Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545
150 Psalmen, aufgeteilt in fünf Büchern
Im folgenden Text ist der bezeichnete Vers hervorgehoben.
1Ein Pſalm Dauids.
HERR haddere mit meinen Haddern / Streitte wider meine Beſtreitter.
2Ergreiffe den Schild vnd Woffen / Vnd mache dich auff mir zu helffen.
3Zücke den Spies / vnd ſchütze mich wider meine Verfolger / Sprich zu meiner Seelen / Ich bin deine Hülffe.
4Es müſſen ſich ſchemen vnd gehönet werden / die nach meiner Seelen ſtehen / Es müſſen zu rück keren vnd zu ſchanden werden / die mir vbel wöllen.
5Sie müſſen werden wie Sprew fur dem winde / Vnd der Engel des HERRN ſtoſſe ſie weg.
6Ir weg müſſe finſter vnd ſchlipfferig werden / Vnd der Engel des HERRN verfolge ſie.
7Denn ſie haben mir on vrſach geſtellet jr Netze zu verderben / Vnd haben on vrſach meiner Seelen gruben zugericht.
8Er müſſe vnuerſehens vberfallen werden / Vnd ſein Netz das er geſtellet hat / müſſe jn fahen / Vnd müſſe drinnen vberfallen werden.
9ABer meine Seele müſſe ſich frewen des HERRN / Vnd frölich ſein auff ſeine Hülffe.
10Alle meine Gebeine müſſen ſagen / HERR / Wer iſt dein gleichen? Der du den Elenden erretteſt von dem der jm zu ſtarck iſt / Vnd den Elenden vnd Armen von ſeinen Reubern.
11ES tretten freuel Zeugen auff / Die zeihen mich des ich nicht ſchüldig bin.
12Sie thun mir arges vmb guts / Mich in c hertzleid zu bringen.
13ICh aber / wenn ſie kranck waren / zog einen Sack an / Thet mir wehe mit faſten / vnd betet von hertzen ſtets.
14Ich hielt mich / als were es mein Freund vnd Bruder / Ich gieng traurig / wie einer der leide tregt vber ſeiner Mutter.
15SIe aber frewen ſich vber meinem ſchaden / vnd rotten ſich / Es rotten ſich die Hinckende wider mich / on meine ſchuld / Sie reiſſen vnd hören nicht auff.
16Mit denen die da heuchlen vnd ſpotten vmb des Bauchs willen / Beiſſen ſie jre Zeene zu ſamen vber mich.
17HERR wie lange wiltu zuſehen? Errette doch meine Seele aus jrem Getümel / Vnd meine Einſame von den jungen Lewen.
18ICh wil dir dancken in der groſſen Gemeine / Vnd vnter viel Volcks wil ich dich rhümen.
19LAs ſich nicht vber mich frewen / die mir vnbillich feind ſind / Noch mit den augen ſpotten / die mich on vrſach haſſen.
20Denn ſie trachten ſchaden zuthun / Vnd ſuchen falſche Sachen wider die Stillen im Lande.
21Vnd ſperren jr maul weit auff wider mich / vnd ſprechen / Da / da / Das ſehen wir gerne.
22HERR du ſiheſts / ſchweige nicht / HERR ſey nicht ferne von mir.
23Erwecke dich vnd wache auff zu meinem Recht / Vnd zu meiner Sache mein Gott vnd HERR.
24HERR mein Gott / richte mich nach deiner Gerechtigkeit / Das ſie ſich vber mich nicht frewen.
25Las ſie nicht ſagen in jrem hertzen / Da / da / Das wolten wir / Las ſie nicht ſagen / Wir haben jn verſchlungen.
26Sie müſſen ſich ſchemen / vnd zuſchanden werden / alle die ſich meines Vbels frewen / Sie müſſen mit ſchand vnd ſcham gekleidet werden / die ſich wider mich rhümen.
27RHümen vnd frewen müſſen ſich / die mir gönnen / das ich recht behalte / Vnd jmer ſagen / Der HERR müſſe hoch gelobt ſein / der ſeinem Knecht wol wil.
28Vnd meine Zunge ſol reden von deiner Gerechtigkeit / Vnd dich teglich preiſen.
