Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545
Der Text in 42 Kapiteln
Nr. | Textstelle | Abschnitt | Link zum Text |
Kapitel XII. | ||
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3 - 14 |
II. DER DIALOG: ERSTER GESPRÄCHSGANG
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12,1 - 14,22 |
II.7 Hiob antwortet seinen Freunden
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1 | 12,1-25 |
[278a]
12,1 - 14,22
DA antwortet Hiob / vnd ſprach / 2Ja jr ſeid die Leute / mit euch wird die weisheit ſterben. 3Ich hab ſo wol ein hertz als jr / vnd bin nicht geringer denn jr / Vnd wer iſt / der ſolchs nicht wiſſe? 4Wer von ſeinem Neheſten verlachet wird / der wird Gott anruffen / der wird jn erhören / Der gerechte vnd frome mus verlachet ſein. 5Vnd iſt ein verachtet a Liechtlin fur den gedancken der Stoltzen / ſtehet aber das ſie ſich dran ergern. 6Der Verſtörer hütten haben die fülle / vnd toben wider Gott thürſtiglich / wiewol es jnen Gott in jre hende gegeben hat.
7FRage doch das Vieh / das wird dichs leren / vnd die Vogel vnter dem Himel / die werden dirs ſagen. 8Oder rede mit der Erden / die wird dichs leren / vnd die fiſch im meer werden dirs erzelen. 9Wer weis ſolchs alles nicht / das des HERRN Hand das gemacht hat? 10Das in ſeiner Hand iſt die Seele alles des da lebet / vnd der Geiſt alles fleiſchs eins jglichen? 11Prüfet nicht das ohre die rede? vnd der mund ſchmeckt die ſpeiſe? 12Ja bey den Grosuetern iſt die b weisheit / vnd der verſtand bey den Alten. 13Bey jm iſt weisheit vnd gewalt / rat vnd verſtand. 14Sihe / wenn er zubricht / ſo hilfft kein bawen. Wenn er jemand verſchleuſſt / kan niemand auffmachen. 15Sihe / wenn er das waſſer verſchleuſſt / So wirds alles dürre / Vnd wenn ers ausleſſet / So keret es das Land vmb. 16Er iſt ſtarck vnd fürets aus / Sein iſt der da jrret / vnd der da verfüret.
17ER füret die Klugen wie ein raub / vnd macht die Richter toll. 18Er löſet auff der Könige zwang / Vnd gürtet mit einem gürtel jre Lenden. 19Er füret die Prieſter wie ein raub / Vnd leſſts feilen den Feſſten. 20Er wendet weg die lippen der Warhafftigen / vnd nimpt weg die ſitten der Alten. 21Er ſchüttet verachtung auff die Fürſten / vnd macht den bund der Gewaltigen los. 22Er öffenet die finſtern gründe / vnd bringt er aus das tunckel an das liecht. 23Er macht etlich zum groſſen Volck / vnd bringet ſie wider vmb. Er breitet ein Volck aus / vnd treibts wider weg. 24Er nimpt weg den mut der Oberſten des Volcks im Lande / vnd macht ſie jrre auff eim vnwege / da kein weg iſt. 25Das ſie die finſternis tappen on liecht / vnd macht ſie jrre / wie die Trunckene.
b
Das iſt / Ir ſaget weisheit ſey bey den Grosuetern. Ich ſage aber ſie ſey bey Gott / welcher allein aller Könige / Prieſter / Richter / gewalt / kunſt / heiligkeit zu nicht macht.
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1) lat.: Id eſt
dt.: Das ist
Id est: Glummend tovht. | »Das ist: [Ein] glimmender Docht«
Luther erklärt seinen Lesern, dass das Wort »Lichtlein« wirklich ein ganz, ganz kleines Lichtlein meine, praktisch nur einen glimmenden Docht, der nicht in der Lage ist etwas zu erhellen, aber bereit, die Flamme auflodern zu lassen. Das meint: Der Gerechte und Frome ist für den Stolzen weder Gefahr noch Erleuchtung, aber der Funke der Gerechtigkeit, seine glimmende, unauslöschliche Gegenwart, ärgert den Stolzen,
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Kürzel | Bezeichnung in Luthers Biblia 1545 | Moderne Bibel | Kürzel |
Hiob | Das Buch Hiob.Biblia Vulgata: | Das Buch Hiob (Ijob) Das Buch Ijob | Hiob Ijob Hiob |
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Den Seitenaufbau, die verwendeten Schriften, die Schreibregeln der Frakturschrift und Luthers Intentionen, mit der Typografie Lesehilfen bereitzustellen, erläutert dem interessierten Leser unser Artikel »Satz und Typografie der Lutherbibel von 1545«.
Luthers sieht als Thema des Buches Hiob das Gottesbild unter dem Eindruck von Leid, Schmerz und Trauer. Sind Zweifel an Gott, sind Unmut und Zorn gerechtfertigt?
Luther erklärt die Bedeutung des Alten Testaments und der Gesetze Mose. Diese Schriften seien für Christen sehr nützlich zu lesen, nicht zuletzt deshalb, weil Jesus, Petrus und Paulus mehrfach daraus zitieren.