QuickInfo
Altkirchliche Ordnung
Evangelium | Joh 8,46-59 |
Epistel | Hebr 9,11-15 |
Lied | Nr. 54 [EG 76] |
Gottesdienstordnung |
Der Judika in den Kirchenjahren 1659/1660 bis 1666/1667
Verweise führen zu den Kalenderblättern des jeweiligen Datums:
judicare: verurteilen, richten
judica: Urteile! Richte!
Der Name Judika geht zurück auf die vorreformatorische Zeit und leitet sich ab vom ersten Wort des lateinischen Introitus der römisch-katholischen Messe für diesen Sonntag (»Judica me, Deus, et discerne causam meam de gente non sancta«). Er hat sich sich in den evangelischen Kirchen als Bezeichnung für den 5. Sonntag der Passionszeit bis heute erhalten.
Biblisch stützt sich die Bezeichnung Judika auf das erste Wort in Psalm 43,1 (das ist in der lateinischen Biblia Sacra Vulgata der Psalm 42,1).
Hier der Text aus der lateinischen Biblia Sacra Vulgata (Ps 42,1; Text nach H) und aus Luthers Biblia von 1545 ( Ps 43,1):
42 1 Iudica me Deus et discerne causam meam a gente non sancta a viro doloso et iniquo salva me
431 RIchte mich Gott / vnd füre mir meine ſache wider das vnheilige Volck / Vnd errette mich von den falſchen vnd böſen Leuten.
Die Bezeichnung Judica ante palmas, meint: [Der Tag] Judika vor dem Palmfest (vor Palmsonntag).
Weitere Bezeichnungen
für den Sonntag Judika waren:
Diese Bezeichnungen sind nicht zu verwechseln mit passio dominica (»Tag des Herrn: Passion«), Tag der Passion des Herrn, das stets Karfreitag meint.
Unsere Kalender verwenden die vorreformatorischen Bezeichnungen bis zum Jahr 1530 (Verlesung der Confessio Augustana, des Augsburgischen Bekenntnisses).
überwiegend gültig in den Jahren 1530/1531 bis 1897/1898
( nach dem Evangeliumstext Joh 8,46-59 )
Lesung | Predigttext | Text |
---|---|---|
Evangelium | im Hauptgottesdienst | Joh 8,46-59 |
Epistel | im zweiten Gottesdienst | Hebr 9,11-15 |
Erläuterungen zu den Perikopen
Mit der Reformation änderte sich die Bedeutung der Lesungen und der Predigt im Gottesdienst grundlegend. Gab es vorher keine oder nur eine sehr lose Bindung der Perikopen an die Messe, so war für Luther nun regelmäßig die Evangelienperikope Grundlage der Predigt im sonntäglichen Hauptgottesdienst (vormittags), an diesem Tag also Joh 8,46-59.
Im Fokus der Predigt stand jetzt als Teil der Verkündigung die Auslegung des Evangeliums.
Die Epistelperikope war als Predigttext empfohlen für den Gebrauch im Gottesdienst am Nachmittag bzw. Abend (siehe dazu auch Luthers Schrift Von der Ordnung des Gottesdienstes in der Gemeinde, 1523, Über den Sonntagsgottesdienst).
Die Reihe der Epistelperikopen enthielt (anders als heute) auch Texte aus dem Alten Testament. Es gab keine spezielle Reihe für Lesungen aus dem Alten Testament.
Doch die Pfarrer und Prediger waren zunächst nicht nur frei darin, einen biblischen Text für die Predigt zu wählen, sondern geradezu aufgefordert, die Predigt an den Bedürfnissen der Gemeinde und an der geübten Praxis auszurichten.
In den meisten Kirchen wurden nahezu täglich Gottesdienste geboten (die in unseren Kalendern z. Z. nicht abgebildet sind). An Sonn- und Feiertagen konnten gleich mehrere Gottesdienste und Messen stattfinden. Hier entwickelten sich Leseempfehlungen für jeden Wochentag, in Summe also für jeden Tag des Kirchenjahres.
Von Bedeutung war auch die protestantische Ausrichtung der Gebietskirche: lutherisch, reformiert (calvinistisch) und uniert. Unterschiede zeigten sich in der Liturgie und damit im Verständnis der Predigt als Teil der Verkündigung.