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Kürzel | Bezeichnung in Luthers Biblia 1545 | Moderne Bibel | Kürzel |
3. Reg. | 1. Buch von den Königen. | Das erste Buch der Könige Das 1. Buch der Könige | 1. Kön 1 Kön 1Kon |
Erläuterungen siehe Liste der Abkürzungen und Namen biblischer Bücher | |||
Die folgenden Begriffe aus dem Text Ps 35 werden hier erläutert.
Versnummer: Luthers Wort | |||
1: Pſalm Dauids | 1: HERR | 1: haddere | |
1: Haddern | 2: Woffen | 3: Seelen | |
4: gehönet | 5: fur | ||
5: Engel | 6: ſchlipfferig | 7: on vrſach | |
8: vnuerſehens | 8: fahen | 9: frewen | |
11: freuel Zeugen | 12: thun | 12: vmb | |
23: hertzleid | 13: Thet | 13: faſten | |
15: on meine ſchuld | 16: heuchlen | 16: ſpotten | |
16: Zeene | 17: wiltu | 17: Lewen | |
18: Gemeine | 22: ſey | 27: Knecht | |
Klick auf ein Wort führt zum Eintrag mit den Erklärungen. Das vollständige Verzeichnis findet sich hier: Das große Stilkunst.de–Wörterbuch zur Lutherbibel von 1545 |
Luther-Deutsch | Deutsch | Erläuterungen | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Pſalm Dauids | Psalm Davids Angabe der Urheberschaft im Titel von 50 Psalmen:
Die Formulierung besagt nicht verlässlich, dass David selbst diese Psalmen verfasst hat. Sie bedeutet wohl nur, dass sie zu einer Sammlung von Psalmen gehören, die ihm gewidmet ist. In der Lutherbibel von 1545 benennen 73 Psalmen in der Überschrift David als Urheber.
a) Psalm Davids: 50
b) Gülden Kleinod Davids: 6 Psalmen 16, 56, 57, 58, 59 und 60
c) Unterweisung Davids: 6 Psalmen 32, 52, 53, 54, 55 und 142
d) Lied Davids: 4 Psalmen 122, 124, 131 und 133
e) Psalmlied Davids: 2 Psalmen 68 und 108
f) Gebet Davids: 2 Psalmen 17 und 86
g) Unschuld Davids: 1 Psalm 7
h) Lob Davids: 1 Psalm 145
i) Davids: 1 Psalm 138
Zur Person Davids
Historisch kreisen um die Person Davids viele ungeklärte Fragen. Nach der biblischen Überlieferung war David nach Saul der zweite König Israels und lebte von etwa 1000 bis 961 v. Chr. Genauere Lebensdaten sind unbekannt.
David war zunächst Musiker am Hof Sauls und wurde später Offizier in seinem Heer.
Die Geschichte Davids wird ausführlich erzählt in den beiden Samuelbüchern (1Sam, 2Sam), in 1Kön 1-2 und in 1Chr 11-29.
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HERR | HERR, JHWH, Jahwe Aussehen in unseren Frakturschriften: HERR oder HERR
HERR im Alten Testament
hebräisch: יהוה (jhwh, das Tetragrammaton JHWH) lateinisch (Biblia Sacra Vulgata): Dominus, Herr
Luthers Schreibweise HERR in Versalien (Großbuchstaben) folgt einer festen Regel. Sie weist darauf hin, dass im hebräischen Text an dieser Stelle das Tetragrammaton (das Vierfachzeichen) »JHWH« (hebr.: יהוה) steht. Es ist der unaussprechliche Name Gottes.
Satztechnisch bedingte Varianten
Um beim Satz der Lettern Platz in einer Zeile zu sparen, wodurch übermäßiger Sperrdruck oder ungünstige Wortumbrüche vermieden werden, sind in der Lutherbibel von 1545 häufig auch die Varianten HERr oder HERRn oder HERrn zu finden. Dabei sind mindestens die ersten drei Zeichen in Versalien gesetzt, womit sie hinreichend von HErr unterscheidbar sind.
An wenigen Stellen im Text wurde eine für uns unübliche Trennung im Wort vorgenommen, um einen Zeilenumbruch zu realisieren, hier beispielhaft gezeigt:
[ ...] fur den HER- RN bringen [...]
HERR HErr
Der Ausdruck HERR HErr steht dann, wenn im hebräischen Text »JHWH Adonaj« zu lesen ist. (Siehe dazu auch den Artikel HErr.)
