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Luthers Wort |
Bedeutung |
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Erſe
(Ars) |
Ärsche, die (Pl.) Singular: Ars
menschlicher Körperteil
der Arsch, der Hintern
In der Lutherbibel 1545 kommt das Wort nur im Plural vor: Erſe.
ahd. mhd: ars, pl.: erse
hebräisch צֹפֶל (cõp̄äl), Plural: צֳפָלִימ (copͻliym) lateinisch culus, anus, podex
Erſe
* In diesem Artikel sind alle Fundstellen zitiert.
Das Wort kommt in der Lutherbibel nur 1Sam 4 und 1Sam 6 vor im Zusammenhang mit der Plage, die durch die Bundeslade in der Stadt Aschdod unter den Philistern wütete: Es brach eine Krankheit aus und Mäuse vermehrten sich schlagartig.
Luther verwendet das Wort Erſe für erkrankte Hintern: Wahrscheinlich bildeten sich in der beschriebenen Plage bei Menschen am Gesäß oder am After eitrige Beulen, Abzesse.
Manche Forscher gehen davon aus, dass die Krankheit eine Form der Ruhr (Dysenterie) gewesen war. Diese Darmerkrankung kann Geschwülste am und im Enddarm verursachen, verläuft unterschiedlich schwer und kann tödlich enden. Auslöser sind meist mangelhafte Hygienebedingungen, worauf die Mäuseplage hinweisen mag.
Moderne Übersetzungen verwenden den allgemeineren Begriff Beule als Krankheitsbezeichnung, ohne den Ort näher zu bestimmen.
Der Begriff Ars, Erſe gehörte sicherlich schon lange vor Luther zu einer durchaus derben, aber sehr geläufigen Ausdrucksweise. Erst später fanden Ausdrücke wie After, Hintern, Gesäß, Sitzfleisch, Allerwertester u. a. Einzug in die feinere Sprache, um als derb klassifizierte oder umgangssprachliche Ausdrücke in Poesie und Prosa zu vermeiden.
Heute werden solche Ausdrücke wieder en vouge, modern, zumindest kontextbezogen und situativ.
Prediger sollten daher durchaus Mut zeigen, und Luthers Wortwahl abwägen. Im Kontext der Geschichte 1Sam 4 - 6 ist das Wort Beule sicher kein Mittel, um die Not der Philister und ihre bemerkenswert ritualisierte Reue (das Schuldopfer) mit der nötigen, archaischen Wirkung in ihrem Glaubensverständnis auszudrücken: Die Menschen wurden rituell zumindest vorübergehend unrein (und somit von der Gesellschaft ausgeschlossen), sie mussten für die Diagnose ihren Schambereich offenlegen, sie mussten äußerst schmerzhafte Entzündungen ertragen, sie litten an Krämpfen und Durchfällen, und viele starben an plötzlichen Geschwulstperforationen mit Austritt eitriger Flüssigkeiten. Es gab keine Heilmittel.
Durch den epedemieartigen Ausbruch konnten gleichzeitig unzählige Menschen ihre Berufe nicht mehr ausüben. Alle Schichten waren betroffen: Arbeiter, Handwerker, Verwaltungsangestellte usw. Das Leben in der Gesellschaft kam in den betroffenen Städten weitgehend zum Erliegen. Und das alles, wegen einer grasierenden Entzündung des Darms und am Hintern.
Aus der Sicht der biblischen Autoren: Noch demütigender konnte eine Strafe Gottes kaum ausfallen.
Aus Luthers Anmerkung in der Marginalspalte zu 1Sam 4, ab Vers 14:
[...] hie bedeut mit den gülden Erſen vnd Meuſen / welches nichts iſt / denn die heimliche plage der Gewiſſen / die zu letzt offenbar wird durch Gottes wort [...]
[...] hier bedeuten »die goldenen Ärsche und Mäuse« nichts anderes als die heimliche Plage der Gewissen, die letztendlich offenbar wird durch Gottes Wort [...]
