Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545
150 Psalmen, aufgeteilt in fünf Büchern
Die beiden Psalmen 42 und 43 sind als ein Psalm zu verstehen und im Zusammenhang zu lesen.
1Ein vnterweiſung der kinder
Korah / vor zu ſingen.
WIe der Hirſch ſchreiet nach friſchem Waſſer / So ſchreiet meine ſeele Gott zu dir.
3Meine Seele dürſtet nach Gott / nach dem lebendigen Gott / Wenn werde ich da hin komen / das ich Gottes angeſicht ſchawe?
4Meine Threne ſind meine Speiſe tag vnd nacht / weil man teglich zu mir ſagt / Wo iſt nu dein Gott?
5Wenn ich denn des innen werde / ſo ſchütte ich mein hertz heraus bey mir ſelbs / Denn ich wolt gerne hin gehen mit dem Hauffen / vnd mit jnen wallen zum Hauſe Gottes / mit frolocken vnd dancken / vnter dem Hauffen die da feiren.
6WAS betrübeſtu dich meine Seele / vnd biſt ſo vnrügig in mir? harre auff Gott / Denn ich werde jm noch dancken / das er mir hilfft mit ſeinem Angeſicht.
7Mein Gott / betrübt iſt meine Seele in mir / Darumb gedencke ich an dich im a Lande am Jordan vnd Hermonim / auff dem kleinen Berg.
8Deine b Flut rauſchen da her / das hie eine tieffe vnd da eine tieffe brauſen / Alle deine Waſſerwogen vnd Wellen gehen vber mich.
9DEr HERR hat des tages verheiſſen ſeine Güte / Vnd des nachts ſinge ich jm / vnd bette zu Gott meins lebens.
10ICh ſage zu Gott meinem Fels / Warumb haſtu mein vergeſſen? Warumb mus ich ſo trawrig gehen / wenn mein Feind mich drenget?
11Es iſt als ein mord in meinen beinen / das mich meine Feinde ſchmehen / Wenn ſie teglich zu mir ſagen / Wo iſt nu dein Gott?
12WAs betrübſtu dich meine Seele / vnd biſt ſo vnrügig in mir? harre auff Gott / Denn ich werde jm noch dancken / das er meines angeſichts hülffe vnd mein Gott iſt.
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Kürzel | Bezeichnung in Luthers Biblia 1545 | Moderne Bibel | Kürzel |
Sup. | Latein: [vide] supra Kapitelnummer | »[Siehe] [weiter] oben, Kapitelnummer«oder | |
Pſal. | Der Pſalter.Biblia Vulgata: | Der Psalter Die Psalmen Das Buch der Psalmen | Ps Ps Ps |
Erläuterungen siehe Liste der Abkürzungen und Namen biblischer Bücher | |||
Die folgenden Begriffe aus dem Text Ps 42 werden hier erläutert.
Versnummer: Luthers Wort | |||
1: kinder Korah | 2: ſchreiet | ||
2: ſeele | 3: ſchawe | 4: Threne | |
5: bey | 5: wallen | 6: betrübeſtu | |
6: vnrügig | 6: harre | 7: Hermonim | |
8: hie | 10: haſtu | 12: betrübſtu | |
12: Seele | |||
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Luther-Deutsch | Deutsch | Erläuterungen | ||||||||
Kinder Korah | Die Kinder Korach Kinder Korah
* In diesem Artikel sind alle Fundstellen zitiert. Aus der Linie der späten Nachkommen Korachs (Korhither; 2Mos 6,24). gehörten wohl etliche zu einer Sängergilde.
Die folgenden elf Psalmen bezeichnen in der Überschrift die Kinder Korachs als Autoren:
Psalm 42, Psalm 44, Psalm 45, Psalm 46, Psalm 84, Psalm 85, Psalm 87, Psalm 88
Daneben werden die kinder Korah noch in 2Mos 6,24 und in 4Mos 26,11 genannt:
Die kinder Korah ſind dieſe / Aſſir / Elkana / Abiaſſaph / Das ſind die geſchlechte der Korinter.
