Die gantze Heilige Schrifft Deudsch
D. Martin Luther, Wittenberg 1545
150 Psalmen, aufgeteilt in fünf Büchern
Im folgenden Text sind die bezeichneten Verse hervorgehoben.
1Ein Pſalm Aſſaph.
HERR / Es ſind Heiden in dein Erbe gefallen / Die haben deinen heiligen Tempel verunreiniget / vnd aus Jeruſalem Steinhauffen gemacht.
2Sie haben die Leichnam deiner Knechte den Vogeln vnter dem Himel zu freſſen gegeben / Vnd das Fleiſch deiner Heiligen den Thieren im Lande.
3Sie haben Blut vergoſſen vmb Jeruſalem her / wie waſſer / Vnd war niemand der begrub.
4Wir ſind vnſern Nachbarn eine ſchmach worden / Ein ſpott vnd hohn denen / die vmb vns ſind.
5HERR / Wie lange wiltu ſo gar zürnen? Vnd deinen Eiuer wie fewr brennen laſſen?
6Schütte deinen grim auff die Heiden die dich nicht kennen / Vnd auff die Königreiche die deinen Namen nicht anruffen.
7Denn ſie haben Jacob auffgefreſſen / Vnd ſeine Heuſer verwüſtet.
8GEdenck nicht vnſer vorigen Miſſethat / Erbarm dich vnſer bald / Denn wir ſind faſt dünne worden.
9Hilff du vns Gott vnſer Helffer / vmb deines Namens Ehre willen / Errette vns vnd vergib vns vnſer Sünde / vmb deines Namens willen.
10Warumb leſſeſtu die Heiden ſagen / Wo iſt nu jr Gott? Las vnter den Heiden fur vnſern augen kund werden die Rache des bluts deiner Knechte / das vergoſſen iſt.
11LAS fur dich komen das ſeufftzen der Gefangenen / Nach deinem groſſen Arm behalt die Kinder des todes.
12Vnd vergilt vnſern Nachbarn ſiebenfeltig in jrem boſem / Ire ſchmach da mit ſie dich HERR geſchmecht haben.
13WIr aber dein Volck vnd Schafe deiner Weiden dancken dir ewiglich / vnd verkündigen deinen Rhum fur vnd fur.
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Kürzel | Bezeichnung in Luthers Biblia 1545 | Moderne Bibel | Kürzel |
Jeſa. | Der Prophet Jeſaja.Biblia Vulgata: | Der Prophet Jesaja Das Buch Jesaja | Jes Jes Jes Is |
Jer. | Der Prophet Jeremia.Biblia Vulgata: | Der Prophet Jeremia Das Buch Jeremia | Jer Jer Jer |
Erläuterungen siehe Liste der Abkürzungen und Namen biblischer Bücher | |||
Die folgenden Begriffe aus dem Text Ps 79 werden hier erläutert.
Versnummer: Luthers Wort | |||
1: Aſſaph | 1: HERR | 1: Heiden | |
1: Tempel | 2: Knechte | 2: Heiligen | |
3: vmb | 4: ſpott | 5: wiltu | |
5: zürnen | 5: Eiuer | 5: fewr | |
6: grim | 7: Jacob | 9: Sünde | |
10: leſſeſtu | 10: fur | 12: vergilt | |
12: geſchmecht | 13: fur vnd fur | ||
Klick auf ein Wort führt zum Eintrag mit den Erklärungen. Das vollständige Verzeichnis findet sich hier: Das große Stilkunst.de–Wörterbuch zur Lutherbibel von 1545 |
Luther-Deutsch | Deutsch | Erläuterungen | ||||||||||||||||
Aſſaph | Asaf (Name) Asaf war ein Gesangmeister Davids. Er lebte demnach um 1000 v. Chr., genaue Lebensdaten sind nicht bekannt. Er war als Chorleiter und Leiter des Gottesdienstes mit Gesang im Tempel tätig.
