H eute ist Sonntag, der 4. Advent. Weihnachten naht. Es wird sich Zeit, sich auf den Weg zu machen. Und genau davon handelt unsere heutige Geschichte zur Adventszeit.
Sich auf den Weg machen
Gedanken zum 4. Advent
I m Matthäus-Evangelium wird über den Besuch der Weisen aus dem Morgenland berichtet. Auch sie trafen ihre Vorbereitungen. Die Geschichte erzählt fast nichts über die lange Reise der Weisen vom Morgenland bis nach Israel. Sie begnügt sich mit dem Hinweis »da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem« (Matthäus 2,1).
Wir dürfen davon ausgehen, dass die Weisen eine mehrwöchige Reise unternommen hatten. Sie kamen aus fernen, nicht genannten Ländern, die östlich von Israel lagen, dort, wo die Sonne aufgeht. Vermutlich begann ihre Reise schon lange vor dem eigentlichen Geburtstermin, im Advent.
Wir wissen nicht, wie viele Weise es waren. Die Tradition hat sich auf drei beschränkt wegen der Zahl der Geschenke, die sie dabei hatten, und nennt sie »die Heiligen Drei Könige«. Wir wissen nicht, ob es Könige waren. Man zeichnet dieses Bild gern wegen der wertvollen Geschenke, die sie überbrachten. Wahrscheinlich waren es Gelehrte, Wissenschaftler, die im gehobenen Dienst ihrer Regierungen arbeiteten.
4. Advent
Sich auf den Weg machen | Die Weisen aus dem Morgenland auf dem Weg nach Betlehem
| Foto: © Geschütztes Bildmaterial
Wir wissen jedoch, dass die Weisen keine Christen waren, obwohl wir sie »Heilige« nennen, denn die christliche Religion gab es noch gar nicht. Juden waren es ganz sicher auch nicht, die ihrem neugeborenen König der Juden hätten huldigen wollen und können. Wäre Jesus tatsächlich ein Königskind gewesen, wäre er nicht ihr künftiger König. Sie kamen aus dem Morgenland, aus fremden Staaten mit eigenen Herrscherhäusern, Regierungen und Königen. Für Maria und Joseph waren es Fremde, Ausländer, Angehörige anderer Nationen und anderer Religionen, die in ihrem eigenen Kulturkreis aufwuchsen und lebten, was man ihnen ganz sicher ansah und anmerkte. Und doch fand man zusammen in einem Stall in Betlehem und feierte die Geburt eines Kindes. International, interkulturell und ökumenisch – so war Weihnachten von Anbeginn!
W ie befremdlich mag das damals in den Augen aller gewesen sein, nicht nur in denen des Königs Herodes, der die Sache sehr ernst nahm, wie wir wissen. Ganz Betlehem hat das mitbekommen: Eine reich ausgestattete, kleine Reisegruppe aus fremden Ländern hält vor einem Stall nahe einer überbelegten Herberge. Das hat für Aufsehen gesorgt. Und daher wußte man noch Jahre später davon zu erzählen, so, wie es Matthäus in seiner Erzählung tat.
Wir wissen auch nicht, wie viele Begleiter mit den Weisen unterwegs waren. Wir dürfen aber davon ausgehen, dass sich eine kleine Karawane auf den Weg machte, anders, als es viele Abbildungen der christlichen Religion vermitteln. Solche Reisen führten durch weite, karge Landschaften, und das, was man unterwegs brauchte, musste man mit sich führen. Wir wissen nicht, wie groß der Aufwand war, Lebensmittel, Kleidung und Zelte für eine lange Reise durch Wüsten, durch öde Täler und über steinige Bergketten zu packen und zu transportieren. Wir wissen aber, wie sich auf den alten Handelsrouten durch Vorderasien in der damaligen Zeit Karawanen bewegten und Reisen durchführten. Es war teuer, aufwändig und mühsam.
Das alles war vorzubereiten. Die Reise der Weisen aus dem Morgenland war wohl ihre ganz besondere Art der »Weihnachtsvorbereitung«. Den Sinn der mühsamen Reise überliefert uns Matthäus knapp in einem Satz, als die Weisen ihr Ziel erreicht hatten:
Die Weisen traten in das Haus ein, sahen das Kind mit seiner Mutter Maria, fielen nieder und huldigten ihm.
(Matthäus 2,11a)
D ie Weisen suchten und besuchten das neugeborene Kind. All die Mühen und Beschwerlichkeiten der Reise und der ganze Aufwand nur deshalb! Doch warum machten sie das? Die Geschichte des Christentums wäre ohne diesen Besuch kaum anders verlaufen. Doch sie wollten teilhaben. Sie wollten selbst dabei sein und es mit ihren eigenen Augen sehen, was ihnen die Sterne und die Weissagungen ankündigten. Sie wollten ihre Verbundenheit und ihre hohe Wertschätzung persönlich überbringen. Dabei spielten für sie Nationalitäten, Religionen und Unterschiede im Glauben keine Rolle. Die Geschenke, die sie mitbrachten, unterstrichen letztendlich nur das, was ihnen die Reise wirklich bedeutete und was sie ihnen wert war: die Begegnung mit einem Menschen, den sie wertschätzten!
S ich besuchen, teilhaben am Leben anderer. Dessen Dasein wertschätzen. Unabhängig vom Glauben, von Religionen und von Nationalitäten. Dasein für andere, selbst dann, wenn es mühsam werden kann – auch das ist Weihnachten!
Feiern Sie Weihnachten? Feiern Sie Weihnachten! Es genügt, da zu sein. Dasein für sich und für andere. Losgelöst von Glauben, Religion und Nationalität. Dafür muss man kein Heiliger sein und kein König. Das kann sehr leicht sein, aber dafür lohnt es sich auch, selbst mühsame Reisen zu unternehmen und beschwerliche Wege zu gehen.
Und dafür die Vorbereitungen treffen, sich auf den Weg machen in der Erwartung, mit dem anderen zu feiern – auch das ist Advent!
4. Advent
Hintergründiges und Gedanken zum 4. Advent im Stilkunst-Kalender.