In den Jahren 1724 und 1744 feierten die evangelischen Kirchen und die römisch-katholische Kirche das Osterfest an unterschiedlichen Tagen.
Evangelische Ostern war 1724 am 9. April, während die römisch-katholische Kirche das Fest am 16. April beging.
Im Jahr 1744 war das evangelische Osterfest am 29. März, in der katholischen Kirche fand es am 5. April statt.
In diesen beiden Jahren feierten die evangelischen Christen das Osterfest eine Woche vor den katholischen Gläubigen.
Auf ihrer Zusammenkunft am 30. Januar 1723 legte das Corpus Evangelicorum (Zusammenschluss der lutherischen und reformierten deutschen Reichsstände) in einem Conclusum (Beschluss) nach vorhergenhenden Beschlüssen von 1699 und 1700 3.1) bezüglich des verbesserten Kalenders nun eindeutig fest, dass in den evangelischen Kirchen das Osterdatum ab dem Jahr 1724 nicht mehr nach der üblichen, kirchlich-zyklischen Methode bzw. dem gregorianischen Kalender, sondern nach astronomischen Daten bzw. dem »verbesserten evangelischen Kalender« 3.2) zu berechnen ist.
Dieser Regelung schlossen sich an die schweizerischen evangelischen Städte und Eidgenossenschaften Zürich, Bern, Basel, Schaffhausen, St. Gallen, Mühlhausen und Biel. 3.3)
Der Beschluss des Corpus Evangelicorum galt bis ins Jahr 1775 und wurde auf Verordnung von Friedrich II. aufgehoben, da sich zwei Osterfeste im selben Land und in derselben Stadt nicht nur religiös, sondern auch gesellschaftlich und wirtschaftlich als unpraktisch und sogar problematisch erwiesen. Die Aufhebung erfolgte 1775 sicher angesichts der Tatsache, dass sich im Jahr 1778 (und auch 1798) wieder abweichende Ostertermine ergeben hätten.
3.1) Am Ende des 17. Jahrhunderts beschäftigte sich das Corpus Evangelicorum vor dem Hintergrund, die julianische Zeitrechnung in evangelischen Gebieten aufgeben zu müssen, mit der Einführung eines neuen, »verbesserten« Kalenders, der vom katholisch-gregorianischen Kalender derart abwich, dass er genaue astronomische Daten zugrunde legen wollte. Dazu fasste das Corpus Evangelicorum folgenschwere Beschlüsse, die im Wesentlichen als Kalenderbasis astronomische Berechnungen beschreiben und darüber hinaus die Verbindlichkeit für alle evangelischen Landeskirchen, Gebiete und Gemeinden festlegten:
a) »Conclusum Corporis Evangelicorum vom23. Sept. 1699. Die Calender Verbesserung betreffend.« ()
b) »Conclusum in Conferentia Evangelicorum den10-20. Januar. 1700.«
(Quelle beider Texte: Katharina Habermann, Die Kalenderbriefe des Georg Albrecht Hamberger, erschienen im Universitätsverlag Göttingen 2012)
3.2) Mindestens seit dem Jahr 1700 sind regelmäßig "verbesserte Kalender" in evangelischen Kreisen erstellt worden. Sie stützten sich auf astronomische Berechnungen für das Sonnenjahr. Die Grundlagen für das hohe evangelische Interesse lassen sich zurückführen auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse von Johannes Kepler (Astronom und evangelischer Theologe), die ein neues Weltbild begründeten. Diese Kalender zeigen den Frühlingsanfang nicht nach katholisch-kirchlicher Vorgabe am 21. März, wie es gemeinhin auch der (päpstliche) gregorianische Kalender tat, sondern zu der astronomisch berechneten Zeit. Neben vielen weiteren astronomischen Daten (wie Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, sowie (astrologischen) Planetenpositionen), waren die Festtage und Sonntage mit den zugehörigen Lesetexten nach evangelischer Kirchenordnung verzeichnet. Ein Beispiel findet sich hier:
Verbesserter Calender auf das Jahr 1700 Mit Ihr. Königl. Majest. in Pohlen und Churfl. Durchl. zu Sachsen allergnädigstem Privilegio. (Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Weimar, Digitale Sammlungen)
3.3) Mit Schreiben vom 7. August 1743 teilten die Eidgenossen dem deutschen Corpus Evangelicorum ihre Entscheidung mit, im Jahr 1744 das Osterdatum ebenfalls nach astronomischer Berechnung, also am 29. März 1744 und nicht am 5. April 1744, zu begehen, so, wie sie schon der Empfehlung des Jahres 1723 für das Jahr 1724 folgten.
