Letzter Sonntag der Passionszeit
Einzug Jesu in Jerusalem
Veit Dietrich
(† 25. März 1549 in Nürnberg)
Palmsonntag
Der Palmsonntag in den Jahren 2024 bis 2031
Verweise führen zu den Kalenderblättern des jeweiligen Datums:
Der Artikel zeigt Spruch, Psalm und Liedauswahl für die Woche sowie die Bibeltexte für Lesungen und Predigten nach der Kirchenordnung.
Abbildung: Palmsonntag | Jesus zieht auf dem Esel in Jerusalem ein
Glasfenster in der Kathedrale Notre-Dame
Foto: Vassil (Wikimedia Commons) | Public Domain
Der Palmsonntag ist der letzte Sonntag der Fastenzeit bzw. der Passionszeit. Er leitet die Karwoche ein, die ihren Höhepunkt am Karfreitag, dem Tag des Gedenks der Kreuzigung Jesu, findet.
Inhaltlich liegt dem Palmsonntag ein Ereignis aus der Lebensgeschichte Jesu zugrunde: Jesus zog letztmals in Jerusalem ein, um gemeinsam mit seinen Jüngern das Passafest nach jüdischer Tradition und nach den Regeln der damaligen Zeit zu feiern.
Viele Juden, die ihre Hoffnung auf ihn als Erlöser setzten, und die von seiner Absicht erfuhren, liefen ihm entgegen. Noch vor der Stadtmauer begrüßten sie ihn freudig mit Palmzweigen, die sie mit ihren Händen schwangen.
Diese Palmzweige verliehen dem kirchlichen Sonntag schon früh in der Geschichte seinen Namen, unter dem er noch heute in den Kalendern zu finden ist.
Das Ereignis ist schriftlich überliefert. Erzählt ist die Geschichte in den Evangelien des Matthäus ( Mt 21,1-11), des Lukas ( Lk 19,28-40) und des Johannes ( Joh 12,12-16).
Den Text des Johannes-Evangliums geben wir an dieser Stelle in einer modernen sprachlichen Form wieder:
12 12 Am Tag darauf hörte die Volksmenge, die sich zum Fest eingefunden hatte, Jesus komme nach Jerusalem. 13 Da nahmen sie Palmzweige, zogen hinaus, um ihn zu empfangen und riefen: »Hosanna! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn, der König Israels!«
14 Jesus fand einen jungen Esel und setzte sich darauf – wie es in der Schrift heißt: 15 »Fürchte dich nicht, Tochter Zion! Siehe, dein König kommt; er sitzt auf dem Fohlen einer Eselin.« 16a Das alles verstanden seine Jünger zunächst nicht.
Dominica in Palmis de passione Domini (Bezeichnung der römisch-katholischen Kirche) oder Palmarum (Bezeichnung der evangelische Kirche) oder allgemein in unseren Kalendern Palmsonntag ist der sechste und letzte Sonntag der Fastenzeit und der Sonntag vor Ostern. Mit dem Palmsonntag beginnt die Karwoche.
Am Palmsonntag gedenken die Christen dem Einzug Jesu in Jerusalem, wie er in den Evangelien beschrieben wird bei Johannes ( Joh 12,12-16; siehe oben), Matthäus ( Mt 21,1-11) und Lukas ( Lk 19,28-40).
Jesus war inzwischen als Prediger, Lehrer und Heiler großen Teilen der Bevölkerung bekannt. Das Passah-Fest war in Vorbereitung, und wie Jesus auch, zogen derzeit viele Menschen aus ganz Israel nach Jerusalem. Darunter waren sicher etliche, die Jesus bei seinen Wanderungen durch Israel bereits kennengelernt hatten.
Schnell sprach es sich herum, dass Jesus mit seinen Jüngern und Begleitern nach Jerusalem kam und die Menschen bereiteten seine Ankunft vor: Sie schnitten Palmzweige ab, die eine große symbolische Bedeutung besaßen. Man verwendete sie u. a. dafür, den siegreichen König nach dem Feldzug bei seiner Rückkehr zu begrüßen und zu huldigen.
Jesus seinerseits verstärkte dieses Bild des Königs noch und gab ihm eine ganz besondere Färbung: Er setzte sich auf einen jungen Esel, um darauf in die Stadt zu reiten. Dies hatte zweierlei Bedeutung: Zum einen war es das Symbol für die Königsherrschaft, zum anderen das Symbol für Gerechtigkeit, Hilfsbereitschaft, Gewaltlosigkeit und Bescheidenheit, so wie es im Alten Testament beschrieben ist:
»Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Sieh, dein König kommt zu dir. Er ist gerecht und hilft; er ist demütig und reitet auf einem Esel, auf einem Fohlen, dem Jungen einer Eselin.«
Sacharja 9,9
Palmzweige und Esel sind starke und eindeutige Symbole dieser geschichtlichen Ereignisse. So stark, dass selbst die Jünger zunächst nicht verstanden, was da überhaupt geschah ( Johannes 12,16a).
