Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545
Der Text in fünf Teilen
Teil 5 von 5
VII.
RIchtet nicht / Auff das jr nicht gerichtet werdet. 2Denn mit welcherley Gerichte jr richtet / werdet jr gerichtet werden / Vnd mit welcherley Mas jr meſſet / wird euch gemeſſen werden.
Richten gehört Gott zu / Darumb wer richtet on Gottes befelh / der nimpt Gott ſeine Ehre / Vnd dis iſt der Balcke.
3Was ſiheſtu aber den Splitter in deines Bruders auge / vnd wirſt nicht gewar des Balcken in deinem auge? 4Oder wie tharſtu ſagen zu deinem Beuder / Halt / Ich wil dir den Splitter aus deinem auge ziehen / vnd ſihe / ein Balcke iſt in deinem auge. 5Du Heuchler / zeuch am erſten den Balcken aus deinem auge / Darnach beſihe / wie du den Splitter aus deines Bruders auge zieheſt.
Luc. 11.
IR ſolt das Heiligthum nicht den b Hunden geben / vnd ewre Perlen ſolt jr nicht fur die c Sew werffen / Auff das ſie die ſelbigen nicht zutretten mit jren Füſſen / Vnd ſich wenden / vnd euch zureiſſen.
BIttet / ſo wird euch gegeben / ſuchet / ſo werdet jr finden / Klopffet an ſo wird euch auffgethan.8Denn wer da bittet / der empfehet / Vnd wer da ſuchet / der findet / Vnd wer da anklopfft / dem wird auffgethan. 9Welcher iſt vnter euch Menſchen / ſo jn ſein Son bittet vmbs Brot / Der jm einen Stein biete? 10Oder ſo er jn bittet vmb einen Fiſch / Der jm eine Schlange biete? 11So denn jr / die jr doch arg ſeid / künd dennoch ewren Kindern gute gabe geben / Wie viel mehr wird ewer Vater im Himel gutes geben / denen die jn bitten?
(Heiligthum)
Das Heiligthum iſt Gottes wort / da durch alle ding geheiliget werden.
b
Hunde ſind / die das wort verfolgen.
c
Sew ſind / die erſoffen in fleiſchlicher luſt / das wort nicht achten.
Luc.6.
ALles nu / das jr wöllet / das euch die leute thun ſollen / Das thut jr jnen / Das iſt das Geſetz vnd die Propheten.
Luc.13.
GEhet ein durch die enge Pforten / Denn die Pforte iſt weit / vnd der weg iſt breit / der zur Verdamnis abfüret / Vnd jr ſind viel / die drauff wandeln. 14Vnd die Pforte iſt enge / vnd der weg iſt ſchmalh / der zum Leben füret / Vnd wenig iſt jr / die jn finden.
SEhet euch fur / fur den falſchen Propheten / die in Schafskleidern zu euch komen / Inwendig aber ſind ſie reiſſende Wolffe / 16An jren Früchten ſolt jr ſie erkennen. Kan man auch Drauben leſen von den Dornen? Oder Feigen von den Diſteln? 17Alſo ein jglicher guter Bawm / bringet gute Früchte / Aber ein fauler Bawm / bringet arge Früchte. 18Ein guter Bawm kan nicht arge Früchte bringen / Vnd ein fauler Bawm / kan nicht gute Früchte bringen. 19Ein jglicher Bawm / der nicht gute früchte bringet / wird abgehawen / vnd jns Fewr geworffen. 20Darumb an jren früchten ſolt jr ſie erkennen.
21ES werden nicht alle / die zu mir ſagen / HErr / HErr / in das Himelreich komen / Sondern die den willen thun meines Vaters im Himel. 22Es werden viel zu mir ſagen an jenem tage / HErr / HErr / haben wir nicht in deinem Namen geweiſſagt? Haben wir nicht in deinem Namen Teufel ausgetrieben? Haben wir nicht in deinem Namen viel Thaten gethan? 23Denn werde ich jnen bekennen / Ich habe euch noch nie erkand / Weichet alle von mir jr Vbeltheter.