Anm.: Luther kommentiert hier die Geschichte, in der die Bundeslade von den Philistern erobert und nach Asdod in den Tempel des Gottes Dagon verbracht wurde, bevor sie von den Philistern nach katastrophalen Ereignissen im Land freiwillig wieder an Israel zurückgegeben wurde (1Sam 4 - 6). In der Anmerkung führt Luther Überlegungen zu dem für ihn zentralen Begriff »Gewissen« aus. Die »goldenen Ärsche und Mäuse«, auf die er sich bezieht, kommen erst in 1Sam 6 vor.
SIE aber ſprachen / Welchs iſt das Schuldopffer / das wir jm geben ſollen? Sie antworten / Fünff gülden Erſe / vnd fünff gülden Meuſe /
Sie aber sprachen: »Woraus besteht das Schuldopfer, das wir geben sollen?« Sie antworteten: »Fünf goldene Ärsche und fünf goldene Mäuse.«
Anm: Gemeint sind aus Gold gefertigte Symbolfiguren, Plastiken, die wie Mäuse und Ärsche aussahen.
Der Hintergrund dazu wird in 1Sam 5 Vers 9 (und 12) erzählt: [...] ward durch die Hand des HERRN in der Stad ein ſeer gros Rumor / vnd ſchlug die Leute in der Stad / beide klein vnd gros / vnd kriegten heimliche Plage an heimlichen örten.
Vers 9 weist darauf hin, dass es in der Stadt der Philister plötzlich viel Geschrei gab (ſeer gros Rumor), weil die Bewohner von einer bösartigen und schmerzhaften Krankheit geplagt wurden, die offensichtlich im intimen Körperbereich ausbrach (an heimlichen örtern), im Darm und am After (vermutlich Durchfälle, Krämpfe, Abzesse).
Neue Übersetzungen schreiben: »sodass an ihnen Beulen ausbrachen« (Luther 2017).
Doch der Begriff Beule ist zu allgemein und nicht eindeutig genug. Beule ist nahezu neutral, kann viele Ursachen haben und ihre Folgen für den Erkrankten im Verlauf der Krankheit sind unbestimmt. Der hebräische Begriff kennzeichnet sehr viel konkreter (entzündete) Geschwülste (eitrige Abzesse) am After (im Enddarm und am Darmausgang, eben am verborgenen Ort), nicht irgendwo am Körper. Und die Sache war schmerzhaft: Das Geschrei in der Stadt war groß (Vers 12).
Nun lässt sich eine Eiterbeule kaum wiedererkennbar als goldene Plastik formen. Für Luther war es daher klar, dass die Plastiken Abbildungen von menschlichen Gesäßteilen gewesen sein mussten, womöglich mit ausgeprägten Verformungen, um die Krankheit zu visualisieren.
Die Plastiken zeigten sicherlich kleine, goldene Ärsche. Und so sollten sie auch heute genannt werden: Ärsche, nicht Beulen.
Die Botschaft der Plastiken war das Eingeständnis der Philister: »Uns haben zwei Plagen eures Gottes besiegt: Mäuse, die unsere Lebensmittel vernichteten, und eitrige Geschwülste an unseren Ärschen, die unser gesellschaftliches Leben zusammenbrechen ließen.«
Die Philister demonstrieren mit der Rückgabe der Lade zusammen mit den Symbolfiguren als Opfergabe: »Nehmt die Lade zurück und mit ihr mögen die Plagen weichen.« Sie warnen damit gleichzeitig alle Philisterfürsten davor, sich jemals wieder der Bundeslade zu bemächtigen.
So müſſet jr nu machen gleiche geſtalt ewren Erſen vnd ewren Meuſen / die ewr Land verderbet haben
So müsst ihr nun [die goldenen Symbolfiguren] in gleichem Aussehen machen wie eure [erkrankten] Ärsche und eure Mäuse, die euer Land verwüstet haben.
Vnd legten die Lade des HERRN auff den wagen / vnd das Keſtlin mit den gülden Meuſen vnd mit den Bilden jrer Erſe.
Und [sie] legten die Lade des HERRN auf den Wagen, und auch das Kästchen mit den goldenen Mäusen und den Abbildungen [Plastiken] ihrer Ärsche.
Dis ſind aber die gülden Erſe / die die Philiſter dem HERRN zum Schuldopffer gaben /
Dies sind aber die goldenen Ärsche, die die Philister dem HERRN zum Schuldopfer gaben
SK Version 21.11.2024 ● |
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