Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545
Der Text in fünf Kapiteln
Nr. | Textstelle | Abschnitt | Link zum Text |
Kapitel III. | ||
1 | 3,1-66 |
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Kapiteleinteilung nach der Ausgabe von 1545,
Angabe der Textstelle nach heutiger Zählweise.
Im folgenden Text ist der bezeichnete Vers hervorgehoben.
[69a]
ICH bin ein elender Man / der die Rute ſeines grimmes ſehen mus. 2Er hat mich gefüret vnd laſſen gehen ins finſternis / vnd nicht ins liecht. 3Er hat ſeine Hand gewendet wider mich / vnd handelt gar anders mit mir / fur vnd fur.
4Er hat mein Fleiſch vnd Haut alt gemacht / vnd mein Gebein zurſchlagen. 5Er hat mich verbawet / vnd mich mit gall vnd mühe vmbgeben / 6Er hat mich in finſternis gelegt / wie die Todten in der Welt.
7Er hat mich vermauret / das ich nicht heraus kan / vnd mich in harte
[69a | 69b]
Der Próphet C. III.
Feſſel gelegt. 8Vnd wenn ich gleich ſchrey vnd ruffe / ſo ſtopffet er die Ohren zu fur meinem Gebet. 9Er hat meinen weg vermauret mit Werckſtücken / vnd meinen ſteig vmbkeret.
10Er hat auff mich gelauret / wie ein Beer / wie ein Lewe im verborgen / 11Er leſſt mich des weges feilen / Er hat mich zerſtücket vnd zu nicht gemacht / 12Er hat ſeinen Bogen geſpannen / vnd mich dem pfeil zum Ziel geſteckt.
13Er hat aus dem Köcher in meine nieren ſchieſſen laſſen. 14Ich bin ein ſpot allem meinem Volck / vnd teglich jr Liedlin. 15Er hat mich mit bitterkeit geſettigt / vnd mit Wermut getrenckt.
16Er hat meine Zeene zu klein ſtücken zurſchlagen / Er weltzet mich in der aſſchen. 17Meine Seele iſt aus dem Friede vertrieben / Ich mus des guten vergeſſen. 18Ich ſprach / Mein vermügen iſt dahin / vnd meine Hoffnung am HERRN.
19Gedenck doch / wie ich ſo elend vnd verlaſſen / mit Wermut vnd Gallen getrenckt bin / 20Du wirſt ja daran gedencken / denn meine Seele ſagt mirs / 21Das neme ich zu hertzen / darumb hoffe ich noch.
22DIe güte des HERRN iſt / das wir nicht gar aus ſind / Seine barmhertzigkeit hat noch kein ende / 23Sondern ſie iſt alle morgen new / vnd deine Trew iſt gros. 24Der HERR iſt mein Teil / ſpricht meine Seele / darumb wil ich auff jn hoffen.
25DEnn der HERR iſt freundlich dem / der auff jn harret / vnd der Seelen / die nach jm fraget. 26Es iſt ein köſtlich ding / gedültig ſein / vnd auff die hülffe des HERRN hoffen. 27Es iſt köſtlich ding einem Man / das er das Joch in ſeiner Jugent trage.
28Das ein verlaſſener gedültig ſey / wenn jn etwas vberfelt. 29Vnd ſeinen mund in den ſtaub ſtecke / vnd der Hoffnung erwarte / 30Vnd laſſe ſich auff die Backen ſchlahen / vnd jm viel ſchmach anlegen.
31Denn der HErr verſtöſſet nicht ewiglich / 32Sondern er betrübt wol / vnd erbarmet ſich wider / nach ſeiner groſſen Güte / 33Denn er nicht von hertzen die Menſchen plagt vnd betrübt.
34Als wolt er alle die Gefangenen auff erden gar vnter ſeine Füſſe zutretten / 35Vnd eins Mans recht fur dem Allerhöchſten beugen laſſen. 36Vnd eins Menſchen ſach verkeren laſſen / gleich als ſehe es der HErr nicht.
37Wer thar denn ſagen / das ſolches geſchehe / on des HErrn befelh? 38Vnd das weder böſes noch gutes kome aus dem munde des Allerhöheſten? 39Wie murren denn die Leute im leben alſo? Ein jglicher murre wider ſeine ſünde.
40Vnd laſſt vns forſchen vnd ſuchen vnſer weſen / vnd vns zum HERRN bekeren / 41Laſſt vns vnſer hertz / ſampt den Henden / auffheben zu Gott im Himel / 42Wir / wir haben geſündigt / vnd ſind vngehorſam geweſt / Darumb haſtu billich nicht verſchonet.
43Sondern du haſt vns mit zorn vberſchüttet vnd verfolget / vnd on barmhertzigkeit erwürget / 44Du haſt dich mit einer Wolcken verdeckt / das kein Gebet hindurch kundte / 45Du haſt vns zu kot vnd vnflat gemacht vnter den Völckern.
46Alle vnſer Feinde ſperren jr maul auff wider vns / 47Wir werden gedruckt vnd geplagt / mit ſchrecken vnd angſt / 48Meine Augen rinnen mit Waſſerbechen / vber dem jamer der Tochter meines Volcks.
49Meine Augen flieſſen / vnd können nicht ablaſſen / denn es iſt kein auffhören da / 50Bis der HERR von Himel herab ſchaw vnd ſehe drein / 51Mein Auge friſt mir das Leben weg / vmb die Tochter meiner Stad.
52Meine Feinde haben mich gehetzt / wie einen Vogel / on vrſach / 53Sie haben mein Leben in einer Gruben vmbbracht / vnd ſteine auff mich geworffen / 54Sie haben auch mein heubt mit waſſer vberſchüttet / Da ſprach ich / Nu bin ich gar dahin.
[69b | 70a]
Jeremiá. C. III.
LXX.
55Ich rieff aber deinen Namen an / HERR / vnten aus der Gruben / 56Vnd du erhöreteſt meine ſtim / Verbirg deine Ohren nicht fur meinem ſeufftzen vnd ſchreien / 57Nahe dich zu mir / wenn ich dich anruffe / vnd ſprich / Fürcht dich nicht.
58Füre du HErr die ſache meiner Seelen / vnd erlöſe mein Leben / 59HERR ſchaw / wie mir ſo vnrecht geſchicht / vnd hilff mir zu meim Rechten / 60Du ſiheſt alle jre Rache vnd alle jre gedancken wider mich.
61HERR / du höreſt jre ſchmach vnd alle jre gedancken vber mich / 62Die Lippen meiner Widerwertigen / vnd jr tichten wider mich teglich / 63Schaw doch / Sie gehen nider oder ſtehen auff / ſo ſingen ſie von mir Liedlin.
64Vergilt jnen HERR / wie ſie verdienet haben / 65Las jnen das hertz erſchrecken / vnd deinen Fluch fülen / 66Verfolge ſie mit grim / vnd vertilge ſie vnter dem Himel des HERRN.
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Kürzel | Bezeichnung in Luthers Biblia 1545 | Moderne Bibel | Kürzel |
Threno. | Die Klagelieder Jeremia.Biblia Vulgata: Anm: In der Lutherbibel 1545 direkt hinter dem Buch Jeremia eingeordnet und im Inhaltsverzeichnis nicht gesondert aufgeführt. | Die Klagelieder Jeremias Die Klagelieder des Jeremia | Klgl Klgl Klgl |
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AT
III
Luther widmet den Prophetenbüchern eine umfangreiche Vorrede. Diese Bücher seien reich an Predigten und Beispielen für christliches Leben, und sie weissagen die Ankunft Christi.