W ir hatten in einem anderen BLOG-Beitrag bereits darüber berichtet. Jetzt machte dieselbe Meldung aus dem Gesundheitswesen wieder Schlagzeilen in den Nachrichten und Zeitungen: Die derzeit angehäuften Überschüsse der Krankenkassen betragen 21,8 Milliarden Euro – 21.800.000.000 €. Diese Summe kam in kurzer Zeit zusammen. Sie wird begründet durch verschiedene Vorausberechnungen für nötige Einnahmen über Beiträge, denen nun geringere Ausgaben gegenüberstanden, als erwartet. Letztendlich – das ist richtig! – , wurde den Beitragszahlern zuviel abgeköpft. Ist das schlimm? Nein, es ist gut so!
Selbstverständlich melden sich gleich wieder Politiker zu Wort. Allen voran diesmal Gesundheitsminister Daniel Bahr von der FDP. Er forderte die Krankenkassen auf, diesen Topf in Form von Prämien an ihre Versicherten auszuschütten. Na, toll! Und was soll das bringen? So mit Blick auf das Gesundheitswesen?
Wir sind sicher: Der Gesundheitsminister hat ganz andere Probleme und Sorgen, denen er Zeit und Kraft widmen könnte und müsste. Wir wollen unser Geld nicht zurück! Wir wollen ein Gesundheitssystem, das die ärztliche Versorgung, neue Diagnosemethoden, moderne Therapieverfahren und geeignete Medikamente garantiert. So einfach ist das! Dafür wird der »Überschuss« sicher mehr als nötig sein. Von einer erstatten Prämie werden die Kranken nicht gesünder! Und reicher auch werden sie davon auch nicht. Die Prämien wären nicht üppig – da sollte sich niemand falsche Vorstellungen machen!
Solche Vorschläge, aus dem Mund eines Gesundheitsministers, dem das Wohl der Bürger und die verfassungsgemäße Umsetzung einer Gesundheitsversorgung im Rahmen einer sozialen Marktwirtschaft am Herzen liegen sollte, stimmen nachdenklich! Würden die Krankenkassen dem nachkommen, ergäbe das einen der teuersten Werbefeldzüge für Stimmenfang in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Was, bitte schön, bezweckt Herr Minister Bahr?
D ie Ärzte kämpfen zur Zeit um angemessene Honorare. Sie machen mit ihren Forderungen deutlich, dass da was im Argen liegt. Es wären »nur« etwa drei Milliarden Euro nötig, die unsere Krankenkassen derzeit locker jährlich als Überschüsse einnehmen. Da gäbe es Handlungsbedarf für die Politik in Hülle und Fülle!
In diesem Zusammenhang haben wir etliche Kommentare gehört und gelesen, die von einer gut verdienenden Ärzteschaft sprechen und in der Quintessenz die Forderungen ungerechtfertigt, wenn nicht gar vermessen darstellen wollen. Ich bin Patient, und ich sehe, dass meinem Hausarzt in vielen Belangen die Hände gebunden sind. Das liegt an den Honoraren, die den nötigen Zeitbedarf für eine sachgerechte Untersuchung und Therapie nicht ermöglichen. Kein Facharbeiter würde für solche Summen zum Hammer greifen wollen. Es gibt nur wenige Euros für ein Behandlungsgespräch, das Ursache und Gründe des Leidens erfassen soll, um sach- und fachgerecht zu behandeln. Jede TÜV-Plakette, jeder Ölwechsel für Ihr Auto kosten ein Vielfaches mehr.
Abbildung: Moderne Untersuchungsverfahren kosten Geld. Das Gesundheitswesen hat jeden Euro nötig.
D ie Organspenden machen Schlagzeilen. Dabei geraten die Honorare als Problem in den Fokus. Jetzt wurde sogar fraglich, ob nicht Privatpatienten bevorzugt neue Organe erhalten. Eine Untersuchung ergab, dass der Anteil transplantierter Organe bei Privatpatienten höher ist als deren Anteil in der Warteliste. Verständlich – betriebswirtschaftlich betrachtet. Der Grundsatz »gleicher Lohn für gleiche Arbeit« gilt eben für Ärzte bei Privat- und Kassenpatienten nicht.
Das ist jedoch unverständlich, wenn medizinische und gesundheitsbezogene Beweggründe eine Rolle spielen sollen. Und das sollten sie! Viele Ärzte können heutzutage systembedingt mit ihren Praxen nur dank eines hohen Anteils an Privatpatienten überleben, den Krankenhäusern geht es ähnlich. Die Krankenkassenleistungen allein decken die Kosten in der Regel nicht. Ich bin heilfroh, dass mein Hausarzt genügend Privatpatienten hat, um die nötigen Geräte und das Personal für eine angemessene Grundversorgung so vieler Patienten mit zu finanzieren.
G erade wurde veröffentlicht, dass die Zahl der ärztlichen Kunstfehler zunimmt. Sinkt die Qualität der Ärzte? Augenscheinlich! Das liegt aber nicht an deren Ausbildungsständen, an ihrem Wissen und an ihren Fähigkeiten. Ein Schelm, wer da denken würde, dass Zeit- und Kostendruck nicht zu Fehlern führen können. Ein Automechaniker arbeitet acht Stunden am Tag. Am Wochenende hat er frei. Am nächsten Tag kann er ausgeruht und konzentriert dafür Sorge tragen, dass die Bremsen bei Ihrem Wagen sachgerecht geprüft und eingestellt werden. Ein Arzt in einem Krankenhaus kann das nicht. Er arbeitet u. U. sehr viel länger, auch am Wochenende und über Nacht. Und dabei setzt er nicht nur seine eigene Gesundheit, sondern womöglich auch die seiner Patienten aufs Spiel. Uns wundert sehr, dass solche Arbeitszeitregelungen im Ärztestand gemeinhin akzeptiert und geübte Praxis sind.
D ie Berichte über z. T. katastrophale, menschenunwürdige Pflegebedingungen in Krankenhäusern, Pflege- und Altenheimen nehmen zu. Kosten. Pure Kostengründe verschlechtern die Situation vieler betreuter Menschen. Wir interessieren uns im Allgemeinen sehr wohl für Bio-Eier, Eier aus Bodenhaltung und Freilandhaltung der Legehennen. Artgerechte Tierhaltung ist ein Thema, dem große Aufmerksamkeit zukommt. Gut so! Aber wer interessiert sich dafür, ob alte, bettlägerige Menschen genügend Zuspruch, Pflege und Bewegung bekommen? Die Pflegepläne erlauben meist nur wenige Minuten am Tag. Tierschützer würden auf die Barrikaden gehen, ginge es so in der Tierhaltung zu!
W ir meinen: Hier und an vielen anderen Stellen könnten Politiker aktiv werden! Und sie sollten sich darüber freuen, wenn Gelder brachliegen, die für eine Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung aller gut eingesetzt werden könnten. Ja, durchaus: Prämienrückzahlung, das ist eine populäre Maßnahme. Sie passt zu Stimmenfang und Wahlkampf, sie passt allerdings nicht zu den Problemen, mit denen unser Gesundheitssystem nachweislich täglich auf dem Rücken Betroffener zu kämpfen hat.