Abbildung: NGC-5972, Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops
Das Hubble-Weltraumteleskop der NASA hat eine Reihe büscheliger, grellgrüner Gegenstände fotografiert, die die ephemeren Geister von Quasaren sind, hier bei der Spiralgalaxie NGC 5972 im Sternbild Serpens Caput.
Foto: NASA, ESA, and W. Keel (University of Alabama, Tuscaloosa) | License for Non-Commercial Use: not copyrighted
Die »ephemeren Geister«, wie sie die NASA nennt, sind flüchtige, wohl gasförmige Strukturen, die sich um Quasare bilden. Quasare sind »Schwarze Löcher«, umgeben von leuchtender Materie. Ein Schwarzes Loch ist das ultimative Nichts, eigentlich das ultimative Gegenteil des Nichts. Es ist ein punktförmiges, unsichtbares Objekt, jedoch aufgeladen mit unvorstellbaren Mengen hochverdichter Materie und Energie. In ihm steht die Zeit still.
So könnte das Bild auch heissen: Und der Geist der Quasare schwebte über dem ( ultimativen Gegenteil des) Nichts.
Die Schöpfungsgeschichte, wie sie uns im ersten Buch Moses der Bibel überliefert ist, wird oft als Märchen abgetan. Aber ist sie das?
Unser Universum und damit die Existenz unserer Welt ist wohl das größte Rätsel der Menschheit. Um dieses Rätsel zu lösen, behelfen sich Wissenschaftler mit dem Modell der Urknalltheorie, die das gemeinsame Entstehen von Materie, Raum und Zeit aus einer Singularität heraus beschreibt.
Der »Urknall« ist jedoch nicht als Explosion zu verstehen, sondern als ein Prozess, der nicht definierbar ist. Ein Prozess, den die Wissenschaft nicht beschreiben kann.
Die Wissenschaftler würden es so formulieren müssen: »Am Anfang war das Nichts, nur Dunkelheit und Leere. Es gab weder Raum, noch Materie, noch Zeit. Und selbst das wissen wir nicht. Es kann nicht bewiesen werden. Dann entstand plötzlich die Zeit, und in ihr der Raum, und in ihm wiederum die Materie. Niemand weiß, wie das vor sich ging, worin es entstand, wie lange es dauerte, wodurch es entstand und warum.«
Was wir nach heutiger Erkenntnis annehmen, ist, dass der Beginn der Zeit, des Raumes und der Materie in einem einzigen »Punkt« begann, den wir jedoch nicht Punkt nennen dürfen, denn er hatte keine Größe. Jedenfalls keine, die wir mit Hilfe unserer Physik beschreiben könnten. Die Wissenschaftler nennen es deshalb »Singularität« – neutral, ohne es näher bestimmen zu müssen.
Seit dem bewegt sich von diesem zentralen »Punkt« alles weg. Der Raum dehnt sich aus, die Materie wandert durch den Raum, die Zeit pflanzt sich fort, verstreicht dabei, krümmt sich und verbiegt sich, wie der Raum und alles in ihm auch.
Aber warum nennt man es »Knall«? Man kann es sich ähnlich wie bei einer Explosion vorstellen, die Druckwellen erzeugt und sich Platz schafft, die Partikel durch diesen Platz hindurch in den Raum schleudert und die Zeit benötigt, um sich entfalten zu können. Es war aber keine Explosion von der Art, wie wir sie kennen. Denn Explosionen setzen nun mal voraus, dass Materie, Raum und Zeit bereits vorhanden sind, sonst könnten sie nicht geschehen und sonst könnten sie sich nicht entfalten.
Das alles sind nur Annahmen, die abgeleitet sind aus den Beobachtungen des Weltraums aus heutiger Sicht. Diese Vorgehensweise unserer Wissenschaftler unterscheidet sich dabei im Prinzip nicht von der, die Menschen bereits vor Tausenden von Jahren angewendet hatten, um das Rätsel der Entstehung der Welt zu lösen: Das Heute beobachten, um auf das zugrunde liegende Ereignis in der Vergangenheit zu schließen.
So betrachtet, ist die Urknalltheorie nur der moderne Mythos der Schöpfungsgeschichte, der jedoch als Modell in die Wissenschaft einzog und dort Anerkennung fand. Mit Recht. Denn Modelle, die unserer Erkenntnisfähigkeit entgegenkommen, helfen dabei, zu verstehen. Selbst dann, wenn sie nicht beweisbar sind.
