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Altkirchliche Ordnung
Evangelium | Mt 9,1-8 |
Epistel | Eph 4,22-32 |
Lied | Nr. 227 [EG 320] |
Gottesdienstordnung |
nach den altkirchlichen Leseordnungen
Der 19. Sonntag nach Trinitatis in den Kirchenjahren 1799/1800 bis 1806/1807
Verweise führen zu den Kalenderblättern des jeweiligen Datums:
nach der altkirchlichen Leseordnung
allgemein seit der Reformation mindestens bis zum Kirchenjahr 1897/1898 in Gebrauch
( nach dem Evangeliumstext Mt 9,1-8 )
Heile du mich HERR / ſo werde ich heil / Hilff du mir / ſo iſt mir geholffen.
Lesung | Predigttext | Text |
---|---|---|
Evangelium | im Hauptgottesdienst | Mt 9,1-8 |
Epistel | im zweiten Gottesdienst | Eph 4,22-32 |
Erläuterungen zu den Perikopen
Mit der Reformation änderte sich die Bedeutung der Lesungen und der Predigt im Gottesdienst grundlegend. Gab es vorher keine oder nur eine sehr lose Bindung der Perikopen an die Messe, so war für Luther nun regelmäßig die Evangelienperikope Grundlage der Predigt im sonntäglichen Hauptgottesdienst (vormittags), an diesem Tag also Mt 9,1-8.
Im Fokus der Predigt stand jetzt als Teil der Verkündigung die Auslegung des Evangeliums.
Die Epistelperikope war als Predigttext empfohlen für den Gebrauch im Gottesdienst am Nachmittag bzw. Abend (siehe dazu auch Luthers Schrift Von der Ordnung des Gottesdienstes in der Gemeinde, 1523, Über den Sonntagsgottesdienst).
Die Reihe der Epistelperikopen enthielt (anders als heute) auch Texte aus dem Alten Testament. Es gab keine spezielle Reihe für Lesungen aus dem Alten Testament.
Doch die Pfarrer und Prediger waren zunächst nicht nur frei darin, einen biblischen Text für die Predigt zu wählen, sondern geradezu aufgefordert, die Predigt an den Bedürfnissen der Gemeinde und an der geübten Praxis auszurichten.
In den meisten Kirchen wurden nahezu täglich Gottesdienste geboten (die in unseren Kalendern z. Z. nicht abgebildet sind). An Sonn- und Feiertagen konnten gleich mehrere Gottesdienste und Messen stattfinden. Hier entwickelten sich Leseempfehlungen für jeden Wochentag, in Summe also für jeden Tag des Kirchenjahres.
Von Bedeutung war auch die protestantische Ausrichtung der Gebietskirche: lutherisch, reformiert (calvinistisch) und uniert. Unterschiede zeigten sich in der Liturgie und damit im Verständnis der Predigt als Teil der Verkündigung.
Luthers allgemeinen Empfehlungen in seinen Schriften folgten etwa ab 1560 vereinzelt Ansätze, eine gewisse verbindliche Textordnung für Pfarrer und Gemeinden zu gestalten. Dies geschah jedoch zaghaft und zögerlich angesichts der bestehenden Meinungsvielfalt und angesichts der Lage der Entscheidungshoheit, die nicht in der Kirche, sondern beim Landesfürsten angesiedelt war. Zunächst gab es auch keinen hinreichenden Bedarf für neue Regelungen: Gottesdienst war selbstverständlich und die Bevölkerung nahm rege teil. Doch spätestens im Zeitalter der Aufklärung, als ein deutlicher Rückgang christlichen Engagements in der Bevölkerung zu erkennen war, die Zahl der Gottesdienstbesucher stetig abnahm und etliche unterwöchige Gottesdienste und Messen gestrichen wurden, trat die Notwendigkeit deutlich hervor, das Gottesdienstverständnis und die Gottesdienste des Kirchenjahres zu überdenken.
Dies führte vielfach schon früh und speziell im 19. Jahrhundert zu zahlreichen unterschiedlichen Durchführungen, Vorschlägen und Erprobungen, bis sich 1896 die Eisenacher Konferenz als reichsweite Konferenz der deutschen Landeskirchen mit der Idee einer allgemein gültigen Textordnung beschäftigte und schließlich eine Perikopenordnung beschloss, die ab 1898/1899 allen evangelischen Landeskirchen zur Umsetzung empfohlen wurde.
Es ist derzeit an dieser Stelle nicht möglich, für die Jahre 1530/1531 bis 1898/1899 Textordnungen darzustellen, die über die altkirchlichen Perikopen für die Lesungen und Predigten hinaus gehen. Wir sind uns dabei bewusst, dass diese Perikopen regional und zeitlich begrenzt keine Bedeutung hatten.
19. Sonntag nach Trinitatis
Texte nach der Lutherbibel von 1545 gesetzt nach der Vorlage des Originals in Frakturschrift mit Luthers Scholion und Verweisen in den Marginalspalten. Ergänzt um Verszählung und Abschnittsüberschriften.
