Teil 1
Tempel für viele Millionen Jahre, Tempel des Amun, der Erhabenste der Erhabenen – so nannten die Ägypter die Tempelanlage in Deir el-Bahari auf der Westbank der alten Königsstadt Theben, dem heutigen Luxor.
Königin Hatschepsut regierte Ägypten vermutlich zwischen 1478/79 - 1457/58 v. Chr.
Sie trug den Thronnamen Maat-ka-Ra, war die Witwe des Pharaos Thutmosis II. und lies die Tempelanlage Djeser-djeseru über drei Terrassen von ihrem Baumeister Senenmut als ihren Totentempel errichten.
Das zentrale Heiligtum auf der dritten Terrasse war dem Gott Amun geweiht. In weiteren Kapellen wurden die Göttin Hathor und der Gott Anubis verehrt.
Linke Kartusche:
»König von Ober- und Unterägypten«,
mꜢꜤt-kꜢ-RꜤ | Maat-ka-Ra
»Wahrheit ist die Seele des Ra«
Rechte Kartusche:
»Sohn des Ra«,
ḥꜢt-špswt | Hatschepsut
»Die erste der vornehmen Frauen«
Die weiteren Eigennamen, Thronnamen, Horus-Namen, Gold-Horus-Namen und Herrinennamen der Hatschepsut finden Sie in unserem Artikel Maat-ka-Ra Hatschepsut.
Blick auf den Tempel der Maat-ka-Ra Hatschepsut in Deir el-Bahari, nahe der Stadt Luxor, dem einstigen Theben.
Foto: ©by Sabrina | Reiner | CC BY-SA
Der Architekt und Baumeister Senenmut fügte den Tempel einzigartig in die Landschaft ein und ergänzte damit die bereits vorhanden ca. 500 Jahre älteren Anlagen des Pharaos Mentuhotep II. auf geradezu imposante Weise.
Der Tempel des Mentuhotep II. befindet sich links neben dem Tempel der Hatschepsut. Von dieser Anlage sind nur noch die erste Rampe und einige Trümmer vorhanden.
Foto: ©by Sabrina | Reiner | CC BY-SA
Zwischen den beiden Tempelanlagen, etwas zurückgesetzt, dicht an den Berghang gerückt, errichtete später Thutmosis III. eine weitere Anlage und schloss damit den Anlagenkomplex an der Bergseite. Auch vom Tempel des Thutmosis III. sind nur noch spärliche Reste übrig, die auf die einstige Bebauung schließen lassen.
Der Tempel der Hatschepsut war ebenfalls stark zerstört. 1891 wurde von dem Ägyptologen Edouard Naville eine erste Rekonstruktion durchgeführt. Weitere Aufbaumaßnahmen folgten in späteren Jahren.
Die endgültigen Restaurations- und Ausgrabungsarbeiten werden seit 1961 vom Polish Center of Mediterranean Archeology durchgeführt. Auf den Fotos in unserer Fotoserie Deir el-Bahari sind immer wieder die zahlreichen Ergänzungen an Stellen zu sehen, deren originale Bauteile nicht auffindbar waren.
Daneben liegen auf dem Gelände viele Bruchstücke der Tempelanlage, deren ursprüngliche Position bis heute nicht rekonstruiert und bestenfalls gemutmaßt werden konnte. Doch obwohl stark ausgebessert, wieder aufgebaut und in großen Teilen unvollständig, vermittelt das Monument einen sehr guten Eindruck von der ursprünglichen Konzeption.
Die heute scheinbar fast leere Fläche vor dem Tempel war einst aufwändig und großzügig bis hin zum Nil bebaut.
Spärliche Eindrücke einer früheren Bebauung mag dieses Bild vermitteln. Beim Blick über die Rampe des Tempels zum Niltal hin sind im Hintergrund einzelne Ruinen und Mauerreste zu erkennen.
Foto: ©by Sabrina | Reiner | CC BY-SA
So gab es einen weiteren Tempel im Tal. Das nicht mehr vorhandene Gebäude stand am Ufer eines mit dem Nil verbundenen Wasserreservoirs. Von hier aus führte eine Sphingenallee bis zu einem heute fast völlig verschwundenen Torbau, der in den ersten Hof der Anlage führte (im Vordergrund von Bild 1).
Die Erbauung dieser mächtigen Anlage nahm vermutlich 15 Jahre in Anspruch und war das Ergebnis einer sorgfältigen Planung.
Der Name Hathor bedeutet Haus des Horus. In der Mythologie ist diese Göttin die Tochter des Re und die Gemahlin des Horus.
Sie ist die Göttin der Liebe, der Fruchtbarkeit, der Musik und des Tanzes und in diesen Rollen die Schutzgöttin der Frauen.
Das Tal, in dem der Tempel steht, war der Göttin Hathor geweiht, der Schutzgöttin der Frauen.
Hathor bekam ihren Platz in der Architektur des Tempels in einer eigenen und recht großen Kapelle auf der 2. Terrasse.