Abbildung: Eta Carinae, Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops
Um 1840 schuf die große Eruption des Doppelsterns Eta Carinae den Homunculus Nebel und formte aus Teilen der Masse beider Sonnen dieses einzigartige Gebilde, das sich verhältnismäßig langsam im All ausdehnt.
Die Astronomen können die Vorgänge nicht erklären, viele Fragen sind bis heute offen, aber die Entdeckung weiterer Doppelsterne wie Eta Carinae in anderen Galaxien wird ihnen helfen, die frühen Phasen im Leben massiver Sterne besser zu verstehen.
Foto: NASA, ESA and the Hubble SM4 ERO Team | License for Non-Commercial Use: not copyrighted
Auch wenn uns unser Sonnensystem stabil und unveränderlich erscheint, ist die Schöpfung noch immer im vollen Gange. Sehen wir hier den Prozess der Entstehung eines Sonnensystems, in dem sich Planeten bilden werden, von denen womöglich einer in vielen Millionen Jahren Leben tragen wird?
Ist der »Urknall«, der unseren Weltraum mit seinen zahllosen Galaxien, Sternen und Planeten schuf, auf die Kollision zweier extrem massereicher Objekte zurückzuführen, die in einer gewaltigen Eruption mündete und dabei die Objekte selbst völlig zerstörte? Fliegen wir als Bewohner der Erde auf einem solchen »Splitter« der Eruption durch die Zeit?
Solche und ähnliche Annahmen gehen davon aus, dass es etwas vor dem Urknall gab, etwas unvorstellbar Großes und Energiereiches, oder dass es etwas gibt, was womöglich noch heute unser Weltall umschließt. Leben wir in der Isolation einer Blase, die wir »Weltall« nennen, aber nur ein kleiner Teil einer anderen, größeren Welt ist?
Wir wissen es nicht. Und wahrscheinlich wird es nie geklärt werden können. Denn es hieße, dass wir hinter den Spiegel blicken müssten, hinter die Grenze unserer eigenen Wahrnehmungsfähigkeiten und hinter die Grenze der Zeit. Sie verhindern, dass wir die Welt so sehen können, wie sie wirklich ist. Und womöglich ist das gut so!
Alle Kulturen haben zu allen Zeiten Schöpfungsgeschichten und Mythen entwickelt, die eine Vorstellung vom Anfang spiegeln. Viele der Geschichten ähneln sich auffällig. Haben sie gemeinsame Wurzeln? Selbst, wenn nicht: Menschen überall auf der Welt hatten früh erkannt, dass die Fragen nach dem Sein, dem Sinn und dem Wohin ein Fundament benötigen: Die Antwort auf die Frage: Woher kommen wir?
Abbildung: Paul Gauguin | Woher kommen wir? - Wer sind wir? - Wohin gehen wir?
Quelle: Wikimedia Commons | Lizenz: Public Domain
Der biblische Schöpfungsbericht ist überraschend dicht an den Erkenntnissen dran, die unsere moderne Wissenschaft mit einer Urknalltheorie, mit der Erdgeschichte und mit der Evolutionstheorie beschreibt: Am Anfang war Leere, es formte sich die Atmosphäre, es entstanden Ozeane und Landmassen, Pflanzen und Tiere entwickelten sich und schließlich erschien wie aus dem Nichts der Mensch in der Geschichte.
Natürlich schreiben die Autoren der Bibel vereinfacht mit einfachen Worten. Sie schreiben für ihre Leser. Sie schreiben aus ihrer Vorstellungswelt heraus für die Mitmenschen ihrer Zeit. Es ging ihnen nicht darum, einen wissenschaftlich unwiderlegbaren Text für ein Wissenschaftsjournal zu schreiben. Es ging darum, Menschen eine verständliche Antwort anzubieten auf die Frage: Woher kommen wir? Und um eine Botschaft zu vermitteln, die auf unser Dasein zielt.
Und dennoch zeugen die Texte der Schöpfungsgeschichten von einer tiefgehenden Beschäftigung mit den Ereignissen, die passiert sein müssen bei der Entstehung unserer Welt. Sie zeugen von Nachdenken, Ergründen, Wissen und Wissenschaft, publizistisch aufbereitet für ihre Zeit und ihre Leser.
Die Fragen nach dem Ursprung der Singularität, nach dem auslösenden Ereignis, nach dem Schöpfungsprozess, nach dem »Schöpfer«, beantwortet die Bibel mit »Gott«. Die heutige Wissenschaft kann das zurzeit weder belegen noch bestreiten. Sie ist sich im Klaren darüber, dass es eine auslösende »Macht« gegeben haben muss. Doch diese Macht verschwindet hinter dem Urknall, hinter dem Vorhang, hinter dem Spiegel, hinter den wir nicht treten können. Sie verschwindet in der nicht definierbaren Zone, die unser Denken heute noch nicht erfassen kann.
