Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545
Eine Bildbesprechung
Dem Buch Josua ist im 7. Kapitel ein Bild beigefügt, das in mehreren Szenen die komplette Geschichte von Achans Diebstahl am Verbannten aus Jericho zeigt. Der Druckstock ist als Holzschnitt erstellt worden, der die Maße ca. 15 x 11 cm besitzt.
Wir zeigen hier eine aufbereitete Reproduktion des Bildes, das in der Lutherbibel von 1545 unkoloriert abgedruckt wurde.
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Abbildung: »Achans Diebstahl am Verbannten aus Jericho«
Bild zum Buch Josua, Kapitel 7, in der Lutherbibel von 1545.
Die Israeliten hatten nach dem Tod Mose unter der Führung von Josua den Jordan überschritten, um das ihnen von Gott verheißene Land in Besitz zu nehmen (Jos 1 - 3). Doch das Land war besiedelt. Hetiter, Amoniter, Kanaaniter und weitere Stämme und Völker lebten dort in Städten, Dörfern und Gehöften.
Josua sah sich gezwungen, die ansässige Bevölkerung zu vertreiben. Dort, wo er auf Widerstand traf, galt es mit Gewalt vorzugehen.
So traf es die Stadt Jericho (Jos 6). Angesichts der drohenden Lage hatten sich die Bewohner in die Stadt zurückgezogen und die Stadttore verschlossen. Sie hofften auf die Stärke ihrer Stadtmauern, die es unmöglich machten, in die Stadt zu gelangen. Sie hofften darauf, dass die Israeliten ihre Absicht, die Stadt einzunehmen, aufgaben und abzogen. Josua musste sich auf eine lange Belagerung einstellen.
Doch Gott instruierte Josua über die Vorgehensweise, um die Stadt schnell einzunehmen. Sechs Tage lang sollte das Volk der Israeliten jeweils einmal still und stumm um die Stadt herum marschieren, angeführt durch die Bundeslade, begleitet von sieben Priestern, die Posaunen bliesen.
Am siebten Tag sollte die Prozession dann siebenmal um Jericho geführt werden, und zum Klang der Posaunen sollten die Israeliten diesmal ein fürchterliches Kriegsgeschrei erschallen lassen.
Josua führte die Anweisungen Gottes aus. Am siebten Tag stürzten beim Klang der Posaunen und beim Geschrei des Volkes plötzlich die Mauern Jerichos ein. Gott hatte Wort gehalten und seinen Teil im Bund mit Israel einmal mehr erfüllt.
Die Stadt lag offen von den Israeliten. Das Heer Josuas hatte den Auftrag, die Stadt einzunehmen, alle Bewohner (bis auf Rahab und ihre Familie) zu töten und nur Gold und Silber zu rauben, das allerdings in den Schatz des Heiligtums überführt werden sollte. Alles andere sollte zusammen mit der Stadt verbrannt und ein Raub der Flammen werden.
Es gab (anders als in der damaligen Zeit nach erfolgreichen Schlachten üblich) keine persönliche Beute für die Soldaten oder für Angehörige des Volks Israels, denn über der Stadt lag der Bann Gottes und alles in ihr war verbannt. Den Bann brechen, hieß: Den Bund mit Gott brechen.
Nachdem Jericho gefallen war, wandte sich Josua der nächsten Stadt zu. Sie hieß Ai. Die Kundschafter sahen, dass die Stadt nicht besonders gesichert und wohl leicht einzunehmen war. Auf Ihre Empfehlung hin mobilisierte Josua nur 3000 Mann für den Angriff, doch die Bewohner der Stadt besiegten in einem kurzen Gefecht die Vorhut, töteten 36 Israeliten und schlugen damit den Rest des großen Heeres in die Flucht. Die heftige Gegenwehr und der Verlust der Vorhut entmutigten das Heer Josuas. Es konnte in ihren Augen kaum gut ausgehen, wenn Gott die Israeliten nicht im Kampf gegen die Bewohner der Stadt begleitete. Sie zweifelten an der Unterstützung Gottes und kehrten missmutig ins Lager zurück.
