Lukas 17,20-30

Das Hörbuch-Video zur Lutherbibel von 1545

Hörbuch-Video
zur Lutherbibel von 1545

 

 

Hörbuch-Video

Jesu Rede
vom Gottesreich
und vom Tag des Menschensohns

Evangelium nach Lukas
17,20-30

vorgelesen von Reiner Makohl

 

 

Evangelium am

→ drittletzter Sonntag des Kirchenjahres

In den Jahren 1899 bis 1978 zweites Evangelium am

→ 2. Advent

 

Gedanken zum Text

 

Evangelium nach Lukas
Kapitel 17, Verse 20-30

Jesu Rede
vom Gottesreich
und vom Tag des Menschensohns

Einleitung

Der Text Lk 17,20-30 er­zählt in drei Ab­schnit­ten die Ge­schich­ten von der Re­de Je­su über das Reich Got­tes und über den Tag des Men­schen­sohns.

1. In den Ver­sen 20 und 21 ant­wor­tet Je­sus auf die Fra­ge, wann das Reich Got­tes kä­me.

2. In den Versen 22 bis 24 spricht Je­sus über das Kom­men des Men­schen­sohns. Dies wür­de oh­ne Vor­war­nun­gen und plötz­lich ge­sche­hen.

Vers 25 ist ein Einschub, der er­klärt, dass al­les erst nach Je­su Tod und Auf­er­ste­hung ge­sche­hen wür­de.

3. In den Versen 26 bis 30 kon­kre­ti­siert Je­sus das kom­men­de Ge­sche­hen bei­spiel­haft an­hand der be­kann­ten Ge­schich­ten von der Sint­flut (→ 1Mos 6 und 7) und vom Un­ter­gang der Städ­te So­dom und Go­mor­ra (→ 1Mos 19).

 

Zusammenfassung

Diese Passage be­tont aus evan­ge­li­scher Sicht die Not­wen­dig­keit ei­nes le­ben­di­gen, ge­gen­wär­ti­gen Glau­bens, der sich nicht auf äu­ße­re Zei­chen ver­lässt, son­dern auf den in­ne­ren Wan­del durch Got­tes Ge­gen­wart. Das Reich Got­tes ist kei­ne Zu­kunfts­mu­sik, son­dern es ist Ge­gen­wart dort, wo gläu­bi­ge Chris­ten ih­ren Glau­ben le­ben (Ver­se 20 und 21).

Gleichzeitig mahnt der Text zur Wach­sam­keit und Be­reit­schaft für Chris­ti Wie­der­kehr, oh­ne in Welt­flucht oder Pas­si­vi­tät zu ver­fal­len (Ver­se 22 bis 30).

 

Interpretation

Aus evangelischer Sicht lässt sich der Text in Lukas 17,20-30 wie folgt in­ter­pre­tie­ren:

Verse 20-21: Die Unsichtbarkeit des Reiches Gottes

Jesus betont, dass das Reich Gottes nicht mit äu­ße­ren Zei­chen kommt, son­dern be­reits mit­ten un­ter den Men­schen ist. Dies un­ter­streicht die geist­li­che Na­tur des Got­tes­rei­ches und dass es im Hier und Jetzt er­fahr­bar ist.

Verse 22-23: Die Plötzlichkeit der Wiederkunft Christi

Jesus ver­gleicht sein Wie­der­kom­men mit ei­nem Blitz, der plötz­lich den Him­mel er­leuch­tet. Dies be­tont die Un­vor­her­seh­bar­keit und Un­mit­tel­bar­keit des Er­eig­nis­ses.

Vers 25: Die Notwendigkeit des Leidens

Jesus weist darauf hin, dass er zu­erst lei­den müs­se, was auf sei­nen be­vor­ste­hen­den Tod am Kreuz hin­deu­tet. Dies un­ter­streicht die zen­tra­le Be­deu­tung von Kreuz und Auf­er­ste­hung im christ­li­chen Glau­ben.

Verse 26-30: Die Parallelen zu Noah und Lot

Jesus zieht Ver­glei­che zu den Ta­gen No­ahs und Lots, um die Un­be­küm­mert­heit der Men­schen vor dem Ge­richt Got­tes zu il­lus­trie­ren. Dies dient als Mah­nung, wach­sam zu blei­ben und das ei­ge­ne Le­ben im Licht des Glau­bens zu führen.