Luthers allgemeinen Empfehlungen in seinen Schriften folgten etwa ab 1560 vereinzelt Ansätze, eine gewisse verbindliche Textordnung für Pfarrer und Gemeinden zu gestalten. Dies geschah jedoch zaghaft und zögerlich angesichts der bestehenden Meinungsvielfalt und angesichts der Lage der Entscheidungshoheit, die nicht in der Kirche, sondern beim Landesfürsten angesiedelt war. Zunächst gab es auch keinen hinreichenden Bedarf für neue Regelungen: Gottesdienst war selbstverständlich und die Bevölkerung nahm rege teil. Doch spätestens im Zeitalter der Aufklärung, als ein deutlicher Rückgang christlichen Engagements in der Bevölkerung zu erkennen war, die Zahl der Gottesdienstbesucher stetig abnahm und etliche unterwöchige Gottesdienste und Messen gestrichen wurden, trat die Notwendigkeit deutlich hervor, das Gottesdienstverständnis und die Gottesdienste des Kirchenjahres zu überdenken.
Dies führte vielfach schon früh und speziell im 19. Jahrhundert zu zahlreichen unterschiedlichen Durchführungen, Vorschlägen und Erprobungen, bis sich 1896 die Eisenacher Konferenz als reichsweite Konferenz der deutschen Landeskirchen mit der Idee einer allgemein gültigen Textordnung beschäftigte und schließlich eine Perikopenordnung beschloss, die ab 1898/1899 allen evangelischen Landeskirchen zur Umsetzung empfohlen wurde.
Es ist derzeit an dieser Stelle nicht möglich, für die Jahre 1530/1531 bis 1898/1899 Textordnungen darzustellen, die über die altkirchlichen Perikopen für die Lesungen und Predigten hinaus gehen. Wir sind uns dabei bewusst, dass diese Perikopen regional und zeitlich begrenzt keine Bedeutung hatten.
Judika
Gültig in den Kirchenjahren bis 1897/1898
Die Leittexte aus den Evangelien und den Episteln
nach altkirchlicher Perikopenordnung
Text nach der Lutherbibel von 1545 gesetzt nach der Vorlage des Originals in Frakturschrift mit Luthers Scholion in den Marginalspalten.
Ergänzt um Verszählung und Abschnittsüberschriften.
LESUNG UND PREDIGTTEXT
Evangelium
Evangelium nach Johannes
Joh 8,46-59
REIHE
EV
Euangelium
S. Johannes.
C. VIII.
Verse 46 - 59
Jesus spricht:
WElcher vnter euch kan mich einer ſünde zeihen? So ich euch aber die warheit ſage / Warumb gleubet jr mir nicht? 47Wer von Gott iſt / der höret Gottes wort. Darumb höret jr nicht / denn jr ſeid nicht von Gott. 48Da antworten die Jüden / vnd ſprachen zu jm / Sagen wir nicht recht / das du ein Samariter biſt / vnd haſt den Teufel? 49Jheſus antwortet / Ich habe keinen Teufel / Sondern ich ehre meinen Vater / vnd jr vnehret mich. 50Ich ſuche nicht meine Ehre / Es iſt aber einer / der ſie ſuchet / vnd richtet.
51Warlich / warlich / Ich ſage euch / So jemand mein Wort wird halten / der wird den Tod nicht ſehen ewiglich. 52Da ſprachen die Jüden zu jm / Nu erkennen wir das du den Teufel haſt. Abraham iſt geſtorben / vnd die Propheten / vnd du ſprichſt / So jemand mein Wort helt / der wird den Tod nicht ſchmecken ewiglich. 53Biſtu mehr denn vnſer vater Abraham? welcher geſtorben iſt / vnd die Propheten ſind geſtorben. Was machſtu aus dir ſelbs?
(Mein wort)
Das iſt vom wort des glaubens oder Euangelium geſagt.