Asaf schrieb mehrere Psalmen. Sein Name erscheint als Autorenvermerk in den Titelzeilen der Psalmen Psalm 50, Psalm 73, Psalm 74, Psalm 75, Psalm 76, Psalm 77, Psalm 78, Psalm 79, Psalm 80, Psalm 81, Psalm 82 und Psalm 83.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||
HERR | HERR, JHWH, Jahwe Aussehen in unseren Frakturschriften: HERR oder HERR
HERR im Alten Testament
hebräisch: יהוה (jhwh, das Tetragrammaton JHWH) lateinisch (Biblia Sacra Vulgata): Dominus, Herr
Luthers Schreibweise HERR in Versalien (Großbuchstaben) folgt einer festen Regel. Sie weist darauf hin, dass im hebräischen Text an dieser Stelle das Tetragrammaton (das Vierfachzeichen) »JHWH« (hebr.: יהוה) steht. Es ist der unaussprechliche Name Gottes.
Satztechnisch bedingte Varianten
Um beim Satz der Lettern Platz in einer Zeile zu sparen, wodurch übermäßiger Sperrdruck oder ungünstige Wortumbrüche vermieden werden, sind in der Lutherbibel von 1545 häufig auch die Varianten HERr oder HERRn oder HERrn zu finden. Dabei sind mindestens die ersten drei Zeichen in Versalien gesetzt, womit sie hinreichend von HErr unterscheidbar sind.
An wenigen Stellen im Text wurde eine für uns unübliche Trennung im Wort vorgenommen, um einen Zeilenumbruch zu realisieren, hier beispielhaft gezeigt:
[ ...] fur den HER- RN bringen [...]
HERR HErr
Der Ausdruck HERR HErr steht dann, wenn im hebräischen Text »JHWH Adonaj« zu lesen ist. (Siehe dazu auch den Artikel HErr.)
Auch die umgekehrte Reihenfolge HErr HERR ist möglich (»Adonaj JHWH«).
4bSo ſpricht der HErr HERR / 5aſie gehorchen oder laſſens /
Die neuen Lutherbibeln übersetzen diesen Ausdruck stets mit »Gott der HERR«.
Die Aussprache des Namens Gottes
Das Wissen um die Aussprache der vier Zeichen, die den Gottesnamen ausmachen, ist schon früh in der Geschichte verloren gegangen. Sie werden heute oft mit »Jahwe« (vokalisiert geschrieben יְהוָה nach der Aussprache des hebräischen Adonaj, Herr) oder »Jehova« (יְהוָֹה ebenfalls nach dem hebräischen Adonaj, Herr, jedoch unter Berücksichtigung aller Vokale) transkribiert, aber auch mit »Jewah« (ebenfalls יְהוָה aber nach dem hebräischen Schema, der Name, zu lesen) oder »Jehowih« (יְהוִה nach dem hebräischen Elohim, Gott / Götter).
Luthers Namensersatz
Luther kannte die vokalisierten Varianten und die transkribierten Formen und war wohl besonders dem Wort »Jehova« zugeneigt. Es bezieht alle drei Vokale aus dem Wort Adonaj, das »Herr« bedeutet. Dennoch hatte er es vermieden, in seiner Übersetzung »Jehova« zu verwenden. Stattdessen nutzte er wie die lateinischen Bibeln einen Wortersatz. Er setzte das deutsche Wort ein, das gemäß der jüdischen Tradition zu lesen sei, wenn im Text das Vierfachzeichen erscheint, machte es aber durch die besondere Satzweise in Großbuchstaben kenntlich: HERR.
Luthers Schreibweise hat sich bis heute in etlichen Bibelausgaben gehalten.
HERR im Neuen Testament
Im neuen Testament verwendet Luther die Schreibweise HERR in Versalien (Großbuchstaben) für Gott, den Vater, an Stellen, wo sich Zitate aus dem Alten Testament auf »JHWH« beziehen.
Wichtig: Davon zu unterscheiden sind die Schreibweisen
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Heiden | Heiden, die
Heide, der Heiden
Im Alten Testament nur im Plural gebräuchlich.
(eigtl. Völker). Im religiösen Sinn sind Heiden Menschen, die nicht an Gott glauben bzw. angehörige fremder Religionen.
Gemeint sind (allumfassend) Völker mit fremden Religionen und fremden Gotteskulten aus der Sicht des Sprechenden in Abgrenzung zum Volk Gottes, die anderen bzw. fremden Völker.
vnd [ſie] ſprachen zu jm [d. i. Samuel] / Sihe / Du biſt alt worden / Vnd deine Söne wandeln nicht in deinen wegen / So ſetze nu einen König vber vns / der vns richte / wie alle Heiden haben.
