vorgelesen von Reiner Makohl
Die Ermahnung zu immerwährender Vergebung
und das Gleichnis vom unbarmherzigen Knecht
Das Thema dieser Perikope ist die vollkommene Vergebung, die nichts nachträgt. Eingeleitet wird es im Text Matthäus 18,21-22, der von der immerwährenden Vergebung handelt.
Petrus fragt Jesus, wie oft man jemandem eine böse Tat vergeben müsse. Und Jesus antwortet im übertragenen Sinne: unendlich oft. Immer wieder.
Eine harte Forderung Jesu. Doch sie gilt nur unter uns Menschen. Wir Menschen müssen uns gegenseitig alle bösen Taten vergeben.
Bei Gott gibt es die große Ausnahme: Er vergibt uns nur dann, wenn wir unseren Mitmenschen vergeben. Dies wird im direkt folgenden Gleichnis veranschaulicht.
Im Text Matthäus 18,23-35 erzählt Jesus die Geschichte vom Schalksknecht. Das Wort »Schalksknecht« ist heute unüblich und der Gebrauch wahrscheinlich auf evangelische Kirchensprache beschränkt. Auch in der neuen Luther-Ausgabe 2017 wird es verwendet. Es bezeichnet einen arglistigen, bösen Menschen. So würde die Überschrift heute eher so lauten müssen: »Das Gleichnis vom gnadenlosen Angestellten«.
Es geht um einen Knecht, also um einen Angestellten, der jede Menge Schulden beim König hatte, also beim Unternehmer. Als der Unternehmer nun die Schulden einforderte und mit Entlassung drohte, flehte der Angestellte um Aufschub und darum, nicht entlassen zu werden und nicht der Gerichtsbarkeit ausgeliefert zu werden.
Dem Unternehmer war klar: Das Geld war weg. So oder so. Die prekäre Lage führte dazu, dass er dem Angestellten die Schulden erließ und ihn weiterhin im Betrieb behielt. So war nicht alles verloren, denn der Angestellte konnte weiterhin mit seiner Arbeitsleistung einen Beitrag leisten und sich selbst und seine Familie mit dem Einkommen ernähren und sowohl finanziell wie auch sozial absichern. Aus dem Gefängnis heraus wäre das alles nicht möglich. Alle würden leiden müssen, doch der Unternehmer hätte nichts gewonnen.
Daraufhin versuchte der Angestellte von einem Kollegen, der Schulden bei ihm hatte, das Geld eintreiben. Das tat er gnadenlos und mit aller Härte im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten. Im Grunde tat der Angestellte damit nichts Böses.
Als der Unternehmer davon erfuhr, stellte er den gnadenlosen Angestellten zur Rede. Er warf ihm vor, dass er die Gnade, die er als Schuldner erfahren hatte, nicht in gleicher Weise seinem Kollegen hatte zukommen lassen.
Darüber wurde der Unternehmer zornig und sah sich seinerseits nicht länger daran gebunden, gnädig handeln zu müssen. Er forderte nun seinerseits mit der gleichen Härte, mit der der Angestellte handelte, die Begleichung der Schulden ein. Er entließ den Angestellten, brachte ihn vor Gericht und damit ins Gefängnis und machte sich über das weitere Schicksal des ehemaligen Angestellten keine Gedanken mehr. Aus den Augen, aus dem Sinn.
Wenn wir trotz großer Schulden Gnade erfahren wollen von Gott, dann müssen wir selbst bereit sein, »göttlich« zu handeln, und wir müssen mit den Schuldnern großer und kleiner Schulden gnädig umgehen.
Gesetzlich im Recht zu sein und recht zu handeln, genügt in den Augen Gottes nicht.
Und wenn wir nicht gnädig sind oder sein können, warum erwarten wir dann, dass Gott es uns gegenüber ist?
Und wenn wir nicht gnädig sind und nicht vergeben, und vielleicht deshalb seine Gnade nicht spüren, nichts davon merken können, warum sind wir dann enttäuscht, frustriert oder zornig darüber und zweifeln gar an seiner Liebe zu uns?
Vielleicht, weil uns versprochen wurde, dass uns alle Sünden vergeben sind im Kreuzestod Jesu?
Falsch. Der Kreuzestod Jesu ist kein Joker, der alles sticht, und den wir Gott gegenüber beliebig ziehen können.
Nur dann, wenn wir unseren Schuldnern ihre Schulden und ihre Vergehen an uns vergeben haben, immer wieder, und nie mehr nachtragen werden, dann wird Gott uns unsere Sünden vergeben. So jedenfalls erklärte es Jesus in Matthäus 6, Verse 14 und 15 nachdrücklich im Zusammenhang mit dem Vaterunser:
Denn ſo jr den Menſchen jre feile vergebet / So wird euch ewer himliſcher Vater auch vergeben. Wo jr aber den Menſchen jre feile nicht vergebet / So wird euch ewer Vater ewre feile auch nicht vergeben.
Perikope | Typ | Tag |
---|---|---|
1531 - 1898 | ||
Mt 18,21-35 | Evangelium | |
1899 - 1978 | ||
Mt 18,21-35 | Evangelium | |
Lutherische Kirchen 1958-1978 | ||
Mt 18,21-35 | Reihe I | |
1979 - 2018 | ||
Mt 18,21-35 | Evangelium + | |
seit 2019 | ||
Mt 18,21-35 | Evangelium + |
Frakturschrift ist nicht leicht zu lesen. Die Videos zeigen ausgewählte Texte aus der Lutherbibel von 1545, vorgelesen von Reiner Makohl.
Die Lutherbibel von 1545 ist mit ihrem Frakturzeichensatz nicht leicht zu lesen. Wir bieten Videos, in denen ausgewählte Perikopen aus den Sonn- und Feiertagsreihen vorgelesen werden.
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©2024 by Reiner D. Makohl | www.stilkunst.de
Bibeltexte: Dr. Martin Luther, Biblia, Wittenberg 1545
Zeichensätze der Frakturschriften, Typografie & Layout,
Video: Reiner D. Makohl
Sprecher: Reiner D. Makohl
Musik: ©Bluevalley, J.S.Bach, Präludium in C-Dur, Gitarre