Auch die umgekehrte Reihenfolge HErr HERR ist möglich (»Adonaj JHWH«).
4bSo ſpricht der HErr HERR / 5aſie gehorchen oder laſſens /
Die neuen Lutherbibeln übersetzen diesen Ausdruck stets mit »Gott der HERR«.
Die Aussprache des Namens Gottes
Das Wissen um die Aussprache der vier Zeichen, die den Gottesnamen ausmachen, ist schon früh in der Geschichte verloren gegangen. Sie werden heute oft mit »Jahwe« (vokalisiert geschrieben יְהוָה nach der Aussprache des hebräischen Adonaj, Herr) oder »Jehova« (יְהוָֹה ebenfalls nach dem hebräischen Adonaj, Herr, jedoch unter Berücksichtigung aller Vokale) transkribiert, aber auch mit »Jewah« (ebenfalls יְהוָה aber nach dem hebräischen Schema, der Name, zu lesen) oder »Jehowih« (יְהוִה nach dem hebräischen Elohim, Gott / Götter).
Luthers Namensersatz
Luther kannte die vokalisierten Varianten und die transkribierten Formen und war wohl besonders dem Wort »Jehova« zugeneigt. Es bezieht alle drei Vokale aus dem Wort Adonaj, das »Herr« bedeutet. Dennoch hatte er es vermieden, in seiner Übersetzung »Jehova« zu verwenden. Stattdessen nutzte er wie die lateinischen Bibeln einen Wortersatz. Er setzte das deutsche Wort ein, das gemäß der jüdischen Tradition zu lesen sei, wenn im Text das Vierfachzeichen erscheint, machte es aber durch die besondere Satzweise in Großbuchstaben kenntlich: HERR.
Luthers Schreibweise hat sich bis heute in etlichen Bibelausgaben gehalten.
HERR im Neuen Testament
Im neuen Testament verwendet Luther die Schreibweise HERR in Versalien (Großbuchstaben) für Gott, den Vater, an Stellen, wo sich Zitate aus dem Alten Testament auf »JHWH« beziehen.
Wichtig: Davon zu unterscheiden sind die Schreibweisen
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haddern | hadern (Verb) a) streiten (im Streit mit Worten); b) streiten, prügeln (im Streit mit Handgreiflichkeiten); c) vor Gericht streiten, einen Prozess führen; d) grollen, jemandem feindlich sein.
WEnn ſich Menner mit einander haddern / vnd einer ſchlegt den andern mit einem ſtein oder mit einer fauſt / [...]
Wenn sich Männer miteinander streiten, und einer schlägt den anderen mit einem Stein oder mit der Faust ...
Joas aber ſprach zu allen die bey jm ſtunden / Wolt jr vmb Baal haddern? wolt jr jm helffen? Wer vmb jn haddert der ſol dieſes morgens ſterben /
Joas aber sprach zu allen, die bei ihm standen: »Wollt ihr um Baal streiten? Wollt ihr ihm helfen? Wer um ihn streitet, der soll heute Morgen sterben!«
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haddern | hadern (Verb) a) streiten (im Streit mit Worten); b) streiten, prügeln (im Streit mit Handgreiflichkeiten); c) vor Gericht streiten, einen Prozess führen; d) grollen, jemandem feindlich sein.
WEnn ſich Menner mit einander haddern / vnd einer ſchlegt den andern mit einem ſtein oder mit einer fauſt / [...]
Wenn sich Männer miteinander streiten, und einer schlägt den anderen mit einem Stein oder mit der Faust ...
Joas aber ſprach zu allen die bey jm ſtunden / Wolt jr vmb Baal haddern? wolt jr jm helffen? Wer vmb jn haddert der ſol dieſes morgens ſterben /
Joas aber sprach zu allen, die bei ihm standen: »Wollt ihr um Baal streiten? Wollt ihr ihm helfen? Wer um ihn streitet, der soll heute Morgen sterben!«
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Woffen | Waffen, die Woffen
mhd: wâfen Luther benutzt neben Waffen auch die md. Form Woffen
Ergreiffe den Schild vnd Woffen /
Ergreife Schild und Waffen!
