vorgelesen von Reiner Makohl
Jesu Rede gegen den Richtgeist
Der Text Lukas 6,36-42 ist Teil der »Feldrede« Jesu ( Lk 6,17-49), die ähnlich wie die Bergpredigt in Matthäus ( Mt 5,1 - 7,29) eine Zusammenstellung von Jesu Lehren enthält. In diesen Versen spricht Jesus über das Verhalten gegenüber anderen Menschen.
In Lukas 6,36-42 lehrt Jesus Barmherzigkeit und Demut. Er fordert uns auf, barmherzig zu sein, wie Gott barmherzig ist, und andere nicht zu richten oder zu verurteilen, sondern zu vergeben, um selbst Vergebung zu empfangen. Jesus betont Großzügigkeit: Wer großzügig gibt, wird reichlich zurückbekommen. Er warnt vor blinder Führung und Heuchelei, indem er sagt, wir sollen erst unsere eigenen Fehler erkennen und beheben, bevor wir andere kritisieren. Diese Lehren betonen die Wichtigkeit von Mitgefühl, Selbstreflexion und Großzügigkeit im Umgang mit anderen.
»Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.«
Jesus fordert seine Nachfolger auf, barmherzig zu sein, nach dem Vorbild Gottes. Gottes Barmherzigkeit ist grenzenlos. Als Nachfolger Christi sollen wir diese Barmherzigkeit in unserem eigenen Leben widerspiegeln. Es geht darum, Wertschätzung, Vergebung und Güte gegenüber anderen zu zeigen, unabhängig davon, ob sie es in unseren Augen »verdienen« oder nicht.
»Richtet nicht, und ihr werdet nicht gerichtet werden. Verurteilt nicht, und ihr werdet nicht verurteilt werden. Vergebt, und euch wird vergeben werden. Gebt, und es wird euch gegeben werden.«
Jesus lehrt hier, dass wir andere nicht richten oder verurteilen sollen. Das bedeutet, dass wir uns davor hüten sollten, über andere Menschen zu urteilen, weil wir selbst fehlbar und auf Gottes Gnade angewiesen sind.
Vergebung ist ein zentraler Aspekt dieser Lehre. Wenn wir anderen vergeben, zeigt das unsere Bereitschaft, Gottes Vergebung anzunehmen und weiterzugeben.
»Ein volles, gedrücktes, gerütteltes und überfließendes Maß wird man euch in den Schoß geben. Denn mit demselben Maß, mit dem ihr messt, wird euch zugemessen werden.«
Diese Aussage unterstreicht das Prinzip der Barmherzigkeit und der Großzügigkeit. Wenn wir unvoreingenommen und ohne Vorurteile freigebig sind – sei es mit materiellen Gütern, Zeit, Liebe oder Vergebung – werden wir ebenfalls reichlich beschenkt werden. Gott belohnt Barmherzigkeit und Großzügigkeit und gibt uns mehr zurück, als wir gegeben haben.
»Er sagte ihnen auch ein Gleichnis: Kann ein Blinder einen Blinden führen? Werden nicht beide in eine Grube fallen?
Ein Schüler steht nicht über seinem Lehrer. Wenn der Schüler soweit ist wie sein Leh0rer, dann ist er vollkommen.«
Jesus warnt hier vor blinder Führung und weist darauf hin, dass wir nicht über andere urteilen oder sie führen sollten, wenn wir selbst nicht klar sehen. Ein „Blinder“, der einen anderen „Blinden“ führt, wird beide in Schwierigkeiten bringen.
Der zweite Satz betont die Notwendigkeit der Selbsterkenntnis und der Bereitschaft, ohne Überheblichkeit beständig zu lernen. Insbesondere fehlende Lernbereitschaft verbunden mit Arroganz und übersteigertem Selbstbewusstsein verhindert klares Sehen. Die Geschichte ist voll von Beispielen, in denen die Hybris große Männer und Frauen zu Fall gebracht hat, weil sie ihre eigenen Fähigkeiten völlig falsch, weil überheblich, einschätzten. Von den zahllosen unbekannten Menschen, die in dieselbe Falle tappten, ganz zu schweigen. Die sozialen Netzwerke sind voll von gut dokumentierten Beispielen aktiver Hybris unter unseren Mitmenschen.
»Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht? Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: ‚Bruder, lass mich den Splitter herausziehen, der in deinem Auge ist‘, während du selbst den Balken in deinem Auge nicht siehst? Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, und dann wirst du klar sehen, um den Splitter herauszuziehen, der im Auge deines Bruders ist.
Jesus spricht hier die Heuchelei an. Es ist einfach, die Fehler und Sünden anderer zu bemerken und zu kritisieren, während wir unsere eigenen Fehler und Sünden übersehen.
Jesus fordert uns auf, uns zuerst mit unseren eigenen Schwächen und Sünden auseinanderzusetzen, bevor wir versuchen, andere zu korrigieren. Es ist ein Aufruf zur Selbstreflexion und Demut.
Dies würde aber eine Ehrlichkeit sich selbst gegenüber voraussetzen, die in vielen Fällen nur hart erarbeitet werden kann. Aus der Psychologie sind dazu folgende Stichworte bekannt: »Selbstbild«, »Fremdbild« und »blinder Fleck«.
Selbstbild und Fremdbild sind zwei Seiten einer Medaille. Das Problem: Wie wir uns selbst sehen und wie uns andere wahrnehmen, stimmt selten überein. Das führt zu Missverständnissen, Konflikten und anderen Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion.
Was eine Person über sich selbst nicht weiß oder nicht sehen will, wird »blinder Fleck« genannt. Das ist im Grunde der Balken in unserem Auge, der verhindert, dass wir unsere eigenen Fehler und Macken nicht erkennen.
Nun sagt Jesus: Mach den Balken weg! Hebe deine Blindheit auf! Dies kann uns helfen, zu einem korrekten Selbstbild zu finden. Das wird uns helfen, nicht vorschnell, nicht überheblich zu urteilen und zu kritisieren.
Einen Versuch ist es sicher wert!
Perikope | Typ | Tag |
---|---|---|
1531 - 1898 | ||
Lk 6,36-42 | Evangelium | |
1899 - 1978 | ||
Lk 6,36-42 | Evangelium | |
Lutherische Kirchen 1958-1978 | ||
Lk 6,36-42 | Reihe I | |
1979 - 2018 | ||
Lk 6,36-42 | Evangelium + | |
seit 2019 | ||
Lk 6,36-42 | Evangelium + |
Frakturschrift ist nicht leicht zu lesen. Die Videos zeigen ausgewählte Texte aus der Lutherbibel von 1545, vorgelesen von Reiner Makohl.
Die Lutherbibel von 1545 ist mit ihrem Frakturzeichensatz nicht leicht zu lesen. Wir bieten Videos, in denen ausgewählte Perikopen aus den Sonn- und Feiertagsreihen vorgelesen werden.
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©2024 by Reiner D. Makohl | www.stilkunst.de
Bibeltexte: Dr. Martin Luther, Biblia, Wittenberg 1545
Zeichensätze der Frakturschriften, Typografie & Layout,
Video: Reiner D. Makohl
Sprecher: Reiner D. Makohl
Musik: ©Bluevalley, J.S.Bach, Präludium in C-Dur, Gitarre