Abbildung:
Christus erscheint Maria Magdalena,
Adaptierter Ausschnitt aus einem Ölgemälde von Alexander Andreyevich Ivanov,1835
Lizenz: Gemeinfrei | Quelle der Vorlage: Wikimedia Commons
Dem Fest der Auferstehung Christi liegen die Ereignisse zugrunde, die der Evangelist Matthäus im Neuen Testament über den Besuch der Frauen an Jesu Grab berichtet.
Wir geben hier eine sprachlich an die heutige Zeit angepasste Fassung wieder:
281 Nach dem Sabbat, im Morgengrauen des ersten Wochentags, kamen Maria von Magdala und die andere Maria, um das Grab zu sehen. 2 Doch plötzlich gab es ein heftiges Erdbeben: Ein Engel des Herrn stieg vom Himmel, ging zum Grab, wälzte den großen Stein zur Seite, der den Eingang versperrte, und setzte sich darauf. 3 Er sah aus wie gleißendes Licht und seine Kleidung war weiß wie Schnee.
4 Die Wächter, die das Grab bewachten, erschraken so sehr, dass sie vor lauter Angst in Ohnmacht fielen. 5 Der Engel kümmerte sich nicht darum. Er sprach zu den Frauen: »Fürchtet Euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den sie gekreuzigt haben. 6 Er ist nicht hier. Er ist auferweckt worden, so, wie er es vorausgesagt hat. Kommt ruhig näher! Schaut euch die Stelle an, wo er gelegen hatte. 7 Beeilt euch! Geht zu den Jüngern und sagt ihnen: Er ist von den Toten auferweckt worden. Er ist unterwegs nach Galiläa. Geht dahin, dort werdet ihr ihn sehen.
So ist es. Ich habe es euch gesagt.«
8 Da rannten die Frauen davon, voller Furcht, aber auch voller Freude. Sie liefen und beeilten sich, um es seinen Jüngern zu erzählen.
Lesen Sie diesen Text in der Bibel von 1545:
Matthäus 28,1-8
Ist das nicht bemerkenswert? Doch! Die ersten Menschen, die die Frohe Botschaft verkündeten, die ersten, die vom Auferstandenen berichteten, waren Frauen! Maria von Magdala und die andere Maria.
Das Christentum, wie es sich als Religion ausgeweitet hat, basiert auf der Begegnung der Frauen mit dem Engel am Grab, mit dem Wunder der Auferstehung und mit der Verkündigung der Frohen Botschaft an die Apostel durch Maria & Maria.
Während sich die Apostel zu diesem Zeitpunkt trauernd, zweifelnd und missmutig zurückgezogen hatten, waren sie es, die glaubten, ja sich freuten an diesem Tag! Nicht den Aposteln, ihnen, den Frauen, begegnet der Engel! Sie erhalten vom Boten Gottes den Auftrag, von der Auferstehung zu berichten.
Dabei dürfen wir uns kurz vorstellen, wie sich die beiden Frauen im Kreis der Jünger den Mund fusselig geredet haben müssen, bevor die Jünger es glaubten. Sicher lief es nicht so ab:
Maria: »Wisst ihr schon? Jesus ist von den Toten auferstanden.«
Petrus: »Ah, ja! Logisch! Hat er ja angekündigt. Männer, wir müssen das Evangelium predigen... – Danke, Maria! Was gibts zu essen?.«
Vielmehr trafen die Frauen auf Zweifler, niedergeschlagen durch die Ereignisse. Die Frauen mussten wohl viele Fragen beantworten. Sie redeten, berichteten und erklärten, sie trösteten, motivierten und machten Mut. Kurz: Sie predigten!
Wir erlauben uns daher, zu formulieren: Die ersten, die über Jesus, über die Auferstehung und über den Glauben daran predigten, waren Maria und Maria!
