Lesetext Mt 22,15-22

Perikopen aus der Lutherbibel von 1545

Symbol Biblia 1545

Perikopen nach der Leseordnung
der evangelischen Kirchen

Evangelium nach Matthäus

Mt 22,15-22

 

Text hören:

Sprecher: R. Makohl | Musik: ©Bluevalley, J.S. Bach
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Biblia

 

 

 

 

Euangelium
S. Mattheus.

 

C. XXII.

 

 

Verse 15 - 22

Die Frage nach der Steuer
(Der Zinsgroschen)

|| → Mk12,13-17    || → Lk 20,20-26

→ Mar. 12.

→ Luc. 20.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

DA gien­gen die Pha­ri­ſe­er hin / vnd hiel­ten ei­nen Rat / wie ſie Jhe­ſus fien­gen in ſei­ner Re­de. 16Vnd ſand­ten zu jm jre Jün­ger / ſampt He­ro­dis Die­ner / vnd ſpra­chen / Mei­ſter / Wir wiſ­ſen das du war­haff­tig biſt / vnd le­reſt den weg Got­tes recht / vnd du fra­geſt nach nie­mand / Denn du ach­teſt nicht das an­ſe­hen der Men­ſchen. 17Dar­umb ſa­ge vns / was dünckt dich? Iſts recht das man dem Kei­ſer zin­ſe ge­be / oder nicht? 18Da nu Jhe­ſus marck­te jre ſchalck­heit / ſprach er / Ir Heuch­ler / was ver­ſu­chet jr mich? 19Wei­ſet mir die Zin­ſen­mün­tze. Vnd ſie reich­ten jm ei­nen Groſ­ſchen dar. 20Vnd er ſprach zu jnen / Wes iſt das Bil­de vnd die vber­ſchrifft? 21Sie ſpra­chen zu jm / Des Kei­ſers. Da ſprach er zu jnen / So ge­bet dem Kei­ſer / was des Kei­ſers iſt / vnd Got­te / was Got­tes iſt. 22Da ſie das hö­re­ten / ver­wun­der­ten ſie ſich / vnd lieſ­ſen jn / vnd gien­gen da­uon.

 

 

 

Gedanken zum Text

 

Evangelium nach Matthäus
Kapitel 22, Verse 15-22

Die Frage nach der Steuer

(Der Zinsgroschen)

Einleitung

Der Text Matthäus 22,15-22 ent­hält die Ge­schich­te, in der Je­sus ge­fragt wird, ob es rich­tig sei, dem rö­mi­schen Kai­ser Steu­ern zu zah­len. Sie be­han­delt grund­le­gen­de Fra­gen über das Ver­hält­nis von Glau­ben und welt­li­cher Au­to­ri­tät.

Die Themen

1. Die Spannung zwischen Gott und der Welt

Die Pharisäer und die He­ro­di­a­ner stel­len Je­sus ei­ne Fra­ge, die ei­ne Fal­le ist: »Ist es er­laubt, dem Kai­ser Steu­ern zu zah­len oder nicht?« Die­se Fra­ge zielt da­rauf ab, Je­sus ent­we­der als ei­nen Feind Roms oder als ei­nen Ver­rä­ter an sei­nem ei­ge­nen Volk dar­zu­stel­len. Doch Je­sus löst die Span­nung, in­dem er die Mün­ze mit dem Bild des Kai­sers zeigt und sagt: »Gebt dem Kai­ser, was dem Kaiser ge­hört, und Gott, was Gott gehört.«

Hier geht es um die Un­ter­schei­dung zwi­schen welt­li­chen und gött­li­chen Pflich­ten für Chris­ten. Der Staat hat be­stimm­te Rech­te, die sich auch aus sei­ner Für­sor­ge für die Bür­ger ab­lei­ten, zum Bei­spiel Steu­ern ein­zu­for­dern, und es ist nicht ge­gen den Glau­ben, die­sen Pflich­ten nach­zu­kom­men. Doch die zen­tra­le Aus­sa­ge ist, dass Got­tes An­spruch über al­lem steht: Was zu Gott ge­hört, ist un­ser gan­zes Le­ben, da wir nach sei­nem Bild ge­schaf­fen sind (→ 1. Mose 1,27).

2. Der Vorrang Gottes

In der evangelischen Tra­di­ti­on wird der Pri­mat Got­tes über je­de mensch­li­che Au­to­ri­tät be­tont. Mar­tin Luther sprach da­von, dass Chris­ten gleich­zei­tig Bür­ger zwei­er Rei­che sind: des welt­li­chen und des geist­li­chen Rei­ches (Zwei-Rei­che-Leh­re). Wäh­rend Chris­ten sich an die Ge­set­ze und Re­geln der Ge­sell­schaft hal­ten sol­len, bleibt die höchs­te Loy­a­li­tät im­mer bei Gott. Das be­deu­tet, dass welt­li­che Au­to­ri­tä­ten zwar res­pek­tiert wer­den, aber nie­mals an die Stel­le Got­tes tre­ten dür­fen.

