziehen. Aber Philopator wird ſie ſchlahen / vnd ſtoltz durch ſolchen Sieg werden. Denn der ſelb Philopator / darnach ſich in vnzucht begab / vnd zu letzt ſeine Königin Euridice / die auch ſeine Schweſter war / vmb einer Dirnen willen / erſchlug.
ANtiochus aber der Groſſe / nach Philopators tod / rüſtet ſich widerumb noch ſtercker / wider Philopators ſon / genant Ptolemeus Epiphanes / der war noch ein Kind / vmb die iiij. oder v. jar. Vnd wie es zugehet / wenn die Herrn Vormünden haben müſſen / rotteten ſich wider jn / auch mit Antiocho andere Könige als Philippus in Grecia / vnd wolten ſich in des kindes Epiphanis Land teilen. Vnd war dazu im Lande ſelbs auch zwitracht / vnd fielen die Jüden auch von jm abe / zu Antiocho. Da her ſpricht hie Daniel / Das der könig Antiochus wider kome / vnd das viele ſich wider das kind Epiphanes ſetzen / Das die Arme des Mittags / das iſt / die Heubtleute des Epiphanis / ſo er hatte im lande Phenice vnd Judea / vnd zu Jeruſalem / kundten nicht widerſtehen / ſondern Antiochus gewan ſolch Land alles. Vnd kam auch ins Werdeland zu Jeruſalem / Da hulffen jm die Jüden / Epiphanis Heubtleute vollend veriagen. Des ehret ſie Antiochus hoch / vnd gab jnen gros Gut vnd viel Freiheiten.
DA er aber wolt weiter faren / vnd Egypten auch gewinnen / rieff Ptolemeus Epiphanes die Römer an / Da muſte Antiochus abſtehen / vnd vertrug ſich mit Ptolemeo Epiphane / vnd gab jm ſeine / tochter Cleopatra. Aber nicht guter meinung / Sondern / wie Daniel hie ſagt / das er jn verderbete. Denn mit der Tochter gedacht er den jungen Knaben vmbs Königreich zu bringen / Aber die Königin vnd die Egypter verkamen das.
DArnach ſtreit er wider die Inſuln in Aſia (wie Daniel ſagt) vnd gewan jr viel. Aber die Römer begegneten jm / vnd trieben jn zu rück / Zogen jm einen guten Rock aus / faſt das gantz Aſia. Darnach keret er heim / vnd zoch in Perſiden / vnd wolt gros Geld holen zu Elimaide / aus einem Tempel. Aber das Landuolck war auff / vnd ſchlug jn / mit ſeinem gantzen Heer / rein zu tode. Alſo bleib er in frembden Landen / vnd ward nirgend funden.
NV hatte er zuuor / da die Römer jm abſiegten / ſeinen ſon Antiochum / genant Eddel / den geringeſten vnd vngeachteſten gen Rom zur Giſel oder Pfand geſchickt. Als er nu tod war / ward ſein ſon Seleucus Philopator könig. Aber ein vntüchtiger Man / wie Daniel hie ſaget / beſſer zum Schergen oder Vogt / denn zum Könige geſchickt / als der nichts Fürſtlichs noch redlichs ausrichtet / ſtarb auch bald.
DA entran Antiochus der Eddele heimlich aus Rom / vnd wiewol er auch vngeacht / vnd jm das Reich nicht bedacht war (wie Daniel ſagt) Doch kam er geſchlichen / vnd gabs ſo gut fur / das er mit liſten König ward. Das iſt der lezte König / da Daniel von ſchreibt / das Eddele frome Kind / das alles mit liſten vnd
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Propheten Daniel.
CVII.
tücken / mit liegen vnd triegen / nicht als ein König / ſondern als ein loſer Bube handelt. Denn ſeine tücke waren beuriſch / grob vnd vnuerſchampt / das er auch nach keinem ſchein der ehren fragt / wie folgen wird. Vmb dieſes Schelmen vnd loſen Vettern willen am meiſten / iſt das Geſicht geſchehen / zu troſt den Jüden / welche er mit aller Plage plagen ſolte.
WIe er nu das Königreich tückiſch vberkomen hatte / So greiff er mit der ſelbigen Kunſt förder / Vnd weil der König in Egypten / ſeiner ſchweſter ſon / genant Ptolemeus Philometor / noch zu jung war / gab er fur / Er wolte trewer Vormünde ſeines Vettern ſein / vnd nam die Stedte in Syria / Phenice vnd Judea ein. Da ſie nu die Gewaltigen in Egypten wider fodderten / wolt er nicht abtretten. Da gieng der ſtreit an / dauon Daniel hie ſagt / Das er wie eine flut die Egypter arme (das iſt / Philometors Gewaltigen vnd Heubtleute) vberweldigt / Denn er behielt den Sieg.
