Die Bergpredigt
Teil 2

Symbol Texte aus der Biblia 1545

Die Lutherbibel von 1545

 

Ausgewählte Texte der Lutherbibel von 1545 in Frakturschrift

Biblia
 

Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545

Die Bergpredigt

Evangelium des Matthäus
Kapitel 5,1 - 7,29

 

Der Text in fünf Teilen

Teil 2 von 5

Teil 2

Matthäus 5,21–48

Die Bergpredigt
 
 
 

 

Die Bergpredigt

Teil II.

 

Euangelium
S. Mattheus

V.

 

 

 

Die Lehren der neuen Gerechtigkeit:
Was ist Töten?

Exo. 20.

Levi. 24.

 

IR habt gehört / das zu den Al­ten geſagt iſt / Du ſolt nicht tödten / Wer aber töd­tet / Der ſol des Gerichts ſchüldig ſein. 22Ich aber ſage euch / Wer mit ſei­nem Bruder zörnet / Der iſt des Gerichts ſchüldig /Wer aber zu ſei­nem bruder ſagt / Racha / der iſt des Rats ſchüldig. Wer aber ſagt / du Narr / der iſt des helliſchen Fewrs ſchüldig.

23DARumb / wenn du deine Gabe auff den Altar opfferſt / vnd wirſt alda eindencken / Das dein Bruder et­was wi­der dich habe / 24So las alda fur dem Altar deine Gabe / vnd gehe zuuor hin / vnd verſüne dich mit deinem Bruder / vnd als denn kom vnd opffer deine Gabe.

 

 

 

 

 

 

(Racha)

Racha begreifft alle zornige zeich­en. Etliche mei­nen es kome her vom Ebreiſchen / Rik / id eſt / vanum et nihil / das nirgent zu taug. Aber Narr iſt herter / der auch ſchedlich nicht allein vn­tüchtig iſt.

 

 

 

 

 

 

 

 

Luc. 12.

 

 

Die Lehren der neuen Gerechtigkeit:
Die Ermahnung zur Versöhnung

|| → Lk 12,58-59

25Sey a wilfertig deinem Wi­der­ſa­cher bald / die weil du noch bey jm auff dem wege biſt / Auff das dich der Wi­der­ſa­cher nicht der mal eins vberantworte dem Richter / vnd der Richter vberantworte dich dem Diener / vnd wer­deſt in den Kercker geworffen. 26Ich ſage dir warlich / Du wirſt nicht von dannen eraus ko­men / bis du auch den letzten hel­ler bezalleſt.

 

Die Lehren der neuen Gerechtigkeit:
Was ist Ehebruch?

|| → Mt 19,1-9    || → Mk 10,10    || → Lk 16,17

 

 

 

 

 

 

 

 

a

(Wilfertig)

Gleich wie der ſchüldig iſt zuuer­ſünen / der dem andern leide ge­than hat. Al­ſo iſt der ſchüldig zuuerge­ben vnd gutwillig zu ſein / dem leid ge­ſche­hen iſt / das kein zorn bleibe auff beiden ſeiten.

 

 

Exo. 20.

IR habt gehört / das zu den Alten geſagt iſt / Du ſolt nicht ehebrechen / 28Ich aber ſage euch / Wer ein Weib anſi­het jr zu begeren / Der hat ſchon mit jr die ehe gebrochen in ſei­nem her­tzen.

 

Infr. 18.

Mar. 9.

29ERgert dich aber dein rechts Au­ge / So b reis es aus / vnd wirffs von dir. Es iſt dir beſ­ſer / das eins deiner Gelied verderbe / vnd nicht der gantze Leib in die Helle geworffen wer­de. 30 Ergert dich deine rechte Hand / So haw ſie abe / vnd wirff ſie von dir. Es iſt dir beſ­ſer / das eins deiner Gelied verderbe / vnd nicht der gantze Leib in die Helle geworffen wer­de.

b

(Reis)

Geiſtlich ausreiſ­ſen iſt hie geboten / das iſt / wenn der Augen luſt getöd­tet wird im her­tzen / vnd abge­than.

Deut. 24.

Matt. 19.

Mar. 10.

Luc. 16.

 

31ES iſt auch geſagt / Wer ſich von ſei­nem Weibe ſcheidet / der ſol jr geben einen Scheidbrieff. 32Ich aber ſage euch / Wer ſich von ſei­nem Weibe ſcheidet / (Es ſey denn vmb ehebruch) der macht / das ſie die Ehe bricht / Vnd wer ein Abgeſcheidete freiet / der bricht die Ehe.