... und sie sprachen zu Samuel: »Schau, du bist alt geworden und deine Söhne wandeln nicht auf deinen Wegen. Setze daher einen König ein, der über uns Recht spreche, so, wie ihn alle anderen Völker haben!«
Im Neuen Testament verwendet Luther das Wort auch im Singular.
Unsere Übersetzung »Ungläubiger« trifft es nicht ganz: Gemeint ist in den Texten eigentlichen eine Person, die einem anderen Staat angehört und daher eine andere Religion ausübt. Der Begriff »Ausländer« würde allerdings in der heutigen Zeit noch weniger passen.
Höret er die Gemeine nicht / So halt jn als einen Heiden vnd Zölner.
Hört er nicht auf die Gemeinde, dann halte ihn für einen Ungläubigen und Zöllner.
So aber jemand die ſeinen / ſonderlich ſeine Hausgenoſſen / nicht verſorget / der hat den glauben verleugnet / vnd iſt erger denn ein Heide.
Wenn aber jemand die Seinen, insbesondere seine Mitbewohner, nicht versorgt, dann hat er den Glauben verleugnet, und er ist schlimmer als ein Ungläubiger.
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Tempel | Tempel, der Tempel
Gotteshaus, Heiligtum
Gebäude für öffentliche Gottesdienste
übertragen, biblisch: der Himmel als Gottes Wohnung der heilige Tempel
feststehender Begriff für das Heiligtum des Gottes JHWH auf dem Tempelberg (Berg Zion) bei Jerusalem:
der Tempel in Jerusalem.
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Knecht | Knecht, der Das Wort meint im eigentlichen Sinn einen Menschen männlichen Geschlechts unabhängig vom Alter. Davon haben sich verschiedene Bedeutungen abgeleitet:
a) Mann b) Jüngling c) Junggeselle, unverheirateter (junger) Mann b) braver Mann, Ehrenmann e) lernender oder dienender Jüngling; Knappe; Lehrling; Geselle f) Kriegsknecht (Soldat, der das Kriegshandwerk zum Beruf gemacht hat) g) Landsknechte (im edlen Ansinnen) h) allg. Dienender (in Anstellung eines Herrn) i) Gottes Knecht (von Gott dienenden Menschen, so auch von Christen allgemein, unabhängig vom Geschlecht)
Sie haben die Leichnam deiner Knechte den Vogeln vnter dem Himel zu freſſen gegeben
Sie haben die Leichen deiner Knechte den Vögeln unter dem Himmel zu fressen gegeben.
Knechte meint hier die (treuen) Diener Gottes, die Angehörigen des Volkes Israel.
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Heilige | Heilige, der jemand, der religiöse Tugenden (göttlich vollkommen) lebt und daher verehrungswürdig ist.
Eine Person als Heiliger: Dan 8,13:
ICH höret aber einen Heiligen reden / vnd der ſelbige Heilige ſprach zu einem der da redet / [...]
Ich hörte aber einen Heiligen reden, und der selbe Heilige sprach zu einem, der da redet [...]
GOTT als Heiliger: Jes 30,15:
DEnn ſo ſpricht der HErr HERR / der Heilige in Iſrael / [...]
Denn so spricht GOTT der HERR, der Heilige in Israel [...]
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vmb | um (Partikel) a) Präpostion: um vieles, um alles, usw. b) Adverb: um sein, usw. c) Konjunktion: um zu
Die Schreibweise im Luther-Deutsch ist in allen Fällen vmb, auch als Präfix in Verbindung mit Verben.
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Spott
ſpott
Spot
ſpot | Spott, der Spott, ſpott
Spot, ſpot
Das Wort kommt vor in den Schreibweisen Spott und Spot, wobei die zweite Form (nur ein »t«) häufiger erscheint.
Hohn in Worten, Gebärden und Verhalten
Jch aber bin ein Wurm vnd kein Menſch / Ein ſpot der Leute vnd verachtung des Volcks.
Ich aber bin ein Wurm und kein Mensch, ein Spott der Leute, die Verachtung des Volks.
Die Stoltzen haben jren ſpott an mir
a) Die Stolzen haben ihren Spott an mir. b) Die Stolzen treiben ihren Spott mit mir.
