Nikolaus von Myra
(† 6. Dezember 326 [oder: 345, 351, 365])
Ambrosius Blarer
(† 6. Dezember 1564 in Winterthur)
Anton Praetorius
(† 6. Dezember 1613 in Laudenbach an der Bergstraße [inoffiziell])
Tag des hl. Nikolaus
Überliefertes Brauchtum speziell für Kinder
Der Nikolaustag in den Jahren 2026 bis 2033
Verweise führen zu den Kalenderblättern des jeweiligen Datums:
Seit dem Kirchenjahr 2018/2019 ist der Nikolaustag auch evangelischer Gedenktag und mit einem eigenem Proprium im Kirchenkalender enthalten.
In unserem Kalender zum evangelischen Kirchenjahr finden Sie den passenden Artikel zu diesem Tag:
Gedenktag am 6. Dezember 2026
Der Artikel zeigt Spruch, Lieder und Texte der Bibel zu diesem Tag. Sie geben ihm einen evangelischen Sinn im Kirchenjahr.
Das Brauchtum zum Nikolaustag war und ist vielfältig und regional sehr unterschiedlich. Es veränderte sich über die Jahrhunderte und entfernte sich dabei zunehmend von seinen kirchlichen Ursprüngen, den heiligen Nikolaus als einen Schutzpatron zu verstehen, der in dieser Rolle unter anderem auch den Kindern begegnet. Mit dazu beigetragen hat sicher auch die Ablehnung der Heiligenverehrung in den evangelischen Kirchen und Gebieten. Hier fand als Ersatz der Heiligenfigur die Person des Knechts Ruprechts Verbreitung.
Was heute übriggeblieben ist, ist ein Nikolaus, der als vorweihnachtliche Figur erscheint, die mit kleinen Geschenken auf Weihnachten einstimmt. Oft nicht weniger pädagogisch unterlegt, wie schon in den Jahrhunderten zuvor: Die braven Kinder bekommen Geschenke, den unartigen droht die Rute.
Einzelne Elemente unterschiedlichen Brauchtums sind verschmolzen, was stark durch die Figur des amerikanischen Santa Claus und durch die Kommerzialisierung, beispielsweise durch die Schokoladen-Industrie, beeinflusst wurde. Der Nikolaus erscheint immer häufiger in der Gestalt des Weihnachtsmanns. Schoko-Nikoläuse, die dem Aussehen eines katholischen Bischofs nachempfunden sind, werden nur selten in den Regalen der Supermärkte anzutreffen sein.
Knecht Ruprecht, der traditionell eher in ein braunes oder schwarzes Mönchsgewand gekleidet erschien – auch da gibt es kein Schoko-Pendant! –, hat seine Rute längst an den Nikolaus weitergereicht.
Der Nikolaustag ist ein kleines Fest für Kinder, das sich überwiegend hinter verschlossenen Türen in Familien abspielt, oder eben dort, wo Kinder anzutreffen sind.
Am 5. Dezember, am Vorabend des Nikolaustages, stellen die Kinder geputzte Schuhe, Winterstiefelchen oder Teller vor die Tür in der Erwartung, am Nikolaus-Morgen darin kleine Gaben des Freundes braver Kinder vorzufinden.
In manchen Familien erscheint Nikolaus – dann heute immer öfter in der Tracht des Weihnachtsmannes! – am Nikolausabend leibhaftig. Darunter verblasst die Figur des Knechts Ruprecht zunehmend.
Knecht Ruprecht, der im ausgehenden Mittelalter auftauchte und zum Begleiter des heiligen Nikolaus avancierte, bekam die Rolle eines »Vollstreckers« des Nikolauses in der Kindererziehung zugewiesen. Er konnte Kinder mit den Gaben des Nikolauses reich beschenken, aber auch harte Strafen vollziehen. Sein gefürchtetes Utensil war und ist in manchen Gegenden noch heute die Rute.
Bekanntheit erfuhr die Figur des Knechts Ruprecht nicht zuletzt durch das Gedicht von Theodor Storm, dessen erste Zeile immer wieder zitiert wird, wobei sie wechselweise dem Nikolaus oder auch gern dem Weihnachtsmann untergeschoben wird:
Knecht Ruprecht.
Von drauß’ vom Walde komm ich her,
ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!
Allüberall auf den Tannenspitzen
sah ich goldene Lichtlein sitzen.
Und droben aus dem Himmelstor
sah mit großen Augen das Christkind hervor.
Und wie ich so strolcht’ durch den finstern Tann,
da rief’s mich mit heller Stimme an:
»Knecht Ruprecht«, rief es, »alter Gesell,
hebe die Beine und spute dich schnell!
Die Kerzen fangen zu brennen an,
das Himmelstor ist aufgetan.
