Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545
Alte Zählung: 2,1-21
Der Text in einem Kapitel
Nr. | Textstelle alte Zählung | Textstelle neue Zählung | Abschnitt | Link zum Text |
1 | 2,1 | 2,1-2 | |
2 | 2,2-6 | 2,3-7 | |
3 | 2,7-8 | 2,8-9 | Der König verlangt von den Priestern des Bel einen Beweis dafür, dass Bel ein lebendiger Gott ist |
4 | 2,9-12 | 2,10-13 | Die Priester des Bel planen, den König und Daniel zu täuschen |
5 | 2,13-19 | 2,14-20 | |
6 | 2,20-21 | 2,21-22 |
Anmerkung:
Textfolge nach der Ausgabe von 1545, Angabe der Textstellen nach den Zählweisen bis 2016 und ab 2017. Siehe dazu auch Anmerkung 1 unten.
[241a]
CCXLI.
Dieſes Stück iſt genommen aus der griechiſchen Überſetzung des Buches Daniel.
2
Beginn des Kapitels 2 in Stücke zu Daniel nach heutiger Zählweise!
NAch dem tod Aſtya-
gis / kam das Königreich an Cyrum aus Perſia / 2Vnd Daniel war ſtets vmb den König / vnd ehrlicher gehalten / denn alle Freunde des Königes.
Lyrus.
3[2]
NV hatten die zu Babylon einen Abgott / der hies Bel / Dem muſte man teglich opffern zwelff malter Weitzen / vnd vierzig Schafe / vnd drey eimer Weins. 4[3]Vnd der König dienet dem Abgott ſelbs / vnd gieng teglich hin ab den ſelben anzubeten / Aber Daniel betet ſeinen Gott an.
Bel.
5[4]VND der König ſprach zu jm / Warumb beteſtu nicht auch den Bel an? Er aber ſprach / Ich diene nicht den Götzen / die mit henden gemacht ſind / Sondern dem lebendigen Gott / der Himel vnd Erden gemacht hat / vnd ein HERR iſt vber alles was da lebet. 6[5]Da ſprach der König zu jm / Helteſtu denn den Bel nicht fur einen lebendigen Gott? Siheſtu nicht wie viel er teglich iſſet vnd trincket? 7[6]Aber Daniel lachet vnd ſprach / Herr König / las dich nicht verfüren / Denn dieſer Bel iſt inwendig nichts denn leimen / vnd auswendig eherne / vnd hat noch nie nichts geſſen.
8[7]
DA ward der König zornig / vnd lies allen ſeinen Prieſtern ruffen / vnd ſprach zu jnen / 9Werdet jr mir nicht ſagen / wer dis Opffer verzeret / ſo müſſet jr ſterben. [8]Könnet jr aber beweiſen / das der Bel ſolchs verzere / So mus Daniel ſterben / Denn er hat den Bel geleſtert. Vnd Daniel ſprach / Ja Herr könig / es geſchehe alſo / wie du geredt haſt.
10[9]ES waren aber jr ſiebenzig Prieſter des Bel / on jre Weiber vnd Kinder / Vnd der König gieng mit Daniel in den Tempel des Bel. 11[10]Da ſprachen die Prieſter deſſelben / Sihe / wir wöllen hinaus gehen / vnd du Herr könig ſolt die Speiſe vnd den Tranck ſelbs dar ſetzen / vnd die Thür nach dir zuſchlieſſen vnd mit deinem eigen Ringe verſiegeln. 12[11]Vnd wenn du morgens früe wider komeſt / vnd findeſt / das der Bel nicht alles verzeret habe / So wöllen wir gerne ſterben / Oder Daniel mus getödtet werden / der ſolchs auff vns gelogen hat. 13[12]Sie verlieſſen ſich aber darauff / das ſie hatten einen heimlichen Gang vnter dem Tiſch gemacht / durch den ſelben giengen ſie alle zeit hinein / vnd verzereten was da war.
14[13]
DA nu die Prieſter hinaus waren / lies der König dem Bel die Speiſe fürſetzen / Aber Daniel befalh ſeinen knechten / das ſie Aſſchen holeten / vnd lies die ſelbige ſtrewen durch den gantzen Tempel / fur dem Könige. Darnach giengen ſie hinaus / vnd ſchloſſen die Thür zu / vnd verſiegelten ſie mit des Königes ringe / vnd giengen dauon.
15[14]DIe Prieſter aber giengen des nachts hinein / nach jrer gewonheit / mit jren Weibern vnd Kindern / fraſſen vnd ſoffen alles was da war. 16[15]Vnd des morgens ſeer früe / war der König auff vnd Daniel mit jm. 17[16]Vnd der König ſprach / Iſt das Siegel vnuerſeert? [17]Er aber antwortet / Ja Herr könig. 18Vnd ſo bald die thür auffgethan war / ſahe der König auff den Tiſſch / vnd rieff mit lauter ſtim / Bel / Du biſt ein groſſer Gott / vnd iſt nicht betrug mit dir. 19[18]Aber Daniel lachet / vnd hielt den König / das er nicht hinein gieng / vnd ſprach / Sihe / auff den boden / vnd merck / wes ſind dieſe fuſtapffen. 20[19]Der König ſprach / Ich ſehe wol fuſtapffen Menner vnd Weiber vnd Kinder.
21[20]Da ward der König zornig / vnd lies die Prieſter fahen mit jren Weibern vnd Kindern / Vnd ſie muſten jm zeigendie heimlichen Genge / dadurch ſie waren aus vnd eingegangen / vnd verzeret
hatten was auff dem Tiſch war. 22[21]Vnd
der König lies ſie tödten / Vnd gab
Daniel den Bel in ſeine gewalt /
Derſelb zuſtöret jn vnd
ſeinen Tempel.