Josua war bestürzt und trauerte über die im Kampf getöteten Israeliten. Doch schlimmer noch: Er fragte sich, ob Gott die Israeliten verlassen habe, ob die Einnahme und Besiedlung des verheißenen Landes schon hier zu Ende sei.
Doch Gott, der das gesamte Geschehen wohl ständig im Blick hatte, klärte Josua auf: Angehörige der Israeliten hatten sich trotz des Verbotes an Gütern von Jericho persönlich bereichert! Damit war der Bund gebrochen und er konnte nur wieder hergestellt werden, wenn die Übeltäter gefunden und bestraft würden.
Auf Anweisung Gottes ließ Josua das gesamte Volk Israels antreten, Stamm für Stamm, Geschlechtslinie für Geschlechtslinie, Familie für Familie.
Schließlich stand Achan aus dem Geschlecht Serachs vom Stamm Juda vor Josua. Josua erkannte, dass er der Täter war. Josua zwang Achan zu einem Geständnis.
Tatsächlich hatte sich Achan in Jericho bereichert. Er nahm einen wertvollen Mantel mit sich, dazu die passende Verschlussspange aus purem Gold, sowie reichlich Silber. Heimlich verscharrte er seine Beute im Boden seines Zeltes, denn zeigen konnte er sie vorerst niemandem.
Josuas Männer fanden die Beute dort, wo Achan es angegeben hatte. Damit war das Urteil über Achan gesprochen. Er wurde zusammen mit seiner ganzen Familie gesteinigt und danach verbrannt.
An der Stelle, an der Achan starb, errichteten die Israeliten als Mahnmal einen Steinhaufen.
Das Bild zeigt in mehreren Szenen die komplette Geschichte von Achans Diebstahl am Verbannten aus Jericho.
Wir haben hier einen kleinen Wegweiser erzeugt, der durch das Bild führt. Er zeigt die einzelnen Szenen im Bild in der für die Betrachtung richtigen Abfolge.
Abbildung: Die zehn Szenen im Bild
Bild zum Buch Josua, Kapitel 7, in der Lutherbibel von 1545.
Der Künstler orientierte sich bei der Anlage des Bildes an seine Zeit: Die Zelte, Rüstungen und Waffen entsprechen der Ausrüstung von Truppen aus dem 16. Jahrhundert. Die Landschaft ist den hügeligen und bewaldeten Gegenden Mitteldeutschlands nachempfunden. Die Darstellung der Stadt Ai im Hintergrund entspricht der einer deutschen mittelalterlichen Stadtansicht.
Die Bilder zeigen meist mehrere Szenen aus einem Buch oder Kapitel gleichzeitig und führen den Leser visuell in Stoff ein.
Die Künstler, die diese Bilder entworfen hatten, waren Meister der Mediengestaltung. Sie nutzten kleinste Flächen, um ganze Geschichten zu erzählen. Sie schnitten mit einem Stecheisen aus einem kleinen Holzblock derart genau, dass die vielen Details auf dem Zielmedium im Druck trotz dicker Druckerschwärze und faseriger Papiere erkennbar blieben!
Verstand man es, diese Bilder »zu lesen«, konnten daraus wieder die Geschichten entwickelt und nacherzählt werden. Dies war vor allem für jene Betrachter wichtig, die des Lesens unkundig waren oder Hilfen benötigten, um die durchaus schwierigen Texte der Bibel zu verstehen. Die Bilder waren ein wichtiger Anreiz dafür, die Texte zu lesen oder Lesen zu lernen, und trugen so erheblich zur Bildung ganzer Bevölkerungsgruppen bei.
Luther erklärt die Bedeutung des Alten Testaments und der Gesetze Mose. Diese Schriften seien für Christen sehr nützlich zu lesen, nicht zuletzt deshalb, weil Jesus, Petrus und Paulus mehrfach daraus zitieren.