Für den Palmsonntag ist vielerlei kirchliches und gesellschaftliches Brauchtum bekannt, das zudem regional sehr unterschiedlich gelebt wird. Dazu zählen vor allem Prozessionen, die Palmenweihe oder das Schmücken der Wohnungen mit Zweigen.
Der Palmhase bietet in manchen Gebieten einen Vorgeschmack auf den Osterhasen: Am Palmsonntag überrascht er mit österlichen Kleinigkeiten oder Geldgeschenken. Doch dieser Brauch ist nicht sehr verbreitet. Das bürgerliche Brauchtum und die kommerziellen Aspekte konzentrieren sich schon Wochen vorher auf das bevorstehende Osterfest. Die Karwoche verliert an Bedeutung und braucht kaum noch eine feierliche Einleitung.
Das, was sich die jubelnden Menschen am Wegrand in Jerusalem beim Einzug Jesu in die Stadt erhofften und begrüßten, ist ganz sicher kein frommes Gehabe, sondern eher der Wunsch, der in vielen von uns schlummert: Der Wunsch nach einer Regierung, die zwar mächtig ist, aber ihre Macht und Stärke vor allem aus der Bescheidenheit gewinnt und in Gerechtigkeit, Hilfsbereitschaft und Gewaltlosigkeit münden lässt.
Palmsonntag ist daher ein Tag des Friedens – Gegen Gewalt, für Frieden! Anders als der Internationale Tag des Friedens ruft er nicht zur Waffenruhe auf, sondern dazu, dass wir unsere Werte überdenken, die wir für uns selbst und für unsere Mächtigen in Gesellschaft und Politik zum Maßstab machen. Er ruft dazu auf, Bescheidenheit, Hilfsbereitschaft, Gerechtigkeit und Gewaltlosigkeit freudig zu begrüßen! Er ruft dazu auf, Stellung zu beziehen für Werte, die unsere Gemeinschaft und unser Zusammenleben fördern – ganz unabhängig von jeder religiösen Wahrnehmung.
Wäre es nicht ein guter Tag, um Friedenspreise zu verleihen? Um für Frieden zu demonstrieren und sich um Aussprache und Versöhnung zu kümmern? Palmzweige und Esel schlummern in jedem von uns!
Leider verliert der Palmsonntag ganz allgemein in unserer Gesellschaft seine Bedeutung als Feiertag. Leider ist es ihm bisher auch nicht gelungen, eine Bedeutung als Friedenstag zu gewinnen, die ihm sehr gut stünde.
Aber das, was ein Tag ist, ist letztendlich das, was wir alle aus ihm machen. Welche Bedeutung der Palmsonntag in Zukunft haben wird, wird sich zeigen.
Es wird sich auch zeigen, welche Werte in der Gesellschaft, in der Politik und in der Wirtschaft künftig Bedeutung erlangen und haben werden.
Der Blick in unsere jüngere Geschichte beweist hinreichend und oftmals unglaublich brutal und schockierend: Es gab und gibt immer wieder Zeiten, in denen sich viele Menschen in ihrer Ohnmacht das Eintreffen des friedvollen, gewaltlosen Retters wünschten und wünschen. Und es gab und gibt immer wieder Zeiten, in denen Gewaltherrschern und unmenschlichen Wertesystemen der Weg bereitet wurde und noch heute wird.
So hat der Palmsonntag auch etwas Mahnendes an sich: Seid vorsichtig! Bereitet den Verführern und Blendern nicht den Weg! Begrüßt nicht die falschen Heilsversprecher mit euren Palmzweigen, auch dann nicht, wenn sie einen Esel vorschicken, um ihre Radikalität und ihr unerbittliches Machtstreben zu kaschieren.
Doch wie erkennt man sie? Wie erkennt man Verführer, Blender und falsche Heilsversprecher?
An ihrer Sprache und an ihrem Handeln!
Machstreben sucht immer Feindbilder, an denen es sich erweisen und wachsen kann. Radikalität macht immer Menschen rücksichtslos zu Opfern, sehr häufig stereotyp, gegen identifizierbare Gruppen gerichtet. Zunächst in der Sprache.
Aber spätestens dann, wenn sprachliche Auswüchse Werte in der Gesellschaft verändert haben werden, folgt das daraus resultierende, das konsequente Handeln, das von Anfang an als grundlegendes Motiv der Sprachwahl diente. Dann aber ist es meist zu spät, die Palmzweige abzuräumen. Sie sind ja längst verwelkt! Dann heißt es für viele nur noch Warten auf den wahren Erlöser. Und es kann gut sein, dass für unglaublich viele Menschen die Erlösung, die rechtzeitige Rettung, ausbleibt.
Der Palmsonntag ermahnt uns, Werte und Wertesysteme zu erkennen und zu fördern, die uns alle auf den richtigen Weg führen. Gleichberechtigt, ohne Unterschiede. Dazu muss man lernen, diese Werte wertzuschätzen und an ihnen trotz aller Anfeindungen und trotz öffentlicher Diskreditierung festzuhalten. Der Apostel Paulus nannte das: Standhaftig im Glauben.
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