❦❧
*1)
Kapitelzählung
Die Kapitelzählung folgt der Lutherbibel 2017. Dort ist die Geschichte unter Stücke zu Daniel Kapitel 2 eingeordnet.
Verszählung
Es liegen zwei verschiedene Verszählungen vor:
Die Zählung, in grüner Schrift und (wie in der Lutherbibel von 2017) in eckigen Klammern gesetzt, bezieht sich auf die Ausgaben der Lutherbibel bis 2017. Die Übersetzung der älteren Lutherbibeln seit 1534 stützt sich überwiegend auf die lateinische Übersetzung, die der Kirchenvater Hieronymus vorgenommen hatte, und die in der katholischen Kirche im 16. Jahrhundert weit verbreitet war.
Die Zählung (wie bei uns üblich) in roter Schrift gesetzt, folgt nun der Lutherbibel von 2017, die sich mit ihrer völlig neu besorgten Übersetzung nun auf den griechischen Quelltext der Septuaginta stützt und deren Zählung zugrunde legt.
Diese Zählung wird in allen künftigen Publikationen der evangelischen Kirchen maßgeblich sein.
Hinweis zum Gebrauch
Die Versangaben in allen älteren Ausgaben sowie in Dritttexten beziehen sich derzeit noch durchweg auf die ältere Notation, wie wir sie in Klammern wiedergegeben haben.
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Die Geschichte vom Bel zu Babel ist nicht in der hebräisch-aramäischen Bibel enthalten, allerdings in der griechischen Septuaginta und in der lateinischen Vulgata.
Martin Luther, der sich am hebräischen Text orientierte, sah sie als Ergänzung der griechischen und lateinischen Quellen, und wollte deshalb nicht völlig auf sie verzichten. Er hat diesen Text (wie auch weitere Texte, die nur in den griechischen und lateinischen Quellen vorliegen) daher in einem Abschnitt zusammengefasst, den er »Apokryphen« nannte.
Das lateinische Wort »Apocrypha« (Plural) bezeichnet Schriften, die nicht in den Kanon (in die Sammlung) der biblischen Bücher aufgenommen, aber ihnen aus unterschiedlichen Gründen sehr ähnlich sind. Der Grund hier ist schlicht das Vorhandensein in den alten griechischen und lateinischen Quellen.
Die griechische Septuaginta stellt die Geschichte vom Bel zu Babel gemeinsam mit dem folgenden Teil »Vom Drachen zu Babel« in den Anhang zum Buch des Propheten Daniel als »Bel und Drache«.
Die lateinische Vulgata fügt die Geschichte im Buch Daniel hinter Kapitel 12 (Ende des Buchs Daniel) und 13 (Die Geschichte von Susanna und Daniel) als ersten Teil des Kapitels 14 ein. Die Geschichte ist daher in deutschsprachigen Bibelausgaben, die der Tradition der Vulgata folgen, als Kapitel 14,1-22 zu finden, so auch in der Einheitsübersetzung.
Die Lutherbibeln besitzen bis heute den Abschnitt »Apokryphen«, in dem die Geschichte vom Bel zu Babel den Stücken zum Buch Daniel als Kapitel 2,1-22 eingeordnet ist.
Allerdings gibt es (leider!) bis heute Ausgaben der Lutherbibeln, in denen die Apokryphen gar nicht abgedruckt sind!
1) Wenn Sie eine Lutherbibel kaufen möchten, sollten Sie daher darauf achten, dass die Apokryphen enthalten sind. Üblicherweise werden die Ausgaben mit Apokryphen ausdrücklich damit beworben. Bei Ausgaben ohne Apokryphen fehlt dazu meist jeder Hinweis. Augen auf beim Bibelkauf!
2) Die Kirchenordnung der evangelischen Kirchen sieht einige Texte aus den Apokryphen als Texte für die Predigt im Gottesdienst vor, wenn auch nur als Marginaltexte, also als Optionen und Angebote, auf die der Prediger bzw. die Gemeinde zurückgreifen kann. Sie können die Predigten, die darauf gründen, selbstverständlich nur dann nachvollziehen, wenn Sie die Texte kennen oder zuhause nachlesen können. Warum es überhaupt Ausgaben gibt, in denen die Apokryphen nicht abgedruckt sind, erscheint nicht zuletzt vor diesem Hintergrund unverständlich.
Im Inhaltsverzeichnis der Lutherbibel von 1545 nummerierte Luther die apokryphen Schriften und gab den Stücken zu Daniel die laufende Nummer VIII. (8). Darin wiederum ist die Geschichte vom Bel zu Babel das zweite Stück. Die korrekte Nummerierung wäre demnach VIII.2, allerdings verwendete sie Luther nicht.
Für Stilkunst.de haben wir daher die Geschichte einfach »Das zweite Stück zu Daniel« genannt und die Abkürzung 2StDan vergeben.
Der Text aus der Lutherbibel ist auf unseren Seiten in Anlehnung an das Druckbild des Originals von 1545 wiedergegeben.
Den Seitenaufbau, die verwendeten Schriften, die Schreibregeln der Frakturschrift und Luthers Intentionen, mit der Typografie Lesehilfen bereitzustellen, erläutert dem interessierten Leser unser Artikel »Satz und Typografie der Lutherbibel von 1545«.
Eine ausführliche Übersicht zu den Apokryphen des Alten Testaments der Lutherbibel von 1545.