DArumb / wer dieſe meine Rede höret / vnd d thut ſie / den vergleiche ich einem klugen Man / der ſein Haus auff einen Felſen bawet. 25Da nu ein Platzregen fiel / vnd ein Geweſſer kam / vnd webeten die Winde / vnd ſtieſſen an das Haus fiel es doch nicht / Denn es war auff einen Felſen gegründet. 26Vnd wer dieſe meine Rede höret / vnd thut ſie nicht / Der iſt einem törichten Man gleich / der ſein Haus auff den Sand bawet. 27Da nu ein Platzregen fiel / vnd kam ein Geweſſer / vnd webeten die Winde / vnd ſtieſſen an das Haus / da fiel es / vnd thet einen groſſen fall.
d
(Thun) Hie foddert Chriſtus auch den glauben / Denn wo nicht glaube iſt / thut man die Gebot nicht / Rom. 3.
Vnd alle gute werck / nach dem ſchein on glauben geſchehen ſind ſünde. Dagegen auch wo glaube iſt / müſſen rechte gute werck folgen. Das heiſſet Chriſtus (thun) von reinem hertzen thun. Der glaub aber reiniget das hertz Ac. 15
Vnd ſolche frömigkeit ſtehet feſt wider alle winde / das iſt / alle macht der Hellen. Denn ſie iſt auff den fels Chriſtum / durch den glauben / gebawet. Gute werck on glauben / ſind der törichten jung frawen Lampen on öle.
28VND es begab ſich / Da Jheſus dieſe Rede volendet hatte / Entſatzte ſich das Volck / vber ſeiner Lere. 29Denn er prediget gewaltig / Vnd nicht wie die Schrifftgelerten.
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Kürzel | Bezeichnung in Luthers Biblia 1545 | Moderne Bibel | Kürzel |
Pſal. | Der Pſalter.Biblia Vulgata: | Der Psalter Die Psalmen Das Buch der Psalmen | Ps Ps Ps |
Matth. | Euangelium S. Mattheus.Biblia Vulgata: | Das Evangelium nach Matthäus Matthäusevangelium | Mt Mt Mt |
Marc. | Euangelium S. Marcus.Biblia Vulgata: | Das Evangelium nach Markus Markusevangelium | Mk Mk Mk |
Luce. | Euangelium S. Lucas.Biblia Vulgata: | Das Evangelium nach Lukas Lukasevangelium | Lk Lk Lk |
Ac. | Der Apoſteln Geſchicht / beſchrieben von S. Lucas.Biblia Vulgata: | Die Apostelgeschichte des Lukas Apostelgeschichte | Apg Apg Apg |
Rom. | Epiſtel S. Paul an die Römer.Biblia Vulgata: | Der Brief des Paulus an die Römer Römerbrief | Röm Röm Rom |
Erläuterungen siehe Liste der Abkürzungen und Namen biblischer Bücher | |||
Die folgenden Begriffe aus dem Text Mt 7,1-29 werden hier erläutert.
Versnummer: Luthers Wort | |||
3: ſiheſtu | 4: tharſtu | 4: Beuder | |
5: Heuchler | 5: zeuch | 6: Heiligthum | |
6: Sew | 6: zutretten | 6: zureiſſen | |
6: empfehet | 11: arg | 17: jglicher | |
17: Bawm | 21: HErr | 21: Teufel | |
23: Vbeltheter | 29: Schrifftgelerten | ||
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Luther-Deutsch | Deutsch | Erläuterungen | ||||||||||||||||
ſiheſtu | siehst du (Verb) 2. Person Singular Indikativ Aktiv von sehen (Verb)
Präsens: ſiheſtu: siehst du -u: Die Flexion mit dem angehängten »u« ist eine eigentümliche Form, die sonst nur noch aus älteren Texten bekannt ist. Gebildet wurde sie aus der 2. Person, zusammengezogen mit dem Personalpronomen »du«, aus dem das »u« stammt. Diese Form impliziert eine gewisse Dringlichkeit und Direktheit der Ansprache, die unmittelbare Hinwendung zum Gegenüber. So kann es die unzweifelhafte Feststellung des Handelns, die dringliche Ansprache oder die unmittelbare Aufforderung zum Handeln bedeuten (Indikativ in der Aussage), die Erfüllung einfordern, mutmaßen bzw. unterstellen (Konjunktiv), oder zur Antwort und Erklärung auffordern (Verb in der Frage).
Heute ist stattdessen das Verb in seiner gebräuchlichen Flexion verbunden mit »du« zu verwenden. Die Direktheit oder eine Aufforderung kann bestenfalls durch eine Sinn tragende Beifügung umschrieben werden abhängig vom Kontext. Sie kann ggf. durch einen Imperativ herausgestellt werden. ſiheſtu: siehst du (ganz bestimmt, ohne Zweifel) ! ſiheſtu? (antworte mir!) ... siehst du ... ?