4Mos 26,10-11
Vnd die Erde jren mund auffthet / vnd ſie verſchlang mit Korah / da die Rotte ſtarb / da das fewr zwey hundert vnd funffzig Menner fraſs / vnd worden ein Zeichen. 11Aber die kinder Korah ſtorben nicht.
Korach
Korach war der Sohn Jizhars, Enkel Kehats (2Mos 6,21). Korach führte mit Dathan und Abiram den Aufruhr gegen Mose und Aaron an (4Mos 16,1ff). Mit ihnen waren 250 Fürsten vom Stamm der Levi beteiligt.
Der Aufruhr endete derart, dass die Aufrührer mit ihren Familien durch Öffnen des Erdbodens verschlungen wurden bzw. durch Feuer vom Herrn verzehrt wurden.
Es gab im Falle Korach eine Ausnahme: Die Kinder Korachs wurden nicht in die Bestrafung eingeschlossen (4Mos 26,9-11).
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||
vorſingen | vorsingen (Verb) a) für jemandem etwas singen b) vor jemanden etwas singen c) als Solist etwas zuerst singen, andere (ein Chor) wiederholen es d) als Solist einen Liedteil singen, andere (ein Chor) ergänzt weitere Liedteile Psalm 4,1 ( u. a.)
Ein Pſalm Dauids / vor zu ſingen
Luther: (Vorſingen) Wie der Cantor vnd Prieſter einen Vers oder Epiſtel vor ſinget / Vnd der Chor hinnach ſinget ein Reſponſorium / Haleluia oder Amen.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||
ſchreien | schreien (Verb) sehr laut reden, sprechen ich ſchreie
Höre die ſtim meines flehens / wenn ich zu dir ſchreie
Höre die Stimme meines Flehens, wenn ich zu dir schreie.
JCh ſchreie mit meiner ſtim / zu Gott / Zu Gott ſchreie ich / vnd er erhöret mich.
Ich schreie mit meiner Stimme zu Gott. Zu Gott schreie ich, und er erhört mich. ich ſchrey
Das »e« am Ende entfällt. Das »ei« am Wortende wird nach den Regeln des Luther-Deutsch zu »ey«.
Luther verwendet ſchrey sowohl als Präsensform wie auch als Präteritum.
Wenn mir angſt iſt / ſo ruffe ich den HERRN an / vnd ſchrey zu meinem Gott
Wenn ich Angst habe, rufe ich den HERRN an und schreie zu meinem Gott.
Dennoch höreteſtu meines flehens ſtim / da ich zu dir ſchrey.
Dennoch hörtest Du das Flehen in meiner Stimme, als ich zu dir schrie.
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Seele
ſeele | Seele, die Seele
hebräisch: נֶ֫פֶשׁ (nεfεš), eigtl.: Hauch, Atem 1) was ein Wesen lebendig macht: Seele 2) Sitze der Empfindungen: Gemüt, Herz 3) lebendiges Wesen (worin Leben ist), Lebender, Person griechisch: ψυχή (psyche), eigtl.: das (irdische) Leben 1) die Seele 2) das Leben 3) lebendiges Wesen (worin Leben ist), Lebender, Person, lebender Mensch lateinisch: anima Atem, Hauch, Seele, Gemüt, Leben, Lebenskraft Der Begriff Seele erstreckt sich über ein weites Feld von Bedeutungen, die alle im individuellen Sein eines lebendigen Wesens, speziell eines Menschen angesiedelt sind. Es reicht vom belebenden Atem über den Sitz der Emotionen, über Emotionen selbst, über Gemütszustände bis hin zu Lebenskraft und zu Leben an sich.