 

 

 

 

 

 

 

Levi. 19.

 

Die Lehren der neuen Gerechtigkeit:
Was sind Meineid und falsches Schwören?

IR habt weiter gehört / das zu den Alten geſagt iſt / Du ſolt keinen falſchen Eid thun / vnd ſolt Gott deinen Eid hal­ten. 34Ich aber ſage euch / Das jr aller ding nicht c ſchwe­ren ſolt / weder bey dem Hi­mel / denn er iſt Got­tes ſtuel. 35Noch bey der Erden / denn ſie iſt ſei­ner Füſſe ſchemel / Noch bey Je­ru­ſa­lem denn ſie iſt eines groſ­ſen Königes ſtad. 36Auch ſoltu nicht bey deinem Heubt ſchwe­ren / Denn du vermagſt nicht ein einigs Har weis vnd ſchwartz zu machen. 37Ewer rede aber ſey Ja / ja / Nein / nein / Was drüber iſt / das iſt vom vbel.

 

 

c

(Schweren)

Alles ſchwe­ren vnd eiden iſt hie verboten / das der Menſch von jm ſel­ber thut. Wens aber die lie­be / ge­bot / not / nutz des Ne­he­ſten oder Got­tes ehre fod­dert / iſt es wolge­than. Gleich wie auch der Zorn ver­boten iſt / vnd doch löblich / wenn er aus lie­be vnd zu Got­tes ehre er­foddert wird.

 

 

Die Lehren der neuen Gerechtigkeit:
Was ist Vergelten?

|| → Lk 6,29

 

Exo. 21.

Levi. 24.

Deut. 19.

Luc. 6

 

IR habt gehört / das da geſagt iſt / Au­ge vmb auge / Zan vmb zan. 39Ich aber ſage euch / Das jr d nicht widerſtreben ſolt dem vbel / Son­dern ſo dir jemand einen ſtreich gibt auff deinen rechten Backen / dem biete den andern auch dar. 40Vnd ſo jemand mit dir rechten wil / vnd deinen Rock ne­men / dem las auch den Mantel / 41Vnd ſo dich jemand nötiget eine Meile / ſo gehe mit jm zwo. 42Gib dem der dich bittet / vnd wende dich nicht von dem / der dir abborgen wil.

 

d

(Nicht wider­ſtreben)

Das iſt / Niemand ſol ſich ſelbs rech­en. Aber die Oberkeit des ſchwerts ſol ſolchs thun /
Rom. 13 ]

 

 

Die Lehren der neuen Gerechtigkeit:
Was ist Nächstenliebe?

|| → Lk 6,27-36

 

Luc. 19. 26.

→*1)

IR habt gehört / das geſagt iſt / Du ſolt deinen Ne­he­ſten lie­ben / Vnd deinen Feind haſſen. 44Ich aber ſage euch / Liebet ew­re Feinde. Segenet die euch fluchen. Thut wol denen die euch haſſen. Bittet fur die / ſo euch beleidigen vnd ver­fol­gen. 45Auff das jr Kinder ſeid ewrs Vaters im Hi­mel / Denn er leſſt ſei­ne Sonne auff gehen vber die Bö­ſen vnd vber die Guten / vnd leſſt regenen vber Gerechte vnd Vn­ge­rech­te. 46Denn ſo jr lie­bet / die euch lie­ben / Was wer­det jr fur Lohn haben? Thun nicht das ſelb auch die e Zölner? 47Vnd ſo jr euch nur zu ew­ern Brüdern freundlich thut / Was thut jr ſon­der­lichs? Thun nicht die Zölner auch al­ſo? 48Da­r­umb ſolt jr vol­ko­men ſein / gleich wie ew­er Va­ter im Hi­mel vol­ko­men iſt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

e

(Zölner)

Heiſſen latiniſch Publicani / vnd ſind ge­we­ſen / die der Römer rendte vnd zol beſtanden hatten / vnd waren gemeiniglich gott­loſe Heiden / da­hin von den Rö­mern geſetzt.

 

 

 

 

1) Druckfehler: Luc. 19. 26.

Die Angabe ist hier deplatziert.

Passen würde zu Vers 44 beispielsweise →Lk 23,34.

 

 

 

 

Biblia 1545

Wörterbuch zur Lutherbibel

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Biblia 1545

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Ex.
Exo.
Exod.
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2. Mose

Ex

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3. Mose

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Matt.
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Math.
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Matthäusevangelium

Mt

Mt

Mt

Marc.
Mar.