Quelle: Antwort-Schreiben an Corpus Evangelicorum von denen Evangel. Eydgenossenschafften in der Schweitz, de Dato 7. Augusti, 1743. die Oster-Feyer des 1744sten Jahrs betreffende. (SLUB, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Digitale Sammlungen)
Im gregorianischen Kalender kommt es durch die kirchliche Festlegung des kalendarischen Frühlingsanfangs auf den 21. März und die davon abhängige Betrachtung des ersten Vollmonds im Frühling (frühestens ab 22. März), sowie einiger Sonderregeln, in manchen Jahren zum sogenannten »Osterparadoxon«. Ostern findet dann nicht am ersten Sonntag nach dem tatsächlichen, astronomischen Frühlingsvollmond statt, sondern kann sich um eine bis vier Wochen davon entfernen.
In den Jahren 1724 und 1744 ergab die kirchlich-zyklische Berechnung ein Osterdatum, das eine Woche nach dem Sonntag lag, der nach astronomischer Berechnung der Sonntag nach dem Frühlingsvollmond war.
Im julianischen Kalender, der bereits im 16. Jahrhundert um 10 Tage vom Sonnenjahr abwich, kommt das Osterparadoxon nicht vor. Der wahre (astronomische) Frühlingsbeginn kann nicht zusammen mit dem Frühlingsvollmond am (bzw. um den) julianischen 21. März kollidieren. Der astronomische Frühlingsanfang war in den Jahren 1724 und 1744 jeweils am julianischen 9. März.
Obwohl das Osterparadoxon im gregorianischen Kalender auch schon vor 1723 auftrat, spielte es in den meisten evangelischen Kirchen kaum eine Rolle. Die evangelischen Kirchen hielten bis zum Jahr 1700 am julianischen Kalender fest (»alter Stil«). Erst am 23. September 1699 beschloss das Corpus Evangelicorum die Umstellung für alle lutherischen und reformierten Kirchen für das Jahr 1700; auf den (julianischen) Sonntag, den 18. Februar 1700, folgte Montag, der 1. März 1700 (gregorianisch bzw. verbesserter Kalender). 4.1)
Das erste, für die evangelischen Kalender übergreifende Osterparadoxon ergab sich 1724, das nächste 1744. In den Jahren dazwischen ergaben die astronomischen und die kirchlich-zyklischen Berechnungsmethoden im Ergebnis dasselbe Osterdatum.
1) Siehe dazu auch den Artikel: Die Einführung des gregorianischen Kalenders in Deutschland und Europa
Die Verschiebung des Osterfestes wirkte sich auf alle Sonntage und Festtage zwischen Epiphanias und dem letzten Sonntag des Kirchenjahres aus, die unmittelbar vom Osterdatum abhängen. Die evangelischen Christen feierten diese Festtage eine Woche früher.
Betroffen waren:
Die Epiphaniaszeit war eine Woche kürzer.
Die Trinitatiszeit war eine Woche länger.
Die folgende Tabelle zeigt alle kirchlichen Sonntage, Festtage und Gedenktage, die vom Osterdatum abhängen.