Alt’ und Junge sollen nun
von der Jagd des Lebens einmal ruhn.
Und morgen flieg’ ich hinab zur Erden,
denn es soll wieder Weihnachten werden!«
Ich sprach: »O lieber Herre Christ,
meine Reise fast zu Ende ist.
Ich soll nur noch in diese Stadt,
wo’s eitel gute Kinder hat.«
– »Hast denn das Säcklein auch bei dir?«
Ich sprach: »Das Säcklein das ist hier!
Denn Äpfel, Nuß und Mandelkern
essen fromme Kinder gern.«
– »Hast denn die Rute auch bei dir?«
Ich sprach: »Die Rute, die ist hier!
Doch für die Kinder nur, die schlechten,
die trifft sie auf den Teil den rechten.«
Christkindlein sprach: »So ist es recht!
So geh mit Gott, mein treuer Knecht!«
Von drauß’ vom Walde komm ich her,
ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!
Nun sprecht, wie ich’s hierinnen find’!
Sind’s gute Kind’, sind’s böse Kind’?
Theodor Storm, 1862
Der heilige Nikolaus war angeblich Bischof von Myra, der zur Zeit des Konzils von Nicäa wirkte und um 350 n. Chr. hingerichtet wurde. Die genauen Lebensdaten sind unbekannt.
Geboren wurde er vermutlich zwischen 270 n. Chr. und 286 n. Chr. in der Stadt Patara, die an der Mittelmeerküste der heutigen Türkei lag. Gestorben sei er im Jahr 326, 345, 351 oder 365 n. Chr. Festzustehen scheint nur: Er starb an einem 6. Dezember.
Über sein Leben ist nicht viel bekannt. Kaum etwas lässt sich belegen. Jedoch ist er die Hauptfigur in einer ganzen Reihe Legenden, die sich um Wunder, um Rettungen in Not geratener Menschen und um Auferweckungen ranken. Seine Vita enthält somit fast nur legendäre Züge.
Seine Attribute, meist Bischofstracht und Stab, häufig ein Buch mit drei Goldklumpen (seltener mit Broten) oder einem Anker, werden durch Legenden begründet: Nikolaus habe der Stadt Myra bei großer Hungersnot dadurch geholfen, dass er einem reichen Handelsmann im Traum erschienen sei und ihn veranlasst habe, mit seinen Getreideschiffen nach Myra zu segeln.
Nikolaus ist einer der populärsten Heiligen. Die vielen Legenden führten dazu, dass ihn etliche Gruppen als Schutzheiligen auserwählten. Nikolaus ist Schutzheiliger der Schüler und der Studenten, der Pilger und der Reisenden, der Liebenden und der Gebärenden, der Alten, der Ministranten, der Metzger. Er ist Schutzpatron der Seefahrer, Binnenschiffer und Händler, weshalb ihn etliche Hansestädte als Schutzheiligen wählten. Mit dem Aufschwung des Nothelfer-Kultes ist er Beschützer gegen alle Gefahren des Wassers. Er ist aber auch Patron von Dieben, Gefängniswärtern, Prostituierten und Gefangenen. In Amerika gilt er als Patron der Bankleute.
Die verbreitete Verehrung als Kinderfreund (hier wird auch der Rest eines germanischen Ritus vermutet) knüpft an die Legende an, dass Nikolaus drei armen Mädchen Geld spendete, so dass sie heiraten konnten. Aus diesem Schutzpatronat leitet sich das heutige Brauchtum ab:
Der Nikolaustag ist Tag der Kinder, wenn sich auch die Bräuche regional stark unterscheiden mögen.
Sein Kult ist im 6. Jahrhundert im Osten nachweisbar, im 9. Jahrhundert im Westen (Rom und Süditalien). In Deutschland wird die Verehrung im 11. Jahrhundert beliebt, besonders im Alpengebiet und dort in der Nähe reißender Gewässer.
In Oberbayern haben sich die sog. »Niklasreime« der Kinder erhalten sowie der Brauch, dem Geistlichen am Nikolaus-Vorabend ein Nikolaus-Schiffchen vor die Tür zu legen.
Die älteste Darstellung des Heiligen Nikolaus im deutschen Sprachgebiet, die von den sonst üblichen byzantinischen Einflüssen frei ist, ist eine Holzstatue des ausgehenden 12. Jahrhunderts in der ehemaligen Abteikirche zu Brauweiler.
Nachdem 1087 der angebliche Leib des Heiligen von Myra nach Bari in Italien verbracht worden war, wurde diese Stadt der Hauptwallfahrtsort des Nikolaus im Abendland. Wer also den heiligen Nikolaus besuchen möchte, sollte sich in die Krypta der Basilica Pontificia di San Nicola in Bari an der Piazza San Nicola begeben.
