Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545
Der Text in 31 Kapiteln
Nr. | Textstelle | Abschnitt | Link zum Text |
Kapitel XXX. | ||
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30 |
V. WORTE AGURS UND ZAHLENSPRÜCHE
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1 | 30,1-14 | |
2 | 30,15-33 |
Im folgenden Text ist der bezeichnete Vers hervorgehoben.
[336a]
[Spalte 2]
30,1-33
DIſ ſind die wort Agur des ſons Jake / Lere vnd rede des mans Leithiel / Leithiel vnd Vchal.
Dis ſihet / als ein Zuſatz eins weiſen Mans / vnter die Sprüche Salomo.
2DEnn ich bin der aller nerriſcht / vnd Menſchen verſtand iſt nicht bey mir. 3Ich hab Weisheit nicht gelernet / vnd was Heilig ſey / weis ich nicht. 4Wer feret hin auff gen Himel vnd er ab? Wer faſſet den Wind in ſeine hende? Wer bindet die Waſſer in ein Kleid? Wer hat alle Ende der welt geſtellet? Wie heiſſt er? vnd wie heiſſt ſein Son? Weiſtu das?
(Nerriſcht)
Weiſe leute erkennen / das jre weisheit nichts ſey. Narren wiſſen alles vnd können nicht jrren.
5ALle wort Gottes ſind durchleutert / vnd ſind ein Schild denen / die auff jn trawen. 6Thu nichts zu ſeinen worten / Das er dich nicht ſtraffe / vnd werdeſt Lügenhafftig erfunden.
Zweierley bitte ich von dir / die
wolteſtu mir nicht wegern / ehe denn ich ſterbe. 8Abgötterey vnd Lügen las ferne von mir ſein / Armut vnd Reichthum gib mir nicht / Las mich aber mein beſcheiden Teil ſpeiſe da hin nemen. 9Ich möcht ſonſt / wo ich ſat würde / verleugnen vnd ſagen / Wer iſt der HERR? Oder wo ich zu Arm würde / möcht ich ſtelen / vnd mich an dem Namen meines Gottes vergreiffen.
(Abgötterey)
Ein fein Gebet iſt das / Er begert Gottes wort / vnd ſein teglich Brot / das er hie vnd dort lebe.
10Verrate den Knecht nicht gegen ſeinem Herrn / Er möcht dir fluchen / vnd du die ſchuld tragen müſſeſt.
11ES iſt eine Art / die jrem Vater fluchet / Vnd jre Mutter nicht ſegenet.
[342a | 342b]
Die Sprücĥe
[Spalte 1]
12Eine Art / die ſich rein dünckt / Vnd iſt doch von jrem Kot nicht gewaſſchen.
13Eine Art / die jre augen hoch tregt / Vnd jr augenlied empor helt.
14Eine Art die Schwerter fur zeene hat / Die mit jren Backenzeenen friſſet / vnd verzehret die elenden im Lande / vnd die armen vnter den Leuten.
15Die Eigel hat zwo töchter / Bring her / bring her.
Sup. 2. 7.
DRey ding ſind nicht zu ſettigen / vnd das vierde ſpricht nicht / Es iſt gnug. 16Die Hell / Der frawen verſchloſſen Mutter / Die Erde wird nicht waſſers ſat / Vnd das Fewr ſpricht nicht / Es iſt gnug.
Das heiſſt / An den Galgen komen.
17EIn Auge das den Vater verſpottet / vnd veracht der Mutter zugehorchen / Das müſſen die Raben am bach aushacken / vnd die jungen Adeler freſſen.
(Magd)
Das iſt / Liebe iſt nicht aus zu dencken noch zuſprechen.
18DRey ſind mir zu wünderlich / vnd das Vierde weis ich nicht / 19des Adelers weg im Himel / Der Schlangen weg auff eim Felſen / Des Schiffes weg mitten im meer / Vnd eins Mans weg an einer Magd. 20Alſo iſt auch der weg der Ehebrecherin / die verſchlinge? vnd wiſſchet jr maul / vnd ſpricht / Ich hab kein vbels gethan.
21EIn Land wird durch dreierley vnrügig / vnd das vierde mag es nicht ertragen. 22Ein Knecht wenn er König wird / Ein Narr wenn er zu ſat iſt / 23Eine Feindſelige / wenn ſie geehelicht wird / Vnd eine Magd / wenn ſie jrer Frawen Erbe wird.
24VIer ſind klein auff Erden / vnd klüger denn die Weiſen. 25Die Eimmeiſen ein ſchwach volck / Dennoch ſchaffen ſie im Sommer jre ſpeiſe / 26Caninichen ein ſchwach volck / Dennoch legts ſein haus in den felſen / Hewſchrecken haben keinen König / 27Dennoch ziehen ſie aus gantz mit hauffen / 28Die Spinne wirckt mit jren henden / vnd iſt in der Könige ſchlöſſer.