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wiltu | willst du (Verb) 2. Person Singular Indikativ Aktiv von wollen (Verb)
Präsens: wiltu: willst du -u: Die Flexion mit dem angehängten »u« ist eine eigentümliche Form, die sonst nur noch aus älteren Texten bekannt ist. Gebildet wurde sie aus der 2. Person, zusammengezogen mit dem Personalpronomen »du«, aus dem das »u« stammt. Diese Form impliziert eine gewisse Dringlichkeit und Direktheit der Ansprache, die unmittelbare Hinwendung zum Gegenüber. So kann es die unzweifelhafte Feststellung des Handelns, die dringliche Ansprache oder die unmittelbare Aufforderung zum Handeln bedeuten (Indikativ in der Aussage), die Erfüllung einfordern, mutmaßen bzw. unterstellen (Konjunktiv), oder zur Antwort und Erklärung auffordern (Verb in der Frage).
Heute ist stattdessen das Verb in seiner gebräuchlichen Flexion verbunden mit »du« zu verwenden. Die Direktheit oder eine Aufforderung kann bestenfalls durch eine Sinn tragende Beifügung umschrieben werden abhängig vom Kontext. Sie kann ggf. durch einen Imperativ herausgestellt werden. wiltu: willst du (ganz bestimmt, ohne Zweifel)!
wie lang wiltu mein ſo gar vergeſſen?
Wie lange willst du mich noch so ganz vergessen?!
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zörnen
zürnen | zürnen (Verb) a) der Zustand des Zorns b) in Zorn geraten c) heftig im Zorn handeln d) häufig im Zusammenhang mit Gott: Gott zürnt
Luther verwendet die Schreibweisen zürnen und zörnen.
Wer gleubts aber / das du ſo ſeer zörneſt?
Wer glaubt es aber, dass du so sehr zürnst?
Aus dem Scholion zu Psalm 90,11:
Luther: (Zörneſt) Das iſt / Das ſolches dein Zorn iſt / vnd vnſer ſünde ſo gros iſt / die ſolchen zorn verdienet.
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Eiuer | Eifer, der Das Wort Eifer beschreibt etwas Siedendes, Wallendes, Glühendes, Brennendes oder Rauchendes. In der Verstärkung tritt es es deshalb nicht selten mit den entsprechenden Adjektiven auf: brennender Eifer, glühender Eifer, rauchender Eifer.
Es beschreibt einen explosionsartig überlaufenden Motivationsschub, um ungestüm oder leidenschaftlich zu handeln bzw. einer Sache nachzugehen.
HERR / Wie lange wiltu ſo gar zürnen? Vnd deinen Eiuer wie fewr brennen laſſen?
HERR, <sag doch:> Wie lange willst du so heftig zürnen?! Und <wie lange> deinen Eifer <so heiß> wie Feuer brennen lassen?!
In diesem Vers ist (rauchender) Zorn der Auslöser für den brennenden Eifer Gottes.
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Fewr
fewr
Fewer
fewer | Feuer, das Luther benutzt beide Schreibweisen, sowohl fewr wie auch fewer.
Der HERR wird ſie verſchlingen in ſeinem zorn / Fewr wird ſie freſſen.
Der HERR wird sie verschlingen in seinem Zorn. Feuer wird sie fressen.
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Grim
grim | Grimm, der | ||||||||||||||||
Jacob
Iſrael | Jakob (Name)
Israel (Name) Jacob
Dort, wo Israel als Name einer Person verwendet wird, ist Jakob gemeint, der von Gott den Namen Israel bekam.
Israel bezeichnet daneben das Volk Israel, die Israeliten, sowie das historische Land Israel. Der heutige Staat Israel trägt offiziell eben diesen Namen: Medinat Jisra'el. (מדינת ישראל).
Jakob ist der zweite Sohn von Isaak, der Zwillingsbruder von Esau, und Enkel von Abraham.
Er lebte mit seinen beiden Frauen und mit seinen Kindern in Haran.
Jakob bekam nach einem Kampf mit Gott von ihm den Namen Israel.
Seine Söhne sind die Namensgeber der zwölf Stämme, aus denen sich das Volk Israel gebildet hat.
