Markus 10,17-27

Das Hörbuch-Video zur Lutherbibel von 1545

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zur Lutherbibel von 1545

 

 

Hörbuch-Video

Jesus, der Reiche und die Gefahr des Reichtums

Evangelium nach Markus
10,17-27

vorgelesen von Reiner Makohl

 

 

 

Gedanken zum Text

 

Evangelium nach Markus
Kapitel 10, Verse 17-27

Jesus, der Reiche und die Gefahr des Reichtums

Einleitung

Der Text Mk 10,17-22 erzählt die Ge­schich­te, in der Jesu über den Glau­ben spricht, der die Auf­er­ste­hung in Aus­sicht stellt, und über die Nach­fol­ge, die ei­nen ge­wal­ti­gen Bruch mit dem bis­he­ri­gen Le­ben be­deu­tet.

Jesus ist nicht Gott

Interessant ist die ein­lei­ten­de An­re­de des rei­chen Man­nes, der Je­sus mit »gu­ter Meis­ter« an­spricht. Je­sus weist dies von sich, denn nur der »ei­ni­ge« Gott (nicht der »drei­ei­ni­ge«), al­so der »al­lei­ni­ge« Gott sei gut. Je­sus sieht sich selbst in die­sem Sin­ne nicht als »gut«. Er un­ter­schei­det sich selbst von Gott. Er ist nicht Gott und sieht sich nicht als die­sen.

Die Zehn Gebote und das Doppelgebot der Liebe

Jesus erklärte einmal mehr, wie wich­tig es ist, das mo­sa­i­sche Ge­setz zu hal­ten, zu­min­dest in we­sent­li­chen Kern­tei­len wie die Zehn Ge­bo­te, die eben nicht dem Ge­bot der Nächs­ten­liebe wi­der­spre­chen. Die neu­en Leh­ren Je­su än­dern die­se Ge­setze nicht, sondern in­ter­pre­tie­ren und ge­wich­ten sie neu. So ist das Dop­pel­ge­bot der Lie­be (»Liebe Gott über alles und deinen Nächsten wie dich selbst.«) eine neue Form der zehn Ge­bo­te, die zwar knap­per for­mu­liert, da­für aber auch weit um­fas­sen­der ist und so die kom­plet­te »Ge­setz­lich­keit« um­fasst.

Das Kamel im Nadelöhr

Im Nachgang zu dieser Ge­schich­te (Ver­se 23-27) spricht Je­sus da­rü­ber, wie sehr Reich­tum wah­ren Glau­ben be­hin­dern kann.

Dabei benutzt Jesus das Bild ei­nes Na­delöhrs von ei­ner üb­li­chen Näh­na­del: »Es ist leich­ter, dass ein Ka­mel durch ein Na­del­öhr ge­he, als dass ein Rei­cher ins Reich Got­tes kom­me.« So liest man es in fast al­len ge­gen­wär­ti­gen Bi­bel­über­set­zun­gen, doch was ist das für ein merk­wür­di­ger Ver­gleich?

Die neuere Forschung übernimmt die­sen Text nicht mehr un­ge­teilt. Es könn­te sich beim grie­chi­schen Wort für Ka­mel, κάμηλος (ká­mê­los; dt.: „Ka­mel“, „Ka­ra­wa­ne“), in den spä­ten Quel­len um ei­nen Über­tra­gungs­feh­ler beim Ab­schrei­ben oder beim Schrei­ben nach Dik­tat han­deln. Das grie­chi­sche Wort für »Seil« bzw. »(Schiffs-)Tau« un­ter­schei­det sich in nur ei­nem Vo­kal, der auch noch pho­ne­tisch recht ähn­lich klingt: »i« statt »e«: κάμιλος (ka­mi­los). Et­li­che sehr al­te Quel­len der neu­tes­ta­ment­li­chen Tex­te be­nut­zen die­se Form, schrei­ben al­so (übersetzt): »Es ist leich­ter, dass ein Seil durch ein Na­del­öhr ge­he, als dass ein Rei­cher ins Reich Got­tes kom­me.«

So macht das Gleich­nis auch wirk­lich be­greif­ba­ren Sinn, möch­te man Je­sus nicht als sar­kas­ti­schen Co­me­di­an be­trach­ten. Das Bild war jedem einleuchtend, der je versucht hatte, durch das Öhr einer Nadel einen Faden zu fädeln, der auch nur einen Tick zu dick war.

