Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545
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[329b]
DRey Bücher haben
den namen Salomonis. Das erſte iſt / Prouerbia / die Sprüche / welchs billich ein Buch heiſſen mag / von guten Wercken / Denn er darin leret ein gut Leben füren / fur Gott vnd der Welt.
Drey Bücher Salomonis. Das erſte
Die Sprüche.
VND ſonderlich nimpt er fur ſich / die liebe Jugent / vnd zeucht ſie gantz veterlich zu Gottes geboten / mit tröſtlichen Verheiſſungen / wie wol es den Fromen gehen ſolle / vnd mit drewen / wie die böſen geſtrafft werden müſſen. Denn die Jugent von jr ſelber zu allem Böſen geneigt / Dazu als ein vnerfaren Volck / der Welt vnd Teufels liſt vnd bosheit nicht verſtehet / vnd den böſen Exempeln vnd ergerniſſen widerzuſtehen / viel zu ſchwach iſt / vnd ſich ſelbs ja nicht vermag zu regieren / Sondern / wo ſie nicht gezogen wird / ehe ſie ſich vmbſihet / verderbet vnd verloren iſt.
Salomo predigt allhie / furnemlich der Jugent.
Jugent zu allem böſen geneigt etc.
DARumb darff ſie wol / vnd mus haben Lerer vnd Regierer / die ſie vermanen / warnen / ſtraffen / züchtigen vnd jmer zu Gottes furcht vnd Gebot halten / dem Teufel / der Welt vnd Fleiſch zu wehren. Wie denn Salomo in dieſem Buch mit allem vleis vnd reichlich thut / Vnd ſeine Lere in Sprüche faſſet / Da mit ſie deſte leichter gefaſſet vnd lieber behalten werden. Das billich ein jglich Menſch / ſo from zu werden gedenckt / ſolch Buch wol möcht fur ſein teglich Handbuch oder Betbuch halten / vnd offt drinnen leſen / vnd ſein Leben drinnen anſehen.
DEnn es mus doch der weg einen gehen / Entweder / das man ſich laſſe den Vater züchtigen / oder den Hencker ſtraffen / Wie man ſpricht / Entleuffeſtu mir / Du entleuffeſt dem Henker nicht. Vnd were gut / das man der Jugent ſolchs jmer einbildet / das ſie vngezweiuelt wiſſen müſte / Das ſie entweder des Vaters rute / oder des Henckers ſchwert müſſe leiden / Wie Salomon in dieſem Buch jmer mit dem Tode drewet / den Vngehorſamen. Denn es wird doch nicht anders draus / Gott leſſt nichts vngeſtrafft. Wie man denn in der Erfarung ſihet / Das die vngehorſamen böſen Buben / ſo gar wünderlich vntergehen / vnd zu letzt doch dem Hencker in die Hende komen / wenn ſie ſich am wenigſten verſehen / vnd am ſicherſten ſind. Des alles ſind öffentliche Zeugen vnd Zeichen die Galgen / Redder vnd Rabenſtein / am wege fur allen Stedten / welche Gott da hin geſetzt hat / durchs weltlich Regiment / zum ſchrecken aller / die ſich nicht wöllen laſſen / mit Gottes worten ziehen / vnd den Eltern gehorchen.
Vaters rute.
Henckers ſchwert.
Gott leſſt das böſe nicht vngeſtraft etc.
DARumb nennet Salomon in dieſem Buch / Narren / alle die ſo Gottes gebot verachten / Vnd Weiſen / die nach Gottes gebot ſich halten. Vnd trifft da mit nicht allein die Jugent / die er fürnemlich zu leren furnimpt / Sondern allerley Stende vom höheſten an / bis zum allerunterſten. Denn gleich wie die Jugent / jr eigen Laſter hat wider Gottes gebot / Alſo haben alle ander Stende auch jre Laſter / vnd wol erger denn der Jugent laſter ſind / Wie man ſpricht / Je elter / je erger. Vnd abermal / Alter hilfft fur keine Torheit.