Unsere heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisse bieten weder Raum noch Ansatzpunkte, um die Vorgänge auch nur annähernd zu beschreiben. Alle Versuche, einen erklärbaren Grund zu finden, scheiterten bisher.
Für die biblischen Autoren war es jedoch wichtig, genau diesen Grund zu erfassen und ihm einen Namen zu geben: Gott.
»Gott« erscheint in den Erzählungen personifiziert, nicht zuletzt deshalb, weil dies der realen Erlebenswelt der Menschen entspringt: Denkende, planerisch vorgehende und handelnde Wesen sind Personen. Personen sind die Akteure im Schauspiel der Geschichte. Wie also könnte man sich eine Macht, die etwas so Gewaltiges schuf, anders vorstellen?
Heute stellen sich unsere Wissenschaftler das Ereignis, das sozusagen als Abfallprodukte ungeheure Mengen an Materie, einen von kosmischen Wellen durchfluteten Raum, die Zeit und die Grundlagen des Lebens produzierte, als Explosion vor. Wie könnte man es sich anders vorstellen? Unabhängig davon, ob das richtig ist, oder nicht.
Doch was meint die Bibel damit, diese Macht als personifiziertes Wesen zu denken? Meint sie, dass Gott tatsächlich ein körperliches Wesen ist? Vielleicht. Wir sollten es so verstehen:
Die biblischen Autoren nutzen diese Darstellung Gottes als personifiziertes Wesen, als schöpferische Macht, wie ein Modell. Genau so, wie wir den »Urknall« als Standardmodell der Kosmologie verwenden, weil wir nicht wissen, was er ist, aber etwas brauchen, um überhaupt darüber nachdenken zu können. Von diesem Moment an, als »Gott« als Person in den Köpfen der Menschen angekommen war, gelang es, über die Schöpfung, über das Leben an sich und über die menschliche Existenz nachzudenken.
Für uns Menschen ist die Vorstellung einer »Explosion«, eines machtvollen plötzlich eintretenden Ereignisses, ein bekanntes Bild, das unserer Erlebenswelt entspricht. Ganz sicher war der Urknall keine Explosion herkömmlicher Art, wie wir sie kennen – was sollte da explodiert sein und worin? Was war davor? Wie sah das »Universum« – das es ja noch gar nicht gab! – unmittelbar vor dieser Explosion aus? Und was war so mächtig, dass es ein – aus unserer Sicht! – so unvorstellbar großes Universum schaffen konnte durch einen einzigen »Knall« aus dem Nichts?
Und so tun sich auch hinter dem Modell »Gott« solche und ähnliche Fragen auf: Wie sah seine Welt aus, bevor er die unsrige erschuf? Wo kommt er her? Wer hat ihn eigentlich erschaffen? Und woher kommt diese unvorstellbare Kraft, die nötig gewesen sein muss, um schließlich ein Universum zu schaffen, auf so spielerische Weise, wie wir Kuchen backen?
Diese Antworten kennt auch die Bibel nicht. Es genügt, zu wissen, dass wir da sind und dass es einen Grund, ein Fundament, dafür gibt.
An diesen Fragen scheitert das Nachdenken über das Modell der Urknalltheorie genauso, wie unser Nachdenken über Gott und über das Modell eines personifizierten Gottes scheitern muss. Die Begrenztheit unserer Erkenntnisse und unserer Erkenntnisfähigkeit hindert uns daran, die Wahrheit zu ergründen. Sie zwingt uns heute genau so wie die Menschen in alt-biblischer Zeit dazu, Modelle zu erfinden und zu entwickeln, die hinreichende Fundamente liefern für alles, was auf ihnen aufbaut. Unabhängig davon, wie vollständig und korrekt sie sind.
Heute münden alle ernstzunehmenden Überlegungen über den Anfang immer wieder darin, dass wir ein zweites Universum annehmen müssen, um ein verständliches Modell zu generieren. Aus wissenschaftlicher Sicht ein zweites Universum, das neben unserem oder um unser Universum herum existieren müsse. Dann wäre ein Ereignis vorstellbar, das die Voraussetzungen mitbringt, ein neues Universum entstehen zu lassen. Möglich wäre es auch, dass ein anderes Universum zeitlich vor unserem Universum existierte, am Ende seines Lebens in einem schwarzen Loch verschwand und daraus neu entstand. Das wäre ein Paradigmenwechsel, der nicht die Existenz des Universums veränderte, sondern nur seinen Zustand.