Jakob, der nun Israel heißt, zieht in seinen späten Jahren nach Ägypten, wo er auch stirbt. Der Name Jakob
hebräisch: יַעֲקֹב (Ja'ākob, Jakob) lateinisch: Iacob griechisch: Ἰακὼβ Für diesen Namen gibt es unterschiedliche Deutungen:
1) Die erste Deutung findet sich in 1Mos 25,24-26:
DA nu die zeit kam / das ſie [Rebekka, die Frau Isaaks] geberen ſolt / ſihe / da waren zwilling in jrem Leibe. Der erſt der eraus kam / war rötlicht / gantz rauch wie ein fell / Vnd ſie nenneten jn Eſau. Zu hand darnach kam er aus ſein Bruder / der hielt mit ſeiner Hand die ferſen des Eſau / Vnd hieſſen jn Jacob.
Der Name wird auf das hebräische Wort עָקֵב (Akew), Ferse, zurückgeführt, dessen Wurzel im hebräischen Namen Jakob stecke, wobei עָקוֹב (Akow) »die Ferse halten« bedeute, Jakob demnach »Fersenhalter« hieße.
2) Die zweite Deutung wird zurückgeführt auf das selbe hebräische Wort עָקוֹב (Akow), allerdings in der Bedeutung »betrügen«. Als Begründung wird dabei auf die bekannte Erzählung vom Tausch des Erstgeburtsrechts gegen ein Linsengericht verwiesen (1Mos 25,29-34) und auf die Erzählung von der Täuschung des Isaaks, der ungewollt Jakob als Erstgeborenen segnet (1Mos 27,36).
Unsere Deutung:
Das hebräische Wort עָקוֹב (Akow) meint nicht nur »die Ferse halten« oder »betrügen«. Dies sind bereits abgeleitete Begriffe. Es meint ursprünglich und in erster Linie »hinter jemandem herschleichen« (jemandem auf den Fersen sein, dies kann auch in betrügerischer, dunkler Absicht geschehen, daher »betrügen«).
Wir meinen, dass »hinter jemandem herschleichen« hinreichend aus 1Mos 25,26 verständlich ist: Damals waren anders als heute Zwillinge im Mutterleib nicht selbstverständlich vor der Geburt zu erkennen. Bei der Geburt folgte zur Überraschung aller dem ersten Kind ein zweites.
Jakob schlich dem Esau geradezu hinterher als zunächst unentdeckter, heimlicher Verfolger. Er war ihm schließlich bei der Geburt im wahrsten Sinne des Wortes auf den Fersen. Jakob meint in diesem Zusammenhang demnach den Zwilling, der als Zweiter zur Welt kam.
Die Deutung Betrüger erscheint zum Zeitpunkt der Geburt und Namensgebung nicht haltbar und ist bestenfalls ein nettes Wortspiel, womöglich aus der Zeit nach Jakobs Tod.
Der Name Israel
hebräisch: יִשְׂרָאֵל (Jiṣra'el) lateinisch: Israhel griechisch: Ἰσραὴλ
Es gibt unterschiedliche Deutungen für diesen Namen. Fest steht, dass die Endung אל (el) »Gott« bedeutet.
Der vordere Teil wird allgemein auf die semitische Wurzel שרה (sarah) mit der Bedeutung »ringen, kämpfen« zurückgeführt. Es scheint auch möglich, dass sich die Wurzel שרר (sarar) in der Bedeutung »herrschen« dahinter verbirgt. Die deutschen Entsprechung wären in etwa »Gott ringt (mit uns)« bzw. »Gott möge mit uns ringen« oder »Gott herrscht« bzw. »Gott möge herrschen«.
Luther erklärt den Namen Israel im Scholion zu 1Mos 32,28:
Luther: Iſrael kompt von Sara / das heiſſet kempffen oder vberweldigen / Da her auch Sar ein Fürſt oder Herr / vnd Sara ein Fürſtin oder Fraw heiſſt / vnd Iſrael ein Fürſt oder Kempffer Gottes / das iſt / der mit Gott ringet vnd angewinnet. Welchs geſchicht durch den glauben der ſo feſt an Gottes wort helt / bis er Gottes zorn vberwindet / vnd Gott zu eigen erlanget zum gnedigen Vater.
Jakob wurde Israel
Nach seinem nächtlichen Kampf mit Gott (1Mos 32,25b-30) erhielt Jakob den Namen Israel.