Seele grenzt immer lebende und empfindende Wesen von Gegenständen, toten Körpern und Verstorbenen ab, die alle diese Eigenschaften, also die Seele, entweder nicht besitzen oder verloren haben. Das heutige Verständnis
Der Begriff der Seele ist religionsgeschichtlich in allen Kulturen vorhanden, aber mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen verbunden. Heute gibt es viele Interpretationsversuche, die oft zur Erklärung und Abgrenzung verschiedene Seelen-Typen beschreiben, wie die Körper-Seele, die Frei-Seele, die Schatten-Seele u.a.
Allen gemein scheint nur zu sein, dass mit Seele eine individuelle »Lebenskraft« gemeint ist, die jedoch nicht näher greifbar ist. Sie belebt den Körper, wenn der Mensch aktiv und bewusst ist (Körper-Seele). Sie existiert vom Bewusstsein aber auch unabhängig, beispielsweise, wenn der Mensch schläft oder bewusstlos ist (Frei-Seele). Sie beinhaltet die Gedanken und Gefühle (Ich-Seele). Die Hauch-Seele ist eine Art ätherisches Fluidum, und eine spezielle Gabe des Höchstens Wesens (ein Beispiel ist der Odem, den Adam eingeblasen bekommt). Die Schatten-Seele ermöglicht es, im Schlaf in den Träumen zu reisen, ohne den schlafenden Körper mitzunehmen, usw.
Im christlichen Abendland ist die Idee einer Seele zwar selbstverständlich, der Gebrauch des Begriffs aber längst nicht einheitlich. Bis heute steht der Begriff Seele im Zentrum theologischer Untersuchungen und Diskussionen. So ist das hebräische Wort נֶ֫פֶשׁ (nεfεš; Seele) eines der am meisten untersuchten Wörter im Alten Testament, nicht zuletzt, um die Grundlagen zu schaffen für ein christlich religiöses Verständnis.
Die Frei-Seele entspricht in etwa dem christlichen Verständnis: Sie ist von Körper und Geist unabhängig (frei). Die Frei-Seele vertritt den ganzen Menschen mit all seinen persönlichen Eigenschaften, Fähigkeiten, Gedanken und Erinnerungen. Sie kann in Träumen, Trancen oder in Bewusstlosigkeit den Kör0per vorübergehend verlassen und eigenständig existieren (frei). Kehrt sie nicht zurück, stirbt der Mensch, doch die Frei-Seele überlebt, womit die Persönlichkeit des Menschen nach seinem Tod erhalten bleibt.
Damit grenzt sich der Begriff Seele von der Bedeutung Lebenskraft oder von Leben eindeutig ab. Während die Lebenskraft und das Leben mit dem Tod verloren gehen, existiert die Seele weiter. Um eine »lebendige Seele« zu werden (1Mos 2,7), braucht es einen Körper (Materie), einen Geist (Denken und Handeln), eine Seele (das individuelle »Ich«) und das Leben an sich (das Luther Odem nennt).
Die Interpretation des Wortes Seele | ||||||||
ſchawen | schauen (Verb) | ||||||||
Threne | Träne, die Plural: Threnen, auch Threne
Meine Threne ſind meine Speiſe tag vnd nacht
Meine Tränen sind meine Speise Tag und Nacht
Die mit Threnen ſeen / Werden mit freuden erndten.
Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten.
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bey | bei (Präposition) Das »ei« am Wortende wird nach den Regeln des Luther-Deutsch zu »ey«.
Bey denen die ſeinen Bund halten
Bei denen, die seinen Bund halten
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wallen | wallen (Verb; veraltet) in der Bedeutung:
umherschweifen, unstet sein
wallen, umherschweifen, usw.
Das Wort wallen kann drei völlig verschiedene Bedeutungen haben:
1) wallen, sprudeln, bewegt fließen, innerlich erregt sein, usw. 2) wallen, umherschweifen, unstet sein 3) wallen, einen Wall herstellen Ahd.: wallôn; Mhd.: wallen Bedeutung 2:
eigentlich umherschweifen, unstet sein, es meint aber im gehobenen Sinn auch feierlich, gemessen einherschreiten.
