Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545
Eine Bildbesprechung
Nach dem plötzlichen Tod von Alexander dem Großen teilten etliche seiner Feldherren das große Reich Alexanders unter sich auf.
In der Vorrede zum Buch des Propheten Daniel ist eine Abbildung eingefügt, die vier wesentliche Nachfolger und deren Söhne von Alexander dem Großen benennt. Luther weist ihnen die Reiche Syrien, Asien, Griechenland und Ägypten zu.
Wir haben diese Abbildung absichtlich nicht nachgebaut, sondern als Grafik aus der Quelle übernommen.
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Abbildung in der Vorrede zum Propheten Daniel (Teil 6) in der Lutherbibel von 1545:
»Die Nachfolger von Alexander dem Großen«
Die Abbildung ist von oben nach unten zu lesen. Ganz oben steht der ursprüngliche Herrscher des Reichs, Alexander der Große. Darunter finden sich die Namen der vier Feldherren, die nun in bestimmten Gebieten die Königswürde an sich rissen. Dies geschah nicht ohne Gewalt. Zu etlichen Schlachten verbündeten sich diese Feldherren mit anderen und kämpften brutal und unnachgiebig gegen ihre Mitbewerber um Macht, Amt und Titel.
Nach unten hin sind, sofern vorhanden, die Söhne jener ehemaligen Feldherren und Könige genannt, die die Königskrone erbten und das Reich weiter führten.
Der Zeitraum, den diese Tafel umfasst, beginnt mit dem Tod Alexanders im Jahr 323 v. Chr. und endet mit der Herrschaft des Antiochus IV. im Jahr 164 v. Chr., umfasst also etwa 159 bis 160 Jahre.
Hier meint Luther mit hoher Wahrscheinlichkeit Seleukos I. Nikator (* 358 v. Chr. / † 281 v. Chr). Er war ein Sohn des makedonischen Generals Antiochus und der Laodike Er diente als Feldherr unter Alexander dem Großen und wurde nach dessen Tod König des von selbst gegründeten Seleukidenreichs.
Nicanor hingegen war ebenfalls Feldherr unter Alexander. Ihm wurde die Provinz (Satrapie) Kappadokien in Kleinasien (in der heutigen Türkei) zugesprochen. Gemeinsam mit Euagoras kämpfte er gegen Seleukos I. und fiel wahrscheinlich im Kampf.
Wir gehen daher davon aus, dass Luthers »Seleucus Nicanor« ein Übertragungs- oder Satzfehler ist und an dieser Stelle an Seleukos Nikator zu denken ist.
Antiochos I. Soter (* 324 v. Chr. / † 261 v. Chr.) war ein Sohn Seleukos' I. und der persischen Prinzessin Apame. Ab 281 v. Chr. war er König des Seleukidenreichs.
Antiochos II. Theos (* 286 v. Chr. / † 246 v. Chr.) war der Sohn von Antiochus I. Soter und dessen Frau Stratonike.
Er heiratet zunächst seine Cousine Laodike, mit der er vier Kinder hatte. Dann verstieß er Laodike, um mit einer politischen Heirat Frieden mit Ägypten zu schließen. Er heiratete Berenike, die Schwester von Ptolemäus III. Euergetes I., die ihren gemeinsamen Sohn mit Antiochus II. als Nachfolger des Königs sah. Doch Laodike wusste dies zu verhindern. Sie ließ nach dem Tod von Antiochus II. Berenike und ihren Sohn ermorden. So wurde Seleukos II. Kallinikos (* 265 v. Chr / † 226 v. Chr.) Herrscher des Seleukidenreichs.
Ptolemäus III. Euergetes I. rächte danach den Tod seiner Schwester und ließ schließlich Laodike töten.
Luther ordnet in dieser Darstellung Seleukos II. Kallinikos (* 265 v. Chr / † 226 v. Chr.) und dessen Bruder Antiochus Hierax (* um 263 v. Chr. / † wohl 226 v. Chr.) der Berenike zu, doch waren beide die Söhne der Laodike aus ihrer Ehe mit Antiochus II.
Seleukos II. wurde zwar zunächst von seiner Mutter Laodike zum König ausgerufen, nachdem sie Berenike und ihren Sohn hatte töten lassen, doch Seleukos II. verlor recht bald ihre Gunst. Er war als König und Heerführer völlig erfolglos und verlor große Gebiete seines Reichs an Ägypten. Schließlich musste er auch noch Kleinasien an seinen Bruder abtreten.
Antiochus Hierax stritt mit seinem Bruder über die Herrschaft und war dank der Hilfe seiner Mutter Laodike in etlichen Schlachten siegreich, wurde aber schließlich heimtückisch von Räubern ermordet, was seine Herrschaft unrühmlich beendete.
Bei einem Ausritt stürzte Seleukos II. 226 v. Chr. vom Pferd und starb an den Verletzungen, die er sich dabei zuzog. Er war mit seiner Cousine Laodike verheiratet gewesen, mit der er die Söhne Seleukos III. Keraunos und Antiochos III. hatte, die ihm nacheinander nachfolgten.
Seleukos III. Keraunos (* 243 v. Chr. / † 223 v. Chr.) wurde nur etwa 20 Jahre alt und konnte die Herrschaft nur knapp drei Jahre ausüben.
