vorgelesen von Reiner Makohl
Jesu Rede
vom Gottesreich
und vom Tag des Menschensohns
Der Text Lk 17,20-30 erzählt in drei Abschnitten die Geschichten von der Rede Jesu über das Reich Gottes und über den Tag des Menschensohns.
1. In den Versen 20 und 21 antwortet Jesus auf die Frage, wann das Reich Gottes käme.
2. In den Versen 22 bis 24 spricht Jesus über das Kommen des Menschensohns. Dies würde ohne Vorwarnungen und plötzlich geschehen.
Vers 25 ist ein Einschub, der erklärt, dass alles erst nach Jesu Tod und Auferstehung geschehen würde.
3. In den Versen 26 bis 30 konkretisiert Jesus das kommende Geschehen beispielhaft anhand der bekannten Geschichten von der Sintflut ( 1Mos 6 und 7) und vom Untergang der Städte Sodom und Gomorra ( 1Mos 19).
Diese Passage betont aus evangelischer Sicht die Notwendigkeit eines lebendigen, gegenwärtigen Glaubens, der sich nicht auf äußere Zeichen verlässt, sondern auf den inneren Wandel durch Gottes Gegenwart. Das Reich Gottes ist keine Zukunftsmusik, sondern es ist Gegenwart dort, wo gläubige Christen ihren Glauben leben (Verse 20 und 21).
Gleichzeitig mahnt der Text zur Wachsamkeit und Bereitschaft für Christi Wiederkehr, ohne in Weltflucht oder Passivität zu verfallen (Verse 22 bis 30).
Aus evangelischer Sicht lässt sich der Text in Lukas 17,20-30 wie folgt interpretieren:
Jesus betont, dass das Reich Gottes nicht mit äußeren Zeichen kommt, sondern bereits mitten unter den Menschen ist. Dies unterstreicht die geistliche Natur des Gottesreiches und dass es im Hier und Jetzt erfahrbar ist.
Jesus vergleicht sein Wiederkommen mit einem Blitz, der plötzlich den Himmel erleuchtet. Dies betont die Unvorhersehbarkeit und Unmittelbarkeit des Ereignisses.
Jesus weist darauf hin, dass er zuerst leiden müsse, was auf seinen bevorstehenden Tod am Kreuz hindeutet. Dies unterstreicht die zentrale Bedeutung von Kreuz und Auferstehung im christlichen Glauben.
Jesus zieht Vergleiche zu den Tagen Noahs und Lots, um die Unbekümmertheit der Menschen vor dem Gericht Gottes zu illustrieren. Dies dient als Mahnung, wachsam zu bleiben und das eigene Leben im Licht des Glaubens zu führen.
In der Lutherbibel von 1545 lautet dieser Halbvers noch: »Denn sehet, das Reich Gottes ist inwendig in euch.«
In neueren Bibelausgaben, so auch in den modernen Lutherbibeln, lautet der Vers nun: »Denn sehet, das Reich Gottes ist mitten unter euch.«
Nach der alten Übersetzung wird das Reich Gottes in uns selbst verortet, was eine geistige Präsenz des Gottesreichs in jedem gläubigen Menschen bedeutet. Das meint, es kommt und entfaltet sich dort, wo der Glaube an Gott in einem Menschen Raum einnimmt.
Dieser Raum wird nach der alttestamentlichen Vorstellung im Herzen verortet, also unmittelbar physisch im Menschen.
Das »inwendig in euch« zielt auf die Vorstellung, dass das Herz der Sitz der Persönlichkeit, des Glaubens, des Gewissens, des Willens, des Verstandes und der Vernunft sei. So wird beispielsweise in den Psalmen die Präposition »innen« mit Herz als Sitz von Glauben oder Persönlichkeit verbunden ( Psalm 39,4; Psalm 103,1; Psalm 109,22).
Nach den neueren Übersetzungen wird das Reich Gottes als gemeinschaftlicher Raum verstanden, der aber ebenfalls Teil unserer Gegenwart im Hier und Jetzt ist. Doch die Gläubigen tragen dieses Reich nicht in sich, sondern sie partizipieren daran.
Das »mitten unter euch« kann auch als »in eurer Mitte« verstanden werden, was die gemeinschaftliche Dimension des Reiches Gottes betont. Es manifestiert sich in der Gemeinschaft der Gläubigen.
Das Reich Gottes wird als etwas verstanden, das bereits da ist, aber noch nicht in seiner Vollendung. Es ist eine Realität, die wächst und sich ausbreitet.
Die Gegenwart des Reiches Gottes hat Auswirkungen auf das ethische Verhalten der Gläubigen. Es ruft zu einem Leben nach den Maßstäben Gottes auf.
Die Schwierigkeit der »richtigen« Übersetzung liegt im Bedeutungsumfeld des altgriechischen Wortes ἐντὸς begründet, das in der Hauptbedeutung als Präposition »innen, drinnen, innerhalb« bedeutet.