29DReierley haben einen feinen gang / vnd das vierde gehet wol. 30Der
[Spalte 2]
Lew mechtig vnter den Thieren vnd keret nicht vmb fur jemand / 31Ein Wind von guten lenden. Vnd ein Widder / Vnd der König / wider den ſich niemand thar legen.
32HAſtu genarret vnd zu hoch gefaren vnd böſes fürgehabt / So leg die hand auffs maul.
33WEnn man milch ſtöſſt / ſo machet man butter draus / Vnd wer die naſen hart ſchneutzt / zwingt blut er aus / Vnd wer den Zorn reitzet / zwingt hadder er aus.
(Genarret)
Scheme dich nicht / wo du etwas gefeilet haſt vnd verteidige es nicht. Denn feilen iſt menſchlich / verteidigen iſt Teufeliſch.
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Kürzel | Bezeichnung in Luthers Biblia 1545 | Moderne Bibel | Kürzel |
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Pſal. | Der Pſalter.Biblia Vulgata: | Der Psalter Die Psalmen Das Buch der Psalmen | Ps Ps Ps |
Erläuterungen siehe Liste der Abkürzungen und Namen biblischer Bücher | |||
Die folgenden Begriffe aus dem Text Spr 30 werden hier erläutert.
Versnummer: Luthers Wort | |||
3: heilig | 4: feret | 4: Hende | |
4: Weiſtu | 5: durchleutert | 5: trawen | |
7: wolteſtu | 7: wegern | 9: HERR | |
10: Knecht | 14: fur | 14: zeene | |
15: Eigel | 16: Hell | 16: frawen | |
16: Fewr | 18: wünderlich | 19: Magd | |
21: vnrügig | 25: Eimmeiſen | 26: Caninichen | |
26: Hewſchrecken | 30: Lew | 30: vmb | |
31: thar | 32: HAſtu | ||
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Luther-Deutsch | Deutsch | Erläuterungen | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
heilig | heilig (Adjektiv) (In Abgrenzung zum Irdischen:) göttlich vollkommen und verehrungswürdig.
Das Adjektiv kommt häufig vor in den Verbindungen:
u.a.
Ort, Boden: 2Mos 3,5:
Er ſprach / Trit nicht herzu / zeuch deine ſchuch aus von deinen Füſſen / Denn der Ort / da du auffſteheſt / iſt ein heilig land.
Er [GOTT] sprach: »Komme nicht näher! Ziehe deine Schuhe aus von deinen Füßen! Denn der Boden, auf dem du stehst, ist heiliges Land.«
Tätigkeiten: 2Mos 16,23:
Das iſts / das der HERR geſagt hat / Morgen iſt der Sabbath der heiligen ruge des HERRN /
Das ist es, was der HERR gesagt hat: »Morgen ist der Sabbat der heiligen Ruhe des HERRN.«
Gegenstände: 2Mos 28,2:
Vnd ſolt Aaron deinem Bruder heilige Kleider machen / die herrlich vnd ſchön ſeien.
Und [ihr] sollt Aaron, deinem Bruder, heilige Kleider machen, die herrlich und schön seien.
Menschen: 2Mos 19,6:
Vnd jr ſolt mir ein prieſterlich Königreich / vnd ein heiliges Volck ſein.
Und ihr sollt mir ein priesterliches Königreich und ein heiliges Volk sein.
GOTT: Offb 4,8:
[...] vnd ſprachen / Heilig / heilig / heilig iſt der Gott der HERR / der Allmechtige / der da war / vnd der da iſt / vnd der da kompt.
[...] und sprachen: Heilig, heilig, heilig ist der Gott, der HERR, der Allmächtige, der da war, und der da ist, und kommt und da sein wird.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
faren | fahren (Verb) die rasche, schnelle Bewegung im Unterschied zur sanften Bewegung des Gehens. Formen
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Hand
Hende | Hand, die
Hände, die
Mein Gebet müſſe fur dir tügen / wie ein Reuchopffer / Meine hende auffheben / wie ein Abendopffer.
Mein Gebet soll dir erscheinen wie ein Rauchopfer, das Erheben meiner Hände wie ein Abendopfer.
Nimm mein Gebet als Rauchopfer und das Erheben meiner Hände als Abendopfer.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
weiſtu | weißt du (Verb) 2. Person Singular Indikativ Aktiv von wissen (Verb)
Präsens: weiſtu: weißt du -u: Die Flexion mit dem angehängten »u« ist eine eigentümliche Form, die sonst nur noch aus älteren Texten bekannt ist. Gebildet wurde sie aus der 2. Person, zusammengezogen mit dem Personalpronomen »du«, aus dem das »u« stammt. Diese Form impliziert eine gewisse Dringlichkeit und Direktheit der Ansprache, die unmittelbare Hinwendung zum Gegenüber. So kann es die unzweifelhafte Feststellung des Handelns, die dringliche Ansprache oder die unmittelbare Aufforderung zum Handeln bedeuten (Indikativ in der Aussage), die Erfüllung einfordern, mutmaßen bzw. unterstellen (Konjunktiv), oder zur Antwort und Erklärung auffordern (Verb in der Frage).