 

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Markusevangelium

Mk

Mk

Mk

Luce.
Luc.
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Das Evangelium nach Lukas

Lukasevangelium

Lk

Lk

Lk

Infr.
Inf.
In.

Latein: [vide] infra Kapitelnummer

 

»[Siehe] [weiter] unten, Kapitelnummer«, oder
»[Siehe] unten, [im selben Buch] Kapitelnummer«.

 

Erläuterungen siehe →Liste der Abkürzungen und Namen biblischer Bücher

 

 

 

 

Worterklärungen: Übersicht

Die folgenden Begriffe aus dem Text Mt 5,21-48 wer­den hier erläutert.

Versnummer: Luthers Wort

21: Du ſolt nicht tödten

22: Racha

25: wilfertig

28: Weib

29: Helle

30: abe

34: ding

36: ſoltu

36: Heubt

40: rechten

  

Klick auf ein Wort führt zum Eintrag mit den Erklärungen.

Das vollständige Verzeichnis findet sich hier: →Das große Stilkunst.de–Wörterbuch zur Lutherbibel von 1545

 
Weltkugel

Aus dem Wörterbuch

Worterklärungen:
Seltene Namen, Wörter und Begriffe im Text Mt 5,21-48

Luther-Deutsch

Deutsch   |   Erläuterungen

Du ſolt nicht tödten

Das 5. Gebot

Du sollst nicht töten!

Luther verwendet in → Mt 5,21 (Die Bergpredigt) die selbe Formulierung wie in →2Mos 20,13 (Die Zehn Gebote).

 

Was meint »nicht tödten«?

 

Die Diskussion darum, wie dieses Gebot zu verstehen ist, und wie Luther die beiden Stellen übersetzt, reißt nicht ab.

 

Zwar geht es durchaus um die Frage, welche Übersetzung den hebräischen und griechischen Quellen am Ehesten entspricht. Es geht aber auch um die Frage, ob es für Christen statthaft ist, in bestimmten Situationen zu töten, beispielsweise zur Abwehr von Gewalt, zur Verteidigung des eigenen Lebens, zur Verteidigung der Gesellschaft und des Staates, zur Bestrafung von schwerwiegenden Verbrechen, usw.

 

Die »richtige« Übersetzung ist dabei nicht selten in der Diskussion ein Argument. Doch was ist »richtig«?

 

In 2Mos 20,13 bezeichnet das hebräische רָצָה (razah) das unrechtmäßige Töten eines einzelnen Menschen: töten, morden, erschlagen.

 

Doch was meint »unrechtmäßig«? Meint es Unrecht in Bezug auf das Rechtssystem eines (beliebigen) Staates in einer (beliebigen) Zeit? Meint es das alttestamentliche jüdische Recht? Meint es das Rechtsverständnis einer christlich geprägten Gesellschaft? Meint es das göttliche Recht, das uns durch die Gebote, durch die Propheten, durch Jesus Christus und durch das Neue Testament vermittelt wurde?

 

So findet sich in der Einheitsübersetzung in 2Mos 20,13 der Text »Du sollst nicht morden«. Jedoch bietet die selbe Einheitsübersetzung in Mt 5,21 »Du sollst nicht töten«.

 

Die Einheitsübersetzung versucht sich dem Problem zu nähern, löst es aber nicht auf. Wir mei­nen: Im Gegenteil!

 

Der Versuch, nur eine bestimmte Variante des Tötens im Gebot zu erfassen, nämlich das Morden, schafft völlig neue Probleme.

 

Ein Beispiel aus unserer jüngeren Geschichte mag das verdeutlichen: War die staatlich angeordnete Tötung von Juden, von Zeugen Jehovas, von Zigeunern, von politischen Gefangenen, von geistig behinderten Mitmenschen durch die Nazis im Dritten Reich rechtens oder Mord? Aus unserer heutigen Perspektive ist die Antwort klar: Es war Mord. Doch sobald man sich in das System selbst begibt und nicht nur die Zeit, sondern auch den gesamten Rückblick auf die Geschichte abstreift, könnte es sich völlig anders darstellen – wie es auch die Vernehmungen der Täter in den Nürnberger Prozessen belegen. Sie hätten, so formulierten sie mehrfach, im Rahmen des Rechts, auf Anordnung und auf Befehl gehandelt. Das verharmlost die Taten keineswegs!