Nach dem Tod des Seleukos III. Keraunos folgte ihm sein Bruder Antiochos III. ( * 242 v. Chr. / † Juni/Juli 187 v. Chr.) als Herrscher des Seleukidenreichs.
Antiochos III. zählt zu den bedeutensten hellinistischen Herrschern und trug den Beinamen »der Große«. Unter seiner Führung konnte der schleichende Verfall des Reichs gestoppt werden. Antiochus III. stabilisierte mit zahlreichen Schlachten die Lage, schlug Aufstände nieder und führte Kriege. Dabei gewann er auch neue Gebiete. 193 v. Chr. beendete er die Herrschaft der Ptolemäer in Palästina, das nun in das Reich der Seleukiden eingebunden war.
Mit seiner Frau Laodike von Pontos hatte Antiochus III. sechs Kinder. Darunter Seleukos IV. Philopator, Antiochos IV. Epiphanes und Kleopatra I.
Seleukos IV. Philopator ( † 175 v. Chr.) war Herrscher des Seleukidenreichs, das unter seiner Führung aus Syrien, Kilikien, Palästina, Mesopotamien, Babylonien und dem westlichen Teil des Iran (Medien und Persien) bestand. Auch er kam gewaltsam ums Leben: Er wurde von einem seiner Minister ermordet.
Antiochos IV. Epiphanes (* um 215 v. Chr. / † 164 v. Chr.) war der jüngste Sohn des Antiochos III. und der Laodike von Pontos. Er folgte seinem Bruder im Amt des Herrschers.
Im Jahr 167 v. Chr. kam es in Jerusalem zu Unruhen. Antiochus IV. schlug die Aufstände gewaltsam nieder. Er verbot den JHWH-Kult und ließ den Tempel zu einer Kultstätte des Zeus umweihen. Damit wollte er seine Herrschaft stabilisieren, doch dies provozierte den Aufstand der Hebräer unter dem Hasmonäer Mattatias (166 v. Chr.), der langfristig zur Unabhängigkeit der Provinz Koilesyrien (Judäa, Galiläa, Samarien; heute Palästina und Israel) und zur Bildung eines unabhängigen jüdischen Staates unter den Nachkommen des Mattatias führte.
Im Jahr 164 v. Chr. unternahm Antiochos IV. einen Feldzug in die östlichen Provinzen Asiens , um diese wieder seiner Herrschaft zu unterwerfen, nachdem sie sich zuvor von den Seleukiden losgesagt hatten. Sein Versuch, in der Landschaft Elymais einen der Artemis geweihten Tempel zu plündern, scheiterte am Widerstand der Einheimischen. Antiochus IV. und starb auf dem Rückzug.
Seine Abwesenheit von Syrien konnte Judas Makkabäus nutzen, um im Jahr 164 v. Chr. Jerusalem zu erobern und den Tempel von neuem dem hebräischen Gott zu weihen.
In der Forschung wird oft davon ausgegangen, dass Antiochos IV. in dem apokalyptischen Bild von den vier Tieren aus Dan 7,8 allegorisch als »das kleine Horn« bezeichnet wird.
Sie dazu auch Luthers Ausführungen in seiner Vorrede zum Buch Daniel (Abschnitt 4).
Kleopatra I. (* um 204 v. Chr. / † April/Mai 176 v. Chr.) heiratete 193 v. Chr als elfjähriges Mädchen den nur sechs Jahre älteren Ptolemaios V. Epiphanes Eucharistos ( * 6. Oktober 210 v. Chr / † 180 v. Chr.) und wurde so Königin von Ägypten.
Antigonos I. Monophthalmos (»Antigonos der Einäugige« / * um 382 v. Chr. / † 301 v. Chr. bei Ipsos) war ein makedonischer Feldherr und nach dem Tod Alexanders des Großen einer der wichtigsten Diadochen. Als erster der Nachfolger beanspruchte er den Königstitel für das gesamte Alexanderreich und begründete die Dynastie der Antigoniden, des letzten Herrscherhauses von Makedonien.
Antigonos I. war zeitweise Heerführer in Asien (die Länder zwischen Ägäis und Mesopotamien), weshalb ihm Luther dieses Gebiet zuordnete.
Als makedonischer Feldherr diente Antipatros (auch Antipas genannt, latinisiert Antipater) (* 398 v. Chr. in Paliura, Makedonien / † 319 v. Chr.) unter Philipp von Makedonien und Alexander dem Großen. Nach dem Tod Alexanders war er einer der wichtigsten Diadochen (Nachfolger Alexanders), wurde unbestrittener Herrscher Makedoniens und war als Verwalter des europäischen Teils von Alexanders Reich akzeptiert.
Dieser europäische Teil des Reichs umfasste vor allem Makedonien und Griechenland, weshalb Luther in seiner Darstellung Antipater als Herrscher Griechenlands (in Grecia) bezeichnet.
Antipater ist der Stammvater des zweiten makedonischen Königshauses der Antipatriden.
Text
Luther widmet den Prophetenbüchern eine umfangreiche Vorrede. Diese Bücher seien reich an Predigten und Beispielen für christliches Leben, und sie weissagen die Ankunft Christi.