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Seele
ſeele | Seele, die Seele
hebräisch: נֶ֫פֶשׁ (nεfεš), eigtl.: Hauch, Atem 1) was ein Wesen lebendig macht: Seele 2) Sitze der Empfindungen: Gemüt, Herz 3) lebendiges Wesen (worin Leben ist), Lebender, Person griechisch: ψυχή (psyche), eigtl.: das (irdische) Leben 1) die Seele 2) das Leben 3) lebendiges Wesen (worin Leben ist), Lebender, Person, lebender Mensch lateinisch: anima Atem, Hauch, Seele, Gemüt, Leben, Lebenskraft Der Begriff Seele erstreckt sich über ein weites Feld von Bedeutungen, die alle im individuellen Sein eines lebendigen Wesens, speziell eines Menschen angesiedelt sind. Es reicht vom belebenden Atem über den Sitz der Emotionen, über Emotionen selbst, über Gemütszustände bis hin zu Lebenskraft und zu Leben an sich.
Seele grenzt immer lebende und empfindende Wesen von Gegenständen, toten Körpern und Verstorbenen ab, die alle diese Eigenschaften, also die Seele, entweder nicht besitzen oder verloren haben. Das heutige Verständnis
Der Begriff der Seele ist religionsgeschichtlich in allen Kulturen vorhanden, aber mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen verbunden. Heute gibt es viele Interpretationsversuche, die oft zur Erklärung und Abgrenzung verschiedene Seelen-Typen beschreiben, wie die Körper-Seele, die Frei-Seele, die Schatten-Seele u.a.
Allen gemein scheint nur zu sein, dass mit Seele eine individuelle »Lebenskraft« gemeint ist, die jedoch nicht näher greifbar ist. Sie belebt den Körper, wenn der Mensch aktiv und bewusst ist (Körper-Seele). Sie existiert vom Bewusstsein aber auch unabhängig, beispielsweise, wenn der Mensch schläft oder bewusstlos ist (Frei-Seele). Sie beinhaltet die Gedanken und Gefühle (Ich-Seele). Die Hauch-Seele ist eine Art ätherisches Fluidum, und eine spezielle Gabe des Höchstens Wesens (ein Beispiel ist der Odem, den Adam eingeblasen bekommt). Die Schatten-Seele ermöglicht es, im Schlaf in den Träumen zu reisen, ohne den schlafenden Körper mitzunehmen, usw.
Im christlichen Abendland ist die Idee einer Seele zwar selbstverständlich, der Gebrauch des Begriffs aber längst nicht einheitlich. Bis heute steht der Begriff Seele im Zentrum theologischer Untersuchungen und Diskussionen. So ist das hebräische Wort נֶ֫פֶשׁ (nεfεš; Seele) eines der am meisten untersuchten Wörter im Alten Testament, nicht zuletzt, um die Grundlagen zu schaffen für ein christlich religiöses Verständnis.
Die Frei-Seele entspricht in etwa dem christlichen Verständnis: Sie ist von Körper und Geist unabhängig (frei). Die Frei-Seele vertritt den ganzen Menschen mit all seinen persönlichen Eigenschaften, Fähigkeiten, Gedanken und Erinnerungen. Sie kann in Träumen, Trancen oder in Bewusstlosigkeit den Kör0per vorübergehend verlassen und eigenständig existieren (frei). Kehrt sie nicht zurück, stirbt der Mensch, doch die Frei-Seele überlebt, womit die Persönlichkeit des Menschen nach seinem Tod erhalten bleibt.
Damit grenzt sich der Begriff Seele von der Bedeutung Lebenskraft oder von Leben eindeutig ab. Während die Lebenskraft und das Leben mit dem Tod verloren gehen, existiert die Seele weiter. Um eine »lebendige Seele« zu werden (1Mos 2,7), braucht es einen Körper (Materie), einen Geist (Denken und Handeln), eine Seele (das individuelle »Ich«) und das Leben an sich (das Luther Odem nennt).
Die Interpretation des Wortes Seele | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
hoehnen | höhnen (Verb) mhd: hœnen a) gering, niedrig, verächtlich machen b) »es höhn mich«: es kränkt mich c) erhöhnen: verderben, zu Grunde richten, in Schaden bringen, zum Untergang führen d) übermütig und mit Verachtung spotten e) eine Sache nicht achten, über sie hinweg sehen, ihr trotzen
Es müſſen ſich ſchemen vnd gehönet werden / die nach meiner Seelen ſtehen /
Es müssen sich schemen und verächtlich verspottet werden, die mir nach dem Leben trachten.
