Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545
Der Text in sechs Kapiteln
Nr. | Textstelle | Abschnitt | Link zum Text |
Kapitel V. | ||
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4,1 - 6,20 |
III. DIE LEHRE VOM NEUEN LEBENSWANDEL
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1 | 5,1-21 | |
2 | 5,22-33 | Über das Zusammenleben in der christlichen Gesellschaft aus der Sicht des Apostels |
Im folgenden Text sind die bezeichneten Verse hervorgehoben.
[362a]
SO ſeid nu Gottes Nachfolger / als die lieben Kinder / 2vnd wandelt in der Liebe / Gleich wie Chriſtus vns hat geliebet / vnd ſich ſelbs dar gegeben fur vns / zur Gabe vnd Opffer / Gott zu einem ſüſſen geruch. 3Hurerey aber vnd alle Vnreinigkeit oder Geitz / laſſet nicht von euch geſagt werden / wie den Heiligen zuſtehet / 4Auch ſchand-
[362a | 362b]
An die Epheſer C. V.
bare wort vnd Narrenteiding / oder Schertz / welche euch nicht zimen / Sondern viel mehr Danckſagung. 5Denn das ſolt jr wiſſen / das kein Hurer oder Vnreiner oder Geitziger (welcher iſt ein Götzendiener) Erbe hat an dem reich Chriſti vnd Gottes.
6LAſſet euch niemand verfüren mit vergeblichen worten / Denn vmb dieſer willen kompt der zorn Gottes vber die Kinder des vnglaubens. 7Darumb ſeid nicht jre Mitgenoſſen. 8Denn jr waret weiland Finſternis / Nu aber ſeid jr ein Liecht in dem HErrn. Wandelt wie die kinder des Liechts / 9Die frucht des Geiſtes iſt allerley gütigkeit vnd gerechtigkeit vnd warheit / 10Vnd prüfet / was da ſey wolgefellig dem HErrn. 11Vnd habt nicht gemeinſchafft mit den vnfruchtbarn Wercken der finſternis / ſtraffet ſie aber viel mehr. 12Denn was heimlich von jnen geſchicht / das iſt auch ſchendlich zu ſagen. 13Das alles aber wird offenbar / wens vom Liecht geſtraffet wird / Denn alles was offenbar wird / das iſt liecht. 14Darumb ſpricht er / Wache auff der du ſchleffeſt / vnd ſtehe auff von den Todten / So wird dich Chriſtus erleuchten.
SO ſehet nu zu / wie jr furſichtiglich wandelt / nicht als die vnweiſen / ſondern als die weiſen / 16Vnd ſchicket euch in die zeit / Denn es iſt a böſe zeit. 17Darumb werdet nicht vnuerſtendig / ſondern verſtendig / was da ſey des HErrn wille. 18Vnd ſauffet euch nicht vol Weins / daraus ein b vnordig weſen folget / Sondern werdet vol Geiſtes / 19Vnd redet vnternander von Pſalmen vnd Lobſengen vnd geiſtlichen Lieden / ſinget vnd ſpielet dem HErrn in ewren hertzen / 20Vnd ſaget Danck alle zeit fur alles / Gott vnd dem Vater / in dem namen vnſers HErrn Jheſu Chriſti. 21Vnd ſeid vnternander vnterthan / in der furcht Gottes.
a
(Böſe zeit)
Es begegen einem Chriſten ſo mancherley hindernis vnd vrſach nützlich Geſchefft zu verſeumen / das er ſchier / wie ein Gefangener ſich los reiſſen / vnd die zeit gleich ſtelen / vnd etwa auch thewer löſen mus mit vngunſt etc. Wie man ſpricht / Amici fures temporis.
DIe Weiber ſeien vnterthan jren Mennern / als dem HErrn / 23Denn der Man iſt des Weibes heubt / Gleich wie auch Chriſtus das Heubt iſt der Gemeine / vnd er iſt ſeines leibes Heiland. 24Aber wie nu die Gemeine iſt Chriſto vnterthan / Alſo auch die Weiber jren Mennern in allen dingen.
b
(Vnordig)
Wie wir ſehen / das die Trunckenbold / wilde / freche vnuerſchampte / vnd aller ding vngezogen ſind / mit worten / ſchreien / geberden / vnd der gleichen.
