Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545
Eine Bildbesprechung
Dem 1. Buch der Könige ist im 10. Kapitel ein Bild beigefügt, das König Salomo auf seinem Thron zeigt. Der Druckstock ist als Holzschnitt erstellt worden, der die Maße ca. 15 x 11 cm besitzt.
Wir zeigen hier eine aufbereitete Reproduktion des Bildes, das in der Lutherbibel von 1545 unkoloriert abgedruckt wurde.
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Abbildung: »Salomos Thron«
Bild zum 1. Buch der Könige, Kapitel 10, in der Lutherbibel von 1545.
Das zehnte Kapitel des 1. Buchs der Könige berichtet von Salomos Reichtum, seinem Vermögen, Handel zu treiben, und von seinem Ansehen in der Welt: Die Königen von Saba besucht Salomo und bringt wertvolle Waren und Güter aus Arabien nach Jerusalem. Der Reichtum Salomos wächst durch einen regen Handel mit anderen Ländern. Gold und Silber fließen nach Israel, das Heer wird massiv ausgebaut, Garnisonen für Heer und Streitwagen entstehen.
Salomo investiert auch in die Entwicklung der Stadt, in den Tempel und in seine eigene Residenz, wohl nicht zuletzt, um Besuchern Respekt und Anerkennung abzuringen.
Da lässt er in seinem Palast einen Thron errichten, wie ihn laut 1Kon 10,20 die Welt noch nicht gesehen hat:
2. Par. 9.
Vnd der König macht einen groſſen Stuel von
Elffenbein / vnd vberzog jn mit dem edelſten Golde. 19Vnd der Stuel hatte ſechs ſtuffen / vnd das heubt am Stuel war hinden rund / Vnd waren Lehnen auff beiden ſeiten vmb das geſeſſe / vnd zwo Lewin ſtunden an den Lehnen / 20Vnd zwelff Lewen ſtunden auff den ſechs ſtuffen auff beiden ſeiten / Solchs iſt nie gemacht in keinen Königreichen.
Salo-
mos Stuel.
Die Szene zeigt König Salomo, der weit oben auf seinem Thron sitzt. Sechs Stufen führen hinauf zum eigentlichen Stuhl. Die Stufen sind links und rechts eingefasst mit mit den Statuen von Löwen.
Der Stuhl ist altarartig konstruiert. Eine hohe, reich verzierte, halbrunde Rückenlehne überragt Salomo weit.
Armlehnen waren für Stühle in jener Zeit eine Besonderheit. Salomos Thron besitzt selbstverständlich welche, aber sie dienen nicht nur als Armauflagen, sie sind zugleich Podeste für die Statuen zweier Löwinnen, die den Besucher, der vor dem Thron steht, anblicken.
Im Vordergrund stützen Säulen die Decke des Raums. Hier hat der Künstler Vers 12 aufgegriffen, in dem berichtet wird, dass Salomo aus dem Ebenholz, das die Königin von Saba als Geschenk mitbrachte, Säulen für den Tempel und für seinen Palast fertigen lies.
Links und rechts neben dem Thron sind für die Zeit Luthers typische Sitzbänke zu sehen, bei denen die einzelnen Sitze durch Lehnen von einander abgetrennt sind. Solche Sitzbänke sind aus Palästen und Klöstern bekannt. Hier sollen sie wohl den Raum andeuten, der der Ministern und höfischen Beamten Salomos zugeordnet war. Der Thron befindet sich nicht irgendwo, sondern im Thronsaal.
Der Leser jener Zeit, der kaum Einblick gewinnen konnte in die prächtigen Säle der Fürsten, Bischöfe und Könige, konnte aufgrund solcher Zeichnungen die beeindruckende Wirkung nachempfinden, die ein Herrscher wie Salomo auf seinem prächtigen Thron erzielt haben musste.
Die Bilder zeigen die biblischen Szenen in einem der Zeit Luthers entsprechenden Umfeld. Ihre Aufgabe war es u. a. den Leser visuell in Stoff einzuführen und die Geschichten der Bibel vor seinem Lebenshintergrund verständlich zu machen.
Die Künstler, die diese Bilder entworfen hatten, waren Meister der Mediengestaltung. Sie nutzten kleinste Flächen, um ganze Geschichten zu erzählen. Sie schnitten mit einem Stecheisen aus einem kleinen Holzblock derart genau, dass die vielen Details auf dem Zielmedium im Druck trotz dicker Druckerschwärze und faseriger Papiere erkennbar blieben!
Verstand man es, diese Bilder »zu lesen«, konnten daraus wieder die Geschichten entwickelt und nacherzählt werden. Dies war vor allem für jene Betrachter wichtig, die des Lesens unkundig waren oder Hilfen benötigten, um die durchaus schwierigen Texte der Bibel zu verstehen. Die Bilder waren ein wichtiger Anreiz dafür, die Texte zu lesen oder Lesen zu lernen, und trugen so erheblich zur Bildung ganzer Bevölkerungsgruppen bei.
Luther erklärt die Bedeutung des Alten Testaments und der Gesetze Mose. Diese Schriften seien für Christen sehr nützlich zu lesen, nicht zuletzt deshalb, weil Jesus, Petrus und Paulus mehrfach daraus zitieren.