Was ſiheſtu aber den Splitter in deines Bruders auge
Sag doch! Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders?
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||
tharſtu | wagtest du (Verb) 2. Person Singular Indikativ Aktiv von turren (Verb, veraltet) bzw. durren (Verb)
mit einem Verb im Infinitiv, das beschreibt, was gewagt wird.
Präsens: tharſtu: wagst du, zu ... Auch als Konjunktiv gebraucht: .. kannst du wagen, zu ... -u: Die Flexion mit dem angehängten »u« ist eine eigentümliche Form, die sonst nur noch aus älteren Texten bekannt ist. Gebildet wurde sie aus der 2. Person, zusammengezogen mit dem Personalpronomen »du«, aus dem das »u« stammt. Diese Form impliziert eine gewisse Dringlichkeit und Direktheit der Ansprache, die unmittelbare Hinwendung zum Gegenüber. So kann es die unzweifelhafte Feststellung des Handelns, die dringliche Ansprache oder die unmittelbare Aufforderung zum Handeln bedeuten (Indikativ in der Aussage), die Erfüllung einfordern, mutmaßen bzw. unterstellen (Konjunktiv), oder zur Antwort und Erklärung auffordern (Verb in der Frage).
Heute ist stattdessen das Verb in seiner gebräuchlichen Flexion verbunden mit »du« zu verwenden. Die Direktheit oder eine Aufforderung kann bestenfalls durch eine Sinn tragende Beifügung umschrieben werden abhängig vom Kontext. Sie kann ggf. durch einen Imperativ herausgestellt werden. tharſtu: wagtest du (ganz bestimmt, ohne Zweifel)! Warum tharſtu? (antworte mir!) warum wagst du, zu... ? Wie tharſtu? (antworte mir!) wie kannst du [es] wagen, zu... ?
Oder wie tharſtu ſagen zu deinem Bruder / Halt / Jch wil dir den Splitter aus deinem auge ziehen
Oder das: Wie kannst du es wagen, zu deinem Bruder zu sagen, »Halt! Ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen!«?
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||
Beuder | Bruder, der | ||||||||||||||||
Heuchler | Heuchler, der von heucheln, heucheln (Verb)
Jemand, der ständig heuchelt, der etwas Besonderes vorgibt (Blender, Aufschneider), der so tut, als läge ein bestimmter Zustand vor (Simulant).
Heuchler
Auffälig häufig kommt das Wort im Buch Hiob vor (neunmal) und im Evangelium nach Matthäus (sechzehnmal).
Wenn du nu Almoſen gibſt / ſoltu nicht laſſen fur dir poſaunen / wie die Heuchler thun / in den Schulen vnd auff den gaſſen / Auff das ſie von den Leuten gepreiſet werden /
Wenn du nun Almosen gibst, dann sollst Du es keinesfalls vor dir her Posaunen lassen, wie es die Heuchler tun, in den Schulen und auf den Straßen, damit sie von den Leuten gepriesen werden.
SK Version 21.11.2024 ● | ||||||||||||||||
zeuchen | zeuchen (Verb; veraltet) zeucheln (Verb; veraltet) ziehen (Verb) ziehen (in jeglichem Sinn), zerren, raffen.
er zoch: er zog (3.Pers. Prä.)
Vnd zoch mich aus der grawſamen Gruben
Und zog mich aus der grausamen Grube
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||
Heiligthum
Heiligthüme | Heiligtum, das
Heiligtümer, die gewöhnlich bedeutet Heiligthum einen heiligen Ort oder ein heiliges Ding. Dabei meint heilig in Abgrenzung zum Irdischen »göttlich vollkommen und verehrungswürdig«.
Heiligthum, Heiligthüme
Der Plural kommt nur dreimal im Buch des Propheten Hesekiel und einmal im Buch des Propheten Amos vor.
Besonders häufig erscheint das Wort im Buch des Propheten Hesekiel (sechundreißigmal) und im 1. Buch der Makkabäer (einundvierzigmal)
GOTT spricht: VND ſie ſollen mir ein Heiligthum machen / Das ich vnter jnen wone.
Und sie sollen mir ein Heiligtum machen, damit ich unter ihnen wohne.
GOTT spricht: Ire Prieſter verkeren mein Geſetz freuelich / vnd entheiligen mein Heiligthum / Sie halten vnter dem Heiligen vnd vnheiligen kein vnterſcheid / vnd leren nicht / was rein oder vnrein ſey / Vnd warten meiner Sabbathen nicht / vnd ich werde vnter jnen entheiliget.