Das Wort wallen ist wie das gleichbedeutende, ebenfalls veraltete wallfahren das Verb zur heute gebräuchlicheren Substantivierung eine Wallfahrt machen, unternehmen.
Denn ich wolt gerne hin gehen mit dem Hauffen / vnd mit jnen wallen zum Hauſe Gottes
a) Denn ich wollte gerne mit der großen Schar losziehen, und mit ihnen zum Hause Gottes wallen. b) Denn ich wollte gerne gemeinsam mit der großen Schar feierlich zum Hause Gottes ziehen.
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betrübſtu
betrübeſtu | betrübst du (Verb) 2. Person Singular Aktiv von betrüben (Verb)
Präsens Indikativ: betrübſtu, du betrübst alternative Schreibweise: betrübeſtu, du betrübst -u: Die Flexion mit dem angehängten »u« ist eine eigentümliche Form, die sonst nur noch aus älteren Texten bekannt ist. Gebildet wurde sie aus der 2. Person, zusammengezogen mit dem Personalpronomen »du«, aus dem das »u« stammt. Diese Form impliziert eine gewisse Dringlichkeit und Direktheit der Ansprache, die unmittelbare Hinwendung zum Gegenüber. So kann es die unzweifelhafte Feststellung des Handelns, die dringliche Ansprache oder die unmittelbare Aufforderung zum Handeln bedeuten (Indikativ in der Aussage), die Erfüllung einfordern, mutmaßen bzw. unterstellen (Konjunktiv), oder zur Antwort und Erklärung auffordern (Verb in der Frage).
Heute ist stattdessen das Verb in seiner gebräuchlichen Flexion verbunden mit »du« zu verwenden. Die Direktheit oder eine Aufforderung kann bestenfalls durch eine Sinn tragende Beifügung umschrieben werden abhängig vom Kontext. Sie kann ggf. durch einen Imperativ herausgestellt werden.
WAs betrübſtu dich meine Seele / vnd biſt ſo vnrügig in mir?
Warum nur bist du betrübt, meine Seele! Und warum bist du so unruhig in mir?
WAS betrübeſtu dich meine Seele / vnd biſt ſo vnrügig in mir?
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vnrügig | unruhig (Adjektiv) in einem Zustand ständiger Unruhe befindlich, ausgelöst von und verbunden mit Plage, Mühe, Last, Besorgnis.
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harren | harren (Verb, gehoben) ausdauern, warten
a) an einem Ort: verweilen, bleiben b) in einem Zustand: bleiben, abwarten (ausharren) c) mit Zurückhaltung: zögern, zaudern, etwas verzögern, etwas verschieben d) mit bestimmter Erwartung: erwarten, warten (auf) d) mit Hoffnung: hoffen, zutrauen, sich sehnen f) als Schicksal: erwarten, unausbleiblich beschieden sein, bevorstehen, ertragen
heute gehoben für warten
Zürnet jr / ſo ſündiget nicht / Redet mit ewrem hertzen auff ewrem Lager / vnd harret
Luther (zu »harret«): Seid ſtille.
Psalm 4,5 bezieht sich auf die Geschichte von Kain und Abel (1Mos 4,7), in der sich der erzürnte Kain von der Sünde überwältigen lässt, anstatt abzuwarten, um sie in Ruhe zu beherrschen.
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Hermonim | Hermon, der (Berg)
Hermongebirge, das Hermonim
* In diesem Artikel sind alle Fundstellen zitiert. hebräisch: חֶרמוֹנִ֫ים (ḥεrəmowniym) Hermongebirge, Plural von חֶרְמוֹן (ḥεrəmowm), (Berg) Hermon griechisch: Ερμωνιιμ lateinisch: Hermoniim Luthers Hermonim ist wie die das griechische Wort der Septuaginta und wie der lateinische Ausdruck die transkribierte Form des hebräischen Wortes.