Doch nicht nur das! Die ersten, denen der auferstandene Jesus begegnete, und denen er selbst den Verkündigungsauftrag gab, waren eben diese beide Frauen:
289 Und auf dem Weg passierte es: Jesus kam ihnen entgegen! Er sprach: »Seid gegrüßt!« Da knieten die beiden Frauen vor ihm nieder und umfassten seine Füße.
10 Jesus sprach zu ihnen: »Fürchtet euch nicht! Geht hin und verkündet es meinen Brüdern. Sie sollen nach Galiläa gehen, dort werden sie mich sehen.«
Lesen Sie diesen Text in der Bibel von 1545:
Matthäus 28,9-10
Wir meinen: Das moderne Christentum hat die Rolle der Frau, wie sie sich im biblischen Leben Jesu und in der Verkündigung zeigt, sicher aufzuarbeiten! Diese historischen Rollen und ihre große Bedeutung für den Erfolg des Christentums lassen sich nicht leugnen.
Dennoch gelang es der frühmittelalterlichen Kirche, diese Wahrheiten geradezu systematisch auszuradieren und zu bestreiten. Frauen wurden und werden bis heute ins Abseits gedrängt. Männer nehmen für sich das Recht in Anspruch, die Verkünder des Evangeliums zu sein.
Leider legte dafür der große Apostel, Verkünder und Missionar Paulus einen Eckstein, auf den sich die Kirche bis heute stützt. Doch er war nicht dabei, als Jesus auferstanden war und die Frauen die Geschichte erzählten. Er erfuhr die Berichte darüber ganz sicher nur aus zweiter Hand – von Männern. Er lebte wie alle anderen Apostel auch, in einer männerdominierten Welt. Die Sicht Jesu dazu war eine andere. Doch Paulus kannte weder Jesus persönlich noch die Lebensgemeinschaft oder die Beziehungen im Kreis der Jünger und Nachfolger Jesu zu dessen Lebzeiten.
Gut, es gibt das Kirchenrecht und es gibt Beschlüsse aus der frühen Kirche. Eignen sie sich als Argumente? Sie sind von Menschen gemacht, lange nach der Auferstehung. Sie sind keineswegs unantastbar. Wäre es so, hieße das: sich dem Denken und dem Zeitgeist der Kirchenväter unkritisch und unreflektiert vollständig unterwerfen. Und es hieße: sich in Unfehlbarkeit über Gott stellen.
Denn auch Gott hat sich selbst nicht für unfehlbar gehalten! Er hat seine Beschlüsse immer wieder überdacht. Hatte er sie als fehlerhaft erkannt, war es für ihn kein Problem, seine Beschlüsse und Handlungen an neue Situationen anzupassen. Die Bibel ist voll von diesen Berichten.
Mit dem neuen Bund in Jesu Tod und Auferstehung hatte Gott sogar sein Verhältnis zu den Menschen grundlegend reformiert. Jetzt war plötzlich den Priestern ihre zentrale, hoheitliche Aufgabe, die Durchführung von Opfern, entzogen. Jetzt war ihnen das Freisprechen von Sünden (durch Opferungen oder Sühneleistungen) entzogen. Jetzt waren sie nicht länger durch priesterliche Handlungen oder von Amts wegen Fürsprecher der Menschen vor Gott. Fürsprecher war von nun an allein Jesus, begründet in seinem universellen Opfertod, und begründet in seiner Position zwischen Mensch und Gott. Jetzt waren die einst mächtigen Priester nur noch Hirten, Diener ihrer Herde der Gläubigen.
So ist es! Wenn auch der Blick in kirchliche Organisationen andere Eindrücke vermittelt.