AN dem tück lies ers nicht gnug ſein / gedacht auch das gantze Egyptenland alſo zu erſchleichen / Macht einen vertrag mit Philometors Heubtleuten / gab fur / er thets alles / ſeinem Vettern zum beſten / als ein trewer Vormünde. Auff ſolche liſt (wie Daniel hie ſagt) zoch er mit geringem Volck in Egypten / Denn ſie theten dem lieben Vettern alle thor auff. Vnd er ſatzte die Krone auff / vnd macht ſich zum Könige in Egypten / raubt / plündert vnd ſpület das gantze land Egypten / Mit ſolcher liſt (als hie der Text ſagt) das biſher keiner ſeiner Vorfaren mit macht thun kundte / vnd zoch wider heim.
IN des / da könig Philometor nu erwachſen war / vnd das Reich einnam / wolte er das ſeine mit gewalt wider holen / Vnd rüſten ſich alſo die zween Könige gegen ander. Aber da das edle kind Antiochus ſahe / das Philometor jm zu ſtarck ſein wolt / hielt er ſich ſeiner tugent / vnd richtet mit geld verrheterey zu / Das Philometors eigen Leute / ſich zu jm ſchlugen / vnd alſo viel drüber erſchlagen wurden / Doch gewan er das Land nicht. Darnach machet er abermal friede / mit ſeinem Vettern / aſs vnd redet mit jm vber tiſch / were gern noch eins in Egypten geweſt / Aber man gleubet jm fort nicht / Vnd wie hie Daniel ſagt / beide Könige gedachten einander zuuerderben / vnter dem ſchein des friedens.
ALſo keret er wider heim mit groſſem Gut. Vnd vnterwegen / ward er auch zu Jeruſalem / durch liſt vnd tücke eingelaſſen / Da beraubt er den Tempel vnd die Stad ſchendlich. Wie Maccab. j. vnd hie Daniel auch ſagt / Das er ſein hertz richten wird wider den heiligen Bund.
DARnach etwa vber zwey jar / da ſein liegen vnd Bubenſtück nicht mehr helffen wolte / vnterſtund er ſich mit gewalt Egypten zu gewinnen / vnd vberzoch ſeinen Vetter / nu nicht als ein Vormünde / ſondern als ein Feind. Aber Daniel ſagt / es ſolte jm nicht ſo gelingen / wie am erſten. Denn die Römer / ſo des königes Philometors / aus ſeines vaters Teſtament / Vormünde vnd Schutzherrn waren / ſchickten mit Kriegsuolck einen Ratsherrn / Marcum Popilium / zu jm / vnd geboten jm / aus Egypten zu ziehen. Aber er wolt hie auch ſeiner Kunſt brauchen / vnd die Römer von ſich weiſen mit guten worten / vnd gab fur / Er wolt ſich mit ſeinen Freunden bedencken. Da machet Marcus Popilius mit einem Stabe / ſo er in der Hand hatte / einen Kreis im ſande / da Antiochus ſtund am Meer vnd ſprach / Das ſagt der Rat zu Rom / Aus dem Kreis gehe du nicht / du ſageſt denn dein antwort / Ob du Krieg oder Frieden haben wölleſt. Da muſt er mit ſchanden abziehen / vnd keret wider heim.
DA giengs vber Jeruſalem vnd vber Gotteshaus / dienſt vnd Volck / Denn er kundte ſeinen zorn ſonſt nirgend büſſen / noch ſeinen hohn rechen / denn an Gott vnd ſeinem Reich. Vnd viel böſer Buben aus den Jüden / hulffen jm vnd hiengen ſich an jn. Bis das Gott Judam Maccabeum vnd ſeine Brüder wider jn erweckt / Wie das alles droben im viij. Cap. angezeigt iſt / Vnd hie Daniel im Text erzelet.
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Hinweis zur Abbildung in Teil 6 der Vorrede zum Buch des Propheten Daniel
»Die Nachfolger von Alexander dem Großen«
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Die Bildsprechung finden Sie in diesem Artikel:
Die Vorrede zum Buch Daniel enthält eine Abbildung, in der die bedeutenden vier Nachfolger von Alexander dem Großen und ihre Dynastien gezeigt werden. Es sind die Königreiche aus Nebukadnezars Traum.
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Kürzel | Bezeichnung in Luthers Biblia 1545 | Moderne Bibel | Kürzel |
Dan. | Der Prophet Daniel.Biblia Vulgata: | Der Prophet Daniel Das Buch Daniel | Dan Dan Dan |
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Luther widmet den Prophetenbüchern eine umfangreiche Vorrede. Diese Bücher seien reich an Predigten und Beispielen für christliches Leben, und sie weissagen die Ankunft Christi.