Erläuterungen zur Tabelle:
Verweis zum Artikel im Kalenderjahr | Δ | 1724 | 1744 | |||
---|---|---|---|---|---|---|
evangelisch | katholisch | evangelisch | katholisch | |||
Epiphaniszeit | Letzter Sonntag nach Epiphanias | |||||
Die evangelische Zeit zwischen Epihanias und dem Sonntag Septuagesimae ist eine Woche kürzer als der entsprechende Zeitraum im katholischen Kalender. | -70 | 30.1.1724 | 6.2.1724 | 19.1.1744 | 26.1.1744 | |
Septuagesimae | 3. Sonntag vor der Passionszeit | |||||
-63 | 6.2.1724 | 13.2.1724 | 26.1.1744 | 2.2.1744 | ||
Sexagesimae | 2. Sonntag vor der Passionszeit | |||||
-56 | 13.2.1724 | 20.2.1724 | 2.2.1744 | 9.2.1744 | ||
Quinquagesimä | Sonntag vor der Passionszeit | |||||
-49 | 20.2.1724 | 27.2.1724 | 9.2.1744 | 16.2.1744 | ||
Rosenmontag | Montag vor der Passionszeit | |||||
-48 | 21.2.1724 | 28.2.1724 | 10.2.1744 | 17.2.1744 | ||
Fastnacht | Dienstag vor der Passionszeit | |||||
-47 | 22.2.1724 | 29.2.1724 | 11.2.1744 | 18.2.1744 | ||
Aschermittwoch | Beginn der Passionszeit, 7. Mittwoch vor Ostern, sechseinhalb Wochen vor Ostern | |||||
-46 | 23.2.1724 | 1.3.1724 | 12.2.1744 | 19.2.1744 | ||
Invokavit | 1. Sonntag der Passionszeit, 6. Sonntag vor Ostern | |||||
-42 | 27.2.1724 | 5.3.1724 | 16.2.1744 | 23.2.1744 | ||
Reminiszere | 2. Sonntag der Passionszeit, 5. Sonntag vor Ostern | |||||
-35 | 5.3.1724 | 12.3.1724 | 23.2.1744 | 1.3.1744 | ||
Okuli | 3. Sonntag der Passionszeit, 4. Sonntag vor Ostern | |||||
-28 | 12.3.1724 | 19.3.1724 | 1.3.1744 | 8.3.1744 | ||
Lätare | 4. Sonntag der Passionszeit, 3. Sonntag vor Ostern | |||||
-21 | 19.3.1724 | 26.3.1724 | 8.3.1744 | 15.3.1744 | ||
Judika | 5. Sonntag der Passionszeit, 2. Sonntag vor Ostern | |||||
-14 | 26.3.1724 | 2.4.1724 | 15.3.1744 | 22.3.1744 | ||
Palmsonntag | 6. Sonntag der Passionszeit, Sonntag vor Ostern | |||||
-7 | 2.4.1724 | 9.4.1724 | 22.3.1744 | 29.3.1744 | ||
Gründonnerstag | Donnerstag vor Ostern | |||||
-3 | 6.4.1724 | 13.4.1724 | 26.3.1744 | 2.4.1744 | ||
Karfreitag | Freitag vor Ostern | |||||
-2 | 7.4.1724 | 14.4.1724 | 27.3.1744 | 3.4.1744 | ||
Karsamstag | Samstag vor Ostern | |||||
-1 | 8.4.1724 | 15.4.1724 | 28.3.1744 | 4.4.1744 | ||
Ostersonntag | Ostern, Das heilige Osterfest | |||||
0 | 9.4.1724 | 16.4.1724 | 29.3.1744 | 5.4.1744 | ||
Ostermontag | Montag nach Ostersonntag | |||||
+1 | 10.4.1724 | 17.4.1724 | 30.3.1744 | 6.4.1744 | ||
Osterdienstag | Dienstag nach Ostersonntag | |||||
+2 | 11.4.1724 | 18.4.1724 | 31.3.1744 | 7.4.1744 | ||
Quasimodogeniti | Sonntag nach Ostersonntag, Weißer Sonntag | |||||
+7 | 16.4.1724 | 23.4.1724 | 5.4.1744 | 12.4.1744 | ||
Miserikordias Domini | 2. Sonntag nach Ostern | |||||
+14 | 23.4.1724 | 30.4.1724 | 12.4.1744 | 19.4.1744 | ||
Jubilate | 3. Sonntag nach Ostern | |||||
+21 | 30.4.1724 | 7.5.1724 | 19.4.1744 | 26.4.1744 | ||
Kantate | 4. Sonntag nach Ostern | |||||