54JHeſus antwortet / So ich mich ſelber ehre / ſo iſt meine Ehre nichts. Es iſt aber mein Vater / der mich ehret / welchen jr ſprecht / Er ſey ewer Gott / 55Vnd kennet jn nicht / Ich aber kenne jn. Vnd ſo ich würde ſagen / Ich kenne ſein nicht / ſo würde ich ein Lügener / gleich wie jr ſeid. Aber ich kenne jn / vnd halte ſein wort. 56Abraham ewer Vater ward fro / das er meinen tag ſehen ſolt / vnd er ſahe jn / vnd frewet ſich. 57Da ſprachen die Jüden zu jm / Du biſt noch nicht funffzig jar alt / vnd haſt Abraham geſehen? 58Jheſus ſprach zu jnen / Warlich / warlich ich ſage euch / Ehe denn Abraham ward / bin ich. 59Da huben ſie ſteine auff / das ſie auff jn würffen. Aber Jheſus verbarg ſich / vnd gieng zum Tempel hinaus.
(Abraham)
Alle Heiligen von der Welt anfang haben denſelbigen glauben an Chriſtum gehabt / den wir haben / vnd ſind rechte Chriſten.
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LESUNG UND ZWEITER PREDIGTTEXT
Epistel
Brief an die Hebräer
Hebr 9,11-15
REIHE
EP
Die Epiſtel:
An die Ebreer.
C. IX.
Aus dem Abschnitt:
Verse 11 - 14
Der Apostel schreibt:
Chriſtus aber iſt komen / das er ſey ein Hoherprieſter der zukünfftigen Güter / durch eine gröſſere vnd volkomnere Hütten / die nicht mit der hand gemacht iſt / das iſt / die nicht alſo gebawet iſt. 12Auch nicht durch der Böcke oder Kelber blut / Sondern er iſt durch ſein eigen Blut / ein mal in das Heilige eingegangen / vnd hat eine ewige Erlöſung erfunden.
Num. 19.
13DEnn ſo der Ochſen vnd der Böcke blut / vnd die aſchen von der Kue geſprenget heiliget die Vnreinen / zu der leiblichen reinigkeit / 14Wie viel mehr wird das blut Chriſti / der Sich ſelbs on allen wandel / durch den heiligen Geiſt / Gotte geopffert hat / vnſer gewiſſen reinigen von den todten wercken / zu dienen dem lebendigen Gott?
Aus dem Abschnitt:
Vers 15
15Vnd darumb iſt er auch ein Mitler des newen Teſtaments / Auff das durch den Tod / ſo geſchehen iſt zur Erlöſung von den vbertrettungen (Die vnter dem erſten Teſtament waren) die / ſo beruffen ſind / das verheiſſen ewige Erbe empfahen.
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»Frewet euch mit den Frölichen /
vnd weinet mit den Weinenden.
Habt mit allen Menſchen Friede.«
Der Rückblick auf die Perikopenordnungen vergangener Jahrhunderte zeigt auf, wie sich die Verwendung der biblischen Texte in evangelischen Gottesdiensten im Laufe der Zeit veränderte.
Wir beschränken uns in den weit zurückliegenden Jahren auf Perikopenordnungen, die überwiegend in Gebrauch waren.
Durch die neue Ordnung für die Verwendung von Sprüchen, Psalmen, Bibeltexten und Liedern in Gottesdiensten sind die alten Ordnungen zwar liturgisch überholt, aber inhaltlich deswegen keineswegs falsch.
Wir möchten Sie daher ermuntern, die in alter Zeit verwendeten Perikopen zu betrachten. Nur so können Sie ergründen, ob das, worauf sich Pfarrer vor Hunderten von Jahren in Gottesdienst und Predigt stützten, auch noch heute aktuell ist. Aktuell für Sie ganz persönlich.
Der Text aus der Lutherbibel ist auf unseren Seiten in Anlehnung an das Druckbild des Originals von 1545 wiedergegeben.
Den Seitenaufbau, die verwendeten Schriften, die Schreibregeln der Frakturschrift und Luthers Intentionen, mit der Typografie Lesehilfen bereitzustellen, erläutert dem interessierten Leser unser Artikel »Satz und Typografie der Lutherbibel von 1545«.
Die beweglichen Feiertage im Jahreslauf hängen ab vom Osterdatum. Der Artikel erläutert, wie sich das Osterdatum berechnet und nennt die aktuellen Daten der Feiertage.