Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545
Der Text in 24 Kapiteln
Nr. | Textstelle | Abschnitt | Link zum Text |
Kapitel XII. | ||
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9,51 - 19,27 |
V. DER WEG JESU NACH JERUSALEM
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1 | 12,1-12 | |
2 | 12,13-21 | |
3 | 12,22-34 | |
4 | 12,35-40 | |
5 | 12,41-48 | |
6 | 12,49-53 | |
7 | 12,54-57 | |
8 | 12,58-59 |
[286b]
ES lieff das volck zu vnd kamen etliche viel tauſent zuſamen / alſo / das ſie ſich vnternander tratten. Da fieng er an vnd ſaget zu ſeinen Jüngern / zum erſten / Hütet euch fur dem Sawerteig der Phariſeer / welchs iſt die heucheley. 2Es iſt aber nichts verborgen / das nicht offenbar werde / noch heimlich / das man nicht wiſſen werde. 3Darumb was jr im finſternis ſaget / das wird man im Liecht hören / Was jr redet ins ohr / in den Kamern / das wird man auff den Dechern predigen.
ICH ſage euch aber meinen Freunden / Fürchtet euch nicht fur denen die den Leib tödten / vnd darnach nichts mehr thun können. 5Ich wil euch aber zeigen / fur welchem jr euch fürchten ſolt / Fürchtet euch fur Dem / der nach dem er getödtet hat / auch macht hat zu werffen in die Helle / Ja / Ich ſage euch / fur dem fürchtet euch. 6Verkeufft man nicht fünff Sperlinge vmb zween pfennige? Noch iſt fur Gott der ſelbigen nicht eines vergeſſen. 7Auch ſind die Hare auff ewrem Heubt alle gezelet. Darumb fürchtet euch nicht / Denn jr ſeid beſſer / denn viel Sperlinge. 8Ich ſage euch aber / Wer mich bekennet fur den Menſchen / Den wird auch des menſchen Son bekennen fur den Engeln Gottes. 9Wer mich aber verleugnet fur den Menſchen / Des wird verleugnet werden fur den Engeln Gottes. 10Vnd wer da redet ein wort wider des menſchen Son / dem ſol es vergeben werden. Wer aber leſtert den heiligen Geiſt / Dem ſol es nicht vergeben werden.
Mat. 10.
Mar. 13.
WEnn ſie euch aber füren werden in jre Schulen / vnd fur die Oberkeit vnd fur die Gewaltigen / So ſorget nicht / wie oder was jr antworten / oder was jr ſagen ſolt / 12Denn der heilige Geiſt wird euch zu derſelbigen ſtunde leren / was jr ſagen ſolt.
ES ſprach aber einer aus dem Volck zu jm / Meiſter / ſage meinem Bruder / das er mit mir das Erbe teile. 14Er aber ſprach zu jm / Menſch / wer hat mich zum Richter oder Erbſchichter vber euch geſetzt? 15Vnd ſprach zu jnen / Sehet zu / vnd hütet euch fur dem Geitz / Denn niemand lebet dauon / das er viel Güter hat.
Eccl. 13.
VND er ſaget jnen ein Gleichnis / vnd ſprach / Es war ein reicher Menſch / des Feld hatte wol getragen / 17Vnd er gedachte bey jm ſelbs / vnd ſprach / Was ſol ich thun? Ich habe nicht da ich meine Früchte hin ſamle. 18Vnd ſprach / Das wil ich thun / Ich wil meine Schewnen abbrechen / vnd gröſſere bawen / vnd wil drein ſamlen / alles was mir gewachſen iſt / vnd meine Güter. 19Vnd wil ſagen zu meiner Seelen / Liebe ſeele / du haſt einen groſſen Vorrat auff viel jar / Habe nu ruge / iſs / trinck / vnd habe guten mut. 20Aber Gott ſprach zu jm /
[286b | 287a]
S. Lucás․ C․ XII.
CCLXXXVII.
Du narr / Dieſe nacht wird man deine Seele von dir foddern / Vnd wes wirds ſein / das du bereitet haſt? 21Alſo gehet es / wer jm Schetze ſamlet / vnd iſt nicht Reich in Gott.
Mat. 6.
ER ſprach aber zu ſeinen Jüngern / Darumb ſage ich euch / Sorget nicht fur ewer Leben / was jr eſſen ſollet / Auch nicht fur ewern Leib / was jr anthun ſollet. 23Das Leben iſt mehr denn die Speiſe / vnd der Leib mehr / denn die Kleidung. 24Nemet war der Raben / die ſeen nicht / ſie erndten auch nicht / ſie haben auch keinen Keller noch Schewnen / vnd Gott neeret ſie doch. Wie viel aber ſeid jr beſſer denn die Vögel?
