Evangelium nach Matthäus
Mt 5,38-48
Text hören:
Sprecher: R. Makohl | Musik: ©Bluevalley, J.S. Bach
Das Verzeichnis der Hörbuch-Videos mit den Lesungen des Evangeliums finden Sie hier:
Video-Hörbuch
Euangelium
S. Mattheus.
C. V.
Jesus spricht:
IR habt gehört / das da geſagt iſt / Auge vmb auge / Zan vmb zan. 39Ich aber ſage euch / Das jr d nicht widerſtreben ſolt dem vbel / Sondern ſo dir jemand einen ſtreich gibt auff deinen rechten Backen / dem biete den andern auch dar. 40Vnd ſo jemand mit dir rechten wil / vnd deinen Rock nemen / dem las auch den Mantel / 41Vnd ſo dich jemand nötiget eine Meile / ſo gehe mit jm zwo. 42Gib dem der dich bittet / vnd wende dich nicht von dem / der dir abborgen wil.
d
(Nicht widerſtreben)
Das iſt / Niemand ſol ſich ſelbs rechen. Aber die Oberkeit des ſchwerts ſol ſolchs thun /
IR habt gehört / das geſagt iſt / Du ſolt deinen Neheſten lieben / Vnd deinen Feind haſſen. 44Ich aber ſage euch / Liebet ewre Feinde. Segenet die euch fluchen. Thut wol denen die euch haſſen. Bittet fur die / ſo euch beleidigen vnd verfolgen. 45Auff das jr Kinder ſeid ewrs Vaters im Himel / Denn er leſſt ſeine Sonne auff gehen vber die Böſen vnd vber die Guten / vnd leſſt regenen vber Gerechte vnd Vngerechte. 46Denn ſo jr liebet / die euch lieben / Was werdet jr fur Lohn haben? Thun nicht das ſelb auch die e Zölner? 47Vnd ſo jr euch nur zu ewern Brüdern freundlich thut / Was thut jr ſonderlichs? Thun nicht die Zölner auch alſo? 48Darumb ſolt jr volkomen ſein / gleich wie ewer Vater im Himel volkomen iſt.
e
(Zölner)
Heiſſen latiniſch Publicani / vnd ſind geweſen / die der Römer rendte vnd zol beſtanden hatten / vnd waren gemeiniglich gottloſe Heiden / dahin von den Römern geſetzt.
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1) Druckfehler: Luc. 19. 26.
Die Angabe meint Lev. 19.26., also 3Mos 19 und 3Mos 26.
Zum Stichwort »Nächstenliebe« ist gemeint: 3Mos 19,18.
Zum Stichwort »Feinde« ist gemeint: 3Mos 26,7-8.
Aus der Bergpredigt Jesu
Die Lehren der neuen Gerechtigkeit:
Was ist Vergelten?
Was ist Nächstenliebe?/p>
Der Text Matthäus 5,38-48 stammt aus der Bergpredigt, dort aus dem Abschnitt der Lehren der der neuen Gerechtigkeit. Diese Lehren sind Interpretationen, Auslegungen der mosaischen Gesetze nach dem Verständnis Jesu.
Im Abschnitt Mt 5,38-42 findet sich die Auslegung eines Gesetzes, wie es im 3. Buch Mose, Kapitel 24, dort in den Versen 19 und 20 niedergeschrieben ist:
Vnd wer ſeinen Neheſten verletzt / Dem ſol man thun / wie er gethan hat / 20Schade vmb ſchade / Auge vmb auge / Zaan vmb zaan / Wie er hat einen Menſchen verletzt / So ſol man jm wider thun.
Dieses Gesetz formuliert die Rechtsformel der Wiedervergeltung, die eine Reaktion auf eine vorangegangene Aktion im Sinne einer ausgleichenden, gegenseitigen Gerechtigkeit beschreibt. Die Wiedervergeltung oder Wiedergutmachung ist die Basis sozialer Vorstellung von Gerechtigkeit und deshalb Grundlage in Gesetzen und in der Rechtsprechung vieler Gesellschaften.
Dieses mosaische Gesetz hebt Jesus nun auf. Die Rache ist nicht länger Sinn des Gesetzes. Denn die juristische Formel, Gleiches mit Gleichem zu vergelten, macht die Opfer zu Tätern gleicher Taten und stellt sie mit ihnen auf eine Stufe.
So kann nicht der Ruf nach Strafe als Form der Wiedergutmachung Ausdruck göttlichen Willens sein, sondern nur die Vergebung. Sie passt zur Erfüllung des höchsten Gebots, zum Gebot der Nächstenliebe.
Wie schwierig diese Auslegung Jesu für eine funktionierende Gesellschaft ist, wird in Luthers Anmerkung in der rechten Marginalspalte deutlich. Er relativiert die Aussage Jesu sofort. Dabei stützt sich er sich auf Paulus, der im Römerbrief über »Christen und die Obrigkeit« schreibt (Rom 13,1-7).
Im Abschnitt Mt 5,43-48 findet sich folgerichtig auch gleich die Auslegung von Gesetzen, wie sie im 3. Buch Mose, dort Kapitel 19, Vers 18b , und im Kapitel 26, Verse 7 bis 8 niedergeschrieben sind:
3Mos 19,18b:
DU ſolt deinen Neheſten lieben / wie dich ſelbs / Denn ich bin der HERR.
3Mos 26,7f
IR ſolt ewr Feinde jagen / vnd ſie ſollen fur euch her ins ſchwert fallen. 8Ewer fünffe ſollen hundert jagen / vnd ewr hundert ſollen zehen tauſent jagen / Denn ewre Feinde ſollen fur euch her fallen ins ſchwert.
Diese Gesetze grenzen in ihrem jeweiligen Kontext das eigene Volk von fremden Völkern ab, wobei fremde Völker in aller Regel als Feinde angesehen werden.
Jesus erkennt den Widerspruch zwischen den beiden Gesetzen. Er dehnt das erste Gesetz, das der Nächstenliebe, auf alle Menschen und somit auch auf fremde Völker, speziell aber auf Feinde aller Art aus. Gleichzeitig hebt er in der Konsequenz das zweite Gesetz, die Feinde zu hassen und zu jagen, auf.
Perikope | Typ | Tag |
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1531 - 1898 | ||
Keine Verwendung an Sonntagen, Feiertagen und Gedenktagen |
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1899 - 1978 | ||
Keine Verwendung an Sonntagen, Feiertagen und Gedenktagen |
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Lutherische Kirchen 1958-1978 |
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Mt 5,38-48 |
Reihe V |
|
1979 - 2018 | ||
Mt 5,38-48 |
Evangelium + |
|
seit 2019 | ||
Mt 5,38-48 |
Evangelium + |
Das Video zeigt den Text aus der Lutherbibel von 1545, in denen Jesus die Gesetze über Vergeltung und Nächstenliebe neu interpretiert, vorgelesen von Reiner Makohl.