 

Das Beispiel zeigt, dass sich der Begriff »unrechtmäßiges Töten« ganz besonderen Werten und Beurteilungen stellen muss! Werten, die weit über die Rechtssysteme von Gesellschaften und Staaten hinausgehen. Werten, die auch in einer Betrachtung von außen bzw. im Rückblick unter sich ändernden Bedingungen zum selben Urteil führen.

 

Das ist es, was Jesus in der Bergpredigt formuliert. Und das ist es, was Luther durch seine Wortwahl offenhalten möchte.

 

Der Text der griechisches Quellen sowohl im Neuen Testament wie auch im Alten Testament (Septuaginta) hilft uns nur bedingt weiter. Er lautet gleich: ού φονεὐσειϛ - »du sollst nicht morden/töten«.

Das griechische φονεὐω meint morden, töten. Der φονεὐς ist ein Mörder oder Totschläger, also jemand, der unrechtmäßig tötet.

 

So bleibt es uns überlassen, das zugrundeliegende Wertesystem festzumachen. Das ist keine leichte Aufgabe! Die Auswirkungen ihrer Ergebnisse sind enorm.

 

Wir sind überzeugt, dass es Luther auf eine christlich geprägte Übersetzung ankam, die sich am Sprachgebrauch seiner Zeit orientierte und damit die Erfahrungen und das Wissen der selben Zeit spiegelte.

 

Für ihn war einerseits mit Blick auf das Neue Testament Töten an sich ein Verbrechen – wenn schon das Beschimpfen eines Mitmenschen auf gleiche Weise geahndet wer­den soll (→ Mt 5,21f). Anderseits war »morden« für Luther viel zu eng gefasst. Seiner Lebenswirklichkeit entsprach das nicht.

 

So geschahen üble Verbrechen, Hinrichtungen und Morde auch im Namen der Kirche, die theologisch-religiös und durch Gesetze sanktioniert waren, und die nicht unter den Begriff »Mord« fielen.

 

Luther kannte beispielsweise das Schicksal von Jan Hus sehr wohl. Ein Schicksal, das die Kirchenfürsten und der Kaiser auch Luther nach seinem Auftritt in Worms angedeihen lassen wollten und dem er sich nur durch die vorgetäuschte Entführung entziehen konnte.

 

Die Übersetzung »Du sollst nicht morden« wäre ein Freibrief für kirchliche und staatliche Übergriffe dieser Art gewesen. Es sollte jedem Leser bewusst sein, dass sie das noch heute ist und nur mit größter Vorsicht interpretiert wer­den sollte.

 

Wir folgen der Denkweise Luthers, die sich in seiner Übersetzung zeigt, und im Sinne des kategorischen Imperativs als Wertemaßstab (Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.): Du sollst nicht töten.

 

 

 

SK Version 25.09.2024  

→Register

Racha

Raka

griechisch: ῤακά (rhaka)

 

Ein Schimpfwort, das in der Bibel nur in → Mt 5,22 vorkommt.

 

Luther weist in seinem Scholion darauf hin, dass damit wohl ein harmloser »Trottel«, »Faulenzer« oder »Dummkopf« gemeint sei (unbewusste oder passive Eigenschaft), denn das Schimpfwort »Narr« sei schlimmer, weil es einen Menschen bezeichnet, der zudem Schaden anrichtet (bewusste oder aktive Eigenschaft).

 

 

SK Version 25.09.2024  

→Register

wilfertig

willfertig (Adjektiv; veraltet)

willfährtig(Adjektiv; veraltet)

willfährig (Adjektiv)

willig, bereit, freundlich, gefällig

 

→ Mt 5,25

 

Sey wilfertig deinem Wi­der­ſa­cher bald

 

Luther erklärt in den Begriff im Scholion:

 

(Wilfertig)
Gleich wie der ſchüldig iſt zuuer­ſünen / der dem andern leide ge­than hat. Al­ſo iſt der ſchüldig zuuerge­ben vnd gutwillig zu ſein / dem leid ge­ſche­hen iſt / das kein zorn bleibe auff beiden ſeiten
.

 

 

Heute wird willfährig oft abwertend gebraucht: ge­dan­ken­los oder wür­de­los den Ab­sich­ten an­de­rer die­nen oder fol­gen. Die ur­sprüng­lich bewusst freund­li­che Hal­tung ist im Wort­sinn ver­lo­ren­ge­gan­gen.

 

 

SK Version 25.09.2024  

→Register

Weib

Weib, das

die (Ehe-) Frau

 

Hinweis:

 

Es ist zu beachten, dass Luther den zu seiner Zeit gängigen Begriff Weib nicht abschätzig oder abwertend benutzt. Im Gegenteil: Wenn auch die etymologische Herkunft des Begriffs umstritten und unklar ist, so bezeichnete er doch die erwachsene, verantwortlich handelnde Frau in gesellschaftlich angesehener Stellung, z. B. als Ehefrau.