Die Kirche begann schon sehr früh dem verlorenen gegangenen heiligen Priesteramt nachzutrauern. Sie wollte zurück zu dem Priesteramt, das einst von Aaron, dem Bruder Mose, begründet wurde. Ein hochheiliges Amt, das Opfer vollzieht, Sünden vergibt und exklusiv heilige Rituale pflegt. *1)
Zu diesem Zweck, um diese Ansprüche biblisch zu untermauern, maß die frühe Kirche dem Alten Testament sehr oft mehr Bedeutung zu, als geboten ist. Doch die Kirchenväter wollten noch mehr. Sie wollten nicht nur die Rolle der alttestamentlichen Priester, sondern auch die Rollen der Prediger, der Propheten und Seher innehaben, die es neben den Priestern im alten Israel immer gab. Sie zogen das alleinige und exklusive Recht an sich, Gottes Willen und Wort zu verkündigen. *2)
Das stattete sie gegenüber ihrer Herde mit unglaublicher Macht aus, die vielfach und kontinuierlich demonstriert wurde. *3)
Der arme Hirte, der nur mit seinem Stab bei seiner Herde wacht, mit Wasser, Käse und Brot im Rucksack, ist in all dem nur sehr schwer zu erkennen.
In der Ausgestaltung des Priesteramtes war für Frauen kein Platz vorgesehen. Das hatte sich so entwickelt und ist gemäß dem damaligen Zeitgeist womöglich verständlich. Doch inzwischen sind gut 1700 Jahre vergangen. Wir müssen die Fragen aus unserem Zeitgeist und aus unserem Lebensumfeld heraus stellen, die sich doch heftig von den Umständen der Kirchenväter unterscheiden.
Sind Frauen als Hirten ungeeignet? Wenn ja, warum? Innerhalb von Familien ist es doch oft ihre wichtigste Aufgabe. Selbst dann, wenn sie berufstätig sind.
Was spricht gegen Frauen im Priesteramt? Was spricht gegen Frauen in der Verkündigung? Selbstverständlich nichts! Jeder Versuch einer Begründung mündet in Anmaßung einerseits, in Diskriminierung andererseits!
Frauen waren es, die dem Christentum entscheidend den Weg bereiteten – durch Verkündigung der Frohen Botschaft von der Auferstehung Christi.
Frauen sind ohne Zweifel in jeder Hinsicht und allen Dingen ein gleichwertiger und ein gleichberechtigter Teil unserer christlichen Gemeinschaft, ohne den es das Christentum gar nicht gäbe!
Die evangelischen Kirchen sind längst diesen Schritt im Verständnis der Geschlechterrollen gegangen. Frauen im Priesteramt sind keine Seltenheit. Die katholischen Kirchen, die in ihren oberen Hierarchien zusammengesetzt sind aus traditionsreichen Männerorden, halten ihre Zugänge zu wichtigen Ämtern für Frauen noch immer verschlossen.
Wir sind überzeugt: Die katholische Kirche wird ihre Selbstfindung in einer sich massiv wandelnden christlichen Gesellschaft vorantreiben müssen und ein gutes Stück vorangetrieben haben, wenn ein großer Anteil Frauen unter den Kardinälen zu finden ist, und eine Frau offiziell zur Päpstin gewählt wurde. Solche Prozesse brauchen Zeit. Um so wichtiger ist es, ihnen frühzeitig den Weg zu bereiten. Heute! Nicht später!
Bedenkenswert ist: Solange die Kirchen und Religionen sich nicht einmütig zur uneingeschränkten Gleichberechtigung der Frauen bekennen und danach handeln, solange werden sich gesellschaftliche Denkmuster und staatliche Rechtssprechungen daran orientieren, darauf verweisen und sich kaum aus einem längst überkommenen Rollenverständnis herausbewegen wollen.
Alle Religionen könnten hier mehr noch als heute Wegbereiter sein und ihre Chancen ergreifen.
Wir glauben an einen Gott, dem der Mensch wichtig ist und nicht dessen Geschlecht, dessen Herkunft, dessen Hautfarbe, dessen Alter, oder gar Faktoren, die ihn aus unserer engen gesellschaftlichen Sicht heraus an den Rand eben dieser Gesellschaft drängen.