Der Vers 21b und seine Botschaft

In der Lutherbibel von 1545 lautet dieser Halb­vers noch: »Denn se­het, das Reich Got­tes ist in­wen­dig in euch.«

In neueren Bibelausgaben, so auch in den mo­der­nen Lu­ther­bi­beln, lau­tet der Vers nun: »Denn se­het, das Reich Got­tes ist mit­ten unter euch.«

Die alte Übersetzung

Nach der alten Über­set­zung wird das Reich Got­tes in uns selbst ver­or­tet, was ei­ne geis­ti­ge Prä­senz des Got­tes­reichs in je­dem gläu­bi­gen Men­schen be­deu­tet. Das meint, es kommt und ent­fal­tet sich dort, wo der Glau­be an Gott in ei­nem Men­schen Raum ein­nimmt.

Dieser Raum wird nach der alt­tes­ta­ment­li­chen Vor­stel­lung im Her­zen ver­or­tet, also un­mit­telbar phy­sisch im Men­schen.

Das »inwendig in euch« zielt auf die Vor­stel­lung, dass das Herz der Sitz der Per­sön­lich­keit, des Glau­bens, des Ge­wis­sens, des Wil­lens, des Ver­stan­des und der Ver­nunft sei. So wird bei­spiels­wei­se in den Psal­men die Prä­po­si­ti­on »in­nen« mit Herz als Sitz von Glau­ben oder Per­sön­lich­keit ver­bun­den (→ Psalm 39,4; → Psalm 103,1; → Psalm 109,22).

Die neue Übersetzung

Nach den neueren Über­set­zun­gen wird das Reich Got­tes als ge­mein­schaft­li­cher Raum ver­stan­den, der aber eben­falls Teil un­se­rer Ge­gen­wart im Hier und Jetzt ist. Doch die Gläu­bi­gen tra­gen die­ses Reich nicht in sich, son­dern sie par­ti­zi­pie­ren da­ran.

Das »mitten unter euch« kann auch als »in eu­rer Mit­te« ver­stan­den wer­den, was die ge­mein­schaft­li­che Di­men­si­on des Rei­ches Got­tes be­tont. Es ma­ni­fes­tiert sich in der Ge­mein­schaft der Gläu­bi­gen.

Das Reich Gottes wird als et­was ver­stan­den, das be­reits da ist, aber noch nicht in sei­ner Voll­en­dung. Es ist ei­ne Re­a­li­tät, die wächst und sich aus­brei­tet.

Die Gegenwart des Rei­ches Got­tes hat Aus­wir­kun­gen auf das ethi­sche Ver­hal­ten der Gläu­bi­gen. Es ruft zu ei­nem Le­ben nach den Maß­stä­ben Got­tes auf.

Die Schwierigkeit einer interpretationsfreien Übersetzung

Die Schwierigkeit der »rich­ti­gen« Über­set­zung liegt im Be­deu­tungs­um­feld des alt­grie­chi­schen Wor­tes ἐντὸς be­grün­det, das in der Haupt­be­deu­tung als Prä­po­si­tion »in­nen, drin­nen, in­ner­halb« be­deu­tet.

 

Exkurs: Der Text aus der neutestamentlichen Quelle

Der ganze Halbvers lautet in altgriechischer Sprache:

ἰδοὺ γὰρ ἡ βασιλεία τοῦ θεοῦ ἐντὸς ὑμῶν ἐστιν.

 

ἰδοὺsiehe!, seht!
γὰρdenn
ἡ βασιλείαdas Königreich
τοῦ θεοῦ – (Genitiv) des Gottes
ἐντὸς – (Präp. mit Genitiv) innen, drinnen, innerhalb
ὑμῶ – (Genitiv) von euch
ἐστιist

Wörtlich also: »Siehe! Denn das Reich Gottes ist innerhalb [innen] von euch.«

 

Doch ist sich die For­schung mitt­ler­wei­le si­cher (auf­grund we­ni­ger au­ßer­bib­li­scher Quel­len), dass im Zu­sam­men­hang mit den von Je­sus an­ge­spro­che­nen Men­schen (gr.: ὑμῶν, dt.: [von] euch) nur ei­ne Über­set­zung im Sin­ne von »in eurer Mitte« in­fra­ge kä­me.

Während die alte Über­set­zung stär­ker auf den Glau­ben und die Re­a­li­sie­rung des Got­tes­reichs im Glau­ben des Ein­zel­nen im Hier und Jetzt fo­kus­siert, zielt die neu­e­re Über­set­zung stär­ker auf den chris­to­lo­gi­schen An­satz, der das Reich Got­tes in der Ge­gen­wart Chris­ti ge­ge­ben sieht: Chris­tus ist mit­ten un­ter uns, das mei­ne es, wenn Je­sus sagt, »das Reich Got­tes ist mit­ten un­ter euch«. (→ »Wo zwei oder drei in mei­nem Na­men ver­sam­melt sind, bin ich mit­ten un­ter ih­nen«; → Matthäus 18,20). Je­sus be­zieht sein Wort dann auf sich als Chris­tus (der aber zu­vor noch viel lei­den muss ge­mäß Vers 25).