Die Hermonhöhen sind ein Gebirgszug im Grenzgebiet der heutigen Staaten Libanon, Israel und Syrien. Der Berg Hermon besitzt eine Höhe von 2814 Metern. Er wird oft mit dem relativ gleichmäßig aufragenden Gebirgszug gleichgesetzt.
An anderen Bibelstellen wurde der Berg Hermon auch Sirijon genannt.
Darumb gedencke ich an dich im Lande am Jordan vnd Hermonim / auff dem kleinen Berg.
a) Darum denke ich an dich im Land am Jordan und in Hermonim, auf dem kleinen Berg. b) Darum denke ich an dich von dem Land des Jordans und von den Hermonhöhen, vom Berg Mizar.
Luthers Scholion zu Psalm 42,7
Luther: Das iſt / im Jüdiſchenlande welches er ſo nennet / weil der Jordan drinnen fleuſſet / als das Landwaſſer. Vnd Hermonim die groſſen Berge drumb ſind / Gegen welche der berg Zion klein iſt.
a) Luther: Das meint: In Judäa. Das nennt er so, weil der Jordan dort der bedeutende Fluss ist. Um Hermonim befinden sich große Berge, gegen die der Berg Zion klein ist.
Anmerkung zu Psalm 42,7
Der Berg Mizar (auch Berg Misar, hebräisch: הר מצער »der unbedeutende, kleine Berg«) ist ein kleinerer Berg in der Nähe des deutlich größeren Hermon. In der Septuaginta und in den lateinischen Vulgata Ausgaben steht anstelle eines Namens die Übersetzung »der kleine Berg« (griechisch: ορους μικρου, lateinisch: monte modico bzw. monte minimo). Luther verfuhr gleichermaßen.
Heute wird der hebräische Ausdruck als Name verstanden und wird daher nicht übersetzt. So ist es ausgeschlossen, einen beliebigen kleinen Berg anzunehmen, oder gar denn Berg Zion (was wohl auch geschah, wie es Luthers Scholion vermuten lässt).
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hie | hier (Adverb) hie
Ahd.: hia, hiar; Mhd.: hie, hier hie ist die verkürzte Form von hier und ist heute veraltet.
1) hie, an diesem Ort 2) als Gegenüberstellung (Gegensatz) zu da und dort 3) hie kann bezogen sein auf diese Erde, in der wir jetzt weilen 4) hie kann auf Umstände und Verhältnisse bezogen sein 5) hie kann auf Zeit und Stunde bezogen sein
Es iſt hie kein vnterſcheid vnter Jüden vnd Griechen
Es gibt hier [in dieser Sache] keinen Unterschied zwischen Juden und Griechen.
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haſtu | hast du (Verb) haſtu
2. Person Singular Indikativ Aktiv von haben (Verb)
Präsens: haſtu: hast du -u: Die Flexion mit dem angehängten »u« ist eine eigentümliche Form, die sonst nur noch aus älteren Texten bekannt ist. Gebildet wurde sie aus der 2. Person, zusammengezogen mit dem Personalpronomen »du«, aus dem das »u« stammt. Diese Form impliziert eine gewisse Dringlichkeit und Direktheit der Ansprache, die unmittelbare Hinwendung zum Gegenüber. So kann es die unzweifelhafte Feststellung des Handelns, die dringliche Ansprache oder die unmittelbare Aufforderung zum Handeln bedeuten (Indikativ in der Aussage), die Erfüllung einfordern, mutmaßen bzw. unterstellen (Konjunktiv), oder zur Antwort und Erklärung auffordern (Verb in der Frage).
Heute ist stattdessen das Verb in seiner gebräuchlichen Flexion verbunden mit »du« zu verwenden. Die Direktheit oder eine Aufforderung kann bestenfalls durch eine Sinn tragende Beifügung umschrieben werden abhängig vom Kontext. Sie kann ggf. durch einen Imperativ herausgestellt werden. haſtu?: (antworte mir!) hast du? haſtu: hast du (ganz bestimmt, ohne Zweifel)!