Der ganze Halbvers lautet in altgriechischer Sprache:
ἰδοὺ γὰρ ἡ βασιλεία τοῦ θεοῦ ἐντὸς ὑμῶν ἐστιν.
ἰδοὺ – siehe!, seht!
γὰρ – denn
ἡ βασιλεία – das Königreich
τοῦ θεοῦ – (Genitiv) des Gottes
ἐντὸς – (Präp. mit Genitiv) innen, drinnen, innerhalb
ὑμῶ – (Genitiv) von euch
ἐστι – ist
Wörtlich also: »Siehe! Denn das Reich Gottes ist innerhalb [innen] von euch.«
Doch ist sich die Forschung mittlerweile sicher (aufgrund weniger außerbiblischer Quellen), dass im Zusammenhang mit den von Jesus angesprochenen Menschen (gr.: ὑμῶν, dt.: [von] euch) nur eine Übersetzung im Sinne von »in eurer Mitte« infrage käme.
Während die alte Übersetzung stärker auf den Glauben und die Realisierung des Gottesreichs im Glauben des Einzelnen im Hier und Jetzt fokussiert, zielt die neuere Übersetzung stärker auf den christologischen Ansatz, der das Reich Gottes in der Gegenwart Christi gegeben sieht: Christus ist mitten unter uns, das meine es, wenn Jesus sagt, »das Reich Gottes ist mitten unter euch«. (→ »Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, bin ich mitten unter ihnen«; Matthäus 18,20). Jesus bezieht sein Wort dann auf sich als Christus (der aber zuvor noch viel leiden muss gemäß Vers 25).
In der Perikope Lukas 17,20-30 besteht der wesentliche Abschnitt aus den Versen 20 und 21. Darin geht es um die Frage, wann das Reich Gottes käme. Hier trifft Jesus eine zentrale religiöse Aussage.
In Vers 21b heißt es: »Denn sehet, das Reich Gottes ist mitten unter euch.«
Luther selbst übersetzte diesen Vers mit »Denn sehet, das Reich Gottes ist inwendig in euch.«
In beiden Fällen betont der Satz, dass das Reich Gottes nicht nur eine zukünftige Realität ist, sondern bereits in der Gegenwart erfahrbar ist. Es ist kein Konzept für die ferne Zukunft, sondern eines für das Hier und Jetzt.
Das Reich Gottes kann daher nicht als ein rein zukünftiges Ereignis verstanden werden, sondern nur als ein Prozess, der bereits längst begonnen hat, sich in der Gegenwart fortsetzt und sich künftig weiter entwickeln wird.
Vom Kommen des Reichs Gottes ist das Kommen des Tags des »Menschensohns« zu unterscheiden. Dieser Tag, die Wiederkunft Christi, wird ohne Vorankündigung und plötzlich kommen (Verse 22 bis 24).
Die Beispiele aus der Vergangenheit mahnen, sich sehr wohl den weltlichen Angelegenheiten zu widmen, doch für die Wiederkunft Christi durch ein Leben im Glauben vorbereitet zu sein, denn niemand kennt Ort und Zeit und es gibt keinerlei Vorwarnzeit (Verse 26 bis 30).
Mit der Warnung, dass sein Kommen nicht vorhersehbar ist, ruft Jesus zur ständigen Bereitschaft auf. Die einzige Möglichkeit, sich darauf vorzubereiten, besteht darin, den Glauben zu leben. Dies betont die Notwendigkeit eines lebendigen, gegenwärtigen Glaubens.
Perikope | Typ | Tag |
---|---|---|
1531 - 1898 | ||
Keine Verwendung an Sonntagen, Feiertagen und Gedenktagen | ||
1899 - 1978 | ||
Lk 17,20-30 | 2. Evangelium | |
Lutherische Kirchen 1958-1978 | ||
Lk 17,20-30[.31-33] | Marginaltext | |
1979 - 2018 | ||
Lk 17,20-24[.25-30] | Evangelium + | |
seit 2019 | ||
Lk 17,20-24[.25-30] | Evangelium + |
Frakturschrift ist nicht leicht zu lesen. Die Videos zeigen ausgewählte Texte aus der Lutherbibel von 1545, vorgelesen von Reiner Makohl.
Die Lutherbibel von 1545 ist mit ihrem Frakturzeichensatz nicht leicht zu lesen. Wir bieten Videos, in denen ausgewählte Perikopen aus den Sonn- und Feiertagsreihen vorgelesen werden.
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©2024 by Reiner D. Makohl | www.stilkunst.de
Bibeltexte: Dr. Martin Luther, Biblia, Wittenberg 1545
Zeichensätze der Frakturschriften, Typografie & Layout,
Video: Reiner D. Makohl
Sprecher: Reiner D. Makohl
Musik: ©Bluevalley, J.S.Bach, Präludium in C-Dur, Gitarre