Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545
Abschnitt | Überschrift | Link zum Text |
TEIL 10
| |
ZUSAMMENFASSUNG
| |
1 | |
2 | |
3 | |
4 | Wie das Buch Daniel zu lesen ist und was daraus gelernt werden kann |
[113a]
AVS dem ſehen wir / welch ein trefflicher groſſer Man Daniel / beide fur Gott vnd der Welt geweſen iſt. Erſtlich fur Gott / Das er ſo eine ſonderliche / fur allen andern Propheten / Weiſſagung gehabt hat / nemlich / Das er nicht allein von Chriſto / wie die andern weiſſaget / ſondern auch die zeit vnd jar zelet / ſtimmet vnd gewis ſetzet. Dazu die Königreiche bis auff dieſelbige geſetzte zeit Chriſti / nach einander in richtiger Ordnung / mit jrem handel vnd wandel / ſo fein vnd eben faſſet / das man der zukunfft Chriſti / ja nicht feilen kan / Man wolt es denn mutwilliglich / wie die Jüden / thun. Vnd dazu fort an bis an Jüngſtentag / des Römiſchen Reichs ſtand vnd weſen / vnd der Welt laufft / auch ordenlich darſtellet / Das man auch des Jüngſtentags nicht feilen oder vnuerſehens drein fallen mus / Man wölle es denn auch mutwilliglich / wie vnſer Epicurer jtzt thun.
Daniel ein groſſer trefflicher Man fur Gott.
Daniel hat ein ſonderlich Gabe der weiſſagung gehabt / fur anderen Propheten.
DArumb dünckt mich / S. Petrus habe ſonderlich den Daniel gemeinet / da er ſpricht. j. Pet. j. Die Propheten haben geforſcht / auff welche vnd welcherley zeit der geiſt Chriſti deutet etc. (Welche) heiſſt / Das er die zeit gewis abrechent / vnd ſtimmet / wie lange vnd wie viel jar da hin ſein ſolten (Welcherley) heiſſt / Das er fein abgemalet / wie es zur ſelbigen zeit in der Welt gehen vnd ſtehen ſolte / Wer das öberſt Regiment haben / oder wo das Keiſerthum ſein ſolt. Das er alſo nicht allein die zeit / ſondern auch den wandel / geſtalt vnd weſen derſelbigen zeit / verkündigt. Welches aus der maſſen vnſern Chriſten glauben ſeer ſterckt / vnd vns im gewiſſen ſicher vnd feſt macht / weil wir das fur augen krefftig im ſchwang ſehen / das er vns in ſeinem Buch / klerlich vnd richtig / ſo lange zuuor hat beſchrieben vnd furgebildet.
Welche.
Welcherley.
Daniels Weiſſagung ſercket vnſern Glauben etc.
DEnn Daniel weiſſagt frey vnd ſtimmet klerlich / das Chriſtus zukunfft / vnd ſeines Reichs anfang (welches iſt ſeine Tauffe vnd predigampt) ſol geſchehen nach dem könige Cores bey Dx. jaren / Dani. ix. Vnd ſolt in der Welt / der Perſen vnd Griechen Reich aus ſein / vnd das Römiſche Reich im ſchwang gehen Dani. vij. ix. Alſo / das Chriſtus muſte gewislich komen zur zeit des Römiſchen Reichs / da es am beſten ſtund / Das auch Jeruſalem vnd den Tempel verſtören ſolt / Weil nach dem ſelbigen Reich / keines mehr komen / ſondern der Welt ende darauff folgen ſol / Wie Dani. ij. vnd vij. deutlich verkündigt.
Anfang des Reichs Chriſti.
FVR der Welt iſt er auch ein trefflicher groſſer Man geweſt / Denn wir ſehen hie / Das er die zwey erſte Königreich / als der Oberſt / regieret. Als ſolt Gott ſagen / Ich mus dieſen Königreichen Leute geben / vnd ſolte ich gleich mein Jeruſalem vnd mein Volck drüber verſtören laſſen. Vnd wiewol er nicht ein König geweſt iſt / noch gros gut oder ehre dauon gehabt / So hat er dennoch die königliche werck / geſchefft vnd Empter gehabt vnd ausgericht. Wie es denn der Welt lauff iſt / das die / ſo zu Hofe am meiſten erbeiten / das wenigſte haben / Vnd die nichts thun / faſt das meiſte kriegen. Nach dem Euangeliſchen Sprichwort / Ein ander ſeet / Ein ander erndtet / Johan. iiij. Ja das wol erger iſt / Er muſte noch baſs / neid / fahr vnd verfolgung / darüber zu lohn haben / Wie denn die Welt pfleget allen dienſt vnd wolthat zu bezalen / mit ſolchem lohn.
Daniel ein hoher trefflicher Man fur der Welt.
Die zu Hofe am meiſten erbeiten / genieſſens am wenigſten etc.
ABer es ſchadet Daniel nicht / Er iſt gleichwol Gott deſte lieber / der
[113a | 113b]
Vorrede vber den
belohnet es jm deſte reichlicher / vnd helt zu Babel vnd Perſen Daniel fur einen König / Denn er rechent vnd richtet nach der that vnd frucht / nicht nach der Perſon vnd namen. Darumb iſt Daniel mit der that der rechte König zu Babel vnd Perſen / ob er wol kein königliche Perſon noch namen füret / Dazu nicht viel guts / ſondern vnglück vnd alle fahr / dauon hat. Sihe / alſo kan Gott ſeine gefangene Jüden tröſten vnd ehren / Das er aus einem Bürgers ſon des verſtöreten Jeruſalem / einen zwifeltigen Keiſer machet zu Babel vnd Perſen.