Heute ist stattdessen das Verb in seiner gebräuchlichen Flexion verbunden mit »du« zu verwenden. Die Direktheit oder eine Aufforderung kann bestenfalls durch eine Sinn tragende Beifügung umschrieben werden abhängig vom Kontext. Sie kann ggf. durch einen Imperativ herausgestellt werden. weiſtu: weißt du (ganz bestimmt, ohne Zweifel) !
Weiſtu das?
(nachrücklich:) Weißt Du das?!
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
durchleutern | durchläutern (Verb, veraltet) völlig reinigen, lauter machen durch Ausschmelzen, Auskochen, Durchseihen.
Bis das ſein wort kam / Vnd die Rede des HERRN jn durchleutert.
wörtlich: Bis sein Wort kam, und die Rede des HERRN ihn durchläuterte.
sinngemäß: Bis ihn seine Worte trafen, und die Rede des HERRN ihn durch und durch reinigte.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
trawen | trauen (Verb) a) glauben, vertrauen, zutrauen, hoffen b) vermuten, denken, meinen c) fest vertrauen, fest glauben d) jemandem etwas zutrauen e) glauben, Vertrauen schenken, seine Zuversicht setzen auf f) gläubig, zuversichtlich sein g) leichtgläubig, vertrauensselig sein
Las mich nicht zu ſchanden werden / Denn ich trawe auff dich.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
wolteſtu | wolltest du (Verb) wolteſtu
2. Person Singular Indikativ Aktiv von wollen (Verb)
Präteritum: wolteſtu: wolltest du -u: Die Flexion mit dem angehängten »u« ist eine eigentümliche Form, die sonst nur noch aus älteren Texten bekannt ist. Gebildet wurde sie aus der 2. Person, zusammengezogen mit dem Personalpronomen »du«, aus dem das »u« stammt. Diese Form impliziert eine gewisse Dringlichkeit und Direktheit der Ansprache, die unmittelbare Hinwendung zum Gegenüber. So kann es die unzweifelhafte Feststellung des Handelns, die dringliche Ansprache oder die unmittelbare Aufforderung zum Handeln bedeuten (Indikativ in der Aussage), die Erfüllung einfordern, mutmaßen bzw. unterstellen (Konjunktiv), oder zur Antwort und Erklärung auffordern (Verb in der Frage).
Heute ist stattdessen das Verb in seiner gebräuchlichen Flexion verbunden mit »du« zu verwenden. Die Direktheit oder eine Aufforderung kann bestenfalls durch eine Sinn tragende Beifügung umschrieben werden abhängig vom Kontext. Sie kann ggf. durch einen Imperativ herausgestellt werden. wolteſtu: wolltest du (ganz bestimmt, ohne Zweifel)!
HERR früe wolteſtu meine ſtim hören
HERR, am Morgen hast Du mein Gebet erwartet!
Vnd vmb deines Namens willen wolteſtu mich leiten vnd füren.
Um Deines Namens willen wolltest Du mich <doch> leiten und führen!
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
wegern | wegern (Verb, veraltet) weigern, verweigern
Die Schreibweise wegern (»e« statt »ei«) war zwischen dem 13. und dem 18. Jahrhundert allgemein gebräuchlich.
Du gibſt jm ſeines hertzen wundſch / Vnd wegerſt nicht was ſein mund bittet
a) Du gibst ihm seines Herzens Wunsch und verweigerst nicht, was sein Mund erbittet b) Du erfüllst ihm seines Herzens Wunsch und verweigerst nicht, was sein Mund erbittet
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
HERR | HERR, JHWH, Jahwe Aussehen in unseren Frakturschriften: HERR oder HERR
HERR im Alten Testament
hebräisch: יהוה (jhwh, das Tetragrammaton JHWH) lateinisch (Biblia Sacra Vulgata): Dominus, Herr
Luthers Schreibweise HERR in Versalien (Großbuchstaben) folgt einer festen Regel. Sie weist darauf hin, dass im hebräischen Text an dieser Stelle das Tetragrammaton (das Vierfachzeichen) »JHWH« (hebr.: יהוה) steht. Es ist der unaussprechliche Name Gottes.
Satztechnisch bedingte Varianten
Um beim Satz der Lettern Platz in einer Zeile zu sparen, wodurch übermäßiger Sperrdruck oder ungünstige Wortumbrüche vermieden werden, sind in der Lutherbibel von 1545 häufig auch die Varianten HERr oder HERRn oder HERrn zu finden. Dabei sind mindestens die ersten drei Zeichen in Versalien gesetzt, womit sie hinreichend von HErr unterscheidbar sind.