 

In der deutschen Sprache hat der Begriff »Weib« im Laufe der Zeit eine geringschätzende Bedeutung erfahren und besitzt heute die Qualität einer Beleidigung, die u. U. strafrechtlich verfolgt wer­den kann. Der Begriff wird daher in modernen Übersetzungen nicht verwendet. Stattdessen wird i. d. R. das Wort »Frau« benutzt.

 

Die englische Sprache kennt noch heute geläufig das Wort »wife« (meist für »Ehefrau«), das etymologisch auf die selbe Wurzel zurückzuführen ist, neben dem Begriff »woman«, der allgemein für »Frau« steht.

 

Empfehlung:

 

Wir empfehlen wegen der geringschätzenden Qualitäten, die an diesem Begriff kleben, bei Interpretationen, bei Textauslegungen, in Predigten und auch bei Textlesungen aus alten Lutherbibeln den Begriff Weib nicht zu verwenden und durch Frau zu ersetzen.

 

 

SK Version 25.09.2024  

→Register

Helle

Hölle, die

 

Totenreich, das

Helle
Vorkommen in der Lutherbibel von 1545

 

Gesamt AT Apokryphen NT
139 85 38 16

hebräisch: שאול (Scheol),
das Totenreich, die Unterwelt, in Abgrenzung zur Welt der Lebenden

lateinisch: infernum,

auch: abyssus, baratrum, loca inferna, loca infernorum

griechisch: Ἅδης (Hades).

das Totenreich

 

Gedacht als konkreter Ort unter der Erdoberfläche (im Gegensatz zum Himmel über der Erdoberfläche), zu dem die Toten hinabsteigen.

 

Ort der Toten, Totenreich, in Abgrenzung zum Ort (zur Welt) der Lebenden.

 

 

Bedeutung

 

Der Begriff Hölle ist schwierig und zwischenzeitlich längst mystisch verklärt als Ort der Qual für die nach dem Tode Verdammten, als Ort des Feuers, wo Pech und Schwefel brennen, als Ort der Sünder, die aufgrund ihrer irdischen Verfehlungen Höllenpein zu erleiden haben, usw. Derartige Inhalte sind mit dem hebräischen Begriff Scheol nicht verbunden!

 

Moderne Übersetzungen vermeiden daher meist das Wort Hölle, um nicht einem nichtbiblischen und unchristlichen Glauben an einen verklärten Ort der Qualen, der Dämonen und Teufel Vorschub zu leisten.

 

Herrscher über den Scheol ist der Gott JHWH (s. →Psalm 139,8), nicht der →Teufel (griechisch: διάβολος, als Gegenspieler des Got­tes JHWH).

 

Auch Jesus ist nach seinem Tod zunächst in den Hades hinabgestiegen (Glaubensbekenntnis).

 

Häufig wer­den daher heute statt Hölle Begriffe wie Totenreich oder Ort der Toten o. ä. verwendet.

 

 

Das Wort Helle im Psalter der Lutherbibel

 

→Vorrede zum Psalter: Da ſi­he­ſtu aber mal allen Heiligen ins hertze / wie in den Tod / ja wie in die Helle. Wie fin­ſter vnd tunckel iſts da

 

→Psalm 6,6: Denn im Tode gedenckt man dein nicht / Wer wil dir in der Helle dancken?
meint: Tote sind handlungsunfähig

 

→Psalm 9,18: Ah das die Gott­lo­ſen müſten zur Helle gekeret wer­den

meint: Die Gottlosen sollten sterben

 

→Psalm 16,10: DEnn du wirſt meine Seele nicht in der Helle laſ­ſen
meint: Du wirst mich nicht sterben lassen

 

→Psalm 18,6: Der Hellen band vmbfiengen mich / Vnd des Tods ſtrick vberweldiget mich.
meint: ich war dem Tod nahe

 

→Psalm 28,1: Auff das nicht / wo du ſchweigeſt / ich gleich wer­de denen / die in die Helle faren.
meint: auch wenn du schweigst, deshalb wer­de ich nicht gleich sterben

 

→Psalm 30,4: HERR du haſt meine Seele aus der Helle ge­fü­ret
meint: du hast mich vor dem Tod bewahrt

 

