nach der Leseordnung der Eisenacher Konferenz
Der Totensonntag in den Kirchenjahren 1967/1968 bis 1974/1975
Verweise führen zu den Kalenderblättern des jeweiligen Datums:
Der Gedenktag der Entschlafenen (Totensonntag) fand bis zum Kirchenjahr 1978/1979 im evangelischen Kirchenkalender keine besondere Berücksichtigung. Er wurde gottesdienstlich nicht ausdrücklich gewürdigt, wohl aber rituell begangen.
Mit der Reform der Gottesdienstordnung von 1958/1959 führte die Lutherische Konferenz für die lutherischen Landeskirchen den Gedenktag der Entschlafenen mit einem eigenen Proprium ein. Die unierten und reformierten Landeskirchen folgten dieser Erweiterung bis zum Kirchenjahr 1978/1979 nicht.
Den letzten Sonntag im Kirchenjahr als Totensonntag zu bezeichnen, entspricht kaum reformatorischer Übung. Die Waldecker Kirchenordnung von 1556 nennt ihn »Fest des jüngsten Tages«, woraus sich sehr viel später die Idee des »Ewigkeitssonntags« entwickelte. Die Brandenburger Kirchenordnung von 1540 kennt »ein sonderlich Amt und dabei eine Predigt von den Verstorbenen«, also einen »Totensonntag«.
Martin Luther hatte den Allerseelentag abgelehnt (Predigt vom 02.11.1522), allerdings im Blick auf die Beerdigungen pietätvolles Verhalten und Gesang der Glaubens- und Auferstehungslieder gefordert. Womit zunächst Allerseelen (2. November) inhaltlich zum evangelischen Totensonntag wurde, doch nur dort, wo er auf Tradition und Akzeptanz traf.
Das städtische Leben des 17. Jahrhunderts war durch die Bestattungen so stark geprägt, dass man sie als Reaktion darauf im 18. Jahrhundert völlig aus der Öffentlichkeit verdrängte. Daraus erwuchs die Forderung allgemeiner »Totenfeiern«.
Kirchlich angeordnet hat 1816 Friedrich Wilhelm der III. von Preußen einen »Feiertag zum Gedächtnis der Entschlafenen« (Kabinettorder vom 24.4.1816 und Verordnung vom 25.11.1816), der sich rasch auch in fast allen anderen deutschen Kirchen einbürgerte, wohl gefördert durch die Erinnerung an die Toten der Freiheitskriege.
Führte der Tag in seiner außerkirchlichen Prägung auch zu unerwünschtem Gräberkult, so ging doch die Kirche längst den Friedhofsbesuchern mit Predigten, Choralsingen und Posaunenblasen nach, um sie von hoffnungsarmer Trauer zum evangelischen Trost zu führen.
Mitte der 1950er Jahre betonte theologische Kritik am Totensonntag, dass er seinem inneren Gehalt nach ungeeignet sei, das Kirchenjahr abzuschließen.
Es erwuchs der Vorschlag, die Bezeichnung »Ewigkeitssonntag« einzuführen. Die Idee war es, zu einer vertieften Verkündigung am bisherigen Totensonntag mitzuhelfen. Die Lutherische Agende I (1955) sah vor, dass der »Gedenktag der Entschlafenen« bis auf weiteres in Verbindung mit dem letzten Sonntag des Kirchenjahres begangen werden soll. Erstmals 1957 taucht er in der Ordnung der Predigttexte unter diesem Namen mit Empfehlungen für Lesung und Predigt auf.
Interessant ist, dass heute der letzte Sonntag des Kirchenjahres als Ewigkeitssonntag und zugleich als Totensonntag begangen wird. Die Bezeichnung »Ewigkeitssonntag« hat den Namen »Totensonntag« nicht ersetzt, denn inhaltlich ergänzen sich beide Feierlichkeiten. Die evangelischen Christen gedenken damit zugleich der Bedeutung von Passion und Ostern für ihr Leben.
Die Feier des Totensonntags betont Grablegung und Trauer (Karfreitag), die Feier des Ewigkeitssonntags betont Auferstehung und Freude (Ostern). Somit hat sich der Ewigkeitssonntag zu einer freudigen, christlichen Antwort auf die Trauerrituale des Totensonntags entwickelt.
So schließt das Kirchenjahr, in dem noch einmal der Höhepunkt der christlichen Botschaft jedem evangelischen Christen in Erinnerung gerufen wird: Ja, wir sind sterblich und wir werden zu Grabe getragen werden, doch wir erwarten die Auferstehung und das ewige Leben.
Wir haben in unseren historischen Kalendern vor 1958 den Totensonntag belassen, wenn er auch liturgisch keine Rolle gespielt haben mag. Tatsache ist wohl, dass ein Gedenktag der Entschlafenen zu jeder Zeit mindestens regional oder in gemeindlicher Praxis von evangelischen Christen begangen wurde.
Gleichzeitig haben wir den Totensonntag einheitlich dem letzten Sonntag des Kirchenjahres zugeordnet, wenn er auch zu bestimmten Zeiten oder regional an anderen Tagen begangen worden sein mag. Hier fehlen uns derzeit genaue Angaben und Quellen, um eine bessere Zuordnung des Totensonntags zu einem historischen Datum einzurichten.
Im gewählten Jahr ist der 24. Sonntag nach Trinitatis der letzte Sonntag des Kirchenjahres.
»Frewet euch mit den Frölichen /
vnd weinet mit den Weinenden.
Habt mit allen Menſchen Friede.«
Der Rückblick auf die Perikopenordnungen vergangener Jahrhunderte zeigt auf, wie sich die Verwendung der biblischen Texte in evangelischen Gottesdiensten im Laufe der Zeit veränderte.
Wir beschränken uns in den weit zurückliegenden Jahren auf Perikopenordnungen, die überwiegend in Gebrauch waren.
Durch die neue Ordnung für die Verwendung von Sprüchen, Psalmen, Bibeltexten und Liedern in Gottesdiensten sind die alten Ordnungen zwar liturgisch überholt, aber inhaltlich deswegen keineswegs falsch.
Wir möchten Sie daher ermuntern, die in alter Zeit verwendeten Perikopen zu betrachten. Nur so können Sie ergründen, ob das, worauf sich Pfarrer vor Hunderten von Jahren in Gottesdienst und Predigt stützten, auch noch heute aktuell ist. Aktuell für Sie ganz persönlich.
Der Text aus der Lutherbibel ist auf unseren Seiten in Anlehnung an das Druckbild des Originals von 1545 wiedergegeben.
Den Seitenaufbau, die verwendeten Schriften, die Schreibregeln der Frakturschrift und Luthers Intentionen, mit der Typografie Lesehilfen bereitzustellen, erläutert dem interessierten Leser unser Artikel »Satz und Typografie der Lutherbibel von 1545«.