25WElcher iſt vnter euch / ob er ſchon darumb ſorget / der da künde eine Elle lang ſeiner gröſſe zuſetzen? 26So jr denn das geringſte nicht vermöget / Warumb ſorget jr fur das ander? 27Nemet war der Lilien auff dem felde / wie ſie wachſen / Sie erbeiten nicht / ſo ſpinnen ſie nicht. Ich ſage euch aber / das auch Salomon / in aller ſeiner Herrligkeit nicht iſt bekleidet geweſen / als der eines.
28SO denn das Gras / das heute auff dem felde ſtehet / vnd morgen in den ofen geworffen wird / Gott alſo kleidet / Wie viel mehr wird er euch kleiden / jr Kleingleubigen? 29Darumb auch jr / fraget nicht darnach / was jr eſſen / oder was jr trincken ſolt / Vnd faret nicht hoch her / 30Nach ſolchem allen trachten die Heiden in der welt. Aber ewer Vater weis wol / das jr des bedürffet. 31Doch trachtet nach dem reich Gottes ſo wird euch das alles zufallen.
Mat. 24.
32FVrchte dich nicht du kleine Herd / Denn es iſt ewrs Vaters wolgefallen / euch das Reich zu geben. 33Verkeuffet was jr habt / vnd gebt Almoſen. Machet euch Seckel / die nicht veralten / einen Schatz der nimer abnimpt im Himel / Da kein Dieb zu kompt / vnd den keine Motten freſſen. 34Denn wo ewer Schatz iſt / da wird auch ewr Hertz ſein.
LAſſet ewre Lenden vmbgürtet ſein / vnd ewre Liechter brennen / 36Vnd ſeid gleich den Menſchen / die auff jren Herrn warten / wenn er auffbrechen wird von der Hochzeit / Auff das / wenn er kompt / vnd anklopffet / ſie jm bald auffthun. 37Selig ſind die Knechte / die der Herr / ſo er kompt / wachend findet / Warlich / Ich ſage euch / er wird ſich auffſchürtzen / vnd wird ſie zu tiſch ſetzen / vnd fur jnen gehen / vnd jnen dienen. 38Vnd ſo er kompt in der andern wache / vnd in der dritten wache / vnd wirds alſo finden / Selig ſind dieſe Knechte. 39Das ſolt jr aber wiſſen / Wenn ein Hausherr wüſte / zu welcher ſtunde der Dieb keme / ſo wachet er / vnd lies nicht in ſein Haus brechen. 40Darumb ſeid jr auch bereit / Denn des menſchen Son wird komen zu der ſtunde / da jr nicht meinet.
Verkeuffen / verlaſſen / abſagen / haſſen / nicht beſitzen / nicht ſchetze ſamlen / nichts haben etc. Iſt alles geſaget auff die meinung / das mans nicht vber Gott vnd ſein wort lieben noch ſuchen ſol / Sondern wie S. Paulus ſagt. 1. Cor. 7 Tanquam non habentes.
Mat. 24.
PEtrus aber ſprach zu jm / HErr / ſageſtu dis Gleichnis zu vns / oder auch zu allen? 42Der HErr aber ſprach / Wie ein gros ding iſts vmb einen trewen vnd klugen Haushalter / welchen ſein Herr ſetzet vber ſein Geſinde / das er jnen zu rechter zeit jr Gebür gebe? 43Selig iſt der Knecht / welchen ſein Herr findet alſo thun / wenn er kompt / 44Warlich / Ich ſage euch / er wird jn vber alle ſeine Güter ſetzen. 45So aber derſelbige Knecht in ſeinem hertzen ſagen wird / Mein Herr verzeucht zu komen / Vnd fehet an zu ſchlahen Knechte vnd Megde / auch zu eſſen vnd zu trincken / vnd ſich vol zu ſauffen / 46So wird deſſelben Knechtes Herr komen an dem tage / da er ſichs nicht verſihet / vnd zu der ſtunde / die er nicht weis / Vnd wird jn zuſcheittern / vnd wird jm ſeinen Lohn geben / mit den Vngleubigen.