Abbildung: Torbogen am Portal der Basilica Pontificia di San Nicola, Bari, Italien, mit einem Relief des Heiligen Nikolaus
Foto: © Sabrina | Reiner | www.stilkunst.de | Lizenz CC BY-SA
Abbildung: Relief an der Basilica Pontificia di San Nicola, Bari, Italien.
Es zeigt den heiligen Nikolaus in seiner Funktion als Schutzheiliger.
Foto: © Sabrina | Reiner | www.stilkunst.de
Lizenz CC BY-SA
Abbildung: Heiligenfigur des heiligen Nikolaus in der Basilica Pontificia di San Nicola, Bari, Italien.
Die lebensgroße Figur befindet sich geschützt in einem Schrein.
Foto: © Sabrina | Reiner | www.stilkunst.de
Lizenz CC BY-SA
Als Vorbote des Christkindes ist Nikolaus schon früh mit anderen Lieblingsgestalten des Volksglaubens verschmolzen (wie Knecht Ruprecht, Pelzmärtel u. a.).
Mit der aufkommenden Kommerzialisierung jeglichen Brauchtums vermischen sich unterschiedliche Traditionen in dieser vorweihnachtlichen Symbolfigur: Das ursprüngliche Bischofsbild und die Figur des Knechts Ruprecht verschmelzen in einer Darstellung, die eher der des Weihnachtsmanns entspricht.
Martin Luther lehnte wie alle übrigen Reformatoren die Verehrung der Heiligen, wie sie die römisch-katholische Kirche kannte und noch heute kennt, ab. Die evangelischen Kirchen kannten in ihrer Kirchenordnung bis ins Kirchenjahr 2017/2018 daher den Nikolaustag im liturgischen Kirchenkalender nicht.
Doch der Nikolaustag hat sich längst im bürgerlichen Kalender etabliert, wo ihm nur noch wenig kirchliches Gepränge anhaftet. So begehen wohl auch die meisten evangelischen Familien den Nikolaustag als einen vorweihnachtlichen Tag des Beschenkens der Kinder, jedoch ganz ohne Heiligenverehrung.
Allerdings war und ist Bischof Nikolaus von Myra unter dem 6. Dezember im evangelischen Namenkalender aufgeführt. Der Namenkalender weist Personen aus, die durch eine standhafte christliche Haltung, durch herausragende Taten oder durch ihr Lebenswerk als Vorbilder im Glauben gelten sollen. Die Erinnerung an sie und die mit ihnen verbundenen Geschichten sollen nicht in Vergessenheit geraten.
Zu diesem Kreis gehören die Märtyrer der frühen Kirche, wie Bischof Nikolaus von Myra.
Mit der »Neuordnung gottesdienstlicher Texte und Lieder« von 2017 fand der Nikolaustag im Sinne einer ökumenischen Angleichung Einzug in den evangelischen Kirchenkalender ab dem Kirchenjahr 2018/2019. Die Gemeinden sind angehalten, den Nikolaustag gottesdienstlich zu würdigen.
Doch nach wie vor geht es an diesem Tag den evangelischen Christen nicht um Heiligenverehrung. Vielmehr dienen die Motive des »heimlichen Beschenkens« und des Gebens aus Gnade und Barmherzigkeit als Beispiele für christliches Handeln und christliche Fürsorge. Es geht darum, dem Tag auch für evangelische Christen einen Sinn zu geben, der weit über Ruten und Stiefelchen hinausgeht.
Für den evangelischen Nikolaustag wurde als Evangeliumstext ein Abschnitt aus der Bergpredigt im Matthäusevangelium gewählt, ( Mt 6,1-4) die »Die Rede Jesu über das Almosengegen«. So steht der Tag praktisch unter dem Motto nach dem Ausspruch Jesu in Mt 6,3:
Wenn Du Almosen gibst, dann lasse Deine linke Hand nicht wissen,
was die rechte tut.
Christen helfen nicht deshalb, um soziales Engagement unter Beweis zu stellen und sich womöglich dafür auch noch feiern und ehren zu lassen. Sie helfen aus der Gnade heraus, selbst nicht hilfsbedürftig zu sein. Sie packen an, wo ihr Gegenüber zu schwach ist. Sie spenden, wo finanzielle Mittel zur Hilfe gereichen. Sie trösten, wo Trost nötig ist. Sie begleiten und sind da, wo Einsamkeit Menschen zerfrisst. Sie besuchen, pflegen und unterstützen, wo Krankheiten, Ohnmacht und Aussichtslosigkeit Menschen verzweifeln und abstumpfen lassen.
Sie erwarten dafür keine Gegenleistungen, keine Entlohnung und keine Ehrungen.