Das Christsein spielt im Hier und Jetzt

Diese Gleichnisse zeigen immer wieder auf, wel­chen gro­ßen Wert Je­sus dem ge­gen­wär­ti­gen Da­sein bei­maß. Das Leid der Ar­men be­drück­te ihn of­fen­sicht­lich sehr. Sie auf das jüngs­te Ge­richt zu ver­trös­ten, war durch­aus wich­ti­ger Bal­sam für die See­le. Doch den phy­si­schen »Trost« in der rea­len Ge­gen­wart, die Lin­de­rung der Ar­mut, konn­ten nur Men­schen ge­ben, die reich ge­nug wa­ren, um von ih­rem Reich­tum ab­ge­ben zu kön­nen.

Gott ist unbestechlich

Der abschließende Satz Jesu in die­ser Pe­ri­ko­pe er­klärt ein­deu­tig, dass nie­mand das Recht oder Kom­pe­tenz be­si­tze, rei­chen Men­schen das Him­mel­reich zu­zu­sa­gen. Dies ist al­lein Sa­che Got­tes. Der Platz im Reich Got­tes kann nicht ge­kauft wer­den.

Dies ist ein Grund, warum in den ver­gan­ge­nen Jahr­hun­der­ten rei­che Men­schen nicht sel­ten als Mä­zen, För­de­rer und Spen­der in Ge­mein­den und Bis­tü­mern auf­tra­ten. Im Ge­gen­zug er­hiel­ten sie ne­ben Ab­laß so­gar Al­tä­re, klei­ne Ka­pel­len und Grüf­te in Kir­chen oder be­vor­zug­te Grab­stät­ten auf dem Kirch­hof. Gott ein Stück nä­her sein, gerade als rei­che Per­son. Je­sus ein Schnipp­chen schla­gen wol­len. Doch nicht Geld zählt, son­dern Glau­be, das Hal­ten der Ge­bo­te und das An­neh­men des ei­ge­nen Kreu­zes – was immer das auch um­fas­sen mag.

 

Zur Entstehungszeit

Der ab­schlie­ßende Satz in Vers 21 lau­tet: »Und nimm das Kreuz auf dich.« Die­ses klei­ne Stück Text ist sehr be­mer­kens­wert und ver­dient Auf­merk­sam­keit. Denn es öff­net ein we­nig den Blick auf die Ent­ste­hung der Evan­ge­li­en.

Dieser Satz kann nur nach der Kreu­zi­gung Je­su for­mu­liert wor­den sein. So­wohl dem Schrei­ber wie auch den Le­sern und Hö­rern war die Kreu­zi­gung Je­su be­kannt. Die­se For­mu­lie­rung ist kei­ne Re­dens­art, kein Spruch, der zur Zeit Jesu in Pa­läs­ti­na ge­läu­fig ge­we­sen wä­re. Er wur­zelt im Be­richt über Je­su Weg aus der rö­mi­schen Ka­ser­ne in Je­ru­sa­lem nach Gol­ga­ta. Je­sus hät­te das ver­hin­dern kön­nen, doch er nehm sein Kreuz auf sich. Je­sus hat den Satz mit Si­cher­heit nie ge­spro­chen.

Womöglich ist der Spruch auch un­ter den schmer­zen­den Ein­drü­cken der frü­hen Chris­ten­ver­fol­gun­gen ent­stan­den. Er be­sagt, man sol­le die Kon­se­quen­zen tra­gen, die sich aus der Nach­fol­ge, aus dem Christ­sein er­ge­ben. Und ge­nau die be­deu­te­ten in den Zei­ten der Ver­fol­gun­gen Ge­fahr für Leib und Le­ben.