47DEr Knecht aber / der ſeines Herrn willen weis / vnd hat ſich nicht bereitet / auch nicht nach ſeinem willen gethan / Der wird viel ſtreiche leiden müſſen. 48Der es aber nicht weis / hat doch gethan / das der ſtreiche werd iſt / wird wenig ſtreiche leiden. Denn welchem viel gegeben iſt / bey dem wird man viel ſuchen / Vnd / welchem viel befolhen iſt / von dem wird man viel foddern.
[287a | 287b]
Euángelium. C. XII.
Matt. 10.
ICH bin komen / das ich ein Fewer anzünde auff Erden / Was wolt ich lieber / denn es brennete ſchon? 50Aber ich mus mich zuuor teuffen laſſen / mit einer Tauffe / Vnd wie iſt mir ſo bange / bis ſie volendet werde? 51Meinet jr / das ich her komen bin Friede zu bringen auff Erden? Ich ſage nein / ſondern zwitracht. 52Denn von nu an / werden fünff in einem Hauſe vneins ſein / drey wider zwey / vnd zwey wider drey. 53Es wird ſein der Vater wider den Son / vnd der Son wider den Vater / die Mutter wider die Tochter / vnd die Tochter wider die Mutter / die Schwiger wider die Schnur / vnd die Schnur wider die Schwiger.
(Fewer)
Er redet nach dem Sprichwort / Ich wil ein Fewr anzünden / das iſt / Ich wil einen vnfried anrichten / durchs Euangelium etc. Vnd wolt es were ſchon geſchehen. Aber ich mus zuuor mein Leben daran ſezten / Vnd mich verlanget darnach.
Matt. 16.
ER ſprach aber zu dem Volck / Wenn jr eine wolcken ſehet auffgehen vom Abend / ſo ſprecht jr bald / Es kompt ein Regen / vnd es geſchicht alſo. 55Vnd wenn jr ſehet den Sudwind wehen / ſo ſprecht jr / Es wird heis werden / vnd es geſchicht alſo. 56Ir Heuchler / Die geſtalt der Erden vnd des Himels künd jr prüfen / Wie prüfet jr aber dieſe zeit nicht? 57Warumb richtet jr aber nicht an euch ſelber / was recht iſt.
Künd jr ſehen / wie es an den Crea-turn gehet / Warumb ſehet jr nicht auch / wo es euch feilet.
Mat. 5.
SO du aber mit deinem Widerſacher fur den Fürſten geheſt / ſo thu vleis auff dem wege / das du ſein los werdeſt / Auff das er nicht etwa dich fur den Richter ziehe / vnd der Richter vberantworte dich dem Stockmeiſter / vnd der Stockmeiſter werffe dich ins Gefengnis. 59Ich ſage dir / Du wirſt von dannen nicht her aus komen / bis du den aller letzten Scherff bezaleſt.
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1) lat.: tanquam non habentes
dt.: »wie wenn sie nichts hätten«
Luther bezieht sich auf 1Kor 7,29:
»Das sage ich aber, liebe Brüder: Die Zeit ist kurz. Auch sollen die, die Frauen haben, sein, als hätten sie keine.«
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Kürzel | Bezeichnung in Luthers Biblia 1545 | Moderne Bibel | Kürzel |
Luce. | Euangelium S. Lucas.Biblia Vulgata: | Das Evangelium nach Lukas Lukasevangelium | Lk Lk Lk |
Eccl. | Der Prediger Salomo. | Der Prediger Salomo (Kohelet) Das Buch Kohelet Prediger Ecclesiastes | Prd Koh Prd |
Matth. | Euangelium S. Mattheus.Biblia Vulgata: | Das Evangelium nach Matthäus Matthäusevangelium | Mt Mt Mt |
Marc. | Euangelium S. Marcus.Biblia Vulgata: | Das Evangelium nach Markus Markusevangelium | Mk Mk Mk |
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WOCHENSPRUCH AB DEM SONNTAG
Welchem viel gegeben iſt / bey dem wird man viel ſuchen / Vnd / welchem viel befolhen iſt / von dem wird man viel foddern.
SP
WOCHENSPRUCH AB DEM SONNTAG
Welchem viel gegeben iſt / bey dem wird man viel ſuchen / Vnd / welchem viel befolhen iſt / von dem wird man viel foddern.
SP
LESUNG AUS DEN EVANGELIEN UND PREDIGTTEXT
KALENDARISCHER JAHRESWECHSEL
Silvesternacht · 31. Dezember
EV
I
M
M
III
EV
I
Luthers Vorrede zum Neuen Testament ist in neuen Bibelausgaben nicht mehr enthalten. Lesen Sie, was Luther seinen Lesern 1545 mit auf den Weg gegeben hatte.