Jesus macht deutlich, dass es kei­ne Kon­kur­renz zwi­schen dem Die­nen in der Welt und dem Die­nen im Glau­ben an Gott für Gott ge­ben muss, so­lan­ge die Pri­o­ri­tä­ten rich­tig ge­setzt sind. Das heißt: Der Staat kann Rech­te ha­ben, aber un­ser Le­ben und un­se­re See­le ge­hö­ren Gott. Die­ser Ge­dan­ke zieht sich durch das re­for­ma­to­ri­sche Ver­ständ­nis des Chris­ten­le­bens.

3. Die Verantwortung des Christen in der Welt

Die Antwort, die Jesus gibt, for­dert die Gläu­bi­gen auch da­zu auf, sich ak­tiv in der Welt zu en­ga­gie­ren. Das Ge­ben des »dem Kai­ser, was dem Kai­ser ge­hört« weist da­r­auf hin, dass Chris­ten Pflich­ten ge­gen­über der Ge­sell­schaft ha­ben.

Christen sol­len ver­ant­wort­lich han­deln, in so­zi­a­len und po­li­ti­schen Zu­sam­men­hän­gen agie­ren, oh­ne ih­ren Glau­ben da­bei zu kom­pro­mit­tie­ren.

Die evangelische Tradition legt Wert da­r­auf, dass der Glau­be nicht nur ein pri­va­tes, in­ne­res Ge­sche­hen ist, son­dern auch ge­sell­schaft­li­che Kon­se­quen­zen hat.

4. Gottes Ebenbild in uns

Ein weiteres zentrales Thema der Pe­ri­ko­pe ist die Fra­ge, wem der Mensch ge­hört. Die Mün­ze trägt das Bild des Kai­sers, aber der Mensch trägt das Bild Got­tes. Dies er­in­nert an die Schöp­fungs­er­zäh­lung, in der es heißt, dass der Mensch nach dem Eben­bild Got­tes ge­schaf­fen ist (→ 1. Mose 1,27). Da­r­aus lei­tet sich die Wür­de je­des Men­schen ab, aber auch die Pflicht, sich Gott ganz hin­zu­ge­ben.

Diese Vorstellung hat in der evan­ge­li­schen Tra­di­ti­on ei­ne be­son­de­re Be­deu­tung. Sie be­tont, dass je­der Men­sch in Got­tes Eben­bild ge­schaf­fen ist und so­mit un­ab­hän­gig von Sta­tus oder Au­to­ri­tät ei­nen un­ver­lier­ba­ren Wert hat. Gleich­zei­tig be­deu­tet es aber auch, dass wir un­ser Le­ben in den Dienst Got­tes stel­len sol­len.

Zusammenfassung

Aus evangelischer Sicht lehrt die­se Pe­ri­ko­pe, ei­ne Ba­lan­ce zwi­schen welt­li­cher Ver­ant­wor­tung und gött­li­cher Treue zu fin­den. Chris­ten sol­len ih­re Pflich­ten ge­gen­über der Ge­sell­schaft er­fül­len, so­lan­ge die Pflicht­er­fül­lung nicht ge­gen die Ge­bo­te und Leh­ren Got­tes ver­stößt. Denn Chris­ten dür­fen nie­mals ver­ges­sen, dass ih­re höchs­te Ver­ant­wor­tung Gott ge­gen­über be­steht.

Christen haben sich als Mit­glie­der der Ge­sell­schaft, der sie an­ge­hö­ren, in die Gesell­schaft ein­zu­brin­gen. Sie sol­len ver­ant­wort­lich han­deln, in so­zi­a­len und po­li­ti­schen Zu­sam­men­hän­gen agie­ren, oh­ne ih­ren Glau­ben da­bei zu kom­pro­mit­tie­ren.

Der Glaube und die Zu­ge­hö­rig­keit zu Gott ge­hen über al­les hi­n­aus. Wir sind ge­schaf­fen nach sei­nem Bild. Gebt al­so Gott, was Gott ge­hört.

 

 

Liturgiegeschichtliche Verwendung
Perikope Typ Tag
1531 - 1898  

Mt 22,15-22

Evangelium

→ 23. Sonntag nach Trinitatis

1899 - 1978  

Mt 22,15-22

Evangelium

→ 23. Sonntag nach Trinitatis

Lutherische Kirchen
1958-1978
 

Mt 22,15-22

Evangelium +

Reihe I

→ 23. Sonntag nach Trinitatis

1979 - 2018  

Mt 22,15-22

Evangelium +

Reihe I

→ 23. Sonntag nach Trinitatis

seit 2019  

Mt 22,15-22

Evangelium +

Reihe II

→ 23. Sonntag nach Trinitatis

 

 

  Hörbuch-Video

Die Frage nach der Steuer | Der Zinsgroschen (Mt 22,15-22)

Titelbild
Hörbuch-Video zur Biblia 1545

→Hörbuch-Video: Mt 22,15-22

Das Video zeigt aus der Luther­bi­bel von 1545 die Er­zäh­lung, in der Je­sus ge­fragt wird, ob es rich­tig sei, dem rö­mi­schen Kai­ser Steu­ern zu zah­len, vor­ge­le­sen von Reiner Makohl.

 

 

Sabrina

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©by Reiner Makohl | Stilkunst.de

SK Version 21.11.2024