Er ſprach / Wie heiſſeſtu? Er antwortet / Jacob. Er ſprach / Du ſolt nicht mehr Jacob heiſſen / ſondern IſraEl / Denn du haſt mit Gott vnd mit Menſchen gekempfft / vnd biſt obgelegen.
Er sprach: »Wie heißt du denn?« Er antwortete: »Jakob.« Er sprach: »Du sollst nicht mehr Jakob heißen, sondern IsraEl. Denn du hast mit Gott und mit Menschen gekämpft und warst überlegen.«
Die Söhne Israels
Jakob heiratete nacheinander Lea und Rahel. Von ihnen und von deren Sklavinnen Bilhas und Silpas, die ihm nach der Sitte dieser Zeit als Nebenfrauen gehörten, hatte Jakob insgesamt zwölf Söhne:
Ruben, Simeon, Levi, Juda, Issachar, Sebulon, Joseph, Benjamin, Dan, Naftali, Gad, Ascher.
Mit Ausnahme Josephs, dessen Söhne Efraim und Manasse namentlich in der Stammesliste vertreten sind, gaben diese Söhne den Stämmen Israels ihre Namen.
In den späteren Stammeslisten taucht Levi als Stamm nicht auf. Die Kinder Levi, die Leviten, besaßen als Priestergeschlecht einen Sonderstatus und bekamen bei der Landnahme (Buch Josua) kein Stammesgebiet zugewiesen. Sie erhielten in allen Stammesgebieten Städte, wodurch in allen Gebieten Israels auch die Leviten angesiedelt waren.
Die Zahl der Volksstämme Israels blieb jedoch zwölf, weil nun anstelle von Josef dessen Söhne Efraim und Manasse als Stammväter zweier Stämme gezählt wurden, die eigene Stammesgebiete bei der Landnahme zugewiesen bekamen.
Das Volk Israel
Vom Auszug aus Ägypten bis zum Tod Salomos und dann wieder nach der Zerstörung Samarias im Jahr 722 v. Chr. bezeichnet der Name Israel alle Israeliten.
Die Teilung Palästinas in Israel und Juda
In der Zeit zwischen dem Tod Salomos und dem Jahr 722 v. Chr. hießen nur die zehn Nordstämme Israel, die sich unter Jerobeam von Salomos Sohn Rehabeam getrennt und das Nordreich Israel gebildet hatten. Das Südreich mit der Hauptstadt Jerusalem hieß Juda (siehe dazu 1Kon 12 - 22).
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||
Sünde
ſünde
Sunde
ſunde | Sünde, die Handlung, die den Tatbestand einer religiösen oder kirchlichen Verfehlung erfüllt, insbesondere der Verstoß gegen ein religiöses (göttliches) oder kirchliches Gebot.
So war in der katholisch-kirchlichen Praxis bereits das Unterlassen des Zehntenzahlens (Kirchensteuer) ein Vergehen gegen die Kirche und somit eine Sünde.
Darumb wird da durch die ſunde Jacob auffhören /
Darum wird dadurch die Sünde Jakobs ein Ende haben
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||
leſſeſtu | lässt du (Verb) 2. Person Singular Aktiv von lassen (Verb)
Präsens Indikativ: leſſeſtu, du lässt -u: Die Flexion mit dem angehängten »u« ist eine eigentümliche Form, die sonst nur noch aus älteren Texten bekannt ist. Gebildet wurde sie aus der 2. Person, zusammengezogen mit dem Personalpronomen »du«, aus dem das »u« stammt. Diese Form impliziert eine gewisse Dringlichkeit und Direktheit der Ansprache, die unmittelbare Hinwendung zum Gegenüber. So kann es die unzweifelhafte Feststellung des Handelns, die dringliche Ansprache oder die unmittelbare Aufforderung zum Handeln bedeuten (Indikativ in der Aussage), die Erfüllung einfordern, mutmaßen bzw. unterstellen (Konjunktiv), oder zur Antwort und Erklärung auffordern (Verb in der Frage).
Heute ist stattdessen das Verb in seiner gebräuchlichen Flexion verbunden mit »du« zu verwenden. Die Direktheit oder eine Aufforderung kann bestenfalls durch eine Sinn tragende Beifügung umschrieben werden abhängig vom Kontext. Sie kann ggf. durch einen Imperativ herausgestellt werden.