An wenigen Stellen im Text wurde eine für uns unübliche Trennung im Wort vorgenommen, um einen Zeilenumbruch zu realisieren, hier beispielhaft gezeigt:
[ ...] fur den HER- RN bringen [...]
HERR HErr
Der Ausdruck HERR HErr steht dann, wenn im hebräischen Text »JHWH Adonaj« zu lesen ist. (Siehe dazu auch den Artikel HErr.)
Auch die umgekehrte Reihenfolge HErr HERR ist möglich (»Adonaj JHWH«).
4bSo ſpricht der HErr HERR / 5aſie gehorchen oder laſſens /
Die neuen Lutherbibeln übersetzen diesen Ausdruck stets mit »Gott der HERR«.
Die Aussprache des Namens Gottes
Das Wissen um die Aussprache der vier Zeichen, die den Gottesnamen ausmachen, ist schon früh in der Geschichte verloren gegangen. Sie werden heute oft mit »Jahwe« (vokalisiert geschrieben יְהוָה nach der Aussprache des hebräischen Adonaj, Herr) oder »Jehova« (יְהוָֹה ebenfalls nach dem hebräischen Adonaj, Herr, jedoch unter Berücksichtigung aller Vokale) transkribiert, aber auch mit »Jewah« (ebenfalls יְהוָה aber nach dem hebräischen Schema, der Name, zu lesen) oder »Jehowih« (יְהוִה nach dem hebräischen Elohim, Gott / Götter).
Luthers Namensersatz
Luther kannte die vokalisierten Varianten und die transkribierten Formen und war wohl besonders dem Wort »Jehova« zugeneigt. Es bezieht alle drei Vokale aus dem Wort Adonaj, das »Herr« bedeutet. Dennoch hatte er es vermieden, in seiner Übersetzung »Jehova« zu verwenden. Stattdessen nutzte er wie die lateinischen Bibeln einen Wortersatz. Er setzte das deutsche Wort ein, das gemäß der jüdischen Tradition zu lesen sei, wenn im Text das Vierfachzeichen erscheint, machte es aber durch die besondere Satzweise in Großbuchstaben kenntlich: HERR.
Luthers Schreibweise hat sich bis heute in etlichen Bibelausgaben gehalten.
HERR im Neuen Testament
Im neuen Testament verwendet Luther die Schreibweise HERR in Versalien (Großbuchstaben) für Gott, den Vater, an Stellen, wo sich Zitate aus dem Alten Testament auf »JHWH« beziehen.
Wichtig: Davon zu unterscheiden sind die Schreibweisen
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Knecht | Knecht, der Das Wort meint im eigentlichen Sinn einen Menschen männlichen Geschlechts unabhängig vom Alter. Davon haben sich verschiedene Bedeutungen abgeleitet:
a) Mann b) Jüngling c) Junggeselle, unverheirateter (junger) Mann b) braver Mann, Ehrenmann e) lernender oder dienender Jüngling; Knappe; Lehrling; Geselle f) Kriegsknecht (Soldat, der das Kriegshandwerk zum Beruf gemacht hat) g) Landsknechte (im edlen Ansinnen) h) allg. Dienender (in Anstellung eines Herrn) i) Gottes Knecht (von Gott dienenden Menschen, so auch von Christen allgemein, unabhängig vom Geschlecht)
Sie haben die Leichnam deiner Knechte den Vogeln vnter dem Himel zu freſſen gegeben
Sie haben die Leichen deiner Knechte den Vögeln unter dem Himmel zu fressen gegeben.
Knechte meint hier die (treuen) Diener Gottes, die Angehörigen des Volkes Israel.
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fur | a) vor (Präposition)
b) für (Präposition)
c) fuhr (Verb)
Die Präpositionen vor und für
Die beiden heutigen Wörter vor und für gehen sprachlich auf das selbe Wort zurück, was in der Lutherbibel noch gut verfolgt werden kann.
Überwiegend tritt fur in der Bedeutung vor auf und ist gleichbedeutend mit Luthers Schreibweise vor.
Die konkrete Bedeutung erschließt sich aus dem Textzusammenhang.
Das Verb fuhr
Das Wort fur kann auch das Verb fahren (Luther-Deutsch: faren) in der 3. Person Singular Präteritum meinen.
fur in der Bedeutung »vor«: Psalm 3,1
Ein Pſalm Dauids / Da er floh fur ſeinem ſon Abſalom.
Ein Psalm Davids, [gesungen,] als er vor seinem Sohn Aschalom floh.
fur in der Bedeutung »für«: Psalm 40,18
Denn ich bin Arm vnd Elend / Der HERR aber ſorget fur mich
Denn ich bin arm und elend. Der HERR sorgt aber für mich.
fur in der Bedeutung »fuhr«: Psalm 18,10
Er neigete den Himel vnd fur herab
Er neigte den Himmel und fuhr herab.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Zan
Zeene | Zahn, der Zan
Plural: Zeene
Auge vmb auge / Zan vmb zan / Hand vmb hand / Fus vmb fus / 25Brand vmb brand / Wund vmb wunde / Beule vmb beule.
