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Altkirchliche Ordnung
Evangelium | Mt 18,21-35 |
Epistel | Phil 1,3-11 |
Lied | Nr. 119 [EG 146] |
Gottesdienstordnung |
Der 22. Sonntag nach Trinitatis in den Kirchenjahren 1661/1662 bis 1668/1669
Verweise führen zu den Kalenderblättern des jeweiligen Datums:
überwiegend gültig in den Jahren 1530/1531 bis 1897/1898
( nach dem Evangeliumstext Mt 18,21-35 )
Lesung | Predigttext | Text |
---|---|---|
Evangelium | im Hauptgottesdienst | Mt 18,21-35 |
Epistel | im zweiten Gottesdienst | Phil 1,3-11 |
Erläuterungen zu den Perikopen
Mit der Reformation änderte sich die Bedeutung der Lesungen und der Predigt im Gottesdienst grundlegend. Gab es vorher keine oder nur eine sehr lose Bindung der Perikopen an die Messe, so war für Luther nun regelmäßig die Evangelienperikope Grundlage der Predigt im sonntäglichen Hauptgottesdienst (vormittags), an diesem Tag also Mt 18,21-35.
Im Fokus der Predigt stand jetzt als Teil der Verkündigung die Auslegung des Evangeliums.
Die Epistelperikope war als Predigttext empfohlen für den Gebrauch im Gottesdienst am Nachmittag bzw. Abend (siehe dazu auch Luthers Schrift Von der Ordnung des Gottesdienstes in der Gemeinde, 1523, Über den Sonntagsgottesdienst).
Die Reihe der Epistelperikopen enthielt (anders als heute) auch Texte aus dem Alten Testament. Es gab keine spezielle Reihe für Lesungen aus dem Alten Testament.
Doch die Pfarrer und Prediger waren zunächst nicht nur frei darin, einen biblischen Text für die Predigt zu wählen, sondern geradezu aufgefordert, die Predigt an den Bedürfnissen der Gemeinde und an der geübten Praxis auszurichten.
In den meisten Kirchen wurden nahezu täglich Gottesdienste geboten (die in unseren Kalendern z. Z. nicht abgebildet sind). An Sonn- und Feiertagen konnten gleich mehrere Gottesdienste und Messen stattfinden. Hier entwickelten sich Leseempfehlungen für jeden Wochentag, in Summe also für jeden Tag des Kirchenjahres.
Von Bedeutung war auch die protestantische Ausrichtung der Gebietskirche: lutherisch, reformiert (calvinistisch) und uniert. Unterschiede zeigten sich in der Liturgie und damit im Verständnis der Predigt als Teil der Verkündigung.
Luthers allgemeinen Empfehlungen in seinen Schriften folgten etwa ab 1560 vereinzelt Ansätze, eine gewisse verbindliche Textordnung für Pfarrer und Gemeinden zu gestalten. Dies geschah jedoch zaghaft und zögerlich angesichts der bestehenden Meinungsvielfalt und angesichts der Lage der Entscheidungshoheit, die nicht in der Kirche, sondern beim Landesfürsten angesiedelt war. Zunächst gab es auch keinen hinreichenden Bedarf für neue Regelungen: Gottesdienst war selbstverständlich und die Bevölkerung nahm rege teil. Doch spätestens im Zeitalter der Aufklärung, als ein deutlicher Rückgang christlichen Engagements in der Bevölkerung zu erkennen war, die Zahl der Gottesdienstbesucher stetig abnahm und etliche unterwöchige Gottesdienste und Messen gestrichen wurden, trat die Notwendigkeit deutlich hervor, das Gottesdienstverständnis und die Gottesdienste des Kirchenjahres zu überdenken.
Dies führte vielfach schon früh und speziell im 19. Jahrhundert zu zahlreichen unterschiedlichen Durchführungen, Vorschlägen und Erprobungen, bis sich 1896 die Eisenacher Konferenz als reichsweite Konferenz der deutschen Landeskirchen mit der Idee einer allgemein gültigen Textordnung beschäftigte und schließlich eine Perikopenordnung beschloss, die ab 1898/1899 allen evangelischen Landeskirchen zur Umsetzung empfohlen wurde.
Es ist derzeit an dieser Stelle nicht möglich, für die Jahre 1530/1531 bis 1898/1899 Textordnungen darzustellen, die über die altkirchlichen Perikopen für die Lesungen und Predigten hinaus gehen. Wir sind uns dabei bewusst, dass diese Perikopen regional und zeitlich begrenzt keine Bedeutung hatten.
22. Sonntag nach Trinitatis
Gültig in den Kirchenjahren bis 1897/1898
Die Leittexte aus den Evangelien und den Episteln
nach altkirchlicher Perikopenordnung
Text nach der Lutherbibel von 1545 gesetzt nach der Vorlage des Originals in Frakturschrift mit Luthers Scholion in den Marginalspalten.
Ergänzt um Verszählung und Abschnittsüberschriften.