Er aber ſprach / Was haſtu gethan?
Er aber sprach: Was hast Du getan!?
Der Text 1Mos 12,18-19 enthält eine ganze Reihe Verben mit der Endung -tu, die eindrücklich Vorwurf, Entrüstung und Befehlston des Pharaos ausdrücken:
18DA rieff Pharao Abram zu ſich / vnd ſprach zu jm / Warumb haſtu mir das gethan? Warumb ſageſtu mirs nicht / das dein Weib were? 19Warumb ſprachſtu denn / ſie were deine Schweſter? Derhalben ich ſie mir zum Weibe nemen wolt. Vnd nu ſihe / Da haſtu dein weib / nim ſie vnd zeuch hin.
a) 18Da rief der Pharao Abram zu sich und sprach zu ihm: »Warum <nur> hast du mir das angetan?! Warum <nur> sagtest du nicht, dass sie deine Frau sei?! 19Warum <nur> sprachst du denn, sie wäre deine Schwester?! Wegen all dem wollte ich sie mir zur Frau nehmen! Nun denn, hier hast du deine Frau! Nimm sie und verzieh dich!«
b) 18Da rief der Pharao Abram zu sich und sprach zu ihm: »Sag, warum nur hast du mir das angetan?! Wieso hast du mir verschwiegen, dass sie deine Frau ist?! 19Wie konnstest du nur behaupten, sie wäre deine Schwester?! Allein wegen dieser Behauptungen wollte ich sie doch zur Frau nehmen! Nun denn, hier hast du deine Frau zurück! Nimm sie und verzieh dich!«
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betrübſtu
betrübeſtu | betrübst du (Verb) 2. Person Singular Aktiv von betrüben (Verb)
Präsens Indikativ: betrübſtu, du betrübst alternative Schreibweise: betrübeſtu, du betrübst -u: Die Flexion mit dem angehängten »u« ist eine eigentümliche Form, die sonst nur noch aus älteren Texten bekannt ist. Gebildet wurde sie aus der 2. Person, zusammengezogen mit dem Personalpronomen »du«, aus dem das »u« stammt. Diese Form impliziert eine gewisse Dringlichkeit und Direktheit der Ansprache, die unmittelbare Hinwendung zum Gegenüber. So kann es die unzweifelhafte Feststellung des Handelns, die dringliche Ansprache oder die unmittelbare Aufforderung zum Handeln bedeuten (Indikativ in der Aussage), die Erfüllung einfordern, mutmaßen bzw. unterstellen (Konjunktiv), oder zur Antwort und Erklärung auffordern (Verb in der Frage).
Heute ist stattdessen das Verb in seiner gebräuchlichen Flexion verbunden mit »du« zu verwenden. Die Direktheit oder eine Aufforderung kann bestenfalls durch eine Sinn tragende Beifügung umschrieben werden abhängig vom Kontext. Sie kann ggf. durch einen Imperativ herausgestellt werden.
WAs betrübſtu dich meine Seele / vnd biſt ſo vnrügig in mir?
Warum nur bist du betrübt, meine Seele! Und warum bist du so unruhig in mir?
WAS betrübeſtu dich meine Seele / vnd biſt ſo vnrügig in mir?
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Seele
ſeele | Seele, die Seele
hebräisch: נֶ֫פֶשׁ (nεfεš), eigtl.: Hauch, Atem 1) was ein Wesen lebendig macht: Seele 2) Sitze der Empfindungen: Gemüt, Herz 3) lebendiges Wesen (worin Leben ist), Lebender, Person griechisch: ψυχή (psyche), eigtl.: das (irdische) Leben 1) die Seele 2) das Leben 3) lebendiges Wesen (worin Leben ist), Lebender, Person, lebender Mensch lateinisch: anima Atem, Hauch, Seele, Gemüt, Leben, Lebenskraft Der Begriff Seele erstreckt sich über ein weites Feld von Bedeutungen, die alle im individuellen Sein eines lebendigen Wesens, speziell eines Menschen angesiedelt sind. Es reicht vom belebenden Atem über den Sitz der Emotionen, über Emotionen selbst, über Gemütszustände bis hin zu Lebenskraft und zu Leben an sich.