Auge um Auge, Zahn um Zahn, Hand um Hand, Fuß um Fuß, Brand um Brand, Wunde um Wunde, Beule um Beule.
Die hoffnung des Verachters zur zeit der not / Jſt wie ein fauler Zan vnd gleitender fus.
Die Hoffnung des Verächters in Zeiten der Not ist wie ein fauler Zan und ein steifer Fuß.
IR habt gehört / das da geſagt iſt / Auge vmb auge / Zan vmb zan.
Ihr habt gehört, das da gesagt ist: Auge um Auge, Zahn um Zahn.
Denn du ſchlegſt alle meine Feinde auff den backen / vnd zerſchmetterſt der Gottloſen zeene.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Eigel | Eigel, die (veraltet)
Egel, die (Genus veraltet)
Blutegel, der der Egel, der Blutegel
Zu Luthers Zeit waren Egel weiblich (singular: die Egel)
lateinisch (Vulgata) sanguisuga, die / der (Blut-) Egel
Eigel
* In diesem Artikel sind alle Fundstellen zitiert.
Die Schreibwiese »die Eigel« ist von Luther nur in den Sprüchen Salomos, Spr 30,15, belegt.
Die Eigel hat zwo töchter / Bring her / bring her.
Der Blutegel hat zwei Töchter: »Bring her!«, [und] »Bring her!«
Anm.: Der Blutegel wird hier als Sinnbild für Schmarotzertum oder Parasitismus benutzt.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Helle | Hölle, die
Totenreich, das Helle
hebräisch: שאול (Scheol), lateinisch: infernum, auch: abyssus, baratrum, loca inferna, loca infernorum griechisch: Ἅδης (Hades). das Totenreich
Gedacht als konkreter Ort unter der Erdoberfläche (im Gegensatz zum Himmel über der Erdoberfläche), zu dem die Toten hinabsteigen.
Ort der Toten, Totenreich, in Abgrenzung zum Ort (zur Welt) der Lebenden.
Bedeutung
Der Begriff Hölle ist schwierig und zwischenzeitlich längst mystisch verklärt als Ort der Qual für die nach dem Tode Verdammten, als Ort des Feuers, wo Pech und Schwefel brennen, als Ort der Sünder, die aufgrund ihrer irdischen Verfehlungen Höllenpein zu erleiden haben, usw. Derartige Inhalte sind mit dem hebräischen Begriff Scheol nicht verbunden!
Moderne Übersetzungen vermeiden daher meist das Wort Hölle, um nicht einem nichtbiblischen und unchristlichen Glauben an einen verklärten Ort der Qualen, der Dämonen und Teufel Vorschub zu leisten.
Herrscher über den Scheol ist der Gott JHWH (s. Psalm 139,8), nicht der Teufel (griechisch: διάβολος, als Gegenspieler des Gottes JHWH).
Auch Jesus ist nach seinem Tod zunächst in den Hades hinabgestiegen (Glaubensbekenntnis).
Häufig werden daher heute statt Hölle Begriffe wie Totenreich oder Ort der Toten o. ä. verwendet.
Das Wort Helle im Psalter der Lutherbibel
Vorrede zum Psalter: Da ſiheſtu aber mal allen Heiligen ins hertze / wie in den Tod / ja wie in die Helle. Wie finſter vnd tunckel iſts da
Psalm 6,6: Denn im Tode gedenckt man dein nicht / Wer wil dir in der Helle dancken?
Psalm 9,18: Ah das die Gottloſen müſten zur Helle gekeret werden meint: Die Gottlosen sollten sterben
Psalm 16,10: DEnn du wirſt meine Seele nicht in der Helle laſſen
Psalm 18,6: Der Hellen band vmbfiengen mich / Vnd des Tods ſtrick vberweldiget mich.
Psalm 28,1: Auff das nicht / wo du ſchweigeſt / ich gleich werde denen / die in die Helle faren.
Psalm 30,4: HERR du haſt meine Seele aus der Helle gefüret
Psalm 30,4: Du haſt mich lebend behalten / da die in die Helle furen.
