Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545
Der Text in 42 Kapiteln
Nr. | Textstelle | Abschnitt | Link zum Text |
Kapitel XXIX. | ||
|
22 - 31 |
IV. DER DIALOG: DRITTER GESPRÄCHSGANG
|
|
27,1 - 31,40 |
IV.5 Hiobs Schlussrede an die Freunde
|
1 | 29,1-25 |
[280a]
VND Hiob hub abermal an ſeine Sprüche / vnd ſprach / 2O das ich were wie in den vorigen monden / in den tagen da mich Gott behütet. 3Da ſeine Leuchte vber meinem heubt ſchein / vnd ich bey ſeinem Liecht im finſternis gieng. 4Wie ich war zur zeit meiner Jugent / da Gottes geheimnis vber meiner Hütten war. 5Da der Allmechtige noch mit mir war / vnd meine Kinder vmb mich her. 6Da ich meine trit wuſch in butter / vnd die fels mir ölebeche goſſen. 7Da ich ausgieng zum thor in der Stad / vnd mir lies meinen Stuel auff der gaſſen bereiten. 8Da mich die Jungen ſahen / vnd ſich verſteckten / Vnd die Alten fur mir auffſtunden. 9Da die Oberſten auffhöreten zu reden / vnd legeten jre hand auff jren mund. 10Da die ſtimme der Fürſten ſich verkroch / vnd jre zunge an jrem gumen klebte. 11Denn welchs ohre mich hörete / der preiſet mich ſelig / vnd welchs auge mich ſahe / der rhümet mich.
(In butter)
Das iſt / Da ich alles vbrig genug hatte / alles fett vnd vol auff.
12DEnn ich errettet den Armen der da ſchrey / vnd den Waiſen der keinen Helffer hatte. 13Der ſegen des der verderben ſolte / kam vber mich / Vnd ich erfrewet das hertz der Widwen. 14Gerechtigkeit war mein Kleid / das ich anzog wie einen rock / vnd mein Recht war mein fürſtlicher Hut. 15Ich war des Blinden auge / vnd des Lamen füſſe. 16Ich war ein Vater der armen / vnd welche
[283a | 283b]
Das Bucĥ C. XXX.
Hiob.
ſache ich nicht wuſte / die erforſchet ich. 17Ich zubrach die backenzeen des Vngerechten / vnd reis den Raub aus ſeinen zeenen. 18Ich gedacht / Ich wil in meinem neſt erſterben / vnd meiner tage viel machen / wie ſand. 19Meine Saat gieng auff am waſſer / vnd der taw bleib vber meiner Erndte. 20Meine herrligkeit ernewete ſich jmer an mir / vnd mein Bogen beſſerte ſich in meiner hand.
(Bogen)
Das iſt / Meine macht nam jmer zu.
21MAN höret mir zu / vnd ſchwiegen vnd warteten auff meinen rat. 22Nach meinen worten redet niemand mehr / vnd meine Rede trouff ſie. 23Sie warteten auff mich / wie auff den Regen / Vnd ſperreten jren mund auff / als nach dem Abendregen. 24Wenn ich mit jnen lachete / wurden ſie nicht zu küne darauff / vnd das liecht meins angeſichts machte mich nicht geringer. 25Wenn ich zu jrem Geſchefft wolt komen / ſo muſt ich oben anſitzen / Vnd wonet wie ein König vnter Kriegsknechten / da ich tröſtet die leide trugen.
(Lachete)
Freundlich / frölich mit jnen war / würden ſie darumb nicht küne mich zu verachten
Id eſt, Familiaritas mea non peperit apud eos mei contemptum
✽
1) [lat.]: Id est, Familiaritas mea non peperit apud eos mei contemptum.
dt.: »Mit anderen Worten: Mein vertraulicher Umgang erzeugt bei ihnen keine Verachtung für mich.«
Wörtersuche
Gesuchtes Luther-Wort eingeben:
Die Liste aller der Schlagwörter im Wörterbuch findet sich im Register.
Kürzel | Bezeichnung in Luthers Biblia 1545 | Moderne Bibel | Kürzel |
Hiob | Das Buch Hiob.Biblia Vulgata: | Das Buch Hiob (Ijob) Das Buch Ijob | Hiob Ijob Hiob |
Erläuterungen siehe Liste der Abkürzungen und Namen biblischer Bücher | |||
Der Text aus der Lutherbibel ist auf unseren Seiten in Anlehnung an das Druckbild des Originals von 1545 wiedergegeben.
Den Seitenaufbau, die verwendeten Schriften, die Schreibregeln der Frakturschrift und Luthers Intentionen, mit der Typografie Lesehilfen bereitzustellen, erläutert dem interessierten Leser unser Artikel »Satz und Typografie der Lutherbibel von 1545«.
Luthers sieht als Thema des Buches Hiob das Gottesbild unter dem Eindruck von Leid, Schmerz und Trauer. Sind Zweifel an Gott, sind Unmut und Zorn gerechtfertigt?
Luther erklärt die Bedeutung des Alten Testaments und der Gesetze Mose. Diese Schriften seien für Christen sehr nützlich zu lesen, nicht zuletzt deshalb, weil Jesus, Petrus und Paulus mehrfach daraus zitieren.