Die Suche nach Got­tes Wort

Wenn nun aber der Autor an die­ser Stel­le nicht die wah­re Be­ge­ben­heit er­zählt hat, son­dern mit be­stimm­ten Ab­sich­ten und Zie­len, dann ist dies auch im rest­li­chen Text, ja im ge­sam­ten Mar­kus­evan­ge­li­um wie al­len an­de­ren Evan­ge­li­en zu er­war­ten.

Wir dürfen daher nicht einmal dort, wo Je­sus in den Evan­ge­li­en spricht, davon aus­ge­hen, dass dies ech­te Je­sus-Wor­te sind. In je­dem Fall sind es kei­ne wört­li­chen Zi­ta­te, denn die Zeit zwi­schen Je­su Wir­ken und der Nie­der­schrift die­ser Tex­te be­trug vie­le Jah­re. Ei­ne wei­te Span­ne, voll von Ver­ges­sen und Aus­schmü­ckung, voll von Er­in­ne­rung und per­sön­li­chen Ein­drü­cken. Man­che Au­to­ren ge­ben nur Hö­ren­sa­gen wie­der. Sie wa­ren kei­ne Au­gen- und Oh­ren­zeu­gen. Die spä­te­ren Ab­schrif­ten er­lit­ten nicht sel­ten ver­se­hent­li­che Feh­ler, aber auch ab­sicht­li­che und will­kür­li­che Än­de­run­gen aus the­o­lo­gi­schen Grün­den.

Das klingt er­nüch­ternd. Ist des­halb Got­tes Wort etwa nicht wahr? Nein. Aber wir müs­sen uns aber mü­hen, aus den Tex­ten Got­tes wah­res Wort zu ex­tra­hie­ren. Es steht nicht ein­fach so da. Die Pe­ri­ko­pe vom rei­chen Mann be­legt: Was da steht, ist das Wort von Men­schen, die aus ih­rem Glau­ben heraus, aus ih­rem Ver­ständ­nis und aus ihrer Le­bens­re­a­li­tät ver­such­ten, Got­tes Wort zu ver­ste­hen und zu ver­kün­den für ihre Le­ser, für ihre Zeit.

 

 

Liturgiegeschichtliche Verwendung
Perikope Typ Tag
1531 - 1898  

Keine Verwendung an Sonntagen, Feiertagen und Gedenktagen

1899 - 1978  

Mk 10,17-27

2. Evangelium

→ 18. Sonntag nach Trinitatis

Lutherische Kirchen
1958-1978
 

Keine Verwendung an Sonntagen, Feiertagen und Gedenktagen

1979 - 2018  

Mk 10,17-27

Reihe III

→ 18. Sonntag nach Trinitatis

seit 2019  

Mk 10,17-27

Evangelium +
Reihe III

→ 18. Sonntag nach Trinitatis

 

 

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Frakturschrift ist nicht leicht zu le­sen. Die Vi­de­os zei­gen aus­ge­wähl­te Tex­te aus der Luther­bi­bel von 1545, vor­ge­le­sen von Reiner Makohl.

 

 

Zum Gebrauch

Die Lutherbibel von 1545 ist mit ihrem Frak­tur­zei­chen­satz nicht leicht zu le­sen. Wir bie­ten Vi­de­os, in de­nen aus­ge­wähl­te Pe­ri­ko­pen aus den Sonn- und Fei­er­tags­rei­hen vor­ge­le­sen wer­den.

Wir empfehlen, die Vi­de­os im Voll­bild­mo­dus zu ge­nie­ßen.

 

 

Credits zum Video:

©2024 by Reiner D. Makohl | www.stilkunst.de

Bibeltexte: Dr. Martin Luther, Biblia, Wittenberg 1545
Zeichensätze der Frakturschriften, Typografie & Layout,
Video: Reiner D. Makohl

Sprecher: Reiner D. Makohl
Musik: ©Bluevalley, J.S.Bach, Präludium in C-Dur, Gitarre

 

 

Sabrina

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©by Reiner Makohl | Stilkunst.de

SK Version 18.11.2024