Seele grenzt immer lebende und empfindende Wesen von Gegenständen, toten Körpern und Verstorbenen ab, die alle diese Eigenschaften, also die Seele, entweder nicht besitzen oder verloren haben. Das heutige Verständnis
Der Begriff der Seele ist religionsgeschichtlich in allen Kulturen vorhanden, aber mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen verbunden. Heute gibt es viele Interpretationsversuche, die oft zur Erklärung und Abgrenzung verschiedene Seelen-Typen beschreiben, wie die Körper-Seele, die Frei-Seele, die Schatten-Seele u.a.
Allen gemein scheint nur zu sein, dass mit Seele eine individuelle »Lebenskraft« gemeint ist, die jedoch nicht näher greifbar ist. Sie belebt den Körper, wenn der Mensch aktiv und bewusst ist (Körper-Seele). Sie existiert vom Bewusstsein aber auch unabhängig, beispielsweise, wenn der Mensch schläft oder bewusstlos ist (Frei-Seele). Sie beinhaltet die Gedanken und Gefühle (Ich-Seele). Die Hauch-Seele ist eine Art ätherisches Fluidum, und eine spezielle Gabe des Höchstens Wesens (ein Beispiel ist der Odem, den Adam eingeblasen bekommt). Die Schatten-Seele ermöglicht es, im Schlaf in den Träumen zu reisen, ohne den schlafenden Körper mitzunehmen, usw.
Im christlichen Abendland ist die Idee einer Seele zwar selbstverständlich, der Gebrauch des Begriffs aber längst nicht einheitlich. Bis heute steht der Begriff Seele im Zentrum theologischer Untersuchungen und Diskussionen. So ist das hebräische Wort נֶ֫פֶשׁ (nεfεš; Seele) eines der am meisten untersuchten Wörter im Alten Testament, nicht zuletzt, um die Grundlagen zu schaffen für ein christlich religiöses Verständnis.
Die Frei-Seele entspricht in etwa dem christlichen Verständnis: Sie ist von Körper und Geist unabhängig (frei). Die Frei-Seele vertritt den ganzen Menschen mit all seinen persönlichen Eigenschaften, Fähigkeiten, Gedanken und Erinnerungen. Sie kann in Träumen, Trancen oder in Bewusstlosigkeit den Kör0per vorübergehend verlassen und eigenständig existieren (frei). Kehrt sie nicht zurück, stirbt der Mensch, doch die Frei-Seele überlebt, womit die Persönlichkeit des Menschen nach seinem Tod erhalten bleibt.
Damit grenzt sich der Begriff Seele von der Bedeutung Lebenskraft oder von Leben eindeutig ab. Während die Lebenskraft und das Leben mit dem Tod verloren gehen, existiert die Seele weiter. Um eine »lebendige Seele« zu werden (1Mos 2,7), braucht es einen Körper (Materie), einen Geist (Denken und Handeln), eine Seele (das individuelle »Ich«) und das Leben an sich (das Luther Odem nennt).
Die Interpretation des Wortes Seele | ||||||||
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Den Seitenaufbau, die verwendeten Schriften, die Schreibregeln der Frakturschrift und Luthers Intentionen, mit der Typografie Lesehilfen bereitzustellen, erläutert dem interessierten Leser unser Artikel »Satz und Typografie der Lutherbibel von 1545«.
Der Artikel zeigt Spruch, Psalm und Liedauswahl für die Woche sowie die Bibeltexte für Lesungen und Predigten nach der Kirchenordnung.
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