Doch diese Überlegungen und Annahmen liefern auch keine Antworten. Sie verschieben die Fragen nach dem Davor nur immer weiter zurück in eine völlig unbekannte Vergangenheit unserer Welt und machen es noch schwieriger, zur Wahrheit vorzudringen.
Diese modernen Annahmen sind in der alten biblischen Vorstellung von einem Schöpfer nicht nur bereits angelegt, sondern auch vorausgesetzt: Ein zweites Universum, nämlich das, in dem Gott mit seinen Heerscharen bereits existierte, bevor er das Weltall erschaffen konnte, muss es gegeben haben, wenn das Modell »Gott« funktionieren soll. Auch der Gedanke eines parallelen Universums war schon gedacht, nämlich in der Idee der himmlischen Welt, in der »Gott« noch immer existiert und mit ihm alles, was zu dieser Welt gehört.
Uns würde es nicht verwundern, wenn die Wissenschaft schließlich zu dem Ergebnis gelangt, dass wir nicht allein sind. Dass es mindestens ein paralleles Universum gibt, aus dem heraus sich unsere Existenz begründen lässt.
Doch vermutlich wird das wohl für immer ein Rätsel bleiben: Was war davor? Wie fing es an? Jede Antwort, auch die der Wissenschaft, bleibt ein Mythos – nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Unser individuelles Sein geht für jeden von uns zurück auf eine ununterbrochene, lange Kette von Vorfahren, die irgendwo einen Anfang hat. Diese Vorstellung allein grenzt an ein Wunder, wenn man bedenkt, wie leicht die Kette hätte unterbrochen werden können.
Wir verdanken unser Leben nicht uns selbst, auch nicht unseren direkten Eltern allein, sondern einem ewigen Prozess, der irgendwann begann, lange vor dem, was wir den Beginn der Zeit nennen, der ununterbrochen lief, und dessen Beginn die Bibel so beschreibt: »Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.«, und die Wissenschaftler beschreiben es so: »Am Anfang war der Urknall«.
Das ist ihre Antwort auf die Frage: Woher kommen wir? Die Antwort auf die zweite Frage – Wer sind wir? – lautet dann: Wir sind Teil dieses Prozesses und tragen die Verantwortung dafür, dass er weitergeht. Wohin wir gehen, das weiß niemand. Doch unser Handeln wird die Zukunft verändern.
Das Wunder der Schöpfung steckt in jedem von uns. Wir tragen die Verantwortung dafür, dass sich dieses Wunder entwickeln kann überall dort, wo wir ein Teil des Ganzen sind.
Und genau das ist der eigentliche Kern der Schöpfungsgeschichte. Es geht eben in diesem Kern nicht um die zugrundeliegenden Fragen: Woher kommen wir? Wer sind wir? Wohin gehen wir? Es geht um die Erkenntnis, dass wir mit der Schöpfung (oder dem Urknall) ein Geschenk bekommen haben, zu dem wir selbst rein gar nichts beitrugen. Die erwartete Gegenleistung für dieses Geschenk ist die Bereitschaft, dafür die Verantwortung zu übernehmen.
Übernehmen Sie Verantwortung! Man kann sich ihr eh nicht entziehen. Im Großen, aber auch im Kleinen – überall dort, wo uns die Schöpfung täglich begegnet und uns ihre Wunder offenbart und immer wieder neu schenkt: in uns und in unseren Mitmenschen.
– Hinweis –
Unsere kleine Reihe »Gedankenpausen« ist eine Sammlung unterschiedlicher Texte für Zwischendurch zu Fragen und Themen aus Gesellschaft, Kirche und Religion. Es lohnt sich womöglich, da mal reinzuschauen:
Kleine Pausen für neue oder neu zu denkende Gedanken.
Hier haben wir ausgewählte Artikel zusammengestellt, die zu verschiedenen Beiträgen unserer Webseite entstanden sind.
1Mos 1,1 - 2,4a
Alle Kulturen kennen eine Geschichte vom Anfang, eine Geschichte von der Entstehung der Welt, auch die christliche Religion.
Die ersten Sätze des Schöpfungsberichts:
»Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. Die Erde aber war wüst und leer. Finsternis lag über dem Abgrund, und der Geist Gottes schwebte über den Wassern.«
Erstes Buch Mose, Kapitel 1.1f.