SVmma / Es iſt vnter allen Abrahams kindern / keiner ſo hoch in der Welt erhöhet / als Daniel. Es war Joſeph wol gros in Egypten bey König Pharao / So waren Dauid vnd Salomo gros in Iſrael. Aber es ſind alles geringe Könige vnd Herrn / gegen die Könige zu Babel vnd Perſen / bey welchen Daniel der öberſte Fürſte war. Welcher er auch wunderbarlich zu Gott bekeret / vnd on zweiuel in beiden Keiſerthümen / groſſe frucht bey viel Leuten geſchafft hat / die durch jn ſind zum erkentnis Gottes komen / vnd ſelig worden. Wie denn der ſelbigen Keiſer / brieue vnd gebot / Das man Danielis Gott in allen Landen ehren ſolt / wol anzeigen / Danielis ij. vnd vj.
Daniel vber alle Abrahams kinder erhöhet etc.
DIEſen Daniel befelhen wir nu zu leſen / allen fromen Chriſten / welchen er zu dieſer elenden letzten zeit / tröſtlich vnd nützlich iſt. Aber den Gottloſen iſt er kein nütz / Wie er ſelbs am ende ſagt / Die Gottloſen bleiben Gottlos / vnd achtens nicht. Denn ſolche weiſſagung Danielis vnd der gleichen / ſind nicht allein darumb geſchrieben / Das man die Geſchicht / vnd die künfftigen trübſaln wiſſen / vnd den furwitz / als mit newer Zeitung / büſſen ſolle. Sondern das ſich die Fromen da mit tröſten vnd frölich machen / vnd jren glauben vnd Hoffnung / in der gedult ſtercken ſollen. Als die da hie ſehen vnd hören / das jr Jamer ein ende haben / vnd ſie von Sünden / Tod / Teufel / vnd allem Vbel (darnach ſie ſeuffzen) ledig / in den Himel zu Chriſto in ſein ſeliges / ewiges Reich komen ſollen. Gleich wie Chriſtus auch Luc. am xxj. die ſeinen tröſtet / durch die grewlichen Zeitung / vnd ſpricht / Wenn jr ſolchs ſehen werdet / So ſehet auff / vnd richtet ewr Heubter auff / Denn ewer Erlöſung iſt nahe etc.
Wie man Daniel leſen ſol / vnd was draus zu lernen ſey.
DARumb ſehen wir auch hie / Das Daniel alle Geſichte vnd Treume / wie grewlich ſie ſind / jmerdar mit freuden endet / nemlich / mit Chriſtus Reich vnd zukunfft / vmb welchs zukunfft willen / als vmb das furnemeſt / endliche Heubtſtück / ſolche Geſichte vnd Treume gebildet / gedeutet vnd geſchrieben ſind. Wer ſie nu auch wil nützlich leſen / Der ſol an der Hiſtorien oder Geſchichten / nicht hangen oder hafften / vnd da bleiben / Sondern ſein hertz weiden vnd tröſten / in der verheiſſen vnd gewiſſen Zukunfft vnſers Heilands Jheſu Chriſti / als in der ſeligen vnd frölichen Erlöſung von dieſem Jamertal vnd elende.
Dazu helffe vns der ſelbige Vnſer lieber HERR
vnd Heiland / ſampt dem Vater vnd heiligem
eiſt / gelobet in ewigkeit / Amen /
AMEN.
Geſichte und Treume im Daniel worauff ſie gehen.
❦❧
Wörtersuche
Gesuchtes Luther-Wort eingeben:
Die Liste aller der Schlagwörter im Wörterbuch findet sich im Register.
Kürzel | Bezeichnung in Luthers Biblia 1545 | Moderne Bibel | Kürzel |
Dan. | Der Prophet Daniel.Biblia Vulgata: | Der Prophet Daniel Das Buch Daniel | Dan Dan Dan |
Luce. | Euangelium S. Lucas.Biblia Vulgata: | Das Evangelium nach Lukas Lukasevangelium | Lk Lk Lk |
Joh. | Euangelium S. Johannis.Biblia Vulgata: | Das Evangelium nach Johannes Johannesevangelium | Joh Joh Joh |
1.Pe. | Die j. Epiſtel S. Peters.Biblia Vulgata: | Der erste Brief des Petrus 1. Petrusbrief | 1. Petr 1 Petr 1Petr |
Erläuterungen siehe Liste der Abkürzungen und Namen biblischer Bücher | |||
Der Text aus der Lutherbibel ist auf unseren Seiten in Anlehnung an das Druckbild des Originals von 1545 wiedergegeben.
Den Seitenaufbau, die verwendeten Schriften, die Schreibregeln der Frakturschrift und Luthers Intentionen, mit der Typografie Lesehilfen bereitzustellen, erläutert dem interessierten Leser unser Artikel »Satz und Typografie der Lutherbibel von 1545«.
Luther widmet den Prophetenbüchern eine umfangreiche Vorrede. Diese Bücher seien reich an Predigten und Beispielen für christliches Leben, und sie weissagen die Ankunft Christi.