Einer der Predigttexte zum Nikolaustag ist die Geschichte, in der Jesus die Kinder segnet (Lukasevangelium 18,15-17). Allerdings ist dieser Text recht schwierig und die Verbindung zu Nikolaus, dem Kinderfreund, wohl nur sehr oberflächlich. In dieser Geschichte geht es nicht primär um Jesus, den Kinderfreund. Es geht um die Sorge Jesu um die klugen Erwachsenen, die sich wegen aller Klugheit und Zweifel nicht redlich bemühen, das Reich Gottes anzunehmen und in ihrem Leben zu verwirklichen. Dazu nämlich braucht es nicht viel, nur die einfachen und unkomplizierten, geradezu naiven Sichtweisen von Kindern, die sich beispielsweise in vorbehaltlosem Verhalten anderen Kindern gegenüber äußern.
Der evangelische Nikolaustag nutzt die Präsenz des Nikolaus im Brauchtum, um mit biblischen Texten zu verweisen auf den Sinn der Barmherzigkeit aus Glauben heraus und auf die frohe Botschaft der Erlösung aus Gnade.
An diesem Tag stammt der Evangeliumstext aus der Bergpredigt ( Mt 6,1-4, »Die Rede Jesu über das Almosengeben«), der Episteltext aus dem Brief des Paulus an die Epheser (Eph 2,1-10; »Das neue Leben aus Gnade«) und der alttestamentliche Text aus dem Buch des Propheten Jesaja (Jes 61,1-2,10; »Die frohe Botschaft von der kommenden Herrlichkeit«).
So ruft der Nikolaustag evangelische Christen einmal mehr dazu auf, die Gnade, die ihnen zuteilwird, münden zu lassen in Barmherzigkeit allen Menschen gegenüber – völlig unabhängig von Herkunft, Gesinnung und Glauben. Denn maßgeblich für unser Handeln ist nicht unser Gegenüber, dessen Glauben, dessen Herkunft, dessen Geschlecht, dessen Alter, dessen sozialer Stand, dessen Bildung oder dessen Gesinnung. Maßgeblich für unser Tun ist allein unser Glauben. Und darin – in unseren Taten! –, offenbart sich die Wahrheit über diesen Glauben.
Dr. Martin Luther hatte bereits früh die Heiligenverehrung abgelehnt. In seiner Gottesdienstordnung für die Gemeinden aus dem Jahr 1523 erklärte er, warum die Heiligenfeste im Kirchenjahr nicht begangen werden sollen.
Die evangelischen Kirchen kennen daher keine Heiligen im Sinne der römisch-katholischen Kirche. Für sie sind Heiligsprechungen (Kanonisationen), die vom Papst vorgenommen wurden oder werden, nicht bindend. Sie nehmen selbst keine Heiligsprechungen vor. Sie kennen weder Schutzheilige (Patrone) noch die Anrufung oder gar die Anbetung von Heiligen.
Zwar kennen die evangelischen Kirchen einen »Gedenktag der Heiligen« (1. November), doch meinen sie damit nicht eine herausragende Stellung von Personen in der Gemeinschaft der Christen, sondern das Beispiel ihres außergewöhnlichen Handelns aus der Kraft des Glaubens heraus. So finden sich im evangelischen Kirchenkalender die Namen der Evangelisten, der Apostel und einiger weniger Märtyrer der frühen Zeit stellvertretend für Taten und Leben von Christen. Sie dienen als Vorbild und Beispiel für heutige Christen, wie es in der »Confessio Augustana«, dem Augsburgischen Bekenntnis der Reformatoren, 1530 formuliert worden ist:
Über die Verehrung von Heiligen lehren wir Folgendes: Man kann sich an Heilige erinnern, um ihrem Glauben nachzueifern. Man kann sich auch die guten Werke der Heiligen zum Vorbild nehmen; das soll entsprechend der jeweiligen gesellschaftlichen Stellung geschehen. [...] Aber die Heilige Schrift lehrt nicht, dass wir Heilige anrufen oder von ihnen Hilfe erbitten sollen, sondern sie stellt uns allein Christus hin als Mittler, Sühneopfer, Priester und Fürsprecher. Der soll angerufen werden, und er hat versprochen, dass er unsere Bitten erhören wird. Wenn wir ihn in allen Nöten anrufen, dann gefällt ihm das sehr. Im 1. Johannesbrief steht: »Wenn jemand sündigt, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesus Christus, der gerecht ist.« (1. Joh. 2,1).
Text der Confessio Augustana nach der lateinischen Fassung. Ausgelassen ([...]) ist ein an Kaiser Karl V. gerichtetes Handlungsbeispiel aus jener Zeit, womit ihn die Protestanten auf dem Augsburger Reichstag am 25. Juni 1530 beim Verlesen des Bekenntnisses direkt adressierten, das aber inhaltlich zum Bekenntnis nichts beiträgt.