+28 | 7.5.1724 | 14.5.1724 | 26.4.1744 | 3.5.1744 | ||
Rogate | 5. Sonntag nach Ostern | |||||
+35 | 14.5.1724 | 21.5.1724 | 3.5.1744 | 10.5.1744 | ||
Christi Himmelfahrt | Am 40. Tag gerechnet ab Ostersonntag, ein Donnerstag | |||||
+39 | 18.5.1724 | 25.5.1724 | 7.5.1744 | 14.5.1744 | ||
Exaudi | 6. Sonntag nach Ostern | |||||
+42 | 21.5.1724 | 28.5.1724 | 10.5.1744 | 17.5.1744 | ||
Pfingstsonntag | Das heilige Pfingstfest, 7. Sonntag nach Ostern, am 50. Tag gerechnet ab Ostersonntag | |||||
+49 | 28.5.1724 | 4.6.1724 | 17.5.1744 | 24.5.1744 | ||
Pfingstmontag | Am 51. Tag gerechnet ab Ostersonntag | |||||
+50 | 29.5.1724 | 5.6.1724 | 18.5.1744 | 25.5.1744 | ||
Trinitatis | Tag der Heiligen Dreifaltigkeit, Sonntag nach Pfingsten | |||||
+56 | 4.6.1724 | 11.6.1724 | 24.5.1744 | 31.5.1744 | ||
Fronleichnam | Donnerstag nach Trinitatis, 10 Tage nach Pfingsten | |||||
+60 | Kein evangelisches Fest. | 15.6.1724 | Kein evangelisches Fest. | 4.6.1744 | ||
Trinitatiszeit | Letzter Sonntag im Kirchenjahr | |||||
Die evangelische Zeit zwischen Pfingsten und Advent ist eine Woche länger als der entsprechende Zeitraum im katholischen Kalender. | 25. So. n. Trinitatis 26.11.1724 | Christkönigfest (entspricht 24. So. n. Trinitatis) 26.11.1724 | 26. So. n. Trinitatis 22.11.1744 | Christkönigfest (entspricht 25. So. n. Trinitatis) 22.11.1744 | ||
Unsere Kalender sind evangelisch geprägt. In den großen Jahresübersichten Das evangelische Kirchenjahr und Die beweglichen Feiertage zeigen wir daher den Kalender, wie ihn das Corpus Evangelicorum bestimmt hatte.
In den Kalenderblättern des ewigen Kalenders zeigen wir in den Jahren 1724 und 1744 das evangelische und das römisch-katholische Osterfest, sowie die Festtage, Gedenktage und Sonntage, die vom Osterfest abhängen, unter den jeweils korrekten Daten. Sie erscheinen in diesen beiden Jahren in den Kalenderblättern deshalb zweimal im Abstand einer Woche.
Die folgenden Artikel zeigen in tabellarischer Form für die Kirchenjahre 1723/1724 und 1743/1744:
Der kirchliche Kalender mit den konkreten Daten für das aktuelle und das folgende Jahr nach dem gregorianischen oder julianischen Kalender für alle Sonntage, Festtage und Feiertage.
Der kirchliche Kalender mit den konkreten Daten für das aktuelle und das folgende Jahr nach dem gregorianischen oder julianischen Kalender für alle Sonntage, Festtage und Feiertage.
Die beweglichen Feiertage im Jahreslauf hängen ab vom Osterdatum. Der Artikel erläutert, wie sich das Osterdatum berechnet und nennt die aktuellen Daten der Feiertage.
Orthodoxe Gemeinden in Deutschland begehen das Osterfest nach dem julianischen Kalender. So liegt das griechische Osterfest oft erst Wochen nach unserem Osterfest.
Orthodoxe Gemeinden in Deutschland begehen das Osterfest nach dem julianischen Kalender. So liegt das griechische Osterfest oft erst Wochen nach unserem Osterfest.