Narren.
Weiſe.
Alle Stende haben jr eigen laſter.
VND wenn ſonſt nichts were böſes in den andern vnd hohen Stenden / als da iſt / Geitz / Hoffart / Haſs / Neid etc. So iſt doch dis einige Laſter böſe gnug / Das ſie Klug vnd Weiſe ſein wöllen / da ſie nicht ſein ſollen. Vnd jederman geneigt / anders zu thun / denn jm befolhen iſt / vnd zu laſſen / was jm befolhen iſt. Als / wer im geiſtlichen Ampt iſt / der wil klug vnd thettig ſein in weltlichem / vnd iſt ſeiner weisheit hie kein ende. Widerumb / wer in weltlichem Ampt iſt / dem wird das Heubt zu enge fur vberiger Kunſt / wie das geiſtlich Ampt zu regieren ſey.
Gemeine plage vnd Laſter in der Welt etc.
Solcher Narren ſind alle Land / alle Stedte / alle Heuſer vol / vnd werden in dieſem Buch gar vleiſſig geſtrafft / vnd ein jglicher vermanet / das er des ſeinen warte / vnd was jm befolhen iſt / trewlich vnd vleiſſig ausrichte. Vnd iſt auch keiner Tugent mehr / denn gehorſam ſein / vnd warten / was jm zu thun befolhen iſt / Das heiſſen weiſe Leute. Die Vngehorſamen heiſſen Narren / wiewol ſie nicht wöllen vngehorſam noch Narren ſein oder heiſſen.
Gehorſam.
Vngehorſam.
[329b | 330a]
Vorrede.
CCCXXX.
DAS ander Buch heiſſt / Koheleth / das wir den Prediger heiſſen / vnd iſt ein Troſtbuch. Als / wenn nu ein Menſch / nach der lere des erſten Buchs wil gehorſamlich leben / vnd ſeines Befelhs oder Ampts warten / So ſperret ſich der Teufel / Welt / vnd eigen Fleiſch / ſo da wider / das der Menſch / müde vnd verdroſſen wird ſeines Stands / vnd rewet jn alles was er angefangen hat / Denn es wil nirgent fort / wie ers gerne hette. Da hebt ſich denn mühe vnd erbeit / vnluſt vngedult vnd murren / das einer wil hende vnd füſſe laſſen geben / vnd nichts mehr thun. Denn wo der Teufel nicht kan zur rechten ſeitten / mit furwitz vnd luſt dem gehorſam weren / So wil ers zur lincken ſeitten / mit mühe vnd widerwertigkeit hindern.
Das ander Buch Salomo / Der Prediger.
WIe nu Salomo im erſten Buch leret gehorſam / wider den tollen kutzel vnd furwitz. Alſo leret er in dieſem Buch / wider den vnluſt vnd anfechtung / gedültig vnd beſtendig ſein in gehorſam / vnd jmerdar des Stündlins / mit frieden vnd freuden harren. Vnd was er nicht halten noch endern kan / jmer faren laſſe / Es wird ſich wol finden etc.
DAS dritte Buch iſt ein Lobeſang / darin Salomo Gott lobt fur den gehorſam / als fur eine Gottes gabe. Denn wo Gott nicht haushelt vnd ſelbs regiert / da iſt keinem Stande / weder gehorſam noch Friede. Wo aber gehorſam / oder gut Regiment iſt / da wonet Gott / vnd küſſet vnd hertzet ſeine liebe Braut / mit ſeinem wort / das iſt / ſeines mundes Kuſs. Alſo wo es gehet im Lande oder Haus / nach den zweien Büchern (ſo viel
Das dritte Buch Salomo / Das Hohelied.
es ſein kan) Da mag man auch dis dritte Buch
wol ſingen vnd Gott dancken / der vns ſolchs
nicht allein gelert / ſondern auch ſelbs
gethan hat / AMEN.
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