Evangelium nach Matthäus
Mt 22,15-22
Text hören:
Sprecher: R. Makohl | Musik: ©Bluevalley, J.S. Bach
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Euangelium
S. Mattheus.
C. XXII.
DA giengen die Phariſeer hin / vnd hielten einen Rat / wie ſie Jheſus fiengen in ſeiner Rede. 16Vnd ſandten zu jm jre Jünger / ſampt Herodis Diener / vnd ſprachen / Meiſter / Wir wiſſen das du warhafftig biſt / vnd lereſt den weg Gottes recht / vnd du frageſt nach niemand / Denn du achteſt nicht das anſehen der Menſchen. 17Darumb ſage vns / was dünckt dich? Iſts recht das man dem Keiſer zinſe gebe / oder nicht? 18Da nu Jheſus marckte jre ſchalckheit / ſprach er / Ir Heuchler / was verſuchet jr mich? 19Weiſet mir die Zinſenmüntze. Vnd ſie reichten jm einen Groſſchen dar. 20Vnd er ſprach zu jnen / Wes iſt das Bilde vnd die vberſchrifft? 21Sie ſprachen zu jm / Des Keiſers. Da ſprach er zu jnen / So gebet dem Keiſer / was des Keiſers iſt / vnd Gotte / was Gottes iſt. 22Da ſie das höreten / verwunderten ſie ſich / vnd lieſſen jn / vnd giengen dauon.
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Die Frage nach der Steuer
(Der Zinsgroschen)
Der Text Matthäus 22,15-22 enthält die Geschichte, in der Jesus gefragt wird, ob es richtig sei, dem römischen Kaiser Steuern zu zahlen. Sie behandelt grundlegende Fragen über das Verhältnis von Glauben und weltlicher Autorität.
Die Pharisäer und die Herodianer stellen Jesus eine Frage, die eine Falle ist: »Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuern zu zahlen oder nicht?« Diese Frage zielt darauf ab, Jesus entweder als einen Feind Roms oder als einen Verräter an seinem eigenen Volk darzustellen. Doch Jesus löst die Spannung, indem er die Münze mit dem Bild des Kaisers zeigt und sagt: »Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört.«
Hier geht es um die Unterscheidung zwischen weltlichen und göttlichen Pflichten für Christen. Der Staat hat bestimmte Rechte, die sich auch aus seiner Fürsorge für die Bürger ableiten, zum Beispiel Steuern einzufordern, und es ist nicht gegen den Glauben, diesen Pflichten nachzukommen. Doch die zentrale Aussage ist, dass Gottes Anspruch über allem steht: Was zu Gott gehört, ist unser ganzes Leben, da wir nach seinem Bild geschaffen sind ( 1. Mose 1,27).
In der evangelischen Tradition wird der Primat Gottes über jede menschliche Autorität betont. Martin Luther sprach davon, dass Christen gleichzeitig Bürger zweier Reiche sind: des weltlichen und des geistlichen Reiches (Zwei-Reiche-Lehre). Während Christen sich an die Gesetze und Regeln der Gesellschaft halten sollen, bleibt die höchste Loyalität immer bei Gott. Das bedeutet, dass weltliche Autoritäten zwar respektiert werden, aber niemals an die Stelle Gottes treten dürfen.
Jesus macht deutlich, dass es keine Konkurrenz zwischen dem Dienen in der Welt und dem Dienen im Glauben an Gott für Gott geben muss, solange die Prioritäten richtig gesetzt sind. Das heißt: Der Staat kann Rechte haben, aber unser Leben und unsere Seele gehören Gott. Dieser Gedanke zieht sich durch das reformatorische Verständnis des Christenlebens.
Die Antwort, die Jesus gibt, fordert die Gläubigen auch dazu auf, sich aktiv in der Welt zu engagieren. Das Geben des »dem Kaiser, was dem Kaiser gehört« weist darauf hin, dass Christen Pflichten gegenüber der Gesellschaft haben.
Christen sollen verantwortlich handeln, in sozialen und politischen Zusammenhängen agieren, ohne ihren Glauben dabei zu kompromittieren.
Die evangelische Tradition legt Wert darauf, dass der Glaube nicht nur ein privates, inneres Geschehen ist, sondern auch gesellschaftliche Konsequenzen hat.
Ein weiteres zentrales Thema der Perikope ist die Frage, wem der Mensch gehört. Die Münze trägt das Bild des Kaisers, aber der Mensch trägt das Bild Gottes. Dies erinnert an die Schöpfungserzählung, in der es heißt, dass der Mensch nach dem Ebenbild Gottes geschaffen ist ( 1. Mose 1,27). Daraus leitet sich die Würde jedes Menschen ab, aber auch die Pflicht, sich Gott ganz hinzugeben.
Diese Vorstellung hat in der evangelischen Tradition eine besondere Bedeutung. Sie betont, dass jeder Mensch in Gottes Ebenbild geschaffen ist und somit unabhängig von Status oder Autorität einen unverlierbaren Wert hat. Gleichzeitig bedeutet es aber auch, dass wir unser Leben in den Dienst Gottes stellen sollen.
Aus evangelischer Sicht lehrt diese Perikope, eine Balance zwischen weltlicher Verantwortung und göttlicher Treue zu finden. Christen sollen ihre Pflichten gegenüber der Gesellschaft erfüllen, solange die Pflichterfüllung nicht gegen die Gebote und Lehren Gottes verstößt. Denn Christen dürfen niemals vergessen, dass ihre höchste Verantwortung Gott gegenüber besteht.
Christen haben sich als Mitglieder der Gesellschaft, der sie angehören, in die Gesellschaft einzubringen. Sie sollen verantwortlich handeln, in sozialen und politischen Zusammenhängen agieren, ohne ihren Glauben dabei zu kompromittieren.
Der Glaube und die Zugehörigkeit zu Gott gehen über alles hinaus. Wir sind geschaffen nach seinem Bild. Gebt also Gott, was Gott gehört.
Perikope | Typ | Tag |
---|---|---|
1531 - 1898 | ||
Mt 22,15-22 |
Evangelium |
|
1899 - 1978 | ||
Mt 22,15-22 |
Evangelium |
|
Lutherische Kirchen 1958-1978 |
||
Mt 22,15-22 |
Evangelium + Reihe I |
|
1979 - 2018 | ||
Mt 22,15-22 |
Evangelium + Reihe I |
|
seit 2019 | ||
Mt 22,15-22 |
Evangelium + Reihe II |
Das Video zeigt aus der Lutherbibel von 1545 die Erzählung, in der Jesus gefragt wird, ob es richtig sei, dem römischen Kaiser Steuern zu zahlen, vorgelesen von Reiner Makohl.