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zu ſchanden | zuschanden (Adverb) von: die Schande, Unehre, Schimpf
eigentlich: zu Schanden (Substantiv, Dativ, Plural) zur Unehre, zum Schimpf (machen, werden, gelangen, usw.) in der Ehre zerstört, vernichtet, zu nichte gemacht Besonders bei Luther häufig gebräuchlich:
zu ſchanden machen, zu ſchanden werden
a) zu nichte machen, zu nichte werden b) moralisch vernichten, vernichtet werden c) beschämen, beschämt werden d) bloßstellen, bloßgestellt werden
Schemen müſſen ſich vnd zu ſchanden werden / die mir nach meiner Seelen ſtehen / das ſie die vmbbringen
Schämen müssen sich und bloßgestellt werden, die mir nach meiner Seele trachten, um sie umzubringen.
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fur | a) vor (Präposition)
b) für (Präposition)
c) fuhr (Verb)
Die Präpositionen vor und für
Die beiden heutigen Wörter vor und für gehen sprachlich auf das selbe Wort zurück, was in der Lutherbibel noch gut verfolgt werden kann.
Überwiegend tritt fur in der Bedeutung vor auf und ist gleichbedeutend mit Luthers Schreibweise vor.
Die konkrete Bedeutung erschließt sich aus dem Textzusammenhang.
Das Verb fuhr
Das Wort fur kann auch das Verb fahren (Luther-Deutsch: faren) in der 3. Person Singular Präteritum meinen.
fur in der Bedeutung »vor«: Psalm 3,1
Ein Pſalm Dauids / Da er floh fur ſeinem ſon Abſalom.
Ein Psalm Davids, [gesungen,] als er vor seinem Sohn Aschalom floh.
fur in der Bedeutung »für«: Psalm 40,18
Denn ich bin Arm vnd Elend / Der HERR aber ſorget fur mich
Denn ich bin arm und elend. Der HERR sorgt aber für mich.
fur in der Bedeutung »fuhr«: Psalm 18,10
Er neigete den Himel vnd fur herab
Er neigte den Himmel und fuhr herab.
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Engel | Engel, der griechisch: ἄνγελος (ángelos) lateinisch: angelus Übersetzung vom Hebräischen: מלאך (mal'ach)
(göttlicher) Bote, der
Engel sind Geistwesen, die im religiösen Verständnis von Gott erschaffen wurden und ihm unterstellt sind. Sie sind Teil der himmlischen Heerscharen und treten oft als Boten Gottes auf.
SK Version 25.09.2024 ● | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
ſchlipfferig | schlüpfrig (Adjektiv) ſchlipfferig
* In diesem Artikel sind alle Fundstellen zitiert. mhd: slupferic glatt, zum ausgleiten geeignet
Jr weg müſſe finſter vnd ſchlipfferig werden /
Ihr müsse finster und schlüpfrig werden.
SK Version 25.09.2024 ● | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
on | ohne (Präposition) Wegfall einer Sache oder eines Grundes
Psalm 18,32 on der HERR: ohne dem HERRN
Psalm 27,12 on ſchew: ohne Scheu
Psalm 35,15 on meine ſchuld: ohne meine Schuld
Psalm 18,32 on vnſer Gott: ohne unserem Gott
Röm 1,9 on vnterlas: ohne Unterlass
Psalm 7,5 on vrſach: ohne Ursache, ohne Grund, grundlos
Psalm 15,2 on wandel: ohne Makel, makellos, unverändert
Psalm 105,34 on zahl: ohne Zahl, zahllos, unzählig
Röm 4,6 on zuthun: ohne Zutun
Röm 4,9 on zweiuel: ohne Zweifel, zweifelsohne, zweifellos
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vnuerſehens | unversehens (Adverb) vnuerſehens
mhd: unversehen zu: versehen (Verb)
eigentlich: ahnungslos
a) ohne es zu merken, unmerklich b) umgehend, plötzlich (ohne dass es vorauszusehen ist)
Er müſſe vnuerſehens vberfallen werden /
Er müsse umgehend überfallenn werden.
