vorgelesen von Reiner Makohl
Der Text Joh 6,1-15 erzählt die Geschichten von der Speisung der Fünftausend und von Jesu Flucht vor dem Volk, das in ihm den lange erwarteten Messias zu erkennen glaubte und ihn deshalb zum König machen wollte.
Im Kapitel 6 thematisiert Johannes das »Brot des Lebens«. Die zentrale Botschaft formuliert Johannes im Vers 35: »Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.«
Johannes beantwortet in diesem Kapitel viele Fragen zum Abendmahl, die in den jungen Gemeinden aufgekommen waren.
Die Verse 1 bis 15 mit der Geschichte über die Speisung der Fünftausend bereiten das Thema vor. Zwar ist die Geschichte für sich genommen eine der Wundergeschichten Jesu, doch aus der nachfolgenden Rede Jesu in Kapernaum wird klar, was Jesus wirklich bezweckte, und was mit Vers 6 gemeint ist, in dem es heißt: Jesus »wusste wohl, was er tun wollte«.
Seine Brotvermehrung findet ihr Vorbild in der alten Moses-Geschichte, in der das hungrige Volk in der Wüste mit Manna, mit »Brot vom Himmel« genährt wurde (2. Mose 16).
Sein Brotausteilen, dem ein Dank vorangeht, folgt alten Bräuchen in Israel, zielt aber schon hier auf seine Einsetzungsworte im Abendmahl: »Nemet hin und esset, dies ist mein Leib«, doch dies wird alles erst im Fortgang der Ereignisse im selben Kapitel erklärt und begründet.
Die einleitende Geschichte zum Thema »Brot des Lebens« birgt fünf bemerkenswerte Aspekte:
Die Menschen, die Jesus folgten, hatten schlicht Hunger. Sie hatten sich wohl kaum auf einen langen Zeitraum vorbereitet, und hatten sicher keine Verpflegung für unterwegs dabei.
Wir alle kennen Momente des Hungers, wenn unser Magen knurrt und wir nach Nahrung suchen. In der Geschichte nutzt Jesus diesen Hunger, um mit der Brotvermehrung und dem Brotbrechen für das Austeilen eine symbolische Handlung zu vollziehen.
Viele von uns kennen auch einen spirituellen Hunger. Die Sehnsucht nach Anerkennung und Wertschätzung gründet in einer Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit, die über alles Materielle hinausgeht. Diese spirituelle Sehnsucht ist in uns allen verankert und mehr oder weniger stark ausgeprägt.
Jesus weiß davon. Er bietet mit seinen Lehren, in seinen Reden und mit seinen Handlungen, ja, mit sich selbst, ein »Brot«, das genau jenen geistigen Hunger stillen soll. Die Leute kamen, setzten sich auf den Erdboden ins Gras und lauschten den Reden Jesu.
In dieser Geschichte sehen wir Jesus das Brot austeilen. Dies erinnert uns an das Letzte Abendmahl, wo er sagte: »Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird.« Das Brot, das er dort bricht, symbolisiert seine Hingabe für uns. Er gibt sich selbst, damit wir Leben in Fülle haben können.
In Jeremia 16,7 spricht der Prophet von einem Trauerbrot und einem Trostbecher, den man Hinterbliebenen eines Verstorbenen zum Trost reichte. Zwar folgte das Letzte Abendmahl Jesu und seiner Jünger mit großer Wahrscheinlichkeit einfach den vorgeschriebenen Abläufen zum Festessen am Vorabend des Pessach-Festes, doch Jesus reichte faktisch im Letzten Abendmahl in gedanklicher Vorwegnahme seines Todes den Jüngern beides, das Trauerbrot und den Trostbecher Jeremias, die nun zu einem Brot des Lebens und zu einem Becher der Erlösung werden.
Das Brotbrechen ist nicht nur gesellschaftsfördernd, weil es zum Beginn einer Mahlzeit vollzogen wird, es ist auch segenstiftend, denn über das Brot wird ein Segen gesprochen. Jesus »dankte«, beschreibt Johannes dieses rituelle Segnen in dieser Geschichte von der Speisung der Fünftausend.
Nachdem Tausende mit fünf Broten und zwei Fischen gespeist wurden, sammelten die Jünger zwölf Körbe voll mit den übrig gebliebenen Brocken. In Christus gibt es nicht nur genug, es gibt Überfluss. Und es würde für viele Weitere reichen, um sie zu sättigen. Auch für uns.
Jesus sagte: Lasst die Leute sich setzen! – Wir sind eingeladen, dazu zu kommen und uns zu setzen, damit auch wir von diesem Brot des Lebens essen können. Gott kennt unsere Bedürfnisse. Er versteht unsere Sehnsüchte nach Liebe, nach Geborgenheit und nach Wertschätzung. Er weiß um unsere Ängste und bietet uns Hoffnungen auf Frieden, auf Freiheit und auf Gerechtigkeit. Er zeigt uns Wege dahin. Gehen müssen wir sie selbst.
Dies alles fand Ausdruck in Jesus Christus, der uns in diesem Kapitel aus dem Johannesevangelium als das »Brot des Lebens« erscheint.
Und nun? Was bringt es uns, über diese Geschichte nachzudenken? Ich denke, sie lehrt uns dies:
Wir brauchen uns nur etwas Zeit nehmen, uns mal niederlassen, um seinen Worten zu lauschen. Jesus sagte: Lasst die Leute sich setzen.
Und vielleicht, wenn wir uns darauf einlassen, wird unser geistiger Hunger gestillt werden. Und dann wird sicher viel übrigbleiben, das wir sammeln und weitergeben können. Denn Brotbrechen, das »Brot des Lebens« brechen, ist nicht nur gesellschaftsfördernd, es ist auch segenstiftend.
Perikope | Typ | Tag |
---|---|---|
1531 - 1898 | ||
Joh 6,1-15 | Evangelium | |
1899 - 1978 | ||
Joh 6,1-15 | Evangelium | |
Lutherische Kirchen 1958-1978 | ||
Joh 6,1-15 | Evangelium + | |
1979 - 2018 | ||
Joh 6,1-15 | Evangelium + | |
seit 2019 | ||
Joh 6,1-15 | Evangelium + |
Frakturschrift ist nicht leicht zu lesen. Die Videos zeigen ausgewählte Texte aus der Lutherbibel von 1545, vorgelesen von Reiner Makohl.
Die Lutherbibel von 1545 ist mit ihrem Frakturzeichensatz nicht leicht zu lesen. Wir bieten Videos, in denen ausgewählte Perikopen aus den Sonn- und Feiertagsreihen vorgelesen werden.
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©2024 by Reiner D. Makohl | www.stilkunst.de
Bibeltexte: Dr. Martin Luther, Biblia, Wittenberg 1545
Zeichensätze der Frakturschriften, Typografie & Layout,
Video: Reiner D. Makohl
Sprecher: Reiner D. Makohl
Musik: ©Bluevalley, J.S.Bach, Präludium in C-Dur, Gitarre