Psalm 31,18: Die Gottloſen müſſen zu ſchanden vnd geſchweigt werden in der Helle. meint: die Gottlosen müssen zum Schweigen gebracht werden durch einen schändlichen Tod
Psalm 49,15: Sie ligen in der Helle wie ſchafe / der Tod naget ſie meint: sie liegen in ihren Gräbern wie Schafe und der Tod nagt an ihnen
Psalm 49,15: Jn der Helle müſſen ſie bleiben. meint: sie müssen in ihren Gräbern bleiben
Psalm 49,16: ABer Gott wird meine Seele erlöſen aus der Hellen gewalt meint: Gott wird meine Seele vor der Macht des Todes retten
Psalm 55,16: Der Tod vbereile ſie / vnd müſſen lebendig in die Helle faren meint: Der Tod mag sie einholen und mitten aus dem Leben reißen
Psalm 86,13: Vnd haſt meine Seele errettet aus der tieffen Helle. meint: bewahre mein Leben vor dem Tod
Psalm 88,4: Vnd mein Leben iſt nahe bey der Helle. meint: ich sieche dahin und bin dem Tode nahe, oder: ich fühle mich, als würde ich sterben
Psalm 88,5: Jch bin geacht gleich denen / die zur Helle fahren meint: ich werde genauso wenig geachtet wie Verstorbene
Psalm 89,49: Der ſeine Seele errette aus der Hellen hand? meint: der sein Leben bewahrt
Scholion zu Psalm 94,17: (Stille) Das iſt / in der Helle da es ſtille iſt vnd alles aus. meint: im Grab ist es still und alles ist aus.
Psalm 116,3: STricke des Todes hatten mich vmbfangen / Vnd angſt der Hellen hatten mich troffen meint: Der Tod umklammert mich und Todesangst hat mich überwältigt
Psalm 139,8: Füre ich gen Himel / ſo biſtu da / Bettet ich mir in die Helle / Sihe / ſo biſtu auch da. meint: führe ich in den Himmel: du bist da! Begäbe ich mich ins Totenreich: Da bist du auch!
Psalm 141,7: VNſer gebeine ſind zuſtrewet bis zur Helle meint: Die Leiber und Knochen unserer Verwundeten und Toten sind <über das ganze Feld> verstreut
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Fraw
fraw | Frau, die mhd: frouwe erwachsener weiblicher Mensch
Das Wort besitzt ein großes Umfeld. Die genaue Bedeutung kann oft erst aus dem Textzusammenhang erschlossen werden. Die Frau als Herrin und Gebieterin
Wie die augen der Magd / Auff die hende jrer Frawen. Alſo ſehen vnſer augen auff den HERRN vnſern Gott /
a) Wie die Augen der Dienerin auf die Hände ihrer Frauen, genauso sehen unsere Augen auf den HERRN, unseren Gott. b) Wie die Augen der Sklavinnen auf die Hände ihrer Herrinnen, genauso sehen unsere Augen auf den HERRN, unseren Gott.
Anmerkung zu Psalm 123,2
In diesem Psalm steht das Wort Fraw dem Wort Magd wie eine Standesbezeichnung gegenüber. Es steht für die vornehme, edle, reiche Frau als Gebieterin über Sklavinnen.
Luthers Wort Magd ist die Übersetzung des hebräischen Wortes שִׁפְחָה (šipəḥͻh), das »Sklavin, Dienerin« bedeutet. Speziell die Frauen reicher oder gehobener Familien besaßen eigene Sklavinnen.
Luther übersetzt das hebräische Wort גְּבֶרֶת (gĕḇärät), das »Herrin, Gebieterin« bedeutet mit Frau.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Fewr
fewr
Fewer
fewer | Feuer, das Luther benutzt beide Schreibweisen, sowohl fewr wie auch fewer.
Der HERR wird ſie verſchlingen in ſeinem zorn / Fewr wird ſie freſſen.
Der HERR wird sie verschlingen in seinem Zorn. Feuer wird sie fressen.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
wünderlich | wunderlich (Adjektiv, veraltet)
eigentlich: Verwunderung, Staunen erregen
Luther verwendet es zumeist in der Bedeutung:
verwunderlich, seltsam, sonderbar
So wil ich auch mit dieſem Volck wünderlich vmbgehen / auffs wünderlichſt vnd ſeltzamſt /
So will ich auch mit diesem Volk verwunderlich umgehen, ja, auf das Sonderbarste und Seltsamste
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Magd | Magd, die a) eine erwachsene, noch unverheiratete Frau b) eine unverheiratete, junge Frau, ein Mädchen b) eine Frau in dienender Anstellung (Mann: Knecht), Ersatz für Dienerin
Die Senger gehen vorher / Darnach die Spielleute vnter den Megden die da paucken.
Die Sänger gehen voran. Es folgten die Spielleute inmitten Tamburin schlagender Mädchen.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
vnrügig | unruhig (Adjektiv) in einem Zustand ständiger Unruhe befindlich, ausgelöst von und verbunden mit Plage, Mühe, Last, Besorgnis.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Eimmeiſe
Emmeiſſe | Ameise, die Eimmeiſen, Emmeiſſen
* In diesem Artikel sind alle Fundstellen zitiert. Für das Wort »Ameise« gab es unterschiedliche Schreibweisen. Unklar ist, ob eine der beiden Formen in Spr 6,6 und Spr 30,25 einen Druckfehler darstellt.