→Psalm 30,4: Du haſt mich lebend behalten / da die in die Helle furen.
meint: mich hast du am Leben gelassen, während die anderen starben

 

→Psalm 31,18: Die Gott­lo­ſen müſſen zu ſchan­den vnd geſchweigt wer­den in der Helle.

meint: die Gottlosen müssen zum Schweigen gebracht wer­den durch einen schändlichen Tod

 

→Psalm 49,15: Sie ligen in der Helle wie ſchafe / der Tod naget ſie

meint: sie liegen in ihren Gräbern wie Schafe und der Tod nagt an ihnen

 

→Psalm 49,15: Jn der Helle müſſen ſie bleiben.

meint: sie müssen in ihren Gräbern bleiben

 

→Psalm 49,16: ABer Gott wird meine Seele erlöſen aus der Hellen gewalt

meint: Gott wird meine Seele vor der Macht des Todes retten

 

→Psalm 55,16: Der Tod vbereile ſie / vnd müſſen lebendig in die Helle faren

meint: Der Tod mag sie einholen und mitten aus dem Leben reißen

 

→Psalm 86,13: Vnd haſt meine Seele errettet aus der tieffen Helle.

meint: bewahre mein Leben vor dem Tod

 

→Psalm 88,4: Vnd mein Leben iſt nahe bey der Helle.

meint: ich sieche dahin und bin dem Tode nahe, oder: ich fühle mich, als würde ich sterben

 

→Psalm 88,5: Jch bin geacht gleich denen / die zur Helle fahren

meint: ich wer­de genauso wenig geachtet wie Verstorbene

 

→Psalm 89,49: Der ſei­ne Seele errette aus der Hellen hand?

meint: der sein Leben bewahrt

 

→Scholion zu Psalm 94,17: (Stille) Das iſt / in der Helle da es ſtille iſt vnd alles aus.

meint: im Grab ist es still und alles ist aus.

 

→Psalm 116,3: STricke des Todes hatten mich vmbfangen / Vnd angſt der Hellen hatten mich troffen

meint: Der Tod umklammert mich und Todesangst hat mich überwältigt

 

→Psalm 139,8: Füre ich gen Hi­mel / ſo biſtu da / Bettet ich mir in die Helle / Sihe / ſo biſtu auch da.

meint: führe ich in den Himmel: du bist da! Begäbe ich mich ins Totenreich: Da bist du auch!

 

→Psalm 141,7: VNſer gebeine ſind zuſtrewet bis zur Helle

meint: Die Leiber und Knochen unserer Verwundeten und Toten sind <über das ganze Feld> verstreut

 

 

 

SK Version 21.11.2024  

→Register

abe

ab (Partikel)

Die Partikel tritt regelmäßig mit einem Verb auf.

 

Die Verbindung abe und Verb sind nicht selten eigenständige Verben ge­wor­den:

 

abe hawen: abhauen

 

abe ſein: absein, ab sein (nach der neuen deutschen Rechtschreibung wird »ab sein« wieder wie schon zu Luthers Zeiten getrennt geschrieben)

 

→ Mt 5,30

 

Ergert dich deine rechte Hand / So haw ſie abe / vnd wirff ſie von dir.

 

Ärgert Dich deine rechte Hand, so haue sie ab und wirf sie von dir.

 

 

 

SK Version 25.09.2024  

→Register

Ding

Ding, das

die Sache, die Aufgabe

 

Umfassendes Wort, für vieles, was nicht näher bestimmbar ist oder bestimmt wer­den soll.

 

In der weitesten, unbegrenzten Bedeutung umfasst es das sinnlich Bemerkbare, aber auch das Übersinnliche, das Gedachte.

 

→ Mt 5,34

 

Jch aber ſage euch / Das jr aller ding nicht ſchwe­ren ſolt

 

a) Ich aber sage euch, dass ihr in allen Angelegenheiten nicht schwören sollt

b) Ich aber sage euch, dass ihr nicht schwören sollt, egal in welchen Angelegenheiten

 

→2Mos 20,9

 

Sechs ta­ge ſoltu erbeiten / vnd alle dein ding beſchicken.

 

Ding meint hier alles, was den Angesprochenen umtreibt und beschäftigt: seine Aufgaben und Arbeiten, die zu erledigen sind; seine Verpflichtungen, denen er in diesem Zusammenhang nachkommen muss; seine Tätigkeiten, die er aus Spaß an der Freude betreibt, usw.

