Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545
[237b]
HIe folgen etliche Stücke:
ſo wir im Propheten Daniel vnd im buch Eſther nicht haben wöllen verdeudſchen / Denn wir haben ſolche Kornblumen (weil ſie im Ebreiſchen / Daniel vnd Eſther nicht ſtehen) ausgeraufft / Vnd doch / das ſie nicht verdörben / hie in ſonderliche Würtzgertlin oder Bete geſetzt / weil dennoch viel guts / vnd ſonderlich der Lobgeſang / Benedicite drinnen funden wird.
ABer der text Suſanna / des Bel / Abacuc / vnd Drachens / ſihet auch ſchönen geiſtlichen Getichten gleich / wie Judith vnd Tobias / Denn die namen lauten auch dazu. Als Suſanna / heiſſt eine Roſen / Das iſt / ein ſchön from Land vnd Volck / oder Armer Hauffe vnter den Dörnern. Daniel / heiſt ein Richter / vnd ſo fort an. Iſt alles leichtlich zu deuten auff eine Policey / Oeconomey oder fromen Hauffen der Gleubigen / es ſey vmb die Geſchicht wie es kan.
Suſanna.
Daniel.
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Die sogenannten apokryphen Textstücke sind nicht in der hebräisch-aramäischen Bibel enthalten, allerdings in der griechischen Septuaginta und in der lateinischen Vulgata.
Martin Luther, der sich am hebräischen Text orientierte, sah sie als Ergänzung der griechischen und lateinischen Quellen, und wollte deshalb nicht völlig auf sie verzichten. Er hat diese Textstücke daher in einem Abschnitt zusammengefasst, den er »Apokryphen« nannte.
Das lateinische Wort »Apocrypha« (Plural) bezeichnet Schriften, die nicht in den Kanon (in die Sammlung) der biblischen Bücher aufgenommen, aber ihnen aus unterschiedlichen Gründen sehr ähnlich sind. Der Grund in Luthers Bibel ist schlicht das Vorhandensein in den alten griechischen und lateinischen Quellen.
Die Lutherbibeln werden heute in zwei unterschiedlichen Ausgaben gedruckt. Einmal gibt es die gedruckte Bibel mit den Apokryphen, und einmal ohne Apokryphen.
Wenn Sie eine Lutherbibel kaufen möchten, sollten Sie daher darauf achten, dass die Apokryphen enthalten sind. Üblicherweise werden die Ausgaben mit Apokryphen ausdrücklich damit beworben. Bei Ausgaben ohne Apokryphen fehlt dazu meist jeder Hinweis. Augen auf beim Bibelkauf!
Die Kirchenordnung der evangelischen Kirchen sieht einige Texte aus den Apokryphen als Texte für die Predigt im Gottesdienst vor, wenn auch nur als Marginaltexte, also als Optionen und Angebote, auf die der Prediger bzw. die Gemeinde zurückgreifen kann. Sie können die Predigten, die darauf gründen, selbstverständlich nur dann nachvollziehen, wenn Sie die Texte kennen oder zuhause nachlesen können. Warum es überhaupt Ausgaben gibt, in denen die Apokryphen nicht abgedruckt sind, erscheint nicht zuletzt vor diesem Hintergrund unverständlich.
Der Text aus der Lutherbibel ist auf unseren Seiten in Anlehnung an das Druckbild des Originals von 1545 wiedergegeben.
Den Seitenaufbau, die verwendeten Schriften, die Schreibregeln der Frakturschrift und Luthers Intentionen, mit der Typografie Lesehilfen bereitzustellen, erläutert dem interessierten Leser unser Artikel »Satz und Typografie der Lutherbibel von 1545«.
Eine ausführliche Übersicht zu den Apokryphen des Alten Testaments der Lutherbibel von 1545.