Emmeiſe: Spr 6,6
GEhe hin zur Emmeiſſen du Fauler / ſihe jre weiſe an / vnd lerne.
Gehe hin zur Ameise, du Faulpelz! Schaue Dir ihre [Lebens-]Weise an und lerne daraus!
Eimmeiſe: Spr 30,25
Die Eimmeiſen ein ſchwach volck / Dennoch ſchaffen ſie im Sommer jre ſpeiſe /
Die Ameisen [sind nur] ein schwaches Volk. Dennoch schaffen sie [es] im Sommer, ihre Nahrung [zu besorgen].
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Caninichen
Kaninichen
Caninchen | Kaninchen, das Klippdachs, der wildlebendes, dem Hasen ähnliches Tier.
Luther benutzt das allseits bekannte Kaninchen, um einem in Europa unbekannten Tier für seine Leserschaft ein Gesicht zu geben: dem Klippdachs.
Das Tier, das in den biblischen Quellen gemeint ist (hebräisch שׇׁפׇן šāfān; griechisch χοιρογρύλλιον choirogrýllion), ist nach Ansicht der neueren Forschung mit hoher Wahrscheinlichkeit der Klippschliefer oder Klippdachs (Procavia capensis).
Luther lag gar nicht so schlecht mit der Wortwahl für seine Übersetzung: Dieses Tier ähnelt einem Kaninchen durchaus in Fell und Größe. Es ist zudem kein Hase, der eigenständig in den biblischen Schriften genannt ist und von ihm unterschieden werden sollte. Allerdings erinnert der Klippdachs von der äußeren Form her eher an ein Murmeltier oder ein Nutria. Das Tier stellt aber eine eigene, unabhängige Art dar.
Die verschiedenen Schreibweisen in der Lutherbibel erklären sich hinreichend aus den großen Zeitspannen, die zwischen den Übersetzungen der verschiedenen Texte lagen.
Caninichen
* In diesem Artikel sind alle Fundstellen zitiert. Kaninichen
* In diesem Artikel sind alle Fundstellen zitiert. Caninchen
* In diesem Artikel sind alle Fundstellen zitiert. Caninichen
Caninichen ein ſchwach volck / Dennoch legts ſein haus in den felſen /
Die Klippdachse sind ein schwaches Volk. Dennoch bauen sie ihr Haus in den Felsen.
3Mos 11,5
Die Caninichen widerkewen wol / aber ſie ſpalten die Klawen nicht / Darumb ſind ſie vnrein.
Die Klippdachse käuen zwar wieder, aber sie spalten die Klauen nicht. Darum sind sie unrein.
Kaninichen
Die hohen Berge ſind der Gemſen zuflucht / Vnd die Steinklufft der Kaninichen.
Die hohen Berge sind der Gämsen Zuflucht und die Steinkluft der Klippdachse.
Caninchen
5Mos 14,7
Das Camel / der Haſe / vnd Caninchen / die da widerkewen / vnd doch die klawen nicht ſpalten / ſollen euch vnrein ſein.
Das Kamel, der Hase und der Klippdachs, die [zwar] alle wiederkäuen aber [eben] die Klauen nicht spalten, sollen für euch unrein sein.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Hewſchrecke | Heuschrecke, die (Tier) pflanzenfressendes Insekt
Heuschrecken, insbesondere die gefürchtete Wanderheuschrecke, können in ungeheuren Mengen auftreten. Als Schwarm fallen sie in Felder ein und fressen innerhalb kurzer Zeit alle für sie nutzbaren Pflanzenteile. Die Ernte ist nicht mehr möglich. Erstreckt sich die Plage über weite Landstriche, führt das i.d.R. zu so heftigen Ernteverlusten, dass landesweit mindestens erhebliche Teuerungen eintreten oder gar Hungersnöte ausbrechen.
In biblischen Zeiten und in Gegenden, in denen fruchtbares Land rar und der Getreideanbau mühsam war, waren Heuschreckenplagen gefürchtet. Bis heute ist es trotz dem Einsatz moderner Technik nicht möglich, präventiv oder nachhaltig Heuschreckenplagen wirksam zu verhindern oder zu bekämpfen.
Die Heuschreckenplage war die 8. Plage, die Gott über die Ägypter hereinbrechen ließ (2Mos 10,12).
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Lew
Lewe | Löwe, der a) das Tier: der Löwe b) die bildliche Übertragung auf Menschen, wobei oft die Stärke, die Kühnheit und die Raubgier des Löwen das Bild bestimmen.
Beide Schreibweisen, mit und ohne »e« am Ende sind möglich.
Er lauret im verborgen / wie ein Lew in der hüle
Er lauert im Verborgenen wie ein Löwe in der Höhle.