IR Menner / liebet ewre Weiber / Gleich wie Chriſtus geliebet hat die Gemeine / vnd hat ſich ſelbs fur ſie gegeben / 26Auff das er ſie heiliget / Vnd hat ſie gereiniget durch das Waſſerbad im wort / 27auff das er ſie jm ſelbs darſtellet eine Gemeine die herrlich ſey / die nicht hab einen Flecken oder Runtzel / oder des etwas / ſondern das ſie heilig ſey vnd vnſtrefflich. 28Alſo ſollen auch die Menner jre Weiber lieben / als jre eigene Leibe. Wer ſein Weib liebet / der liebet ſich ſelbs. 29Denn niemand hat jemal ſein eigen Fleiſch gehaſſet / ſondern er neeret es / vnd pfleget ſein / Gleich wie auch der HErr die Gemeine / 30Denn wir ſind glieder ſeines Leibes / von ſeinem Fleiſch vnd von ſeinem Gebeine. 31Vmb des willen wird ein Menſch verlaſſen Vater vnd Mutter / vnd ſeinem Weib anhangen / vnd werden zwey ein Fleiſch ſein. 32Das c Geheimnis iſt gros / Ich ſage aber von Chriſto vnd der Gemeine. 33Doch auch jr / ja ein jglicher habe lieb ſein Weib als ſich ſelbs / Das Weib aber fürchte den Man.
c
(Geheimnis)
Sacrament oder myſterium / heiſſet Geheimnis oder ein verborgen ding / das doch von auſſen ſeine bedeutung hat. Alſo iſt Chriſtus vnd ſeine Gemeine ein Geheimnis / ein gros heilig verborgen ding / das man gleuben vnd nicht ſehen kan. Es wird aber durch man vnd weib als durch ſein euſſerlich zeichen bedeut. Das gleich wie man vnd weib ein leib ſind / vnd alle güter gemein haben / Alſo hat auch die Gemeine alles was Chriſtus iſt vnd hat.
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1) lat.: Amici fures temporis
Eine lateinisches Sprichwort, dt.: »Freunde sind Diebe der Zeit.«
2) Die Verse aus verschiedenen Briefen von Paulus und Petrus (insbesondere Eph 5,22 - 6,5 und Kol 3,18-4,1), die zu einem bestimmten christlichen Verhalten untereinander aufforderten, kompilierte Luther zu der von ihm so genannten »Haustafel«, die schließlich im kleinen Katechismus abgedruckt wurde. Sie fand darüber große Verbreitung repräsentierte bis ins 20. Jahrhundert hinein evangelische Lehre.
In der Haustafel beschreibt Luther die Verhaltensregeln für elf Stände: Prediger und Bischöfe, Obrigkeit, Ehemann, Ehefrau, Eltern, Kinder, Hausherrschaft, Dienerschaft, junge Leute, Witwen sowie alle Christen insgesamt.
Die Haustafel Luthers und die neutestamentlichen Verse aus den Briefen, auf denen sie gründet, sowie die daraus resultierenden Ständelehren sind äußerst kritisch zu betrachten. Sie gehören gesellschaftspolitisch in ihre Zeit, nämlich in die Zeit der frühen christlichen Gemeinden (Briefe) bzw. in der kompilierten Form in die Zeit Luthers, und können nur in diesem Kontext bestand haben.
Heute wären diese Regeln wegen der (sehr richtigen) Gleichberechtigung, wegen neuer Rollenbilder in der Gesellschaft und wegen verbriefter Freiheiten des Individuums abzuwandeln, ohne ihren eigentlichen Sinn aufzugeben. Dieser Sinn findet sich in konkreten Verhaltensempfehlungen für ein von Liebe, Wertschätzung und Vertrauen geprägtes Zusammenleben, das auf der Lehre Jesu basiert.
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Kürzel | Bezeichnung in Luthers Biblia 1545 | Moderne Bibel | Kürzel |
Ephe. | Die Epiſtel S. Pauli: An die Epheſer.Biblia Vulgata: | Der Brief des Paulus an die Epheser Epheserbrief | Eph Eph Eph |
Gen. | Das erste Buch Moſe. | Das erste Buch Mose (Genesis) Genesis 1. Buch Mose | 1. Mose Gen 1Mos |
Jeſa. | Der Prophet Jeſaja.Biblia Vulgata: | Der Prophet Jesaja Das Buch Jesaja | Jes Jes Jes Is |
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WOCHENSPRUCH
Wandelt wie die kinder des Liechts / Die frucht des Geiſtes iſt allerley gütigkeit vnd gerechtigkeit vnd warheit.
SP
LESUNG AUS DEN BRIEFEN DER APOSTEL UND PREDIGTTEXT
Dritter Sonntag der Passionszeit
EP
II
EP
II
VI
M
Luthers Vorrede zum Neuen Testament ist in neuen Bibelausgaben nicht mehr enthalten. Lesen Sie, was Luther seinen Lesern 1545 mit auf den Weg gegeben hatte.