Die Tempelachse, die über die Rampen verläuft, war fast genau auf die verlängerte Achse des Amun-Tempels in Karnak, Theben, ausgerichtet und gliederte sich ihm somit über viele Kilometer hinweg praktisch an.
Die Bedeutung Amuns war auf imposante Weise in einer Architektur und Landschaftsgestaltung nach religiösen Überlegungen manifestiert, für die in ganz Ägypten nichts Vergleichbares existierte.
Der Name bedeutet Der Verborgene. Er ist der Gott des Windes aber auch Schöpfer- und Fruchtbarkeitsgott.
Ab dem Mittleren Reich besaß er eine Vormachtstellung in der ägyptischen Mythologie.
Sohn und rechtmäßiger Thronerbe des Pharaos Thutmosis II. war Thutmosis III., der erst durch die Vormundschaft seiner Stiefmutter Hatschepsut und dann durch ihre Krönung bis zu ihrem Tod insgesamt 22 Jahre von der Macht ferngehalten wurde. Er lies mit großem finanziellen Aufwand beinahe alle Texte, Zeichnungen und Namenskartuschen der Maat-ka-Ra Hatschepsut vom Tempel entfernen. Ihre Namenskartuschen wurden durch seine eigenen ersetzt, ausgemeißelte Bilder mit seinem eigenen neu gestaltet.
Doch nicht immer arbeiteten die Steinmetze ausreichend sorgfältig. Einige Insignien wurden übersehen, vielleicht auch absichtlich stehen gelassen, etliche Bilder wurden nicht tief genug abgeschliffen und stattdessen wohl nur übertüncht oder neu vergibst, um einfache Malgründe für die Übermalungen herzustellen.
Heute sind an vielen Stellen die Zerstörungen und die neueren Arbeiten gut zu erkennen. An anderen Stellen deuten großflächige, abgeschliffene Reliefs darauf hin, dass unter Thutmosis vermutlich ein bemalter Putz darüber gelegt wurde, der über die Jahrtausende verloren gegangen ist.
Die z. T. erhaltenen reich verzierten Wände und die spärlichen Farbreste hier und da erlauben es, dass wir uns den Tempel sowohl unter Hatschepsut wie unter Thutmosis als eine farbenfrohe Gesamtkomposition vorstellen dürfen, bei der jeder Quadratzentimeter Stein vom Boden über Säulen und Wände bis zu den Decken künstlerisch gestaltet und bemalt war. Bewohnern und Besuchern der damaligen Zeit bot sich der Blick auf ein weithin leuchtendes, künstlich begrüntes architektonisches Meisterwerk vor der Kulisse der sandbraunen Felshänge von Deir el-Bahari.
Die ungeheure Mächtigkeit dieser Tempelanlage und ihr großer Stellenwert in der religiösen Kultur der Menschen, insbesondere in Oberägypten, zog in den folgenden Jahren immer wieder die Zerstörungswut der ägyptischen Regenten auf sich.
So ließ Amenophis IV. (Echnaton) zahlreiche Götterbilder des Tempels zerstören, um den Amun-Kult auszulöschen. Amun-Ra war der religiöse Konkurrent des einzigen, von Echnaton verehrten Gottes, Aton.
Weitere Zerstörungen folgten in der 19. Dynastie, vor allem unter Ramses II. , der die Zerschlagung der Osiriskolosse befahl, die den Portikus der 3. Terrasse schmückten. Die Statuen, die sich heute wieder dort befinden, wurden größtenteils unweit der Anlage verscharrt im Sand gefunden.
Im 7. Jahrhundert n. Chr. bauten Kopten die verlassene Tempelanlage zu einem Kloster um und gaben ihr den Namen Deir el-Bahari («Kloster des Nordens»). Mit großer Sicherheit wurden Gebäudeteile umgestaltet und vorhandene Steine für Umbauten herausgebrochen und zweckentfremdet. Die Kopten zerschlugen wie auch in anderen Tempelanlagen die Gesichter der heidnischen Götterbilder und zerkratzten die nackt und unbedeckt gezeigten Körperteile von Menschen gemäß ihrer Morallehren. Trotzdem ist es wohl der lang währenden Nutzung der Anlage durch die Kopten zu verdanken, dass der Tempel keine weiteren Zerstörungen erfuhr. Viele andere Tempelbauten der Westbank Thebens wurden dagegen fast vollständig zerstört, wohl im Wesentlichen durch Abbruch und Wiederverwendung der Steine als Baumaterialien.
Begleiten Sie uns nach Deir el-Bahari. Die Tempelanlage der Maat-ka-Ra Hatschepsut zählt zu den schönsten Hinterlassenschaften aus dem Reich der alten Ägypter.
Hatschepsut war die erste Frau, die zum Pha-rao ge-krönt wur-de. Der Ar-ti-kel zeigt ih-re zahl-rei-chen Na-men, die sich noch heu-te in In-schrif-ten fin-den las-sen.