Ihre Priester verdrehen auf frevelhafte Weise mein Gesetz und entheiligen mein Heiligtum. Sie unterscheiden nicht zwischen Heiligem und Unheiligem. Sie lehren nicht, was rein, und was unrein sei. Und sie pflegen meine Sabbate nicht. Und ich werde unter ihnen entheiligt.
Anm.: Der Text ist nahezu zeitlos, wenn er auch nicht verallgemeinert und nur auf Priester (oder Pfarrer) bezogen werden kann. Heute ist es wohl die Christenheit an sich, die sich mehr und mehr selbst entheiligt (in dem sie nicht mehr zwischen »Heiligem« und »Unheiligem« unterscheidet) und damit Gott infrage stellt.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||
Saw
ſaw
Sew
ſew | Sau, die
Plural: Sew, Säue | ||||||||||||||||
zutretten
zutritt
zutratt
zutreten
| zertreten (starkes Verb) Das starke Verb bildet Formen wie er zutritt (zutrit), zutratt (zutrat) usw.
Es kommt jeweils in den Schreibweisen mit doppeltem t (zutretten) und mit einfachem t (zutreten) vor.
zutritteſt: Psalm 119,118
Du zutritteſt alle die deiner Rechte feilen
Du zertrittst alle, die von deiner Ordnung abirren.
zutratten: Ri 10,8
Vnd ſie zutratten vnd zuſchlugen die kinder Iſrael /
Und sie zertraten unv zerschlugen die Kinder Israel.
zutrete: Jes 14,25
Das Aſſur zuſchlagen werde in meinem Lande / vnd ich jn zutrete auff meinen Bergen.
Dass Assur zerschlagen werde in meinem Lande, und ich ihn zertrete auf meeinen Bergen.
zutrit: Jes 59,5
Iſſet man von jren Eyern / ſo mus man ſterben / Zutrit mans aber / ſo feret ein Otter eraus.
Ißt man von ihren Eiern, dann muss man sterben. Zertritt man sie aber, dann fährt ein Otter heraus.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||
zureiſſen
zureis | zerreißen (Verb)
zerriß (3. Pers. sing. Imperf.)
Laſſet vns zureiſſen jre Bande / Vnd von vns werffen jre Seile.
Lasst uns ihre Bande zerreissen und ihre Seile von uns werfen.
Sie haben dein Geſetze zuriſſen.
Sie haben dein Gesetz zerrissen.
SK Version 21.11.2024 ● | ||||||||||||||||
empfahenempfehet | empfahen (Verb; veraltet) empfangen
a) jmd. persönlich aufnehmen (einen Gast, Besucher) b) eine Gabe, ein Geschenk, Lohn, Segen, einen Namen, Trost, usw. empfangen
Nur im Präsens gebräuchlich. 3. Pers. Singular: empfehet, empfängt.
Von dieſem zeugen alle Propheten / Das durch ſeinen Namen / alle die an jn gleuben / vergebung der ſünde empfahen ſollen.
Von ihm zeugen alle Propheten, dass durch seinen Namen alle, die an ihn glauben, Vergebung der Sünde empfangen sollen.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||
arg | arg (Adjektiv) Zu unterscheiden sind zwei Bedeutungen:
1a) schlecht, niederträchtig, böse 1b) übel, schlimm, unangenehm
und
2) karg im Sinne von zurückhaltend im Geben, nicht freigiebig, haushälterisch zu 1) Mt 7,17
Alſo ein jglicher guter Bawm / bringet gute Früchte / Aber ein fauler Bawm / bringet arge Früchte.
Also: Jeder gesunde Baum bringt gute Früchte, aber ein Kranker Baum bringt schlechte Früchte.
zu 2) Mt 7,11
So denn jr / die jr doch arg ſeid / künd dennoch ewren Kindern gute gabe geben
Obwohl ihr es euch nicht leisten könnt, freigiebig zu sein, könnt ihr dennoch euren Kindern gute Gaben geben.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||
jglicher
jgliche
jglichs | jeglicher, jegliche, jegliches (Pronomen) | ||||||||||||||||
Bawm
Bewme | Baum, der
Bäume, die Die Umlaute aw und ew
Neben den Umlauten »au« (haus) und »eu« (freude) kennt das Luther-Deutsch die Schreibweisen mit dem Buchstaben »w«.