Wir glauben an einem Gott, dem wir genauso wichtig sind wie jeder andere auch, und dem jeder andere genauso wichtig ist wie wir selbst.
Wir glauben nicht den Menschen, die anderes behaupten.
Anmerkungen:
1) Das drückt sich beispielsweise aus im Abendmahlsritus und in allen anderen Sakramenten. Das drückt sich noch heute in Kleidungsvorschriften für Priester, Bischöfe und Kardinäle aus, die weder Jesus noch die Apostel für sich beanspruchten. Das drückt sich in der Verordnung der Beichte aus und darin, dass nach einer Beichte vom Priester Sühneleistungen auferlegt wurden. Und das drückte sich darin aus, dass bei Begegnungen mit Personen in hohen kirchlichen Ämtern lange Zeit Kniefall und Handkuss üblich waren und erwartet wurden.
Für besondere Leistungen (wie personenbezogene Messen, generalisierte Freisprechungen, Weihen, bevorzugte Grabstellen, Teufelsaustreibungen usw.) wurden großzügige Opfer der Gläubigen in Form von Spenden erwartet, ohne die nichts ging, ohne die es keine priesterliche Fürsprache und folglich keinen göttlichen Beistand gab. Der Zugang zur Glückseligkeit, zum Paradies, wurde über Preislisten geregelt.
Dies alles war für Dr. Martin Luther Anreiz, gegen das Papsttum aufzubegehren und gegen den Papst und die von ihm zu verantwortenden kirchlichen Praktiken zu wettern. Gegen die Ablassbriefe und gegen die Beichtpraxis richtete sich Martin Luther energisch!
2) Aus dem Alten Testament sind uns viele Propheten durch die Schriften bekannt, die sie hinterlassen haben. Sie traten in ihrer Rolle oft als Widerpart zu den Priestern auf. In neutestamentlicher Zeit gab es »Lehrer« oder »Meister« (hebräisch: Rabbi), die als Prediger Gottes Wort verkündeten, ohne Priester zu sein. Aus den Evangelien bekannt ist einer von vielen: Johannes der Täufer. Aber auch Jesus war kein Priester und wurde immer wieder als Rabbi bezeichnet, denn er lehrte und predigte. Seine wohl bekannteste Predigt ist sicher die Bergpredigt.
3) Gotteshäuser wurden aufwendig gestaltet und ausstaffiert. Gottesdienste hoben durchweg die große Bedeutung des Priesteramts hervor, beispielsweise durch die exklusive Kleidung der Priester und nicht zuletzt durch lateinischen Sprachgebrauch im Ablauf der Liturgie (weshalb ihnen deutschsprachige Bibelausgaben sehr ungelegen kamen: ihre Bibelauslegung aber auch ihr Amt waren durch sie für das Volk überprüfbar geworden). Exzessiv demonstrierte der »gute Hirte« seine Macht in Verurteilungen, Bestrafungen und Hinrichtungen von Ketzern, Hexern und Hexen. Er besaß nicht nur Macht über das himmlische Schicksal seiner Herde und einzelner Personen, sondern auch über ihr irdisches Schicksal.
– Hinweis –
Unsere kleine Reihe »Gedankenpausen« ist eine Sammlung unterschiedlicher Texte für Zwischendurch zu Fragen und Themen aus Gesellschaft, Kirche und Religion. Es lohnt sich womöglich, da mal reinzuschauen:
Kleine Pausen für neue oder neu zu denkende Gedanken.
Hier haben wir ausgewählte Artikel zusammengestellt, die zu verschiedenen Beiträgen unserer Webseite entstanden sind.
»Die Frauen und das Christentum« | »Die Osterbotschaft« | »Der Ostertermin«: In mehreren kleinen Abhandlungen denken wir nach über Ostern.
Das Rätsel des leeren Grabes führte und führt zu vielen Thesen und Spekulationen. Doch was bedeutet die Auferstehung Christi für uns heute?
Gedanken über die Auferstehung in diesem Artikel.