LESUNG AUS DEM EVANGELIUM
PREDIGTTEXT
Evangelium nach Matthäus
Mt 5,38-48
Text hören:
Sprecher: R. Makohl | Musik: ©Bluevalley, J.S. Bach
Das Verzeichnis der Hörbuch-Videos mit den Lesungen des Evangeliums finden Sie hier:
↦ Video-Hörbuch
Euangelium
S. Mattheus.
C. V.
Jesus spricht:
IR habt gehört / das da geſagt iſt / Auge vmb auge / Zan vmb zan. 39Ich aber ſage euch / Das jr d nicht widerſtreben ſolt dem vbel / Sondern ſo dir jemand einen ſtreich gibt auff deinen rechten Backen / dem biete den andern auch dar. 40Vnd ſo jemand mit dir rechten wil / vnd deinen Rock nemen / dem las auch den Mantel / 41Vnd ſo dich jemand nötiget eine Meile / ſo gehe mit jm zwo. 42Gib dem der dich bittet / vnd wende dich nicht von dem / der dir abborgen wil.
d
(Nicht widerſtreben)
Das iſt / Niemand ſol ſich ſelbs rechen. Aber die Oberkeit des ſchwerts ſol ſolchs thun /
IR habt gehört / das geſagt iſt / Du ſolt deinen Neheſten lieben / Vnd deinen Feind haſſen. 44Ich aber ſage euch / Liebet ewre Feinde. Segenet die euch fluchen. Thut wol denen die euch haſſen. Bittet fur die / ſo euch beleidigen vnd verfolgen. 45Auff das jr Kinder ſeid ewrs Vaters im Himel / Denn er leſſt ſeine Sonne auff gehen vber die Böſen vnd vber die Guten / vnd leſſt regenen vber Gerechte vnd Vngerechte. 46Denn ſo jr liebet / die euch lieben / Was werdet jr fur Lohn haben? Thun nicht das ſelb auch die e Zölner? 47Vnd ſo jr euch nur zu ewern Brüdern freundlich thut / Was thut jr ſonderlichs? Thun nicht die Zölner auch alſo? 48Darumb ſolt jr volkomen ſein / gleich wie ewer Vater im Himel volkomen iſt.
e
(Zölner)
Heiſſen latiniſch Publicani / vnd ſind geweſen / die der Römer rendte vnd zol beſtanden hatten / vnd waren gemeiniglich gottloſe Heiden / dahin von den Römern geſetzt.
✽
1) Druckfehler: Luc. 19. 26.
Die Angabe meint Lev. 19.26., also 3Mos 19 und 3Mos 26.
Zum Stichwort »Nächstenliebe« ist gemeint: 3Mos 19,18.
Zum Stichwort »Feinde« ist gemeint: 3Mos 26,7-8.
LESUNG UND ZWEITER PREDIGTTEXT
Epistel
Brief des Paulus an die Gemeinde in Phillipi
Phil 1,3-11
REIHE
EP
Die Epiſtel S. Pauli:
An die Philipper.
C. I.
Verse 3 - 11
Paulus schreibt:
ICH dancke meinem Gott / ſo offt ich ewer gedencke 4(welchs ich alle zeit thue / in alle meinem Gebet fur euch alle / vnd thu das gebet mit freuden) 5vber ewer gemeinſchafft am Euangelio / vom erſten tage an biſher / 6Vnd bin deſſelbigen in guter zuuerſicht / das / der in euch angefangen hat das gute werck / der wirds auch volfüren bis an den tag Jheſu Chriſti / 7Wie es denn mir billich iſt / das ich der maſſen von euch allen halte / darumb das ich euch in meinem hertzen habe / in dieſem meinem Gefengnis / darin ich das Euangelium verantworte vnd bekrefftige / als die jr alle mit mir der gnade teilhafftig ſeid.
8DEnn Gott iſt mein Zeuge / wie mich nach euch allen verlangt von hertzen grund in Jheſu Chriſto / 9Vnd daſelbs vmb bete ich / das ewre Liebe je mehr vnd mehr reich werde / in allerley Erkenntnis vnd Erfarung / 10das jr prüfen müget / was das Beſte ſey / Auff das jr ſeid lauter vnd vnanſtöſſig bis auff den tag Chriſti / 11erfüllet mit Früchten der gerechtigkeit / die durch Jheſum Chriſtum geſchehen (in euch) zu ehre vnd lobe Gottes .
✽
»Frewet euch mit den Frölichen /
vnd weinet mit den Weinenden.
Habt mit allen Menſchen Friede.«
Der Rückblick auf die Perikopenordnungen vergangener Jahrhunderte zeigt auf, wie sich die Verwendung der biblischen Texte in evangelischen Gottesdiensten im Laufe der Zeit veränderte.
Wir beschränken uns in den weit zurückliegenden Jahren auf Perikopenordnungen, die überwiegend in Gebrauch waren.
Durch die neue Ordnung für die Verwendung von Sprüchen, Psalmen, Bibeltexten und Liedern in Gottesdiensten sind die alten Ordnungen zwar liturgisch überholt, aber inhaltlich deswegen keineswegs falsch.
Wir möchten Sie daher ermuntern, die in alter Zeit verwendeten Perikopen zu betrachten. Nur so können Sie ergründen, ob das, worauf sich Pfarrer vor Hunderten von Jahren in Gottesdienst und Predigt stützten, auch noch heute aktuell ist. Aktuell für Sie ganz persönlich.
Der Text aus der Lutherbibel ist auf unseren Seiten in Anlehnung an das Druckbild des Originals von 1545 wiedergegeben.
Den Seitenaufbau, die verwendeten Schriften, die Schreibregeln der Frakturschrift und Luthers Intentionen, mit der Typografie Lesehilfen bereitzustellen, erläutert dem interessierten Leser unser Artikel »Satz und Typografie der Lutherbibel von 1545«.
Der Artikel thematisiert die Trinität, die Dreifaltigkeit Gottes, und das Glaubensbekenntnis. Wir beleuchten Hintergründe und betrachten sie kritisch.
Das Video zeigt den Text aus der Lutherbibel von 1545, in dem Jesus die große Bedeutung der Vergebung aufzeigt, vorgelesen von Reiner Makohl.