Der Buchstabe »w« enstand aus einem doppelten »v« (»vv« bzw. »uu«) und signalisiert das verstärkte Klangbild.
Der Umlaut aw in Bawm endet in einem w-artigen Abklang, der fast wie ein kurzgesprochenes »o« klingt, ähnlich Ba(u)-om.
Der Umlaut ew in Bewme endet in einem v-artigen Abklang, der ein »j« mitschwingen lässt, ähnlich Be(u)-jme.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||
HErr | HErr, Adonaj
HErr, Kyrios Aussehen in unseren Frakturschriften: HErr oder HErr
Feststehende, besondere Schreibweise Luthers (zwei Großbuchstaben, gefolgt von zwei Kleinbuchstaben), um anzuzeigen, dass sich dahinter eine Bezeichnung Gottes (im Alten Testament) oder Jesu (im Neuen Testament) befindet.
HErr im Alten Testament
Luther verwendet im Alten Testament die Schreibweise HErr, wenn im hebräischen Text das Wort Adonaj (hebr. אֲדֹנָי, pl. von Adon, Herr) anstelle des Gottesnamens steht.
HErr im Neuen Testament
Im Neuen Testament steht HErr dort, wo in den griechischen Quellen mit dem Wort kyrios (Herr, Besitzer, Gebieter) Jesus Christus als Sohn Gottes gemeint ist.
Wichtig:
Davon zu unterscheiden sind die Schreibweisen »HERR« (in Großbuchstaben) und »Herr« (in Kleinbuchstaben bzw. mit Großbuchstaben »H« am Anfang.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||
Teufel
Teuffel | Teufel, der Teufel
Teuffel
abgeleitet aus dem griechischen διάβολος (diabolos): Verleumder, Widersacher
Das Wort Teufel meint u. a. eine böse, boshafte Person, einen bösen Feind, einen Widersacher oder einen bösen Geist. Das Wort Teufel im AT
Im Alten Testament (ohne Apokryphen) kommt das Wort Teufel nur einmal vor: in Psalm 106,37. Alle übrigen Vorkommen (45 mal) finden sich ausschließlich in Luthers Vorreden und im Scholion (Luthers Anmerkungen) zu den biblischen Büchern und Texten.
Luthers Wort Teufel in Psalm 106,37:
hebräisch (Hebraica): שֵׁר (šed), pl. שֵׁרִים (šediym), Götze lateinisch (Vulgata): daemon, Dämon, böser Geist griechisch (Septuaginta): δαιμων (daimon), Dämon, böser Geist
Lutherbibel von 1545: Teufel Lutherbibel von 1964/1984: böse Geister Lutherbibel von 2017: Dämonen Das Wort Teufel im NT
Im Neuen Testament findet sich das Wort Teufel im Text der Bücher und Briefe gleich 99 mal, davon allein in den vier Evangelien 74 mal. In den Vorreden und Anmerkungen kommt das Wort 23 mal vor.
Neben »Dämon, böser Geist« (lat: daemon; grc: δαιμων) übersetzt Luther »Verleumder, Widersacher« (lat: diabolus; grc: διάβολος, diabolos) mit Teufel.
Missbrauch der Teufelsidee
In der biblischen und kirchlichen Lehre sowie im Volks- und Aberglauben haben sich sehr konkrete, aber auch sehr unterschiedliche Bilder der Teufelsidee entwickelt.
Die Teufelsidee war über Jahrhunderte hinweg die ideale Projektionsfläche für alles, was böse, feindlich oder nicht heilig ist. Sie besitzt ein unbeschränkt breites Spektrum, woraus sich viele Gefahren beim Gebrauch ergeben: Menschen, die mit dem Attribut »teuflisch« belegt werden, erfahren die Rückprojektion des gesamten Spektrums oder großer Teile daraus, wobei der Fantasie, neue Ausprägungen, Merkmale und Erkennungszeichen zu erfinden, keine Grenzen gesetzt waren (siehe Hexenverfolgungen, Inquisition, Teufelsaustreibungen usw.).
Unzählige Menschen wurden und werden noch heute Opfer einer Idee, die ausschließlich für Machtmissbrauch unterschiedlichster Art verwendet wurde und nach wie vor verwendet wird.
Wir raten daher dringend davon ab, den Begriff »Teufel« in irgendeiner Weise, getragen durch unausgegorene, dysphemistische Teufelsideen voreilig zu interpretieren. Es führt immer zu einem Missbrauch des Gegenübers.