 

Wir verwenden im folgenden Übersetzungsbeispiel das Wort »Aufgaben«. Wir sind uns bewusst, dass dieser Begriff viel zu eng gefasst ist, um die Tragweite des Gebots in 2Mos 20,9 auszudrücken:

 

a) umschrieben: Sechs Tage hast du zu arbeiten und deine Aufgaben zu erledigen.

b) Imperativ: Arbeite sechs Tage und erledige deine Aufgaben!

 

Siehe auch: →Artikel ſoltu

 

Anmerkung:

 

Womöglich wäre die folgende Übersetzung sinnvoll. Umgangssprachlich ist sie wieder zeitgemäß:

 

Sechs Tage hast du Zeit, dein Ding zu machen.

 

Mach dein Ding!

 

Die Redensart »sein Ding machen« (und alle Ableitungen davon), ist keineswegs so modern, wie sie scheint.

 

Sie geht auf Luther zurück (2Mos 20,9). In gutem Luther-Deutsch hieße sie allerdings »seyn ding beſchicken«. Die Bedeutung beider Ausdrücke ist nahezu identisch.

 

 

 

SK Version 25.09.2024  

→Register

ſoltu

sollst du (Verb)

2. Person Singular Indikativ Aktiv von sollen (Verb)

 

Präsens:

ſoltu: sollst du

 

-u:

Die Fle­xi­on mit dem an­ge­häng­ten »u« ist ei­ne ei­gen­tüm­li­che Form, die sonst nur noch aus älte­ren Tex­ten be­kannt ist. Ge­bil­det wur­de sie aus der 2. Per­son, zu­sam­men­ge­zo­gen mit dem Per­so­nal­pro­no­men »du«, aus dem das »u« stammt.

Die­se Form im­pli­ziert ei­ne ge­wis­se Dring­lich­keit und Di­rekt­heit der An­spra­che, die un­mit­tel­ba­re Hin­wen­dung zum Ge­gen­über. So kann es die un­zwei­fel­haf­te Fest­stel­lung des Han­delns, die dring­li­che An­spra­che oder die un­mit­tel­ba­re Auf­for­de­rung zum Han­deln be­deu­ten (In­di­ka­tiv in der Aus­sa­ge), die Er­fül­lung ein­for­dern, mut­maßen bzw. un­ter­stel­len (Kon­junk­tiv), oder zur Ant­wort und Er­klä­rung auf­for­dern (Verb in der Fra­ge).

 

Heute ist statt­des­sen das Verb in sei­ner ge­bräuch­li­chen Fle­xi­on ver­bun­den mit »du« zu ver­wen­den. Die Di­rekt­heit oder ei­ne Auf­for­de­rung kann besten­falls durch ei­ne Sinn tra­gen­de Bei­fü­gung um­schrie­ben wer­den ab­hän­gig vom Kon­text. Sie kann ggf. durch einen Im­pe­ra­tiv he­raus­ge­stellt wer­den.

 

ſoltu: du sollst (tunlichst, unbedingt)!

 

→ Mt 6,5

 

Vnd wenn du beteſt / ſoltu nicht ſein wie die Heuch­ler ...

 

a) unterstrichen: Und wenn Du betest, sollst Du tunlichst nicht sein wie die Heuchler ...

b) umschrieben: Und wenn Du betest, darfst Du Dich keinesfalls wie die Heuchler verhalten ...

c) Imperativ: Und wenn Du betest, sei nicht wie die
Heuchler ... !

 

Anmerkungen zum Text in Mt 6,5:

 

Die lateinische Biblia Vulgata bietet in Mt 6,5 den Text:

et cum oratis non eritis sicut hypocritae

 

Das entscheidende Wort eritis (von: esse, sein) liegt vor in der 2. Per­son Plu­ral Fu­tur I In­di­ka­tiv Ak­tiv. Die wört­li­che Über­set­zung hieße:

 

Und wenn ihr be­tet, wer­det ihr nicht sein wie die Heuchler

 

1. Luther benutzt als Textglättung den Singular (»du« statt »ihr«), weil der vo­r­an­ge­hen­de Ab­schnitt vom Al­mo­sen­ge­ben (→ Mt 6,1-4) eben­falls im Sin­gu­lar ver­fasst ist und den Ein­zel­nen an­spricht.

 

2. Das lateinische Konstrukt non eritis ist in die­sem Zu­sam­men­hang nur als Auf­for­de­rung für künf­ti­ges Ver­hal­ten zu ver­ste­hen, nicht als Be­schrei­bung ei­nes künf­tig von al­lein ein­tre­ten­den Zu­stands:

 

Und wenn ihr be­tet, seid nicht wie die Heuchler

 

Luther umschreibt Aufforderungen, gött­li­chen Ge­bo­ten zu fol­gen, re­gel­mä­ßig mit sol­len. Aus dem wört­lich über­setz­ten »wer­det ihr nicht sein« bzw. aus der An­pas­sung »seid nicht« wird bei ihm fol­ge­rich­tig ſoltu nicht.