Dein Maul leſſeſtu böſes reden / Vnd deine Zunge treibet falſcheit.
a) Dein Maul lässt du (wahrlich) Böses reden! Und deine Zunge treibt Falschheit! b) Über deine Lippen kommen nur Boshaftigkeiten und deine Zunge treibt Falschheit!
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fur | a) vor (Präposition)
b) für (Präposition)
c) fuhr (Verb)
Die Präpositionen vor und für
Die beiden heutigen Wörter vor und für gehen sprachlich auf das selbe Wort zurück, was in der Lutherbibel noch gut verfolgt werden kann.
Überwiegend tritt fur in der Bedeutung vor auf und ist gleichbedeutend mit Luthers Schreibweise vor.
Die konkrete Bedeutung erschließt sich aus dem Textzusammenhang.
Das Verb fuhr
Das Wort fur kann auch das Verb fahren (Luther-Deutsch: faren) in der 3. Person Singular Präteritum meinen.
fur in der Bedeutung »vor«: Psalm 3,1
Ein Pſalm Dauids / Da er floh fur ſeinem ſon Abſalom.
Ein Psalm Davids, [gesungen,] als er vor seinem Sohn Aschalom floh.
fur in der Bedeutung »für«: Psalm 40,18
Denn ich bin Arm vnd Elend / Der HERR aber ſorget fur mich
Denn ich bin arm und elend. Der HERR sorgt aber für mich.
fur in der Bedeutung »fuhr«: Psalm 18,10
Er neigete den Himel vnd fur herab
Er neigte den Himmel und fuhr herab.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||
vergelten | vergelten (Verb) ursprünglich: empfangenes Geld zurückbezahlen (in vergelten steckt das Wort Gelt, Geld).
a) bezahlen, zurückzahlen b) Ersatz leisten für etwas, eine Gegenleistung für etwas erbringen Formen:
er vergilt ihnen: er vergilt ihnen (3. Person Singular Präsens Aktiv Indikativ) er vergelte ihnen: er vergelte ihnen (3. Person Singular Präsens Aktiv Konjunktiv)
Vergilt jnen was ſie verdienet haben.
a) Vergilt ihnen, was sie verdient haben. b) Zahle ihnen zurück, was sie verdient haben.
Wol dem der dir vergelte / wie du vns gethan haſt.
a) Wohl dem, der dir vergelte, wie du uns getan hast. b) Wohl dem, der dir vergelten möge, was du für uns getan hast. c) Wohl dem, der dir bezahle, was du für uns getan hast.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||
geſchmechen | geschmächen (Verb, veraltet) a) schmähen b) schänden c) notzüchtigen
Vnd vergilt vnſern Nachbarn ſiebenfeltig in jrem boſem / Jre ſchmach da mit ſie dich HERR geſchmecht haben.
Und vergelte unseren Nachbarn ihre Boshaftigkeiten siebenfach, ihre Schmach, womit sie dich, HERR, geschändet haben.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||
fur vnd fur | immerfort eigentlich: vor und vor
vorwärts und vorwärts weiter und weiter
unaufhörlich vorwärts in der Bewegung, andauernd, immerfort vorwärts, immerfort, auf Ewig, ewiglich, usw.
DV gibſt einem Könige langes leben / Das ſeine jare wehren jmer fur vnd fur.
Du gibts einem König langes Leben, damit seine Jahre währen immer weiter und weiter.
Der HERR iſt König ewiglich / Dein Gott Zion fur vnd fur
Der HERR ist König ewiglich, dein Gott, Zion, immerfort.
SK Version 25.09.2024 ● | ||||||||||||||||
Erläuterungen siehe Das große Stilkunst.de–Wörterbuch zur Lutherbibel von 1545 | |||||||||||||||||
Der Text aus der Lutherbibel ist auf unseren Seiten in Anlehnung an das Druckbild des Originals von 1545 wiedergegeben.
Den Seitenaufbau, die verwendeten Schriften, die Schreibregeln der Frakturschrift und Luthers Intentionen, mit der Typografie Lesehilfen bereitzustellen, erläutert dem interessierten Leser unser Artikel »Satz und Typografie der Lutherbibel von 1545«.