Wir empfehlen zudem, das Wort Teufel schon im Alltagsgebrauch, speziell aber in der Gemeindearbeit, nicht zu verwenden. Stattdessen kann abhängig vom Kontext auf Wörter wie böse Geister, Verleumder, Widersacher, Gegner, Götze, usw., zurückgegriffen werden.
Haben wir nicht in deinem Namen Teufel ausgetrieben?
Luther übersetzt hier den in den griechischen Urtexten stehenden Begriff δαιμόνια (Dämonen, böse Geister) bzw. das lateinische daemonia (Biblia Sacra Vulgata) mit Teufel. Dies ist an sich falsch, weil zwischen διάβολος und δαιμόνια zu unterscheiden ist. Doch es ist Absicht: So verweist es darauf, dass zu Luthers Zeiten Teufelsaustreibungen häufig stattfanden und weit verbreitet waren. Seine Leser kannten das Wort als feststehenden Begriff.
Mit seiner Übersetzung »Haben wir nicht in deinem Namen Teufel ausgetrieben?« greift Luther bewusst die Praxis der Teufelsaustreibungen an. Er zielt dabei auf diejenigen, die sie rechtfertigen und praktizieren. Ihnen gilt Jesu Antwort: »Weichet alle von mir jr Vbeltheter.« Dämonen meinen böse Geister jedweder Art, wohingegen der Teufel im Gegensatz zu Gott steht, dessen Gegenspieler er ist, und als Herrscher über ein eigenes Reich regiert.
Diese Ideen entspringen einer Zeit der Vielgötterei, in der sich der Gott JHWH gegen zahlreiche andere Götter auch in Israel und Judäa behaupten musste. Seine Heerscharen bildeten die Cherubim oder Engel. Der böse Feind Gottes, sein Widersacher und sein Verleumder, fand seine Personifizierung im διάβολος der Septuaginta (Weish 2,24), dem wiederum die Dämonen zur Seite standen.
Bis ins 1. Jahrhundert n. Chr. hinein hatte sich die Idee der Wirksamkeit böser Geister auch im jüdischen Glauben weiterentwickelt und verfestigt. So wird diese Idee zu einem wiederkehrenden Motiv speziell in den Evangelien und in den Wundergeschichten Jesu. Die modernen Bibelübersetzungen, auch der Lutherbibel, verwenden den Begriff Teufel in Mt 7,22 nicht mehr. Sie übersetzen mit »böse Geister« (Lutherbibel 1964), »Dämonen« (Lutherbibel 2017, Elberfelder Bibel, Herder Bibel 1968) o. ä., Dies ist einerseits dichter am Urtext, anderseits beugt es gefährlichen Konzepten und Ideen der »Verteufelung« von Menschen und der »Teufelsaustreibung« vor.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||
Vbelthetter
Vbeltheter | Übeltäter, der jemand, der Übel anrichtet, der etwas Schlechtes getan hat, der gegen ein Gesetz oder Gebot (hier: die Gesetze und Gebote Gottes) handelt.
Zeuch mich nicht hin / vnter den Gottloſen / vnd vnter den Vbelthetern / Die freundlich reden mit jrem Neheſten / Vnd haben böſes im hertzen.
Ziehe mich nicht weg gemeinsam mit den Gottlosen und den Übertätern, die mit ihrem Nächsten freundlich reden, aber Böses im Sinn haben.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||
Schrifftgelerten
ſchrifftgelerten | Schriftgelehrten ,die griechisch: Γραμματείϛ (grammateis)
Luther gebraucht das Wort für die jüdischen Schriftforscher, also den theologisch-religiös gebildeten Forschern, die sich mit der literarischen Tradition, mit der Textgestalt, mit dem Verständnis und mit der Auslegung der jüdischen Schriften beschäftigen.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||
Erläuterungen siehe Das große Stilkunst.de–Wörterbuch zur Lutherbibel von 1545 | |||||||||||||||||
Der Text aus der Lutherbibel ist auf unseren Seiten in Anlehnung an das Druckbild des Originals von 1545 wiedergegeben.
Den Seitenaufbau, die verwendeten Schriften, die Schreibregeln der Frakturschrift und Luthers Intentionen, mit der Typografie Lesehilfen bereitzustellen, erläutert dem interessierten Leser unser Artikel »Satz und Typografie der Lutherbibel von 1545«.