LESUNG UND PREDIGTTEXT
Evangelium
Evangelium nach Matthäus
Mt 9,1-8
REIHE
EV
Euangelium
S. Mattheus.
C. IX.
DA trat Jheſus in das Schiff / vnd fuhr wider herüber / vnd kam in ſeine b Stad. 2Vnd ſihe / da brachten ſie zu jm einen c Gichtbrüchigen / der lag auff einem Bette. Da nu Jheſus jren Glauben ſahe / ſprach er zu dem Gichtbrüchigen / Sey getroſt / mein Son / Deine ſünde ſind dir vergeben.
3VNd ſihe / etliche vnter den Schrifftgelerten ſprachen bey ſich ſelbs / Dieſer leſtert Gott. 4Da aber Jheſus jre gedancken ſahe / ſprach er / Warumb denckt jr ſo arges in ewren hertzen? 5Welchs iſt leichter zu ſagen? Dir ſind deine ſünde vergeben? Oder zu ſagen / ſtehe auff / vnd wandele? 6Auff das jr aber wiſſet / Das des menſchen Son macht habe auff Erden / die ſünde zu vergeben / ſprach er zu dem Gichtbrüchigen / Stehe auff / heb dein Bette auff / vnd gehe heim. 7Vnd er ſtund auff / vnd gieng heim. 8Da das Volck das ſahe / verwundert es ſich / vnd preiſete Gott / der ſolche macht den Menſchen gegeben hat.
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LESUNG UND ZWEITER PREDIGTTEXT
Epistel
Brief des Paulus an die Gemeinde in Ephesus
Eph 4,22-32
REIHE
EP
Die Epiſtel S. Páuli:
An die Epheſer.
C. IIII.
Aus dem Abschnitt:
Verse 22 - 32
Paulus schreibt:
SO leget nu von euch ab / nach dem vorigen wandel / den alten Menſchen / der durch Lüſte im jrthum ſich verderbet. 23Ernewert euch aber im geiſt ewers gemüts / 24vnd ziehet den newen Menſchen an / der nach Gott geſchaffen iſt / in rechtſchaffener Gerechtigkeit vnd Heiligkeit. 25Darumb leget die Lügen ab / vnd redet die Warheit ein jglicher mit ſeinem Neheſten / ſintemal wir vnternander Glieder ſind. 26Zürnet / vnd ſündiget nicht / Laſſet die Sonne nicht vber ewrem Zorn vntergehen. 27Gebet auch nicht raum dem Leſterer. 28Wer geſtolen hat / der ſtele nicht mehr / Sondern erbeite / vnd ſchaffe mit den henden etwas gutes / Auff das er habe zu geben dem Dürfftigen.
29LAſſet kein faul Geſchwetz aus ewrem munde gehen / ſondern was nützlich zur beſſerung iſt / da es not thut / das es holdſelig ſey zu hören. 30Vnd betrübet nicht den heiligen geiſt Gottes / damit jr verſiegelt ſeid / auff den tag der erlöſung. 31Alle bitterkeit vnd grim / vnd zorn / vnd geſchrey / vnd leſterung ſey ferne von euch / ſampt aller bosheit. 32Seid aber vnternander freundlich / hertzlich / vnd vergebet einer dem andern / Gleich wie Gott euch vergeben hat / in Chriſto.
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»Frewet euch mit den Frölichen /
vnd weinet mit den Weinenden.
Habt mit allen Menſchen Friede.«
Der Rückblick auf die Perikopenordnungen vergangener Jahrhunderte zeigt auf, wie sich die Verwendung der biblischen Texte in evangelischen Gottesdiensten im Laufe der Zeit veränderte.
Wir beschränken uns in den weit zurückliegenden Jahren auf Perikopenordnungen, die überwiegend in Gebrauch waren.
Durch die neue Ordnung für die Verwendung von Sprüchen, Psalmen, Bibeltexten und Liedern in Gottesdiensten sind die alten Ordnungen zwar liturgisch überholt, aber inhaltlich deswegen keineswegs falsch.
Wir möchten Sie daher ermuntern, die in alter Zeit verwendeten Perikopen zu betrachten. Nur so können Sie ergründen, ob das, worauf sich Pfarrer vor Hunderten von Jahren in Gottesdienst und Predigt stützten, auch noch heute aktuell ist. Aktuell für Sie ganz persönlich.
Der Text aus der Lutherbibel ist auf unseren Seiten in Anlehnung an das Druckbild des Originals von 1545 wiedergegeben.
Den Seitenaufbau, die verwendeten Schriften, die Schreibregeln der Frakturschrift und Luthers Intentionen, mit der Typografie Lesehilfen bereitzustellen, erläutert dem interessierten Leser unser Artikel »Satz und Typografie der Lutherbibel von 1545«.
Der Artikel thematisiert die Trinität, die Dreifaltigkeit Gottes, und das Glaubensbekenntnis. Wir beleuchten Hintergründe und betrachten sie kritisch.