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fahen | fahen (Verb; veraltet) fahen
mhd: vâhen, vie ältere Form von fangen (Verb)
Luther benutzt im Präsens statt fangen fast durchgängig fahen (Ausnahmen: 2Makk 12,35; Kol 2,20). Jedoch schreibt er im Präteritum das neuere fingen anstelle des älteren fie.
Vnd ſein Netz das er geſtellet hat / müſſe jn fahen /
Und sein Netz, das er ausgelegt hat, müsse ihn <selbst> fangen.
h halte Friede / Aber wenn ich rede / ſo fahen ſie krieg an.
Ich halte Frieden! Aber wenn ich rede, dann fangen sie Krieg an.
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frewen
ſich frewen | freuen (Verb)
sich freuen (Verb) Luther verwendet in seiner Bibelübersetzung ausschließlich das reflexive »sich freuen«.
So würde Jacob frölich ſein / vnd Jſrael ſich frewen.
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freuel Zeuge
freueler Zeuge | Frevelzeuge, der (unüblich)
falscher Zeuge Zeuge, der bewußt verstößt gegen die geltende (göttliche oder weltliche) Ordnung aus Übermut, Auflehnung oder Missachtung.
Das Wort Frevel war in etlichen Komposita genutzt (Frevelmann, Frevelräuber, Frevelmeute, Frevelrotte, Frevelregiment, usw.).
Luther benutz das Substanstiv Frevel in gleicher Weise für Zeuge. Zwar trennt er die beiden Begriffe im Schriftbild und bildet daraus kein echtes Kompositum, doch verwendet er sie, als wären sie ein Wort.
Ein Begriff »Frevelzeuge« scheint allerdings nirgends (auch nicht außerhalb der Lutherbibel) belegt zu sein.
Es tretten freuel Zeugen auff / Die zeihen mich des ich nicht ſchüldig bin.
Es treten falsche Zeugen auf. Sie bezichtigen mich, obwohl ich nicht schuldig bin.
Wenn ein freueler Zeuge wider jemand aufftritt / vber jn zu bezeugen eine vbertrettung.
Wenn ein falscher Zeuge gegen jemanden auftritt, um über ihn eine Übertretung zu bezeugen.
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thun | tun (Verb) Mhd.: tuon (erweitert tuogen, tuonen) allgemein machen, schaffen, verrichten, handeln in unterschiedlichsten Varianten und Bedeutungen
Formen
FVr jren Vetern thet er Wunder in Egyptenland
Vor ihren Vätern tat er Wunder in Ägypten
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vmb | um (Partikel) a) Präpostion: um vieles, um alles, usw. b) Adverb: um sein, usw. c) Konjunktion: um zu
Die Schreibweise im Luther-Deutsch ist in allen Fällen vmb, auch als Präfix in Verbindung mit Verben.
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Hertzeleid
Hertzleid | Herzeleid, das emotionales Leid, Kummer des Herzens, tiefes Leid
Psalm 5,10: hertzeleid
Psalm 35,12: hertzleid
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thun | tun (Verb) Mhd.: tuon (erweitert tuogen, tuonen) allgemein machen, schaffen, verrichten, handeln in unterschiedlichsten Varianten und Bedeutungen
Formen
FVr jren Vetern thet er Wunder in Egyptenland
Vor ihren Vätern tat er Wunder in Ägypten
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faſten | fasten (Verb) Für eine bestimmte Zeit ganz oder teilweise auf Nahrung, Genussmittel und ggf. auf bestimmte Handlungen verzichten.
WEnn jr faſtet / ſolt jr nicht ſawr ſehen / wie die Heuchler / Denn ſie verſtellen jre angeſicht ...
Hintergrund der Erklärungen Jesu in Mt 6,16ff. sind die jüdischen Traditionen und die religiösen Gesetze seiner Zeit.
In der katholischen Kirche hatten sich für das Fasten Vorschriften entwickelt mit genauen Vorgaben, wer wann zum Fasten verpflichtet sei, wie es zu gestalten ist, welche Speisen und Getränke erlaubt sind und welche Ausnahmen es gibt. Damit verbunden war ein Verdienstlichkeitsprinzip: Fasten wird belohnt, der Verstoß gegen die Fastenvorschriften bestraft.