Vnd wie ein auffgereckter Lewe jageſtu mich /
Und wie ein aufgerichteter [im Sprung befindlicher] Löwe jagest du mich [ ganz sicher].
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vmb | um (Partikel) a) Präpostion: um vieles, um alles, usw. b) Adverb: um sein, usw. c) Konjunktion: um zu
Die Schreibweise im Luther-Deutsch ist in allen Fällen vmb, auch als Präfix in Verbindung mit Verben.
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turren
thar
durren | wagen (Verb; veraltet) wagen, sich erkühnen, unterfangen, sich erdreisten, u. ä.
mit einem Verb im Infinitiv, das beschreibt, was gewagt wird.
thar: 3. Person Singular Indikativ Aktiv Präsens von turren:
durren: alternative Schreibweise zu turren
Vnd der König / wider den ſich niemand thar legen.
Und der König, gegen den sich niemand wagt, zu erheben.
Bin ich Gottlos / ſo iſt mir aber weh / Bin ich Gerecht / So thar ich doch mein heubt nicht auffheben /
Bin ich gottlos, dann tut es mir leid. Bin ich gerecht, dann würde ich es dennoch nicht wagen, mein Haupt zu erheben.
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haſtu | hast du (Verb) haſtu
2. Person Singular Indikativ Aktiv von haben (Verb)
Präsens: haſtu: hast du -u: Die Flexion mit dem angehängten »u« ist eine eigentümliche Form, die sonst nur noch aus älteren Texten bekannt ist. Gebildet wurde sie aus der 2. Person, zusammengezogen mit dem Personalpronomen »du«, aus dem das »u« stammt. Diese Form impliziert eine gewisse Dringlichkeit und Direktheit der Ansprache, die unmittelbare Hinwendung zum Gegenüber. So kann es die unzweifelhafte Feststellung des Handelns, die dringliche Ansprache oder die unmittelbare Aufforderung zum Handeln bedeuten (Indikativ in der Aussage), die Erfüllung einfordern, mutmaßen bzw. unterstellen (Konjunktiv), oder zur Antwort und Erklärung auffordern (Verb in der Frage).
Heute ist stattdessen das Verb in seiner gebräuchlichen Flexion verbunden mit »du« zu verwenden. Die Direktheit oder eine Aufforderung kann bestenfalls durch eine Sinn tragende Beifügung umschrieben werden abhängig vom Kontext. Sie kann ggf. durch einen Imperativ herausgestellt werden. haſtu?: (antworte mir!) hast du? haſtu: hast du (ganz bestimmt, ohne Zweifel)!
Er aber ſprach / Was haſtu gethan?
Er aber sprach: Was hast Du getan!?
Der Text 1Mos 12,18-19 enthält eine ganze Reihe Verben mit der Endung -tu, die eindrücklich Vorwurf, Entrüstung und Befehlston des Pharaos ausdrücken:
18DA rieff Pharao Abram zu ſich / vnd ſprach zu jm / Warumb haſtu mir das gethan? Warumb ſageſtu mirs nicht / das dein Weib were? 19Warumb ſprachſtu denn / ſie were deine Schweſter? Derhalben ich ſie mir zum Weibe nemen wolt. Vnd nu ſihe / Da haſtu dein weib / nim ſie vnd zeuch hin.
a) 18Da rief der Pharao Abram zu sich und sprach zu ihm: »Warum <nur> hast du mir das angetan?! Warum <nur> sagtest du nicht, dass sie deine Frau sei?! 19Warum <nur> sprachst du denn, sie wäre deine Schwester?! Wegen all dem wollte ich sie mir zur Frau nehmen! Nun denn, hier hast du deine Frau! Nimm sie und verzieh dich!«
b) 18Da rief der Pharao Abram zu sich und sprach zu ihm: »Sag, warum nur hast du mir das angetan?! Wieso hast du mir verschwiegen, dass sie deine Frau ist?! 19Wie konnstest du nur behaupten, sie wäre deine Schwester?! Allein wegen dieser Behauptungen wollte ich sie doch zur Frau nehmen! Nun denn, hier hast du deine Frau zurück! Nimm sie und verzieh dich!«
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Erläuterungen siehe Das große Stilkunst.de–Wörterbuch zur Lutherbibel von 1545 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Der Text aus der Lutherbibel ist auf unseren Seiten in Anlehnung an das Druckbild des Originals von 1545 wiedergegeben.
Den Seitenaufbau, die verwendeten Schriften, die Schreibregeln der Frakturschrift und Luthers Intentionen, mit der Typografie Lesehilfen bereitzustellen, erläutert dem interessierten Leser unser Artikel »Satz und Typografie der Lutherbibel von 1545«.
M
Luther erklärt die Bedeutung des Alten Testaments und der Gesetze Mose. Diese Schriften seien für Christen sehr nützlich zu lesen, nicht zuletzt deshalb, weil Jesus, Petrus und Paulus mehrfach daraus zitieren.