 

→2Mos 20,9

 

Sechs ta­ge ſoltu erbeiten / vnd alle dein ding beſchicken.

 

a) umschrieben: Sechs Tage hast du zu arbeiten und deine Aufgaben zu erledigen.

b) Imperativ: Arbeite sechs Tage und erledige deine Aufgaben!

c) umgangssprachlich: Sechs Tage hast du Zeit, dein Ding zu machen.

 

 

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Heubt

Haupt, das

a) (gehobener Ausdruck für:) Kopf

 

b) von Menschen: die vorstehende Person (einer Grup­pe)

 

c) von Dingen: das wichtigste, das he­r­aus­ra­gen­de Ele­ment

 

 

Das Wort kommt in zahlreichen Zu­sam­men­set­zun­gen vor. So in der Luther­bi­bel von 1545 bei­spiels­wei­se:

 

Heuptborn (Hauptquelle)

Heubtbücher (Hauptbücher)

Heupthar (Kopfhaar)

Heuptkrafft (Hauptkraft)

Heubt­leu­te (Hauptmänner; Vorsteher)

Heubtman (Hauptmann)

Heubtmenner (Hauptmänner)

Heuptquelle (Hauptquelle)

Heubtſa­chen (Hauptsachen)

Heubtſchmuck (Kopfschmuck)

Heuptſchrifft (Hauptschrift)

Heubtſpruch (Haubtspruch)

Heuptſprüch (Hauptspruch)

Heubtſtad (Hauptstadt)

Heubtſtück (Hauptstück)

Heubt­ſum­ma (Gesamtsumme)

→Heubtwaſſer (Hauptstrom)

 

 

Der menschliche Kopf: →Rom 12,20

 

Wenn du das thuſt / ſo wir­ſtu few­ri­geKolen auff ſein Heubt ſamlen.

 

Wenn du das tust, dann wirst du glühende Kohlen auf seinem Kopf sammeln.

 

 

Übertragen: →Eph 1,22

 

Vnd hat alle ding vn­ter ſei­ne Füſſe ge­than / vnd hat In geſetzt zum Heubt der Gemeine

 

Und hat alle Dinge unter seine Füße getan und hat Ihn gesetzt zum Haupt der Gemeinde

 

 

Von Dingen: →2Mos 26,23-24

 

23dazu zwey bret hinden an die zwo ecken der Wonung / 24das ein jglichs der beider ſich mit ſei­nem ortbret von vnten auff geſelle / vnd oben am heubt gleich zu­ſa­men kome mit einem klammer /

 

Dazu [mache] zwei Bretter hinten an die beiden Ecken des Zeltes, dass ein jedes der beiden sich mit seinem Eckbrett von unten zusammenfüge und oben am Kopfende zusammengeahlten wer­de mit einer Klammer.

 

 

 

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rechten

rechten (Verb; veraltet)

Zu Luthers Zeit war das ein Rechtsbegriff. Er meint:

 

dem Recht gemäß verfahren, das Recht anrufen, prozessieren

 

→ Mt 5,40

 

Vnd ſo jemand mit dir rechten wil / vnd deinen Rock ne­men ...

 

Und wenn Dich jemand verklagt und Deinen Rock einfordert ...

 

 

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Erläuterungen siehe →Das große Stilkunst.de–Wörterbuch zur Lutherbibel von 1545

 

 

Biblia 1545

Hinweise zur Stilkunst.de-Ausgabe

Erläuterungen zum Satz und zur Typografie des Bibeltextes

Der Text aus der Luther­bi­bel ist auf un­se­ren Sei­ten in An­leh­nung an das Druck­bild des Ori­gi­nals von 1545 wie­der­ge­ge­ben.

Den Sei­ten­auf­bau, die ver­wen­de­ten Schrif­ten, die Schreib­re­geln der Frak­tur­schrift und Luthers In­ten­tio­nen, mit der Ty­po­gra­fie Le­se­hil­fen be­reit­zu­stel­len, er­läu­tert dem in­ter­es­sier­ten Le­ser un­ser Ar­ti­kel »Satz und Ty­po­gra­fie der Luther­bi­bel von 1545«.

 
Sabrina

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