Die Reformation hat beides bekämpft, Gesetzlichkeit und Verdienstlichkeit, nicht aber das Fasten an sich. Luther versteht das Fasten als äußere Läuterung, als Korrektiv, das die Christen immer wieder zur Mäßigung einlädt.
So sind evangelische Christen durchaus angehalten, zu fasten, jedoch ist dies weder an bestimmte Feste oder Jahreszeiten gebunden, noch wird es kollektiv praktiziert.
Im Sinne von Mt 16,16-18 mag ein jeder im Stillen und Verborgenen fasten.
SK Version 25.09.2024 ● | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
on | ohne (Präposition) Wegfall einer Sache oder eines Grundes
Psalm 18,32 on der HERR: ohne dem HERRN
Psalm 27,12 on ſchew: ohne Scheu
Psalm 35,15 on meine ſchuld: ohne meine Schuld
Psalm 18,32 on vnſer Gott: ohne unserem Gott
Röm 1,9 on vnterlas: ohne Unterlass
Psalm 7,5 on vrſach: ohne Ursache, ohne Grund, grundlos
Psalm 15,2 on wandel: ohne Makel, makellos, unverändert
Psalm 105,34 on zahl: ohne Zahl, zahllos, unzählig
Röm 4,6 on zuthun: ohne Zutun
Röm 4,9 on zweiuel: ohne Zweifel, zweifelsohne, zweifellos
SK Version 25.09.2024 ● | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
heuchelnheuchlen | heucheln (Verb) etwas Besonderes vorgeben (blenden, aufschneiden), so tun, als läge ein bestimmter Zustand vor (simulieren).
Schreibweise heucheln: Psalm 12,3
Einer redet mit dem andern vnnütze ding vnd heucheln / Vnd leren aus vneinigem hertzen.
Einer redet mit dem andern unnütze Sachen, und [sie] heucheln. Und [sie] lehren aus uneinigem Herzen.
Schreibweise heuchlen: Psalm 5,10
Mit jren zungen heuchlen ſie.
Mit ihren Zungen heucheln sie.
SK Version 25.09.2024 ● | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
ſpotten | spotten (Verb) Spott treiben, Hohn äußern in Worten, Gebärden und Verhalten.
Aber der im Himel wonet lachet jr / Vnd der HERR ſpottet jr.
Gemeint ist hier die Verhöhnung derer (jr, ihr), die sich gegen den HERRN und seinen Gesalbten auflehnen (siehe Vers 2), durch Gott, der im Himmel wohnt und lacht. – Ein sehr plastisches, trotz allem Ernstes auch humorvoll gezeichnetes Bild.
SK Version 25.09.2024 ● | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Zan
Zeene | Zahn, der Zan
Plural: Zeene
Auge vmb auge / Zan vmb zan / Hand vmb hand / Fus vmb fus / 25Brand vmb brand / Wund vmb wunde / Beule vmb beule.
Auge um Auge, Zahn um Zahn, Hand um Hand, Fuß um Fuß, Brand um Brand, Wunde um Wunde, Beule um Beule.
Die hoffnung des Verachters zur zeit der not / Jſt wie ein fauler Zan vnd gleitender fus.
Die Hoffnung des Verächters in Zeiten der Not ist wie ein fauler Zan und ein steifer Fuß.
IR habt gehört / das da geſagt iſt / Auge vmb auge / Zan vmb zan.
Ihr habt gehört, das da gesagt ist: Auge um Auge, Zahn um Zahn.
Denn du ſchlegſt alle meine Feinde auff den backen / vnd zerſchmetterſt der Gottloſen zeene.
SK Version 25.09.2024 ● | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
wiltu | willst du (Verb) 2. Person Singular Indikativ Aktiv von wollen (Verb)
Präsens: wiltu: willst du -u: Die Flexion mit dem angehängten »u« ist eine eigentümliche Form, die sonst nur noch aus älteren Texten bekannt ist. Gebildet wurde sie aus der 2. Person, zusammengezogen mit dem Personalpronomen »du«, aus dem das »u« stammt. Diese Form impliziert eine gewisse Dringlichkeit und Direktheit der Ansprache, die unmittelbare Hinwendung zum Gegenüber. So kann es die unzweifelhafte Feststellung des Handelns, die dringliche Ansprache oder die unmittelbare Aufforderung zum Handeln bedeuten (Indikativ in der Aussage), die Erfüllung einfordern, mutmaßen bzw. unterstellen (Konjunktiv), oder zur Antwort und Erklärung auffordern (Verb in der Frage).