Fazit zu den Versen 20 und 21

In der Perikope Lukas 17,20-30 be­steht der we­sent­li­che Ab­schnitt aus den Ver­sen 20 und 21. Da­rin geht es um die Fra­ge, wann das Reich Got­tes kä­me. Hier trifft Je­sus ei­ne zen­tra­le re­li­gi­ö­se Aus­sa­ge.

In Vers 21b heißt es: »Denn se­het, das Reich Got­tes ist mit­ten un­ter euch.«

Luther selbst über­setz­te die­sen Vers mit »Denn se­het, das Reich Got­tes ist in­wen­dig in euch.«

In beiden Fällen be­tont der Satz, dass das Reich Got­tes nicht nur ei­ne zu­künf­ti­ge Re­a­li­tät ist, son­dern be­reits in der Ge­gen­wart er­fahr­bar ist. Es ist kein Kon­zept für die fer­ne Zu­kunft, son­dern ei­nes für das Hier und Jetzt.

Das Reich Gottes kann daher nicht als ein rein zu­künf­ti­ges Er­eig­nis ver­stan­den wer­den, son­dern nur als ein Pro­zess, der be­reits längst be­gon­nen hat, sich in der Ge­gen­wart fort­setzt und sich künf­tig wei­ter ent­wi­ckeln wird.

Fazit zu den Versen 22 bis 30

Vom Kommen des Reichs Gottes ist das Kom­men des Tags des »Men­schen­sohns« zu un­ter­schei­den. Die­ser Tag, die Wie­der­kunft Chris­ti, wird oh­ne Vor­an­kün­di­gung und plötz­lich kom­men (Ver­se 22 bis 24).

Die Beispiele aus der Ver­gan­gen­heit mah­nen, sich sehr wohl den welt­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten zu wid­men, doch für die Wie­der­kunft Chris­ti durch ein Le­ben im Glau­ben vor­be­rei­tet zu sein, denn nie­mand kennt Ort und Zeit und es gibt kei­ner­lei Vor­warn­zeit (Ver­se 26 bis 30).

Mit der Warnung, dass sein Kom­men nicht vor­her­seh­bar ist, ruft Je­sus zur stän­di­gen Be­reit­schaft auf. Die ein­zi­ge Mög­lich­keit, sich da­r­auf vor­zu­be­rei­ten, be­steht da­rin, den Glau­ben zu le­ben. Dies be­tont die Not­wen­dig­keit ei­nes le­ben­di­gen, ge­gen­wär­ti­gen Glau­bens.

 

 

Liturgiegeschichtliche Verwendung
Perikope Typ Tag
1531 - 1898  

Keine Verwendung an Sonntagen, Feiertagen und Gedenktagen

1899 - 1978  

Lk 17,20-30

2. Evangelium

→ 2. Advent

Lutherische Kirchen
1958-1978
 

Lk 17,20-30[.31-33]

Marginaltext

→ 2. Advent

1979 - 2018  

Lk 17,20-24[.25-30]

Evangelium +
Reihe I

→ Drittletzter Sonntag des Kirchenjahres

seit 2019  

Lk 17,20-24[.25-30]

Evangelium +
Reihe IV

→ Drittletzter Sonntag des Kirchenjahres

 

 

Empfehlungen: Das könnte Sie auch interessieren
Titelbild
Hörbuch-Videos zur Biblia 1545

→Übersicht der Hörbuch-Videos

Frakturschrift ist nicht leicht zu le­sen. Die Vi­de­os zei­gen aus­ge­wähl­te Tex­te aus der Luther­bi­bel von 1545, vor­ge­le­sen von Reiner Makohl.

 

 

Zum Gebrauch

Die Lutherbibel von 1545 ist mit ihrem Frak­tur­zei­chen­satz nicht leicht zu le­sen. Wir bie­ten Vi­de­os, in de­nen aus­ge­wähl­te Pe­ri­ko­pen aus den Sonn- und Fei­er­tags­rei­hen vor­ge­le­sen wer­den.

Wir empfehlen, die Vi­de­os im Voll­bild­mo­dus zu ge­nie­ßen.

 

 

Credits zum Video:

©2024 by Reiner D. Makohl | www.stilkunst.de

Bibeltexte: Dr. Martin Luther, Biblia, Wittenberg 1545
Zeichensätze der Frakturschriften, Typografie & Layout,
Video: Reiner D. Makohl

Sprecher: Reiner D. Makohl
Musik: ©Bluevalley, J.S.Bach, Präludium in C-Dur, Gitarre

 

 

Sabrina

Text | Grafik | Webdesign | Layout:

©by Reiner Makohl | Stilkunst.de

SK Version 18.11.2024