Heute ist stattdessen das Verb in seiner gebräuchlichen Flexion verbunden mit »du« zu verwenden. Die Direktheit oder eine Aufforderung kann bestenfalls durch eine Sinn tragende Beifügung umschrieben werden abhängig vom Kontext. Sie kann ggf. durch einen Imperativ herausgestellt werden. wiltu: willst du (ganz bestimmt, ohne Zweifel)!
wie lang wiltu mein ſo gar vergeſſen?
Wie lange willst du mich noch so ganz vergessen?!
SK Version 25.09.2024 ● | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Lew
Lewe | Löwe, der a) das Tier: der Löwe b) die bildliche Übertragung auf Menschen, wobei oft die Stärke, die Kühnheit und die Raubgier des Löwen das Bild bestimmen.
Beide Schreibweisen, mit und ohne »e« am Ende sind möglich.
Er lauret im verborgen / wie ein Lew in der hüle
Er lauert im Verborgenen wie ein Löwe in der Höhle.
Vnd wie ein auffgereckter Lewe jageſtu mich /
Und wie ein aufgerichteter [im Sprung befindlicher] Löwe jagest du mich [ ganz sicher].
SK Version 25.09.2024 ● | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Gemeine
Gemein | Gemeinde, die von gemein (Adjektiv): gemeinschaftlich, mehreren zukommend
a) Gruppe von Menschen, Zusammenschluss, Zusammengehörigkeit: Gemeinschaft, Gemeinde b) Grund und Boden einer Gruppe von Menschen: Gemeinde(fläche), Kommune, Ort
Heute verwenden wir Gemeinde nach a) noch für die Gemeinschaft der Mitglieder einer örtlichen Kirche (Kirchgemeinde), und nach b) für einen kleineren Ort, der eigenständig verwaltet wird, aber kein Stadtrecht besitzt.
Luther verwendet den Begriff im Sinn der Zusammengehörigkeit einer Gruppe von Menschen:
Darumb bleiben die Gottloſen nicht im Gerichte / Noch die Sünder in der gemeine der Gerechten.
Darum bleiben die Gottlosen nicht im Gericht, noch die Sünder in der Gemeinschaft der Gerechten.
SK Version 25.09.2024 ● | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
ſey | er/sie/es sei (Verb) von: sein (Verb) Das »ei« am Wortende wird nach den Regeln des Luther-Deutsch zu »ey«.
Es werde eine Feſte zwiſchen den Waſſern / vnd die ſey ein Vnterſcheid zwiſchen den Waſſern.
Es werde ein Himmelsgewölbe zwischen den Gewässern, und das sei die Trennung zwischen den Gewässern.
SK Version 25.09.2024 ● | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Knecht | Knecht, der Das Wort meint im eigentlichen Sinn einen Menschen männlichen Geschlechts unabhängig vom Alter. Davon haben sich verschiedene Bedeutungen abgeleitet:
a) Mann b) Jüngling c) Junggeselle, unverheirateter (junger) Mann b) braver Mann, Ehrenmann e) lernender oder dienender Jüngling; Knappe; Lehrling; Geselle f) Kriegsknecht (Soldat, der das Kriegshandwerk zum Beruf gemacht hat) g) Landsknechte (im edlen Ansinnen) h) allg. Dienender (in Anstellung eines Herrn) i) Gottes Knecht (von Gott dienenden Menschen, so auch von Christen allgemein, unabhängig vom Geschlecht)
Sie haben die Leichnam deiner Knechte den Vogeln vnter dem Himel zu freſſen gegeben
Sie haben die Leichen deiner Knechte den Vögeln unter dem Himmel zu fressen gegeben.
Knechte meint hier die (treuen) Diener Gottes, die Angehörigen des Volkes Israel.
SK Version 25.09.2024 ● | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Den Seitenaufbau, die verwendeten Schriften, die Schreibregeln der Frakturschrift und Luthers Intentionen, mit der Typografie Lesehilfen bereitzustellen, erläutert dem interessierten Leser unser Artikel »Satz und Typografie der Lutherbibel von 1545«.